Vox von Christina Dalcher ist eine Dystopie über ein gar nicht so weit in der Zukunft liegendes Amerika. Und auch wenn Manches vielleicht etwas überspitzt dargestellt wird, ist der Grundgedanke erschreckenderweise gar nicht so unvorstellbar.
Der Einstieg in das Buch schildert zunächst einmal die Gesamtsituation in Amerika. Wir erfahren wie die Worte gezählt und wie die Frauen bei Erreichen der 100 zum Schweigen gebracht werden. Das ist aber noch längst nicht alles, denn die strengen Regeln reichen viel weiter: das Fernsehen unterliegt der Staatshoheit, in Schulen lernen Mädchen nur noch das was für die Führung eines Haushaltes wichtig ist, Frauen dürfen nicht mehr reisen und ihre Pässe wurden eingezogen, und und und…
Alles in allem kann man also sagen, dass Jean und ihre Familie in einer Welt leben, die sehr stark an eine frühere Zeit erinnert. An eine Zeit die von Männern dominiert wurde und in der Frauen deutlich weniger oder gar keine Rechte hatten.
Das alles erfahren wir durch Jean, die ihre Geschichte aus der Ich-Perspektive erzählt. So lernen wir auch gleich zu Beginn ihren Mann und die vier Kinder kennen. Hier komme ich auch gleich zum ersten Kritikpunkt. Zwei Kinder spielen tatsächlich eine Rolle: die kleine Sonia verdeutlicht, wie sich die extremen Regelungen auf die Entwicklung eines jungen Mädchens auswirken und der Teenagersohn Steven zeigt, wie der Staat junge Herren anzuwerben versucht und wie leicht diese zu beeinflussen sind. Die beiden Zwillinge spielen aber überhaupt keine Rolle und so frage ich mich, wieso sie überhaupt Teil der Geschichte sind. Hätten dann zwei Kinder nicht gereicht?
Nachdem dem Leser klar ist, wie extrem die Situation ist und verdeutlicht wurde, dass die Regierung die Regeln sogar noch verschärfen will, regt sich in Jean langsam der Gedanke, dass das so nicht weitergehen kann. Dabei spielt vor allem ihre jüngste Tochter Sonia eine entscheidende Rolle, der sie gerne ermöglichen möchte normal aufzuwachsen.
Durch gewisse Umstände, auf die ich wegen Spoilergefahr nicht näher eingehen möchte, bekommt Jean dann tatsächlich die Chance etwas zu ändern und ab hier verliert das Buch leider etwas an Qualität. Die ganze Entwicklung der Story ist mir ab diesem Punkt etwas zu sehr von Zufällen geprägt und wenn man die extremen Kontrollvorkehrungen der Regierung damit vergleicht was Jean unternimmt, kommt mir das alles zu einfach und dementsprechend unrealistisch vor.
Trotz der schwachen Entwicklung zum Ende hin, kann ich das Buch dennoch empfehlen, was aber mehr an der Thematik liegt. Das Amerika das Dalcher hier skizziert, ist einfach nur erschreckend. Viel erschreckender ist aber, dass Manches (vor allem im Hinblick auf den aktuellen Präsidenten) gar nicht mal so abwegig erscheint. Es geht dabei aber weniger um das Aufzeigen möglicher Entwicklungen der Gesellschaft. Viel mehr macht das Buch klar, dass jeder Einzelne diese Entwicklung mitbestimmt. Die Protagonistin hat sich während ihres Studiums ganz auf Selbiges konzentriert. Wahlen und politische Entwicklungen waren ihr egal – bis es irgendwann zu spät war.
Das Buch macht eines klar: jeder hat eine Stimme und nur wer sie nutzt, kann auch etwas erreichen. Alleine wegen dieser wichtigen Botschaft, ist das Buch schon mehr als lesenswert!