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Veröffentlicht am 16.09.2018

Das 20-jährige Klassentreffen

Die Welt war so groß
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1977. 20 Jahre sind inzwischen ins Land gegangen, seit Annabel, Emily, Chris und Daphne am Radcliffe College in Boston ihr Studium begannen. Viel ist in diesen zwei Jahrzehnten passiert und nun steht das ...

1977. 20 Jahre sind inzwischen ins Land gegangen, seit Annabel, Emily, Chris und Daphne am Radcliffe College in Boston ihr Studium begannen. Viel ist in diesen zwei Jahrzehnten passiert und nun steht das 20-jährige Klassentreffen an, wo die vier Frauen wieder aufeinander treffen, die damals nicht nur Zimmernachbarinnen, sondern auch enge Freundinnen waren. 1957 begegneten sie sich am ersten Collegetag und wuchsen schnell als ein Kleeblatt zusammen, teilten Freud und Leid, Träume und Hoffnungen. Das Klassentreffen der vier so unterschiedlichen Frauen lässt die vergangenen Jahrzehnte Revue passieren und legt offen, welche ihrer Träume und Wünsche sich erfüllt haben oder auch nicht, wie es ihnen nun geht und welche Erfahrungen sie gemacht haben. Manche Freundschaft hatte all die Jahre Bestand, manche Wege trennten sich. Haben sich die vier Frauen noch etwas zu sagen nach dieser langen Zeit und welche Geheimnisse hüten sie?
Rona Jaffe hat mit ihrem Buch „Die Welt war so groß“ einen sehr schönen Roman vorgelegt, der nicht nur eine Reise durch die Zeit unternimmt, sondern den Leser auch am Schicksal von vier interessanten Frauen teilhaben lässt. Der Schreibstil ist flüssig, anrührend und pragmatisch detailliert, der Leser hat die Chance, vier aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten stammende Frauen kennenzulernen und über einen Zeitraum von 20 Jahren an ihrem (Seelen-)Leben teilzuhaben. Die Handlung wird aus der Sicht von Annabel, Emily, Daphne und Chris erzählt und lässt Rückblenden in verschiedene Phasen ihres Lebens zu, die sie über die Jahre geprägt haben. Gleichzeitig lässt die Autorin dem Leser viele Hintergrundinformationen über die damalige Gesellschaftsstruktur sowie deren Ansichten zukommen. Frauen waren damals dazu bestimmt, die Ehe anzustreben und sich einen Mann zu suchen, um mit ihm eine Familie zu gründen. Die Autorin lässt ihre Protagonistinnen allerdings auch gegen dieses Bild aufbegehren. Insgesamt vermittelt sie dem Leser mit der Entwicklung ihrer unterschiedlichen Charaktere ein sehr authentisches Bild, wie sich nicht nur über die Zeit die Träume und Wünsche verändern, sondern wie diese Veränderungen sich auf ihre Charaktere auswirken und sie zu dem machen, die sie heute sind. Sowohl die 50er, als auch die 60er und 70er Jahre werden im Hintergrund wunderbar skizziert und zeigen den Lauf der gesellschaftlichen Entwicklung an.
Die Charaktere sind so detailliert, facettiert und individuell angelegt, dass der Leser sich gut mit ihnen identifizieren kann und ihnen ganz nah kommt, nur so ist Verständnis und Mitfühlen möglich. Der Leser verwächst mit den Protagonistinnen regelrecht. Daphne ist eine hübsche Frau, die unter Epilepsie leidet und diese Krankheit geheim hält, nicht einmal ihr Ehemann hat eine Ahnung. Sie will es immer allen recht machen, was sie unter Druck setzt. Annabelle wirkt immer etwas geheimnisvoll, hat eine romantische Ader und ist fast dauerhaft verliebt. Leider bekommt sie durch ihr Verhalten auch einen gewissen Stempel aufgedrückt, da sie bei den Männern recht beliebt ist. Chris ist die Intellektuelle ohne Selbstbewusstsein. Ihre Mutter ist Alkoholikerin, deshalb stürzt sie sich geradezu in ihr Studium und interessiert sich mehr für Literatur und Geschichte, während sie anscheinend Männern gar nichts abgewinnen kann. Emily ist Jüdin und sehr schüchtern und zurückhalten. Sie stammt aus einer reichen Familie und träumte immer davon, Ärztin zu werden. Die weiteren Protagonisten ergänzen mit ihrem Erscheinen die wunderbare Handlung und machen sie rundum perfekt.
Mit „Die Welt war so groß“ lässt Rona Jaffe den Leser an vier unterschiedlichen Leben teilhaben und gleichzeitig drei Jahrzehnte des vergangenen Jahrhunderts wieder auferstehen. Die dargestellten Lebensläufe lassen einen selbst reflektieren, was sich im eigenen Verlauf alles erfüllt hat oder verworfen wurde. Ein Buch, das nicht nur unterhält, sondern auch zum Nachdenken anregt mit einer verdienten Leseempfehlung. Einfach toll!

Veröffentlicht am 16.09.2018

In Tenby auf der Suche nach den Wurzeln

Die Sonnenschwestern
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Die 40-jährige Nora arbeitet seit 9 Jahren als Büroleiterin der Historischen Fakultät in London. Seit einiger Zeit leidet sie unter Angstzuständen und fühlt sich ausgebrannt, der Job erfüllt sie nichtmehr. ...

Die 40-jährige Nora arbeitet seit 9 Jahren als Büroleiterin der Historischen Fakultät in London. Seit einiger Zeit leidet sie unter Angstzuständen und fühlt sich ausgebrannt, der Job erfüllt sie nichtmehr. Deshalb kündigt sie ihre Anstellung. Auch die Beziehung zu ihrem Freund Simon ist ihr egal geworden, so dass sie die Trennung herbeiführt. Die Beziehung zu ihrer Mutter Jasmin war jahrelang innig, aber auch diese leidet sehr unter Noras schlechter Stimmung. Um Abstand zu gewinnen, reist Nora nach Südwales in den kleinen Ort Tenby, der Heimat ihrer Vorfahren. Über ihre Familie weiß Nora so gut wie nichts, aber in Tenby gehen die Uhren anders. Hier findet Nora nicht nur langsam wieder zu sich selbst, sondern macht sich auch auf die Suche nach ihren Wurzeln. Dabei lernt sie nicht nur ihre Mutter neu kennen, sie stößt auch auf ein altes Familiengeheimnis…
Tracy Rees hat mit ihrem Buch „Die Sonnenschwestern“ einen wunderschönen historischen Familienroman vorgelegt, der eine regelrechte Sogwirkung entwickelt. Der Schreibstil ist flüssig, gefühlvoll, bildhaft und atmosphärisch dicht; der Leser versinkt ab der ersten Seite in der Geschichte und findet sich mal an der Seite von Nora, mal an der Seite von Chloe wieder, um sie auf ihrem Weg zu begleiten und sie gleichzeitig sehr gut kennenzulernen. Die Handlung wird auf zwei Zeitebenen erzählt, wobei die eine die Zeit von Nora und ihre Suche wiedergibt, während die andere den Leser in die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts bringt und das Leben von Chloe wiederspiegelt. Durch die wechselnden Zeiten und Perspektiven wird nicht nur die Spannung innerhalb der stetig Handlung erhöht, der Leser enthüllt nach und nach die von der Autorin eingeflochtenen Rätsel wie bei einem gereinigten Gemälde, wo man endlich alle Feinheiten und die einzelnen Pinselstriche genau erkennen kann – nichts bleibt dem Auge mehr verborgen. Auch die Landschaftsbeschreibungen sind der Autorin gut gelungen, die farbenfrohen Schilderungen lassen die Seelandschaft und den kleinen Ort Tenby mit seinem Strand vor dem inneren Auge des Leser auferstehen und sich sofort wohlfühlen.
Die Charaktere sind sehr liebevoll sowie vielschichtig ausgearbeitet und mit Leben versehen worden. Ihnen wurden individuelle Eigenschaften mit auf den Weg gegeben, die sie realistisch und authentisch erscheinen lassen, was es dem Leser leicht macht, sich in sie hineinzuversetzen und sich ihnen verbunden zu fühlen. Nora ist eine müde und überarbeitete Frau, die sich selbst irgendwann verloren hat. Sie zweifelt an sich und ihrem bisherigen Leben und sehnt sich nach etwas Neuem. Ihr Aufbruch ins Ungewisse zeigt Mut und Stärke, denn der Ausgang ist ungewiss, sie weiß nicht, was sie finden wird. Ihre Entwicklung während der laufenden Handlung ist sehr schön zu beobachten. Chloe ist eine junge Frau, die immer wieder von ihrer Cousine Megan malträtiert wird und unter ihr zu leiden hat. Sie erlebt die erste Liebe, die in einem Drama endet. Leonard „Llew“ ist ein netter junger Mann, der alles immer wieder optimistisch sieht und Chloe treu und ergeben ist. Auch die weiteren Protagonisten wie Noras Mutter Jasmin beleben die Handlung und geben ihr zusätzliches Input.
„Die Sonnenschwestern“ kann mit einer wunderbar gefühlvollen Familiengeschichte überzeugen, die sich über zwei Zeitebenen erstreckt und ineinandergreift, wobei nicht nur ein Geheimnis aufgedeckt wird, sondern auch der Grundstein für einen Neuanfang gelegt wird. Einfach zauberhaft, absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 15.09.2018

Geht tief unter die Haut!

Liebe und Verderben
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Der Kriegsveteran Ernt Allbright kann sich in keinem Job halten. Als er erneut eine Anstellung verliert, kommt die unverhoffte Erbschaft von einem Haus in Alaska gerade recht, denn Ernt kommt in einer ...

Der Kriegsveteran Ernt Allbright kann sich in keinem Job halten. Als er erneut eine Anstellung verliert, kommt die unverhoffte Erbschaft von einem Haus in Alaska gerade recht, denn Ernt kommt in einer lebendigen Umfeld nicht zurecht, zu viel Leid hat er im Krieg ertragen müssen, die ihn in seinen Träumen ständig wieder und wieder aufsuchen. Da scheint ihm die Einöde Alaskas geradezu wie der Himmel. Für seine Teenagertochter Lenora ist der Umzug ein Alptraum, denn sie möchte ihre gewohnte Umgebung und ihre Freunde nicht verlassen. Was soll sie in einem kleinen verschlafenen Ort in Alaska anfangen? Ernts Ehefrau Cora geht mit ihrem Mann überall hin, so sehr liebt sie ihn und möchte vor allem, dass es ihm wieder etwas besser geht. In Alaska angekommen, wird die Familie schnell in die Gemeinschaft aufgenommen, auch Leni lebt sich schnell ein, denn in Schulkamerad Matthew hat sie schnell einen Freund gefunden. Aber die sommerliche Idylle Alaskas weicht einem strengen und dunklen Winter, in dem die Dämonen Ernt wieder heimsuchen…
Kristin Hannah hat mit ihrem Buch „Liebe und Verderben“ einen wunderbaren tiefgründigen und emotionalen Roman vorgelegt, den man – einmal begonnen – kaum aus der Hand legen kann, so sehr fesselt die Autorin mit ihrem flüssigen und gefühlvollen Erzählstil. Dramatik und Leichtigkeit werden hier so gekonnt im Wechsel dargestellt, dass der Leser Teil der Familie Allbright wird und den Protagonisten in Herz und Seele blicken kann, während sie sich ein neues Leben aufbauen und mit Altlasten und Schwierigkeiten kämpfen. Die Handlung erstreckt sich über einen Zeitraum von ca. 10 Jahren und lässt die 1970er Jahre wieder aufleben, als das Leben noch einfacher zu sein schien. Die Autorin bringt in ihrem Roman einige schwierige Themen auf. Da geht es um Traumabewältigung, Gewalt in der Familie, Überleben in der Wildnis, Vertrauen, Liebe und Abhängigkeiten. Sehr schön sind all diese Thematiken in der Geschichte verpackt und entblättern sich nach und nach zu einer spannenden und herzergreifenden Handlung. Der Spannungsbogen wird gemächlich aufgebaut und steigert sich langsam immer weiter bis zum finalen Schluss. Die Landschaftsbeschreibungen der Einöde Alaskas und das einfache Leben dort werden farbenprächtig beschrieben und geben gleichzeitig das Gefühl von Einsamkeit sowie den Zusammenhalt der Bewohner wieder.
Die Charaktere sind sehr liebevoll ausgearbeitet und in Szene gesetzt worden. Sie besitzen Ecken und Kanten und wirken gerade deshalb sehr individuell und authentisch. Der Leser kann sich mit ihnen authentifizieren und fühlt, bangt und hofft mit ihnen. Ernt ist ein gezeichneter Mann. Seine Zeit in Vietnam verfolgt ihn bis in seine Träume und lässt ihn nicht zur Ruhe kommen. Durch seine traumatischen Erfahrungen ist er so gestört, was sich auf seine ganze Familie auswirkt, so dass sich Ehefrau und Tochter mehr oder weniger auf leisen Sohlen durchs Leben wagen aus Angst vor den gewalttätigen Ausbrüchen des Vaters. Cora liebt ihren Mann abgöttisch und würde alles für ihn tun. Gleichzeitig ist sie ständig in Angst und eine eher schwache Frau, die sich gegenüber ihrem Mann nicht durchsetzen kann, bis man sie näher kennen- und verstehen lernt. Lenora ist erst ein typischer Teenager, rebellisch und voller Vorbehalte. Als Leser darf man ihre Verwandlung zu einer jungen Frau miterleben und alles mit ihr teilen. Matthew ist Lenoras bester Freund und wird ihre große Liebe. Er ist freundlich, verlässlich und steht Lenora in allem bei. Ebenso tragen die anderen Protagonisten zur rundum gelungenen Handlung bei, die man so schnell nicht vergißt.
Mit „Liebe und Verderben“ hat Kristin Hannah ein Meisterwerk um Liebe, Familienleben und Hass geschaffen, das den Leser von Beginn an fesselt und mitten ins Herz trifft. Die Geschichte lässt einen nicht los, auch wenn die letzte Seite bereits gelesen ist. Absolute Leseempfehlung für ein echtes Highlight!

Veröffentlicht am 09.09.2018

Der Schritt zum Glück

Unter dem Abendstern
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Als ihre alte Freundin Carola sie zu einem Urlaub über die Weihnachtsfeiertage in ein Ferienhaus einlädt, sagt Lehrerin Katja spontan zu, zumal noch andere Kollegen von Carola dabei sein werden. Der Gedanke, ...

Als ihre alte Freundin Carola sie zu einem Urlaub über die Weihnachtsfeiertage in ein Ferienhaus einlädt, sagt Lehrerin Katja spontan zu, zumal noch andere Kollegen von Carola dabei sein werden. Der Gedanke, die Festtage mit ihren Eltern verbringen zu müssen und zu denen ein recht gespanntes Verhältnis herrscht, verursacht ihr Unbehagen. Kaum im eisigen Dänemark angekommen muss Katja feststellen, dass mit Nick auch ein alter Freund aus Schultagen in das Ferienhaus eingezogen ist. Katja war damals schwer in den attraktiven Mann verliebt, doch mehr als Plänkeleien und Frotzeleien ist zwischen den beiden nie gewesen. Aber auch heute noch bringt Nick ihr Herz ins Stolpern, inzwischen ist Katja allerdings schlagfertiger geworden und lässt sich nicht mehr so schnell aus der Bahn werfen. Während die Weihnachtstage näher rücken und die Tage immer eisiger werden, rückt die zufällige Wohngemeinschaft immer enger zusammen. Nick versucht krampfhaft, sein gutgehütetes Geheimnis zu verbergen, doch je öfter er und Katja aufeinander treffen, umso schwieriger wird es für beide, ihre Gefühle zu unterdrücken…
Elisabeth Büchle hat mit ihrem Buch „Unter dem Abendstern“ einen wunderschönen, winterlich-angehauchten gefühlvollen Roman vorgelegt, der schon jetzt auf die kommende dunkle Jahreszeit einstimmt. Der Schreibstil ist herrlich flüssig und warmherzig, der oftmals ein kleines humorvolles Augenzwinkern enthält. So kann der Leser sich mit der ersten Zeile an Katjas Fersen heften und sie auf eine Achterbahn der Gefühle begleiten, während sie unverhofft ein abenteuerliches und einzigartiges Weihnachtsfest erlebt. Die Dialoge sind spritzig und lassen den Leser immer wieder mal schmunzeln. Die ernsthaften Passagen über das Gefühlsleben der Protagonisten und ihre Erinnerungen an die Vergangenheit geben Raum für eigene Reflexionen. Kernthemen der Autorin sind schwierige Familienverhältnisse, Einsamkeit, das Bilden von Vertrauen, auch in sich selbst und das Lernen aus der Vergangenheit, um die Zukunft besser und schöner in die Hand zu nehmen und zu gestalten. Die Landschaftsbeschreibungen sind bildgewaltig und vermitteln durch das Schnee- und Eistreiben an der See ein Gefühl von Kälte, aber auch von Gemütlichkeit mit Punsch, Apfel-Zimt-Geruch und einem klaren Himmel, an dem man die Nordlichter gut erkennen kann.
Die Charaktere sind sehr liebevoll und lebendig ausgearbeitet. Mit ihren Eigenschaften wirken sie natürlich und authentisch, so dass der Leser sich gleich mit ihnen wohlfühlt und sich zudem gut in sie hineinversetzen kann, was eine gute Voraussetzung ist für das Hineinfühlen, Mitfiebern und Hoffen. Katja ist eine sympathische Frau, die offen auf die Menschen zugeht. Aufgrund ihres schwierigen Verhältnisses mit ihren Eltern musste sie sich Selbstvertrauen und das Recht auf eigene Entscheidungen hart erkämpfen. Das Gefühl, wertlos zu sein, hat sie über die Jahre hinter sich gelassen, denn sie fühlt sich in ihrem Beruf wohl und ausgefüllt, was sie auch Selbstbewusstsein ausstrahlen lässt. Nick ist ein erfolgreicher Unternehmer, der selbst aus einem schwierigen Elternhaus kommt und nie wirklich Liebe erfahren hat. Er hat Angst, selbst so wie seine Eltern zu werden. Er versteckt sich gekonnt hinter einer flapsigen Art, die sowohl verletzend sein kann, als auch zum Lachen verführt. Er möchte seine Gefühle niemandem offen legen, doch irgendwann muss er über seinen Schatten springen. Jeremy ist ein Unikum und Nicks Freund. Bei Menschen, die er mag, kann er sich die Namen nicht merken, dabei ist er feinfühlig, obwohl er wie ein Elefant im Porzellanladen wirkt. Er besitzt eine Weisheit, die nur Menschen vorbehalten ist, die außen stehen und gibt seine Anmerkungen in einer warmherzigen und doch witzigen Art von sich, dass man ihn einfach lieben muss. Auch die übrigen Protagonisten wie Carola oder Forster und seine Frau sorgen für schöne Momente innerhalb der Geschichte.
„Unter dem Abendstern“ ist nicht nur eine romantische Geschichte, sondern geht tiefsinnig an Themen wie Vergangenheitsbewältigung, Vertrauen und Freundschaft heran. Ein Neuanfang ist immer möglich, nur muss man den Mut dafür aufbringen und sich selbst vertrauen. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 08.09.2018

"Was man in der Jugend wünscht, hat man im Alter die Fülle" (J.W. v. Goethe)

Tee mit Mrs Dallimore
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Lizzie hat ihren Job als Rechercheurin bei einem Londoner Radiosender verloren, weil sie sich auf ein Verhältnis mit ihrem Chef eingelassen hat, der auch noch verheiratet und Vater ist – ein absolutes ...

Lizzie hat ihren Job als Rechercheurin bei einem Londoner Radiosender verloren, weil sie sich auf ein Verhältnis mit ihrem Chef eingelassen hat, der auch noch verheiratet und Vater ist – ein absolutes No-Go! Durch die fehlende Einnahmequelle kann sie sich London nicht mehr leisten und kriecht bei ihren Eltern in ihr altes Kinderzimmer auf dem Land unter, um dort ihr Mütchen zu kühlen und sich von ihrer Pechsträhne zu erholen. Über ihre Mutter, die ehrenamtlich in einem Seniorenheim arbeitet, findet sie einen Aushilfsjob und lernt dort Mrs. Clarissa Dallimore kennen. Die alte Dame hatte ein bewegtes Leben und immer, wenn Lizzie Pause hat, erzählt Mrs. Dallimore ihr von ihren Erlebnissen, die so spannend wie einschneidend sind, dass Lizzie ihre eigenen Probleme bald hinter sich lässt und den Mut aufbringt, ihrem Leben einen neuen Sinn zu geben…
Erica James hat mit ihrem Buch „Tee mit Mrs. Dallimore“ einen wunderschönen gefühlvollen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig, mitreißend und emotional, der Leser wird direkt in die Geschichte hineinkatapultiert und darf mal an der Seite von Lizzie, mal an der von Clarissa stehen, um mehr über ihr Leben, ihre Gedanken und Gefühle zu erfahren und die Beziehung der beiden zueinander zu erleben. Die Handlung wird auf zwei Zeitebenen erzählt, die eine behandelt die Gegenwart von Lizzie und Clarissa, während die zweite die Vergangenheit von Clarissa beleuchtet und der Leser so von einem sehr bewegten Leben erfährt mit vielen Schicksalsschlägen, aber auch einer tiefen Verbundenheit zu guten Freunden. Die Autorin weiß sehr geschickt ein Leben auf dem Land während des Zweiten Weltkriegs in England zu schildern, hält die Lebensmittelknappheit sowie die schlimmen Verluste von Angehörigen wieder vor Augen, aber auch den Zusammenhalt der Menschen auf dem Land sowie die Aufnahme von entsandten Kindern, um diese mit durch die schwere Zeit zu bringen und ihnen ein Zuhause zu geben. Durch die Perspektivwechsel wird nicht nur die Spannung auf einem guten Niveau gehalten, sondern zeigt auch Parallelen auf zwischen verschiedenen Familienverhältnissen, die jedoch alle füreinander da sind und sich gegenseitig stützen.
Die Charaktere sind sehr liebevoll ausgestaltet und mit individuellen Eigenschaften versehen worden. Sie wirken sehr lebendig, glaubhaft und authentisch, was es dem Leser leicht macht, mit ihnen zu fühlen, zu leiden und zu hoffen. Lizzie ist eine junge Frau, die sich von einem Fettnäpfchen ins andere rettet. Sie suhlt sich eine Weile in ihrem Selbstmitleid, doch durch ihre Freundschaft zu Clarissa sowie die Arbeit im Seniorenheim wird ihr Blick für die Dinge um sie herum wieder frei und offen. Lizzie ist eine sympathische Protagonistin, die ehrlich und hilfsbereit ist. Sie trägt das Herz auf der Zunge, ist impulsiv und stolpert mehr durchs Leben, anstatt auf festem Fuß zu stehen. Je mehr Kontakt sie zu Clarissa hat und den Rückhalt ihrer Familie spürt, umso stärker wirkt sie und packt endlich ihr Leben an. Clarissa ist einfach eine Frau, die man lieben muss. Sie besitzt einen guten Humor, ist trotz vieler Schicksalsschläge nicht mutlos und hat einiges an Weisheit parat, was zu Lizzie durchdringt und ihr so ermöglicht, neue Wege zu gehen. Auch die übrigen Protagonisten wie Mr. Sheridan, Luke, Lizzies Eltern, Simon oder auch Ingrid tragen dazu bei, dass dem Leser eine sehr schöne und in sich geschlossene Handlung präsentiert wird.
„Tee mit Mrs. Dallimore“ ist ein Roman, der sich in zwei Handlungen aufteilt, die aber ineinandergreifen und so eine tolle Lektüre ergeben. Eine Geschichte über eine ungewöhnliche Freundschaft und dass man von alten Menschen doch sehr viel lernen kann. Eine echte Entdeckung und eine mehr als verdiente Leseempfehlung!