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Veröffentlicht am 17.10.2018

Ein schicksalsträchtiger Liebesroman

Das Mädchen im roten Kleid
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Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, wird ein junger Soldat in einem englischen Sanatorium wach und weiß nicht mehr, wer er ist. Lediglich seine inzwischen gut verheilten Verletzungen zeugen davon, dass ...

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, wird ein junger Soldat in einem englischen Sanatorium wach und weiß nicht mehr, wer er ist. Lediglich seine inzwischen gut verheilten Verletzungen zeugen davon, dass er einige Zeit in einem Lazarett zugebracht haben muss, bevor er zurück in die Heimat kam. Seit dem verbringt er seine Tage damit auf Erinnerungen zu hoffen, die sein Gedächtnis einfach nicht freigeben will. Von der Nutzlosigkeit seines Tuns frustriert, entschließt er sich die Klinik zu verlassen, um in London ein neues Leben aufzubauen. Dabei kommt ihm eine im Garten des Sanatoriums auftauchende jüdische Näherin gerade recht, die ihm nach kurzem Zögern bei der Verwirklichung seiner Pläne helfen will. Schon kurz darauf sind Eden Valentine und er ein Paar, und während eine andere junge Frau auf der Suche nach ihm ist, glaubt er sein Glück gefunden zu haben. Doch plötzlich schlägt das Schicksal erneut erbarmungslos zu und katapultiert ihn, ohne Rücksicht auf die gerade erst entflammte Liebe zu nehmen, in sein früheres Leben zurück.

„Das Mädchen im roten Kleid“ ist ein ergreifender Schicksalsroman, der in London spielt und die Probleme der Nachkriegszeit durch eine zu ihr passende Liebesgeschichte aufleben lässt. Dabei taucht der Leser tief in das Leben eines zunächst unbekannten Soldaten und einer jüdischen Näherin ein und erfährt, wie verwurzelt das Standesdenken damals war und mit welchen Schwierigkeiten religiös anders denkende Menschen zu kämpfen hatten. Aber auch der Einfluss des Krieges auf die Wirtschaft wird thematisiert, bis hin zu den enormen Einschränkungen und Entbehrungen, denen die Bevölkerung unterworfen war. Eine schwierige Zeit, die aber auch der Beginn einer neuen Epoche war. So gelang es der Näherin Eden sich mithilfe ihres immer noch am Kriegstrauma leidenden Mannes Tom eine berufliche Zukunft aufzubauen, obwohl das Handwerk damals ausschließlich von Männern beherrscht worden ist.

Fiona McIntosh versteht es, mit ihrem wunderbar flüssigen und bildhaften Schreibstil den Leser in den Bann der Geschichte zu ziehen. Dazu taucht er abwechselnd mit den beiden Hauptfiguren in die teilweise turbulenten, teilweise bewegenden Geschehnisse ein und lebt und leidet mit ihnen mit. Und während die Handlung zu Beginn des Buches noch eher in einem ruhigen Fahrwasser verläuft, zieht die Spannung ganz allmählich an und der Leser wird mit einer Wust an Gefühlen konfrontiert, die er, genau wie die handelnden Figuren, erst einmal verarbeiten muss. Dabei sind es nicht nur Eden und Tom, die um das, was ihnen wichtig ist kämpfen müssen. Auch Edens Vater oder Toms entfernte Cousine bleiben davon nicht verschont und werden ohne Erbarmen von deprimierenden Rückschlägen und Hoffnung schöpfenden Erfolgen heimgesucht.

Fazit:
„Das Mädchen im roten Kleid“ ist ein schicksalsträchtiger Liebesroman, der dem Leser neben einer bewegenden Romanze auch einen gelungenen Einblick in die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg beschert, die von Abschied und Aufbruch bestimmt worden ist.

Veröffentlicht am 15.10.2018

Ein clever erdachter und vielseitiger Kriminalroman, der tief in menschliche Abgründe blicken lässt

Die Suche
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Detective Sergeant Kate Linville von Scotland Yard kehrt für ein paar Tage nach Scarborough in das Haus ihrer Eltern zurück, da sie es verkaufen will. Doch anstatt ihr Vorhaben schnell abzuschließen, läuft ...

Detective Sergeant Kate Linville von Scotland Yard kehrt für ein paar Tage nach Scarborough in das Haus ihrer Eltern zurück, da sie es verkaufen will. Doch anstatt ihr Vorhaben schnell abzuschließen, läuft von Beginn an alles schief. Erst wird sie im Inneren des Hauses mit den schrecklichen Verwüstungen von Mietnomaden konfrontiert, die sie mit hohem finanziellen Aufwand beseitigen muss und dann wird auch noch im naheliegenden Bed and Breakfast die Tochter des Besitzerehepaares vermisst, gerade als Kate dort ein Zimmer bezieht. Und noch bevor die Polizei mit ihren Ermittlungen beginnt, kommt der Verdacht auf, dass Emiliy das nächste Opfer eines Killers geworden ist, der bereits seit einem Jahr im Hochmoor sein Unwesen treibt.

Mit die "Die Suche" knüpft Charlotte Link nahtlos an die Ereignisse in ihrem Kriminalroman "Die Betrogene" an, in denen sie die Polizistin Kate Linville den Mörder ihres Vaters suchen ließ. Schon damals war die Londoner Detectivin ohne dienstliche Befugnisse in Scarborough unterwegs, wo sie über den alkoholkranken Detective Chief Inspector Caleb stolperte, der ihr regelmäßig in die Quere kam. Und auch diesmal kreuzt er als verantwortlicher Ermittler ihren Weg, nur dass ihre Beziehung inzwischen in freundschaftlichen Bahnen verläuft. Deshalb ziehen sie gemeinsam an einem Strang, und während er mehr oder weniger erfolgreich den offensichtlichen Spuren nachgeht, stellt Kate unter dem Deckmantel einer Journalistin eigene Recherchen an. Allerdings kommt sie dem Täter viel zu nah und wird bald selbst mit seinen skrupellosen Taten konfrontiert.

Gewohnt flüssig und fesselnd, unter Zuhilfenahme mehrerer Handlungsstränge und vielfältiger Figuren versteht es Charlotte Link eine Geschichte zu erzählen, die mehr als nur ein Verbrechen und seine Aufklärung zum Inhalt hat. So lernt der Leser neben den Opfern auch ihre Familien kennen, taucht in das von Rückschlägen geprägte Leben der Ermittler ein und erfährt viel vom Täter selbst, der einen schonungslosen Einblick in seine kranken Gedanken gewährt. Ein wirklich vielschichtiger Plot, der erst zum Schluss das ganze Ausmaß einer Tragödie offenbart, die gleich mehreren Menschen zum Verhängnis wird. Und obwohl die Handlung manchmal dann doch etwas konstruiert erscheint, bleibt die Spannung auf einem hohen Level und sorgt dafür, dass das Buch nur schwer aus der Hand gelegt werden kann.

Fazit:
Ein clever erdachter und vielseitiger Kriminalroman, der tief in menschliche Abgründe blicken lässt und damit einige spannende Lesestunden beschert.

Veröffentlicht am 04.10.2018

Ein düsterer, fesselnder und schockierender medizinhistorischer Roman

Runas Schweigen
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In der neurologischen Abteilung der Pariser Salpêtrière-Klinik führt im Jahr 1984 der berühmte Arzt Dr. Charcot an jedem Dienstag verschiedenartige Experimente an hysterischen Patientinnen durch, die er ...

In der neurologischen Abteilung der Pariser Salpêtrière-Klinik führt im Jahr 1984 der berühmte Arzt Dr. Charcot an jedem Dienstag verschiedenartige Experimente an hysterischen Patientinnen durch, die er einem ausgewählten Fachpublikum präsentiert. Eine grausame Zurschaustellung der hilflosen Frauen, die nicht nur ihre Würde verletzt, sondern auch dem einen oder anderen der anwesenden Mediziner eisige Schauer über den Rücken jagt. Doch an dem Tag, als sich ein kleines Mädchen namens Runa gegen die erprobten Heilungsmethoden sperrt, wird der legendäre Charcot bis auf die Knochen blamiert. Ein guter Grund für den Schweizer Medizinstudent Jori Hell eine bahnbrechende Operation am Gehirn der kleinen Patientin vorzuschlagen und damit seine Chance auf einen begehrten Doktortitel zu erhöhen. Nur, dass er in diesem Moment nicht weiß, dass Runa seine dunkle Seite kennt und ihre heimlichen Botschaften bereits in der ganzen Stadt hinterlassen hat.

„Runas Schweigen“ ist das Debüt der deutschen Autorin Vera Buck, das bereits unter dem Titel „Runa“ im Limes Verlag erschienen ist und eine Nominierung für den Friedrich-Glauser-Preis erhalten hat. Eine Entscheidung, die der Leser während der Lektüre des fesselnden medizinhistorischen Romans gut nachvollziehen kann. Denn Vera Buck versteht es, die dargestellten Dinge und Ereignisse dermaßen plastisch zu beschreiben, dass der Leser sie regelrecht vor sich sieht. Wie die Ovarienpresse, mit der Charcot seine Patientinnen wie Zirkustiere vor fremden Augen zum Krampfen bringt oder einige mit Quecksilber einhergehende Experimente an Runa, die das Mädchen nur mit knapper Not überlebt. Dabei sind viele der in ihrem Buch verarbeiteten Vorfälle nicht etwa erdacht, sondern tragen authentische Züge, die von der Autrorin gut recherchiert worden sind.

Der Schreibstil von Vera Buck ist wunderbar fesselnd, und obwohl die Handlung selbst eher weitschweifig erzählt worden ist, weiß sie den Leser in ihren Bann zu ziehen. Sei es durch die schaurige Atmosphäre, die den berüchtigten Siechenhäusern innewohnt oder durch die spürbare Bedrohung, die für die dort lebenden Menschen an der Tagesordnung ist. Deshalb zieht die Spannung auch erst in der zweiten Hälfte des Romans merklich an, nachdem alle Figuren vorgestellt worden sind und sich die Ermittlungen in einem Kriminalfall mit den erschreckenden Vorkommnissen in der Pariser Salpêtrière-Klinik verweben. Und damit einhergehend wird in erschreckendem Maße klar, was es mit Runa auf sich hat und inwieweit ihre psychischen Störungen der Auslöser für begangene Verbrechen sind.

Fazit:
„Runas Schweigen“ ist ein düsterer Roman, der vor allem durch die schockierenden Beschreibungen der Behandlungsmethoden des Pariser Neurologen Dr. Charcot Gänsehaut beschert, gleichzeitig aber auch mit interessanten Einzelschicksalen und einer merkwürdigen Verbrechensserie spannend zu unterhalten versteht.

Veröffentlicht am 17.09.2018

Unterhaltsame Geschichten aus dem alltäglichen Leben von Wladimir Kaminers Mutter

Meine Mutter, ihre Katze und der Staubsauger
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Das Leben kann manchmal ganz schön heimtückisch sein und scheut sich nicht, auch erfahrenen Menschen Steine in den Weg zu legen. Wie Wladimir Kaminers Mutter, die sich trotz ihrer stolzen 84 Jahre mit ...

Das Leben kann manchmal ganz schön heimtückisch sein und scheut sich nicht, auch erfahrenen Menschen Steine in den Weg zu legen. Wie Wladimir Kaminers Mutter, die sich trotz ihrer stolzen 84 Jahre mit eigensinnigen Staubsaugern oder merkwürdigen Sprachbarrieren herumplagen muss oder über unbezwingbare Gewichtsprobleme klagt. Denn kaum hat sie ein paar Pfunde zugelegt, fällt ihr die dringend notwendige Bewegung schwer und führt dazu, dass das ihr Gewicht immer mehr steigt. Ein Teufelskreis, dem die Rentnerin einfach nicht entkommen kann. Doch zum Glück hat der Freund ihres Sohnes eine tolle Idee. Eine Fitnessuhr muss her, mit der sie ihre Werte kontrollieren kann und die ein offenes Ohr für alle ihre Probleme hat. Nur, dass das Wunderwerk neuzeitlicher Technik plötzlich ein Eigenleben entwickelt und nicht etwa ihre Unterstützung zu der gewünschten Gewichtsabnahme führt, sondern der durch sie entstandene Stress.

Siebzehn mitten aus dem Leben gegriffene und mit einem Augenzwinkern erzählte Episoden enthält das Hörbuch "Meine Mutter, ihre Katze und der Staubsauger: Ein Unruhestand in 17 Geschichten" und beweist, das Wladimir Kaminer ein guter Beoachter und Geschichtenerzähler ist. Denn während er über die eigensinnigen Erziehungsmethoden seiner Mutter schwadroniert oder ihren nicht abflauenden Wissensdurst in den Mittelpunkt seiner Erzählungen stellt, pickt er sich aus ihrem Leben die Details heraus, die besonders unterhaltsam sind. Diese schmückt er mit viel Fantasie und zufällig beobachteten Merkwürdigkeiten aus und setzt sie gekonnt in Szene. Aber nicht nur den alltäglichen Dingen schenkt er seine Aufmerksamkeit. Auch die Vergangenheit seiner Mutter lässt er nicht ruhen. So erfährt der Hörer, mit welchen Schwierigkeiten die Beziehung zu ihrem Ehemann belastet war oder warum sie eine Zeit lang als Studentin keine Einladung zu einem Geburtstag oder eine Party erhalten hat.

Fazit:
Eine wunderbar unterhaltsame Sammlung von alltäglichen Geschichten aus dem Leben von Shanna Kaminer, die typisch für die Sichtweise ihres Sohnes sind. Denn dem mit der "Russendisco" bekannt gewordenen russisch-deutschen Autor entgeht einfach nichts. Ohne Skrupel zu hegen, schlachtet er sämtliche Erlebnisse und Eigenheiten seiner Mutter aus und scheut sich nicht, ihre Unzulänglichkeiten an den Pranger zu stellen. Ein wahrer Hörgenuss, gelesen vom Autor selbst, bei der nur kritisiert werden kann, dass nicht alle 33 Episoden aus dem gleichzeitig veröffentlichten Buch enthalten sind.

Veröffentlicht am 09.09.2018

Ein spannender Thriller mit einer düsteren Atmosphäre und einem geheimnisumwitterten Plot

Mädchen aus dem Moor
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Die Archäologin Kath weiß nach einem schweren Autounfall im Dartmoor nicht, was geschehen ist. Deshalb glaubt sie fest daran, dass ein Eisklumpen verantwortlich für den folgenschweren Sturz in einen Stausee ...

Die Archäologin Kath weiß nach einem schweren Autounfall im Dartmoor nicht, was geschehen ist. Deshalb glaubt sie fest daran, dass ein Eisklumpen verantwortlich für den folgenschweren Sturz in einen Stausee war. Doch an dem Tag, als ihre Schwägerin Tessa plötzlich von einem Selbstmordversuch spricht, wird ihr klar, dass etwas ganz und gar nicht stimmt. Denn niemals hätte Kath ihrer kleinen Tochter Lyla das angetan, die aufgrund einer psychischen Störung abhängig von ihrer Mutter ist. Aber egal, wie sehr sie sich auch bemüht, ihre Erinnerungen kehren nicht zurück. Und als dann auch noch merkwürdige Dinge um sie herum geschehen, zweifelt sie an ihrem Verstand und merkt erst viel zu spät, dass sie das Opfer einer tödlichen Intrige geworden ist.

"Mädchen aus dem Moor" ist ein gelungener Psychothriller, der geschickt mit der Wahrnehmung seiner Figuren spielt und den Leser lange Zeit im Unklaren darüber lässt, was an einem verhängnisvollen Abend im Dartmoor geschehen ist. Dafür aber lässt er sie tief in das Leben der Figuren schauen und zeigt ihm, was für ein besonderes Mädchen die neunjährige Tochter der Naturparkmitarbeiterin Kath und ihres Ehemanns Adam ist. Doch nicht nur Lyla spielt eine entscheidende Rolle in dem undurchsichtigen Geschehen. Auch Kaths Bruder Dan und seine Frau Tessa, ihre längst verstorbene Mutter und einige der weitläufigen Verwandten haben einen großen Anteil daran, dass ein Unbekannter seine Rachepläne in die Tat umsetzt.

Die voller gruseliger Atmosphäre und alter Legenden steckende Geschichte wird aus verschiedenen Sichten heraus erzählt. Da ist zum einen die Hauptfigur und Icherzählerin Kath, die tief in ihre Gedanken und Gefühle blicken lässt und deren Verzweiflung jederzeit spürbar ist. Zum anderen lernt der Leser den eng mit dem Moor verbundenen Ranger Adam kennen, der seit dem Unfall seiner Frau Kath glaubt, dass sie ihn hintergeht und belügt. Und zuguterletzt kommt auch noch die Psychologin Tessa zu Wort, die mit allen Mitteln versucht, Kath in ihrem Kampf um die Wahrheit beizustehen. Eine nervenaufreibende Lektüre, die Seite für Seite Gänsehaut erzeugt und nur schwer aus der Hand zu legen ist.

Fazit:
"Mädchen aus dem Moor" ist ein superspannender Thriller, in dem nichts so ist, wie es scheint und der mit einer unglaublich düsteren Atmosphäre und einem geheimnisumwitterten Plot durchgängig zu fesseln versteht.