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Veröffentlicht am 20.09.2016

Paul Kalkbrenners 5. Fall

Märchenwald
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Eine Mutter versteckt ihre beiden Kinder in einem Schrank und als diese sich Stunden später aus dem Schrank befreien können, fehlt von der Mutter jede Spur … es gibt nur einen Blutfleck auf dem Küchenboden. ...

Eine Mutter versteckt ihre beiden Kinder in einem Schrank und als diese sich Stunden später aus dem Schrank befreien können, fehlt von der Mutter jede Spur … es gibt nur einen Blutfleck auf dem Küchenboden. Max erzählt seiner Schwester Ellie die Geschichte vom Märchenwald, in dem immer alles gut wird, und gemeinsam machen sie sich auf den Weg zu ihrem Großvater.

Eine junge Frau erwacht aus einem Albtraum. Sie sieht sich um und erkennt, dass sie auf einem Lager aus stinkenden Mülltüten geschlafen hat. Und dann stellt sie fest, dass sie sich an nichts erinnern kann – noch nicht einmal an ihren eigenen Namen.

Ein verwitweter, pensionierter Lehrer bekommt während des Essens eine Herzinfarkt. Einer der Rettungssanitäter macht in der Wohnung des Rentners einen grausigen Fund und die Obduktion der Leiche bringt erstaunliche Dinge ans Tageslicht.

3 große Handlungsstränge, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Oder etwa doch? Paul Kalkbrenner blickt in seinem 5. Fall in die tiefsten Tiefen menschlicher Abgründe.

„Märchenwald“ ist für mich der erste Fall des sympathischen Ermittlers Paul Kalkbrenner und nach der Lektüre dieses Buches frage ich mich tatsächlich „Warum“? Ich habe schon lange keinen Thriller mehr gelesen, der mich so gepackt hat.

Auf der einen Seite sind da die beiden Kinder die durch die Gegend irren, auf der Suche nach ihrem Großvater. Wen Kinder nicht kalt lassen, der wird hier wohl am meisten bangen und hoffen und die Daumen drücken, dass sie nach ihrem Weg durch den „Märchenwald“ wohlbehalten bei ihrem Opa ankommen.

Auf der anderen Seite ist die junge Frau, die ihr Gedächtnis verloren hat. Sie wird gejagt – von wem und warum, das weiß sie nicht. Ist die Polizei ihr Freund oder ihr Feind? Es dauert lange bis ihre Erinnerungen zurück kommen – und es sind keine guten Erinnerungen. Ich habe mit Zoe (so wird die junge Frau von jemandem angesprochen) richtiggehend mitgefiebert um herauszufinden was in der Vergangenheit mit ihr passiert ist.

Und dann ist da noch der pensionierte ältere Herr, dessen Geschichte bei mir leichte Ekelgefühle hervorgerufen hat. Martin Krist versteht es hier aber wirklich ausgezeichnet den Ekelfaktor nicht allzu groß werden zu lassen, denn dieses Level hat es punktgenau gebraucht, um das Verlangen nach Aufklärung zu schüren.

Natürlich wird auch in Zwischenkapiteln das Privatleben von Kalkbrenner zum Thema gemacht und hier steht das Verhältnis zu seiner Tochter im Vordergrund. Da ich die vorherigen Kalkbrenner-Fälle nicht kennt, fehlt mir hier ein wenig Hintergrundwissen – das schmälerte aber den Lesegenuss nicht.

Dieses Buch hat mich von der 1. Seite an gefesselt. Ohne Leserunde hätte ich es wahrscheinlich in 1 Nacht gelesen. Die kurzen Kapitel, erzählt aus unterschiedlichen Perspektiven, halten die Spannung von Anfang an sehr hoch. Am Schluss bleiben jedoch noch einige Fragen offen. Ich hätte mir z. B. noch etwas mehr Hintergrundwissen gewünscht, warum die Protagonisten überhaupt auf diesen (Ab-)Weg ihres Lebens geraten sind.

Wie schon eingangs beschrieben – ich hatte schon lange keinen so guten Thriller mehr in der Hand. Der Thriller „Die Mädchenwiese“ steht schon seit einiger Zeit in meinem Regal … aber dort wird er nicht mehr lange ungelesen stehen bleiben.

Veröffentlicht am 20.09.2016

Leben ist ... was man daraus macht

Dein perfektes Jahr
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Hannah Marx ist eine grenzenlose Optimistin. In allem und jedem kann sie immer noch etwas positives finden und zur Zeit schwebt sie gerade auf Wolke 7, da sie sich einen großen Traum verwirklichen konnte. ...

Hannah Marx ist eine grenzenlose Optimistin. In allem und jedem kann sie immer noch etwas positives finden und zur Zeit schwebt sie gerade auf Wolke 7, da sie sich einen großen Traum verwirklichen konnte. Ihre Arbeit als angestellte Erzieherin hat sie nicht mehr wirklich ausgefüllt, weswegen Hannah und ihre beste Freundin Lisa die „Rappelkiste“ eröffnet haben. Ein Kinderhort mit außergewöhnlicher Betreuung, gerne auch rund-um-die-Uhr und an den Wochenenden. Ihr Freund, Simon Klamm, ist zwar zur Zeit gerade arbeitslos, aber auch in ihrer Beziehung läuft es richtig gut und zum rundherum glücklich sein fehlt Hannah nur noch der Heiratsantrag.

Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Statt eines Heiratsantrages eröffnet Simon ihr, dass er unheilbar krank ist und sich deswegen von ihr trennen wird. Hannah wäre jedoch nicht Hannah, wenn sie das so einfach hinnehmen würde. Sie geht in ein Geschäft, kauft dort einen wunderschönen blauen Leder-Filofax (Kalender) und trägt darin für jeden Tag des nächstens Jahres etwas sein; mal einen Termin, den sie sorgfältig im Voraus geplant hat, mal nur einen besonders schönen oder passenden „Spruch des Tages“. Dieser Kalender soll Simon dazu animieren jeden Tag - vom Rest seines Lebens - bewusst zu erleben. Sie nennt es „Dein perfektes Jahr“. Simon hat aber anderes geplant und so hängt er die Tasche mit dem Filofax an ein Fahrrad, dessen Besitzer gerade auf seiner morgendlichen Jogging-Runde ist.

Das Rad, an das Simon die Tasche mit dem Filofax hängt, gehört Jonathan N. Grief. Zu diesem Zeitpunkt weiß dieser noch nicht, dass sich ab jetzt sein ganzes Leben ändern wird.

Die Geschichte in „Dein perfektes Jahr“ wird in 2 Handlungssträngen erzählt.

Zum einen gibt es da Hannah, deren unerschütterlicher Optimismus bei ihren Freunden nicht immer auf Gegenliebe stößt. Lisa und Simon teilen ihre Einstellung „Alles im Leben ist für etwas gut“ nicht immer und zu jeder Zeit. Ansonsten ist Hannah aber eine sehr sympathische junge Frau, die für ihre Ziele kämpft. In ihrem Leben läuft gerade alles richtig schön rund – bis ihr Freund ihr erzählt, dass er unheilbar krank ist.

Zum anderen gibt es da Jonathan N. Grief, Inhaber des Verlages „Griefson & Books“ unter dessen Dach nur ausgewählte Fachliteratur verlegt wird. Genre wie Belletristik oder gar Krimi tragen dazu bei, dass sich bei Jonathan die Fußnägel hochrollen. Überhaupt ist Jonathan ein sehr spezieller Mensch (freundlich ausgedrückt). Er ist überaus pedantisch und lebt fest in seinen eingefahrenen Strukturen. Ein falsch gesetztes Komma in einem Artikel der Morgenzeitung, zieht eine auf den Fehler hinweisende E-Mail an die Redaktion der Zeitung nach sich. Jonathan ist kein Mensch, in dessen Nähe man sich gerne und lange aufhält. Bis er den Kalender in die Hände bekommt.

Die Handlungsstränge liegen am Anfang des Buches 2 Monate auseinander – die Erzählung von Jonathan beginnt am 01. Januar und die von Hannah 2 Monate zuvor, am 29. Oktober. Nach und nach nähern sie sich einander an und zum Schluss befinden sich beide Protagonisten auf der gleichen zeitlichen Handlungsebene. Was für mich am Anfang des Buches total undenkbar und auch irgendwie unrealistisch war, findet dann tatsächlich statt.

Charlotte Lucas (übrigens ein Pseudonym der Autorin Wiebke Lorenz) beschreibt in diesem Buch nichts neues, es wird ganz sicher nicht das Rad neu erfunden, aber sie hat die Geschichte von Hannah, Simon und Jonathan sehr schön verpackt. Alle Charaktere sind realistisch angelegt und die knapp 576 Seiten waren – in meinen Augen – keine Seite zu viel. Der Schreibstil der Autorin ist sehr angenehm zu lesen und außerhalb einer Leserunde hätte ich wahrscheinlich nicht nach immer wieder 150 Seiten aufgehört, sondern das Buch in einem fertig gelesen. Am Ende war ich recht glücklich mit dem Umstand, dass bis zum Finale etwas mehr als 1 Jahr ins Land gegangen ist. Alles andere hätte die Geschichte in meinen Augen unrealistisch wirken lassen. Für die Zielgruppe - ab 16 Jahren - ist dieses Buch meiner Meinung nach rundherum passend.

Ein sehr schönes Buch, das dem Leser unterschwellig mal wieder den Spiegel vorgehalten hat, dass man sein Leben genießen sollte – und nicht täglich in seinen eingefahrenen Bahnen laufen sollte.

Ich habe das Buch in dieser Leserunde schon vor dem offiziellen Veröffentlichtungstermin lesen dürfen, wofür ich mich herzlich bedanken möchte.

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Veröffentlicht am 16.09.2016

Thriller mit Sogwirkung

Hillmoor Cross
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Ich möchte meiner Rezension vorausschicken, dass es in dem Thriller „Hillmoor Cross“ um Gewalt gegen Kinder geht. Wer das nicht lesen/ertragen kann, der sollte bitte die Finger von diesem Buch lassen! ...

Ich möchte meiner Rezension vorausschicken, dass es in dem Thriller „Hillmoor Cross“ um Gewalt gegen Kinder geht. Wer das nicht lesen/ertragen kann, der sollte bitte die Finger von diesem Buch lassen!

Wie aus dem rückseitigen Buchtext hervorgeht, entführt der attraktive Jake aus Hillmoor Cross einen kleinen Jungen. Er fängt ihn auf dem Weg zum Kindergarten ab, betäubt ihn und bringt ihn zu sich nach Hause – im Glauben, dass er dort ungestört seine Triebe ausleben kann. Nachdem er sich ausgetobt hat, möchte er den Jungen einfach wieder zurück in den Wald fahren und irgendwo in der Nähe seines Zuhause absetzen, so dass dieser nur nach Hause gehen muss …. als ob er nur mal kurz zum Spielen weg gewesen wäre.

Leider geht Jakes Plan nicht auf, denn gerade während er sich mit dem Jungen (dessen Namen der Leser am Anfang nicht erfährt) beschäftigt, taucht eine Person auf, mit deren Rückkehr Jake erst in einigen Tagen gerechnet hatte. Das ist der Super-Gau schlechthin und Jake muss sich schnellstens etwas einfallen lassen, um diese Person „mundtot“ zu machen. Was danach passiert, ist eine Aneinanderreihung von Zufällen und man könnte als Leser denken, dass Jake aufgrund dieser Verkettungen überhaupt nicht in den Fokus der Polizei-Ermittlungen rücken wird. Aber das ist nur ein Trugschluss, die Schlinge um Jakes Hals zieht sich langsam aber sicher zu.

Ich kann nicht mehr so genau sagen, ab welchem Zeitpunkt ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte. Der Leser wird direkt zu Anfang des Buches in das Geschehen hineingeworfen und aufgrund der Tatsache, dass es sich um eine höchst verabscheuungswürdige Tat handelt, wünscht man Jake schon gleich die grausamsten Dinge an den Hals. Für wenige Seiten beruhigt sich die Handlung dann, da Jake (wie auch auf der Rückseite des Buches schon erwähnt) 2 Tage lang bewusstlos ist. Dann tritt die Krankenschwester Lacey Stone auf den Plan und die Geschichte nimmt wieder rasant Fahrt auf.

Die Hauptprotagonisten Jake und Lacey werden so gut beschrieben, dass man sich ein realistisches Bild von ihnen machen kann. Jake, ein gutaussehender junger Mann, der dem Aussehen nach wahrscheinlich eine Art „Schwiegermuttertraum“ ist. Er studiert und geht einem geregelten Leben nach. So einem hüschen Kerl traut man doch keine pädophilen Neugungen zu .. !? Im Gegensatz dazu Lacey, die vom Leben enttäuscht ist. Aufgrund ihres Vorlebens hat sie ein Helfersyndrom entwickelt, dass seinesgleichen sucht. Sie kann einem echt leid tun, aber irgendwann hab ich mir gedacht „Alter, wie geht die denn ab?“. Auf Seite 125 hatte ich eine Vorahnung, dass Lacey nicht mehr lange zu leben hat. Ob ich damit richtig lag und welches Indiz Jake letztendlich der Polizei ans Messer lieferte, verrate ich Euch natürlich nicht.

Das Buch wurde gerade in einer Blog-Tour vorgestellt und wer Interesse an den einzelnen Beiträgen hat, der darf gerne diesem Link folgen um zu meinem Beitrag über Pädophilie zu gelangen. Die Autorin Shannon Crowley hat aber in „Hillmoor Cross“ nicht nur das Thema Pädophilie aufgegriffen sondern es geht auch um Stalking und über das Verhalten der Mutter des kleinen Jungen möchte man sich einfach nur die Haare raufen.

Für mich war „Hillmoor Cross“ seit langem mal wieder ein Thriller, der mich gepackt und nicht mehr losgelassen hat, bis ich am letzten Wort des Buches angekommen war.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein überaus gelungenes Debüt

Ein Gefühl wie warmer Sommerregen
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Alis Rivers, 28 Jahre alt, teil ihr Leben auf 2 Berufe auf. Um ihr tägliches Brot zu verdienen, arbeitet sie in der Buchhandlung ihrer Tante. Ihre wirkliche Berufung findet Alis jedoch in der Arbeit für ...

Alis Rivers, 28 Jahre alt, teil ihr Leben auf 2 Berufe auf. Um ihr tägliches Brot zu verdienen, arbeitet sie in der Buchhandlung ihrer Tante. Ihre wirkliche Berufung findet Alis jedoch in der Arbeit für die Seenotrettung in Tenby. Obwohl sie in diesem Job oft ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen muss, um andere Menschen aus einer Notlage zu retten, ist das ihr Lebensinhalt.

Seit 10 Jahren ist Alis mit Matthew liiert. Auch Matthew arbeitet im Rettungsdienst, allerdings liegt sein Tätigkeitsbereich in der Rettung aus der Luft, weswegen ihr Wohnort/Stützpunkt an unterschiedlichen Positionen liegt und sie seit Jahren eine Fernbeziehung führen.

Als ein Schaf von einer Klippe stürzt und der Tierarzt Evander Davies, ohne nachzudenken, hinterher springt, muss das Team der Seenotrettung ausrücken, um ihn und das Schaf zu retten. Am Absturzort angekommen realisiert Alis, dass es sich genau um die Klippe handelt, an der vor einigen Jahren ein schreckliches Unglück passiert ist, in dem sie eine nicht unerhebliche Rolle spielte.

Es ist an der Zeit, dass Alis sich ihrer Vergangenheit stellt.

Mit „Ein Gefühl wir warmer Sommerregen“ hat die Autorin Ella Simon sich in ein neues Genre gewagt, denn unter ihrem Klarnamen Sabrina Qunai veröffentlichte sie bisher historische Romane. Ihr Debüt im Bereich „Frauenromane“ ist ihr – meiner Meinung nach – wirklich hervorragend gelungen.

Es sind nicht immer nur die Männer, die im Beruf oder im Privatleben den Ton angeben. Mit Protagonistin Alis hat die Autorin einen Charakter geschaffen, der stark genug ist die nervenaufreibende und gefährliche Rettungsarbeit zu bewältigen und trotzdem noch ausreichend „schwach“ ist, um weiblich zu bleiben. Im Falle eines Einsatzes handelt Alis jederzeit ruhig, überlegt und unerschrocken. Im Privatleben zeigt sich jedoch, dass auch sie hinter ihrer rauen Schale einen überaus verletzlichen Kern versteckt.

Genau so stark scheint Evans Schwester Sienna zu sein, die in ihrer Partnerschaft und in ihrem Beruf den Weg vorgibt – aber auch bei ihr handelt es sich um eine überaus sensible Frau, die mit ihrer Vergangenheit noch nicht so richtig abgeschlossen hat.

Zuletzt sollte noch Joan, die Mutter von Alis, Erwähnung finden. Sie und Alis haben seit Jahren ein gestörtes Verhältnis, was mit dem schrecklichen Unfall an der Klippe zusammenhängt. Und nun ist der Zeitpunkt gekommen, die Vergangenheit aufzuarbeiten.

Die männlichen Charaktere spielen hier nicht die Hauptrolle, aber natürlich geht es in einem Roman, in dem auch die Liebe nicht zu kurz kommt, nicht ohne männlichen Part. Da wäre der Tierarzt Evan Davies, dem Alis aufgrund seiner Tätigkeit auf der Pferderanch recht oft begegnet, dann Stallmeister Rhys, der Alis aus unerfindlichen Gründen nicht mag und Matthew, der Lebensgefährte von Alis, der nicht unbedingt den sympathischsten Eindruck bei mir hinterlassen hat.

Alles in allem sind alle Charaktere glaubwürdig und realistisch erschaffen worden und es macht Spaß, sie auf ihrem Weg zu begleiten. Sie handeln menschlich und nicht immer logisch nachvollziehbar, aber macht das nicht das Leben aus? Wenn alles berechenbar wäre, wäre das Leben doch langweilig. Und die unlogischsten Handlungen bringen manchmal die besten Dinge in unser Leben.

Nach Aussage der Autorin wird es einen 2. Teil geben, worauf ich mich jetzt schon sehr freue. „Ein Gefühl wie warmer Sommerregen“ ist eines meiner Highlightbücher in 2016.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Das größte Kaufhaus Frankfurts – das „Wessling“

Das goldene Haus
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Es war schon immer ein Traum von Arnold Wessling, ein eigenes Kaufhaus zu besitzen. Doch erst nach dem Tod seines Schwiegervaters kann er seinen Traum verwirklichen. Ganze 10 Jahre hat er auf diesen Tag ...

Es war schon immer ein Traum von Arnold Wessling, ein eigenes Kaufhaus zu besitzen. Doch erst nach dem Tod seines Schwiegervaters kann er seinen Traum verwirklichen. Ganze 10 Jahre hat er auf diesen Tag gewartet: am 09. September 1888 ist es so weit; das „Wessling“ in Frankfurt öffnet seine Tore. Ein Kaufhaus in einer Größe, wie man es vorher noch nie gesehen hat.

Die Eröffnung des Warenhauses sollte eigentlich der schönste Tag des Ehepaares Arnold und Bettina Wessling werden, wäre da nicht die Eröffnung ihres Schwagers Richard, dass ihre Ehe auf einer Lüge basiert und sie von ihrem Ehemann getäuscht wurde.

Aber nicht nur die Ehe von Arnold und Bettina wurde unter falschen Tatsachen geschlossen sondern auch das Warenhaus „Wessling“, das „Goldene Haus“ birgt ein dunkles Geheimnis, das nur die Brüder Wessling kennen.

Ein Besuch aus Paris bringt das aus Lügen aufgebaute Kartenhaus bedenklich ins Schwanken.

Die Autorin Rebecca Martin führt uns mit ihrem Roman ins historische Frankfurt. Die Geschichte beginnt im Jahr 1870/1872 und handelt von den Brüdern Arnold, Richard und Falk Wessling und ihren Ehefrauen.

Arnold, Falk und Richard sind Brüder die unterschiedlicher nicht sein könnten. Falk und Richard mussten im Deutsch-Französischen-Krieg an die Front nach Frankreich, Arnold war aufgrund einer Gehbehinderung zurückgestellt. Nach dem Krieg wandert Richard nach Amerika aus um dort seine große Liebe zu vergessen. Falk ist mit Ludmilla verheiratet, einer Frau, die sich eher wie seine Mutter oder Gouvernante aufführt, denn als seine Ehefrau. Gerade Falk hätte eine liebevollere Frau verdient, denn der Krieg hat ihn verändert und bis heute seine Spuren in Form von Albträumen hinterlassen. Arnold Wessling treibt derweil seinen Traum von einem eigenen Kaufhaus voran – bis dieser Traum dann tatsächlich Erfüllung findet und das „Wessling“ zum größten Kaufhaus Frankfurts wird.

In einem zweiten Handlungsstrang erfahren wir von der Französin Minette, die im Krieg ihre ganze Familie verloren hat und sich nun in Paris als Näherin über Wasser hält. Sie lebt mit ihrer kleinen Tochter in einem Appartement, das ihrer Chefin gehört.

Die beiden Handlungsstränge laufen zum Ende des Buches logisch zusammen, aber warum und wieso, das möchte ich natürlich nicht verraten.

Rebecca Martin versteht es sehr gut die Zeit heraufzubeschwören, in der ihr Roman spielt. Die Figuren sind authentisch angelegt, man kann sich als Leser gut in die damalige Zeit hineinversetzen (und sich nebenbei mal wieder freuen, dass man heute leben darf). Der manchmal doch distanzierte Umgang miteinander, auch wenn man verheiratet war, das Leben zur damaligen Zeit und die kleinen Intrigen, die die Familienmitglieder gegeneinander aufbringen sollte, all das ist wunderbar in die Geschichte der Familie Wessling eingewoben worden.

„Das goldene Haus“ beschreibt den Aufstieg und den Werdegang des Kaufhauses Wessling mit all den Menschen, die in ihm beschäftigt sind.

Der Schluss des Buches hat mich ein klein wenig enttäuscht zurückgelassen, denn die Auflösung des großen Geheimnisses erfolgte ziemlich unspektakulär. Das Ende hätte gerne dramatischer und mitreißender sein dürfen. Das war leider nicht der Fall.

Trotz des etwas flach auslaufenden Endes ist es ein wunderschönes Buch für alle Liebhaber von historischen Familiengeschichten.