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Veröffentlicht am 27.09.2018

Gelungene Familiensaga

Der Gutshof im Alten Land
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1919. Der Große Krieg ist zu Ende. Viele Familien beklagen mindestens einen Toten. Auch am Gutshof der Familie von Voss kehren beide Söhne nicht zurück. Gerrit, der Ältere, ist bereits vor dem Krieg nach ...

1919. Der Große Krieg ist zu Ende. Viele Familien beklagen mindestens einen Toten. Auch am Gutshof der Familie von Voss kehren beide Söhne nicht zurück. Gerrit, der Ältere, ist bereits vor dem Krieg nach einem Streit in die USA ausgewandert; Lennart, der Jüngere wird in Frankreich vermisst. Tochter Finja versucht so gut wie möglich das Gut zu leiten, denn Gutsherr, Edzard von Voss, liegt seit einem Schlaganfall im Sterben. Immer wieder fragt er nach seinem jüngsten Sohn Lennart. Sein skrupelloser und geldgieriger Neffe Roland, der Tochter Finja, heiraten soll, möchte am liebsten sofort die Domäne übernehmen. Als einziger männlicher Nachkomme der Familie ist er erbberechtigt. Da taucht plötzlich ein Fremder auf, der Lennart täuschend ähnlich sieht. Dieser junge Mann, Clemens Curtius, war ein Kriegskamerad des Gutsherrensohnes und bringt den Eltern seine Papiere. Gutsherrin Caroline nutzt jedoch die Gunst der Stunde und gibt ihn bei ihrem Mann als Lennart aus. Doch die Lüge verbreitet sich schneller als erwünscht und bald wird im ganzen Ort über die Rückkehr von Lennart gesprochen, der charakterlich so ganz anders erscheint, als vor Kriegsbeginn. Aber auch Finja hofft der Hochzeit mit Roland entgehen zu können. Doch wie lange wird Clemens Curtius diese Scharade mitspielen? Und wie wird seine Zukunft nach dem Tod des Gutsherren aussehen?

Nachdem ich jetzt den Klappentext gelesen habe, (ich vermeide es schon länger die Inhaltsangabe zu lesen, bevor ich das Buch aufschlage!) fällt mir gerade auf, dass dieser gar nicht zu 100% stimmt. Genau das ist einer der Gründe, warum ich nur mehr bei der Buchvorstellung die Kurzbeschreibung lese und danach nicht mehr.
Aber zurück zur Geschichte, die von der ersten Seite an fesseln kann. Micaela Jary bietet in ihrer Familiensaga "Der Gutshof im Alten Land" einiges an Liebe, Hoffnung und schlimmen Intrigen. Während Clemens im Zwiespalt steckt, wie er aus dieser Sache wieder herauskommt, sehnt er sich aber gleichzeitig nach Familienanschluss, nachdem er keine eigene mehr hat. Dieser Gefühlswirrwarr des jungen Mannes wird hervorragend wiedergegeben. Aber auch von anderer Seite droht ihm Gefahr. Dienstmädchen Käthe, die ein Auge auf Roland geworfen hat, vermutet ein Geheimnis und gibt Informationen über Clemens weiter. So weiß Roland bald, dass Lennert/Clemens wegen seiner Kriegsverletzung starke Schmerzen hat und sich aus Hamburg Opiate holt. Diese Nachricht weiß er zu seinen Gunsten zu nutzen...

Die Charaktere sind authentisch und facettenreich. Besonders die Darstellung der Arzttochter Christine fand ich äußerst gelungen. Christine ist eine junge Frau, die vor Lebendigkeit sprüht und nicht auf den Mund gefallen. Sie ist hilfsbereit und überfürsorglich. Dies bringt Clemens desöfteren in Bedrängnis, denn die junge Dame hat ein Auge auf ihn geworfen - fest in der Annahme Lennart vor sich zu haben. Aber auch Ariana, die Tochter eines Reeders und die ehemalige Verlobte von Gerrit, ist überrascht vom positiven Charakterwechsel ihres zukünftigen Ex-Schwagers. Sie verfällt ebenfalls seinem Charme. Finja ist eine starke Frau, die versucht den Hof vor Schaden zu bewahren, obwohl sie weiß, dass sie ihn nicht erben kann. Ihren Wunsch Tierärztin zu werden musste sie während des Krieges bereits ad acta legen.
Gefühle und Stimmungen sind wunderbar beschrieben und nehmen den Leser gefangen. Die starken Frauenfiguren, allen voran Finja und Christine, überzeugen auch in einer Zeit, in der Frauen erst vor kurzem das Wahlrecht erhalten haben. Man merkt den Umschwung in der Gesellschaft, auch wenn es langsam voran geht.

Einziger Störfaktor der Geschichte war für mich die Glaubwürdigkeit des Verwirrspieles rund um Clemens/Lennart. Dass Roland seinen Vetter Lennart früher nie zu Gesicht bekommen hat, fand ich nicht hundertprozentig glaubwürdig. Auch dass die Dienstboten das gebotene Schau- und Verwirrspiel nicht durchschauen, kam mir etwas blauäugig vor. Ansonsten eine gelungen Familiensaga, die einige Überraschungen bereit hält.

Zum Roman gibt es eine 100 Seiten lange Vorgeschichte, die man nur als eBook lesen kann.

Schreibstil:
Der angenehme und bildhafte Schreibstil lässt einem nur so durch die Seiten fliegen. Der Roman besteht aus zwei Teilen, wobei der zweite Teil au den letzten hundert Seiten des Romans bestehen. Micaela Jary erzählt abwechselnd aus verschiedenen Perspektiven, wobei Finja und Clemens den Hauptpart übernehmen.
Die Gegend rund um das Alte Land wurde sehr lebendig und mit viel Liebe zum Detail dargestellt. Hier spürt man auch die Verbundenheit der Autorin zur Gegend rund um Hamburg. Micaela Jary hat das Leben der Menschen zu dieser Zeit hervorragend recherchiert und dargestellt.
Plattdeutsche Sätze, die sie in die Geschichte eingestreut hat, vermitteln Lokalkolorit. Sie waren zu 90% auch für mich als Österreicherin verständlich ;)

Fazit:
Eine gelungene Familiensaga, die wunderbar unterhält. Die Atmosphäre und Stimmung der Zeit und der Gegend hat die Autorin hervorragend transportiert. Hier wäre ich einem weiteren Band nicht abgeneigt! Potenzial wäre auf jeden Fall da!

Veröffentlicht am 21.09.2018

Toller Debütroman

Wie Nebel in der Sonne
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Der Debütroman von Astrid Töpfner überzeugt mit viel Gefühl und Herz, ohne dabei kitschig zu werden. Der Einstieg in die Geschichte ist zuerst kein leichter, denn unsere Protagonistin Susanna hat eine ...

Der Debütroman von Astrid Töpfner überzeugt mit viel Gefühl und Herz, ohne dabei kitschig zu werden. Der Einstieg in die Geschichte ist zuerst kein leichter, denn unsere Protagonistin Susanna hat eine schwere Zeit. Ihre Mutter ist an Krebs erkrankt. Ihr tagesablauf besteht im Moment nur aus der Pflege dieser und ihrem Job in einer Gärtnerei. Ihre Schwester Amaia verwirklicht sich seit Jahren in Indien selbst und reagiert nicht auf Susannas Bitten nach Hause zu kommen. Auch ihr Freund Sven fühlt sich durch die Zeit, die sie ihrer Mutter widmet, vernachlässigt. Beide sind keine große Hilfe oder Stütze in dieser schwierigen Situation. Als Susanna erfährt, dass Sven sie betrügt, ist sie am Tiefpunkt angelangt. Kurz darauf stirbt ihre Mutter. Susanna ist gefangen in ihrer Trauer, als Amaia doch noch pünktlich zum Begräbnis auftaucht. Gemeinsam verabschieden sie die Mutter, als Susanna sich entschließt die Asche in ihre Heimat zu bringen. Sie nimmt sich Urlaub, um die Urne nach Spanien zu überführen - an den Ort, wo ihre Mutter als Kind glücklich war....

Mark und Susanne treffen zufällig in einer spanischen Weinstube aufeinander. Ein kleiner Flirt und zu viel Alkohol führen zu einer spontanen Entscheidung. Susanna bietet Mark die Mitreise nach Spanien an. Zu Beginn der Reise bereuen sie beide, so vorschnell gehandelt zu haben, doch mit der Zeit wird der Roadtrip von Zürich nach Nordspanien eine emotionale Tour mit Höhen und Tiefen. Beide Charaktere haben viel aufzuarbeiten. Immer wieder gibt es kurze Rückblicke in die Vergangenheit, die uns nach und nach mehr über Susanna und Mark offenbaren. Diese sind in kursiver Schrift gehalten. Erst allmählich öffnen sie sich gegenüber dem Anderen und geben immer mehr von ihren Gedanken und Gefühlen preis. So erkennen Mark und Susanna am Ende, was im Leben wirklich zählt.
Dazu kommt noch ein kleines Familiengeheimnis, das Susannas Welt auf den Kopf stellt. Trauer, Liebe und Schuldgefühle sind der rote Faden in der Geschichte.

Susanna und Mark sind zwei sympathische Protagonisten, wobei Mark kurzfristig etwas an Sympathie einbüßt, als seine Geschichte näher beleuchtet wird. Er ist ein richtiger "Halodri", der es mit den Frauen nicht sehr ernst meint und eine Entscheidung trifft, die er später bereut. Er ist charmant und überzeugt von seiner Ausstrahlung auf Frauen. Doch hinter seiner coolen Fassade steckt ein junger Mann mit Herz und einer tragischen Geschichte.
Susanna kann nicht loslassen und ihre Trauer nicht zulassen. Zu lange hat sie alleine gekämpft, um die Tage zu überstehen. Auch von den Männern wurde sie schon zu oft enttäuscht und auch diesmla ist sie sich sicher, dass auch Mark etwas zu verbergen hat.
Astrid Töpfner gelingt es sehr gut die innere Zerissenheit der beiden Figuren darzustellen. Jeder kämpft gegen seine eigenen Dämonen. Dabei zieht der Roman den Leser aber nicht in eine melancholische Lesestimmung, sondern man bekommt das Gefühl, dass die Charaktere aus den dichten Nebel herausfinden und sich am Ende einen Platz an der Sonne sichern.

Schreibstil:
Astrid Töpfner schreibt sehr gefühlvoll und diaoglastig. Der warmherzige, aber melancholische Roman hat ein trauriges Thema, welches die Autorin jedoch gekonnt mit einigen witzigen Dialogen mischt und den Leser nicht hinabzieht. Die Beschreibung der Landschaft ist bildhaft und lebendig.
Susannas spanische Herkunft mütterlicherseits wird durch spanische Worte immer wieder hervorgehoben. Es ist gerade so viel, dass auch Leser, die wie ich nicht der Sprache mächtig sind, den Sinn verstehen.

Fazit:
Ein warmherziger Roman über Liebe, Verlust und Schuldgefühle, der durch den teilweise witzigen Roadtrip an Melancholie verliert. Die Autorin versteht es mit einer etwas anderen Liebesgeschichte zu überzeugen, die zugleich schön und trautig ist. Ein toller Debütroman!

Veröffentlicht am 21.09.2018

Mathildas Geheimnis

Die Frauen vom Löwenhof - Mathildas Geheimnis (Die Löwenhof-Saga 2)
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Im 2. Band der Löwenhof-Trilogie, die wir wieder gemeinsam in einer Blogger Leserunde gelesen haben, befinden wir uns diesmal im Jahr 1931.
Sechzehn Jahre sind seit dem Abschluss des ersten Bandes vergangen. ...

Im 2. Band der Löwenhof-Trilogie, die wir wieder gemeinsam in einer Blogger Leserunde gelesen haben, befinden wir uns diesmal im Jahr 1931.
Sechzehn Jahre sind seit dem Abschluss des ersten Bandes vergangen. Mathilda lebt in Stockholm und träumt von einer Zukunft mit ihrem Freund Paul. Sie möchte die Handelsschule besuchen, heiraten und danach mit Paul eine Möbelwerkstatt eröffnen. Doch ihre Zukunftspläne lösen sich von einem Tag auf den anderen in Schall und Rauch auf. Ihre Mutter, die wir aus dem ersten Band kennen, stirbt und Mathilda ist plötzlich Waise. Bei der Testamentseröffnung erwartet sie eine Überraschung. Auf Wunsch ihrer Mutter wird Gräfin Agneta Lejongård ihr Vormund und nimmt sie mit zum Löwenhof. Mathilda weiß nicht, dass Agneta ihre Tante ist und wundert sich über die Testamentsverfügung ihrer Mutter. Auf dem Löwenhof angekommen wird sie nicht von allen freudig begrüßt. Die Zwillingssöhne von Agneta reagieren sehr unterschiedlich. Während Ingmar Mathilda dabei hilft, sich auf dem Gut wohlzufühlen und ihr das Reiten beibringt, lehnt sie sein Bruder Magnus von Anfang an kategorisch ab. Er geht sogar so weit, dass er sich immer wieder Gemeinheiten ausdenkt, um sie vom Hof vertreiben zu können. Doch so schnell gibt Mathilda nicht auf. Sie schließt die Handelsschule ab und lebt sich auf dem Gut ein. Als der Krieg ausbricht ist sie Agneta eine große Hilfe, denn auch der König ordert seine Zuchtpferde nicht mehr vom Löwenhof, was zu einem großen finanziellen Verlust führt.
Doch an ihrem 21. Geburtstag erhält sie ein Schreiben, das sie vollkommen aus der Bahn wirft. Sie bricht alle Brücken hinter sich ab und geht zurück nach Stockholm, wo sie sich ein neues Leben jenseits des Löwenhofes aufzubaut. Da erreicht sie ein verzweifeltes Schreiben von Agneta....

Das Leben auf dem Gutshof wird genauso bildhaft und lebendig beschrieben wie im ersten Teil. Der Mittelpunkt ist und bleibt der Löwenhof. Das Kriegsgeschehen nimmt keinen zentralen Platz in der Geschichte ein, ist aber präsenter als im ersten Band. Schweden ist weiterhin neutral, wird aber immer mehr in den Krieg hineingezogen, vorallem nachdem das ebenfalls neutrale Norwegen eingenommen wurde. Dabei tauchen auch Themen wie Widerstand und Flüchtlinge auf.
Die fortschreitende Technik und das Rollenbild der Frau sind ebenfalls in der Geschichte verpackt. Bräuche und Traditionen, wie das schwedische Mittsommerfest, werden auch in diesem Buch immer wieder erwähnt.

Die Charaktere sind sehr unterschiedlich, manchmal aber noch immer etwas zu eindimensional. Mathilda ist eine sehr starke Persönlichkeit. Sie lässt ihre eigenen Ziele nicht so schnell aus den Augen, auch wenn es in diesem Band oft knüppeldick für die junge Frau kommt. Manchmal war sie mir aber zu sehr Übermensch. Manche Handlungen fand ich trotz der Schicksalschläge, die sie bereits erlitten hat und sie schneller erwachsen werden ließen, zu übertrieben.
Generell finde ich die Stimmung im zweiten Teil etwas bedrückender. Dazu trägt auch Magnus bei. Ich habe immer darauf gewartet zu erfahren, warum er sich so hinterhältig gegenüber Mathilda verhält, doch die Autorin hat sich nicht dazu geäußert. Ich nehme somit an, dass er einfach einen wirklich miesen Charakter hat und dies sein wahres Wesen widerspiegelt.
Seinen Zwillingsbruder Ingmar mochte ich sehr, auch wenn ich anfangs meine Zweifel hatte, dass er wirklich der Gutmensch ist, als der er sich ausgibt.
Paul ist ein wankelmütiger junger Bursch, der erst durch eigene Schicksalsschlägezu sich selbst findet.
Agneta hingegen verliert in diesem zweiten Teil ihre bewunderswerte Energie und wirkt oft verzweifelt und überfordert, verfällt sogar in Depressionen.

Gefehlt hat mir ein zeitlicher Überblick. Die Zeitsprünge sind oftmals größer und ich hielt beim Lesen doch einige Male inne, weil ich zwar wusste in welcher Jahreszeit man sich gerade befindet, aber nicht mehr genau in welchem Jahr. Gerade bei einer Lektüre, die während der Weltkriege spielt, ist dies für mich wichtig.
Ebenso fand ich es schade, dass eine wichtige Figur aus dem ersten Teil hier nur kurz in der dritten Person erwähnt wird. Hier hatte ich mir doch einen stärkeren Auftritt gewünscht!

Fazit:
Ein rasanter zweiter Teil, der mich genauso packen konnte, wie der Reihenauftakt. Ich habe mich wieder sehr wohl am Löwenhof gefühlt. Die Geschichte liest sich trotz der 700 Seiten zügig, hat aber diesmal eine etwas bedrückendere Stimmung.

Veröffentlicht am 11.09.2018

Von der einen großen Liebe..

Was bleibt, sind wir
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Ich liebe Liebesromane, in denen sich die Protagonisten trennen oder nur wenige Tage treffen und verlieben und sich danach lange Zeit nicht mehr sehen. Dabei fragen sie sich vielleicht immer noch, was ...

Ich liebe Liebesromane, in denen sich die Protagonisten trennen oder nur wenige Tage treffen und verlieben und sich danach lange Zeit nicht mehr sehen. Dabei fragen sie sich vielleicht immer noch, was wohl geworden wäre, wenn sie zusammen geblieben wären oder wie es wohl ist, sich nach fünf, zehn oder zwanzig Jahren wiederzutreffen.
Diese "Liebe" zu Romane dieser Art habe ich seit dem Film "Before Sunrise" mit Ethwan Hawke und Julie Delply. Die beiden lernen sich im Zug kennen, verlieben sich und verbringen einen Tag und eine Nacht in Wien. Danach versprechen sie sich nach einem Jahr am selben Ort zu treffen.....

"Was bleibt sind wir" hat ein ähnliches Thema und erinnert mich wiederum an zwei andere Romane, die ich gelesen habe (ja, man sieht, ich habe eine Vorliebe für Bücher dieser Art). In einem der beiden hat der Protagonist einen vergleichbaren Weg eingeschlagen wie Gabe in "Was bleibt sind wir". Deswegen hatte ich schon die Eingebung, wie der Roman wahrscheinlich ausgehen wird und so ist es auch eingetroffen.

Jill Santopolo erzählt in einer Art Tagebuchform aus der Sicht von Lucy, die mit Gabe eine Art Gespräch führt. Eine interessante Variante einer Erzählform, die mir gefallen hat, aber nicht jedem zusagt, wie ich aus anderen Rezensionen lesen konnte. Durch diese Art des Erzählens hat man das Gefühl Lucy liest Gabe vor und erzählt so ihre Geschichte, in der sie nichts beschönigt. Ihre Erinnerungen gehen zurück an dem Moment als sie Gabe kennen lernt. Es ist der 11. September 2001 - ein schicksalhafter Tag! Beide sind diesen Vormittag an ihrer Uni und erleben unweit von Ground Zero den Zusammenbruch der Zwillingstürme. Dieses gemeinsame Erlebnis und die magische Verbundenheit in diesen Stunden lässt sie ihr ganzen Leben nicht mehr los, auch wenn sich ihre Wege erst einige Jahre später wieder kreuzen. Diesmal werden Lucy und Gabe ein Paar. Es ist die ganz große Liebe und dennoch ist es nicht für immer. Sowohl Gabe, als auch Lucy wollen Karriere machen und bauen sich getrennt voneinander ein neues Leben auf. Trotzdem bleiben sie immer in Kontakt - manchmal mehr, manchmal weniger. Beide können nicht wirklich einen Schlusstrich ziehen, auch nicht als Lucy heiratet und Kinder bekommt. Die Emotionen zwischen den beiden sind immer spürbar. Eigentlich sind die beiden füreinander geschaffen und dennoch trennen sich ihre Wege, ohne einander je zu vergessen.

Der besondere Erzählstil verbindet den Leser direkt mit Lucys Gedanken und ihrer Gefühlswelt. Es ist eine Art Reflexion, die mich von Seite zu Seite immer mehr berührt hat. Trotzdem hätte ich Lucy oder Gabe manchmal einfach auch nur schütteln wollen.... Einige Entscheidungen konnte ich nicht ganz nachvollziehen und machten Lucy oder Gabe, sowie auch Darren, nicht immer sympathisch. Während Gabe charakterlich eher auf der Stelle tritt, entwickelt sich Lucy doch weiter, wird reifer und verantwortungsbewusster, aber ist trotzdem noch oft unüberlegt.

Das Ende war, wie ich es erwartet hatte, barg aber auch noch eine kleine Überraschung. Jedoch fand ich es auch etwas übereilt, denn ich hätte mir noch auf eine oder zwei Fragen eine Antwort gewünscht.
Im Vergleich zu den anderen beiden Romanen, die ich gelesen habe und ähnlich gestrickt sind, schneidet "Was bleibt sind wir" leider schlechter ab.

Schreibstil:
Für mich hat sich der Roman flüssig lesen lassen, auch wenn die Erzählform eine etwas andere als gewohnt war. Die Autorin hat besondere Momente, wie 9/11, sehr behutsam und eindringlich beschrieben. Die Handlung wird nur von wenigen Charakteren bestritten. Diese sind sehr lebendig dargestellt, auch wenn ich nicht immer alle Handlungen der beiden Hauptprotagonisten nachvollziehen konnte.


Fazit:
Ein berührender Roman, der von der großen Liebe erzählt, bei der jedoch nicht immer alles eitel Sonnenschein ist. Manchmal kamen mir Gabe und Lucy vor wie die zwei Königskinder, die nicht zusammenkommen können... Liebe und Verlust liegen in diesem Roman eng beieinander...wie so oft im wirklichen Leben.

Veröffentlicht am 31.08.2018

Wir sind der Chor

Mein wunderbarer Küstenchor
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Der neue Roman von Janne Mommsen, der mich wie alle seine Bücher, in den Norden Deutschlands führen, zaubern mir immer wieder ein Lächeln ins Gesicht. Auch bei "Mein wunderbarer Küstenchor" haben wir einen ...

Der neue Roman von Janne Mommsen, der mich wie alle seine Bücher, in den Norden Deutschlands führen, zaubern mir immer wieder ein Lächeln ins Gesicht. Auch bei "Mein wunderbarer Küstenchor" haben wir einen locker leichten Roman mit viel Lokalkolorit, der mich wie gewohnt an die Küste oder auf eine Nord- oder Ostseeinsel führt.

Diesmal sind wir in dem kleinen Städtchen Klütz an der Ostsee und es wird musikalisch, denn im Mittelpunkt der Handlung steht der Klützer Chor. Dieser ist auch für Britta, neben ihrem Job als Hotelfachfrau, das Wichtigste im Leben. Jeden Mittwoch freut sie sich auf das Zusammentreffen mit den anderen Chormitgliedern und den gemeinsamen musischen Stunden. Die Gemeinschaft wird dabei groß geschrieben. Bereits seit 20 Jahren ist Britta Chormitglied und hat diesen zusammen mit ihrer betagten Tante Sibylle gegründet. Als Dustin, der Chorleiter plötzlich eine neue Stelle annimmt und wegzieht, steht der Chor vor dem Aus. Und das nur wenige Monate vor dem großen Wettbewerb im finnischen Tampere, wo der Klützer Chor bereits angemeldet ist. Die Sänger sind entsetzt! Auch Britta kann es nicht fassen! Wo soll sie nur so schnell einen neuen Chorleiter und Dirigenten finden? Auf der Suche nach Ersatz lernt sie Jasper kennen, einen Klavierprofessor, der an der Uni in Lübeck unterrichtet und der kleinen Chorgemeinschaft zumindest auf seinem Klavier begleitet und den Sängern beisteht. Wird es Britta gelingen den Chor zu retten und die Reise nach Finnland antreten?

Wie vom Autor gewohnt, war ich nach den ersten Seiten sofort mitten im Geschehen. Das Leben in Klütz und die Chorproben werden sehr bildhaft beschrieben. Bei den Musikstücken musste ich einfach mitsummen und hatte die Melodie danach den ganzen Tag im Ohr. Köstliche Unterhaltung verspricht vorallem das "Casting" für den neuen Chorleiter. Hier bleibt kein Auge trocken! Mein Kopfkino war wieder zu 100% ausgelastet. Doch nicht nur witzige Dialoge, diverse Katastrophen und die wunderbare Beschreibungen der Umgebung haben mich in der Lektüre versinken lassen. Neben dem humorigen Part wurden auch ein paar ernstere Themen angesprochen. Trotzdem ist der Roman eher von der leichteren Sorte, der sich locker an 1-2 Tagen weglesen lässt. Ab und zu hätte ich mir trotzdem ein bisschen mehr Tiefgang gewünscht und manche Szenen etwas realistischer. Auch bei der Liebesgeschichte fehlte mir das Knistern.....trotzallem wieder ein schönes Leseerlebnis!

Schreibstil:
Janne Mommsen schreibt locker und leichtfüßig...man fliegt durch die Seiten und wird gut unterhalten. Aber ganz besonders versteht es der Autor die Landschaft, die Region und das Leben der Einheimischen darzustellen. Die Charaktere strahlen Lebensfreude aus und sind wunderbar gezeichnet. Die witzigen und lebhaften Dialoge lockern die Geschichte auf und geben dem Roman seine Prise Leichtigkeit.
Die Kapitel sind sehr kurz gehalten.

Fazit:
Die eher leichte Lektüre eignet sich wunderbar für zwischendurch oder für amüsante Lesestunden mit einem Schuss Romantik und ganz viel Musik. Zum zurücklehnen und genießen...vielleicht mit ein paar Kopfhörer auf den Ohren und der Melodie zu ABBA's "Thank you for the music" im Kopf.