Platzhalter für Profilbild

Xirxe

Lesejury Star
offline

Xirxe ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Xirxe über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.01.2019

Wunderschön und herrlich verrückt

Die irrste Katze der Welt
0

Gilles Bachelet hat wie viele Menschen ein Haustier, eine Katze. Seine aber ist so ungewöhnlich, dass er ein Buch über sie gemacht hat: wie sie frisst, schläft, sich putzt usw. Alles nichts Besonderes, ...

Gilles Bachelet hat wie viele Menschen ein Haustier, eine Katze. Seine aber ist so ungewöhnlich, dass er ein Buch über sie gemacht hat: wie sie frisst, schläft, sich putzt usw. Alles nichts Besonderes, wenn diese Katze nicht riesig wäre und einen großen Rüssel hätte.
Das ganze Buch ist ein wunderbares Gedankenspiel 'Was wäre wenn ...". Kinder werden sicher keine Schwierigkeiten haben, sich darüber köstlich zu amüsieren ebenso wie Erwachsene, die sich auf dieses Spiel einlassen. Die Illustrationen sind ungemein liebevoll und witzig, insbesondere wenn diese riesige graue Katze versucht, sich in ihren Schlafplatz zu kuscheln oder genau ins Katzenklo zu treffen.
Ein wunderschönes Bilderbuch, dass man immer wieder gerne durchliest.

Veröffentlicht am 06.12.2018

Ein trauriges, aber unglaublich schönes Buch!

Vom Ende der Einsamkeit
0

Nach einem schweren Motorradunfall wacht Jules, der Ich-Erzähler, im Krankenhaus auf und erinnert sich an sein Leben, beginnend mit dem Zeitpunkt, als seine Kindheit ihre Unbeschwertheit verlor. Als er, ...

Nach einem schweren Motorradunfall wacht Jules, der Ich-Erzähler, im Krankenhaus auf und erinnert sich an sein Leben, beginnend mit dem Zeitpunkt, als seine Kindheit ihre Unbeschwertheit verlor. Als er, 11 Jahre alt und seine Geschwister Marty, 14 und Liz, 15 Jahre, durch einen Autounfall ihre Eltern verlieren. Sie kommen in ein Internat, wo sie getrennt voneinander aufwachsen und jede/r auf ihre/seine Art versucht, damit klar zu kommen.
Es ist eine melancholische Geschichte, in der die Trauer um die Eltern sowie der indirekte Verlust der Geschwister und die damit verbundene Einsamkeit beinahe durchgängig zu spüren ist. Dennoch ist es kein deprimierendes Buch, denn immer wieder gibt es glückliche Momente, die so wunderbar beschrieben sind, dass sie das Leid der vorhergehenden Seiten fast vergessen machen. Zwar sind sie nicht von Dauer (zumindest nicht bei Jules), doch auch die dunklen Abschnitte im Leben halten nicht ewig an. Stets aufs Neue gelingt es den Geschwistern, sich aus ihren jeweiligen schwierigen Lebensphasen zu lösen und einen neuen Versuch zu wagen.
Benedict Wells schreibt dies auf eine derart eingängige und leicht zu lesende Weise, dass ich das Gefühl hatte, als stünde er neben mir und erzähle mir das Ganze wortwörtlich. Und so ganz nebenbei werden auch die großen Fragen des Lebens aufgegriffen, ohne dass es jedoch in einen philosophischen Exkurs ausartet: Was ist Zeit? Realität? Das wahre Leben? Überhaupt natürlich: der Sinn des Lebens.
Ein wundervolles Buch, das ich mit Tränen in den Augen und dennoch beglückt gelesen habe.

Veröffentlicht am 10.11.2018

Ein SchauderGruselroman vom Feinsten

Der Vogelgott
0

Richtig genial finde ich gruselige Romane, wenn sie nah an der Realität sind; dass die beschriebenen Schrecken eigentlich ganz nachvollziehbare Ursachen haben könnten. Eigentlich .... Denn ein paar kleine ...

Richtig genial finde ich gruselige Romane, wenn sie nah an der Realität sind; dass die beschriebenen Schrecken eigentlich ganz nachvollziehbare Ursachen haben könnten. Eigentlich .... Denn ein paar kleine Dinge sind da immer, die doch nicht so einfach zu erklären sind. Susanne Röckel gelingt das in diesem Buch hervorragend - und nicht nur das!
Es beginnt mit dem Bericht einer bereits länger zurückliegenden Reise eines Mannes, der unvorhergesehener Weise in einem merkwürdigen Dorf Halt macht, wo er einen außergewöhnlichen Vogel sieht und beschließt, diesen gegen den Willen der DorfbewohnerInnen zu fangen, um ihn auszustopfen.
Danach gibt es einen zeitlichen Sprung und (vermutlich) die drei Kinder des Reisenden berichten von ihren eigenen Erlebnissen, die ihre Leben völlig veränderten. Geschickt bauen die drei Teile aufeinander auf: Der Jüngste (Thedor) schildert eine erlebte Begebenheit im Hier und Jetzt, die ihn in eine Klinik bringt (keine Sorge, das steht direkt am Anfang ). Die mittlere Schwester Dora hingegen beschäftigt sich erst aus beruflichem Interesse, dass jedoch bald den Großteil ihres Lebens bestimmt, mit der Geschichte eines Malers des 17. Jahrhunderts, dessen Erlebnisse eng mit denen ihres Bruders Thedor zusammenhängen, ohne dass sie davon weiß. Und der älteste Bruder Lorenz, der wie der Vater ein Mann des Verstandes ist und mit aller Kraft versucht, etwas aufzudecken, was nicht aufgedeckt werden und niemand wissen will. Was den Geschwistern nicht bewusst ist, ist, dass im Hintergrund aller drei Geschehnisse offenbar etwas wirkt, der auf unerklärte Art Einfluss auf ihre Leben nimmt.
Es gibt hier keinen Grusel mit Geistern oder anderen übersinnlichen Begebenheiten, sondern eher normale, unangenehme Dingen, deren Ursachen sich eigentlich leicht erklären lassen müssten: schlechte Gerüche, unsympathische Personen, Fragen ohne Antworten, die eigenen schlechten Gefühle. Alles zusammen jedoch hinterlässt ein immer stärkeres Unbehagen und die Ahnung wird zunehmend stärker, dass da etwas sein muss. Etwas, das hinter allem steht.
Am Ende gibt es eine Art Auflösung, die viele Zusammenhänge klärt (daher das Buch am besten zweimal lesen, im Zusammenhang ist plötzlich vieles verständlich), aber dennoch eine Menge an Fragen offen lässt. Und das Schaudern bleibt. Gut so, denn es soll ja noch eine Weile anhalten

Veröffentlicht am 14.10.2018

Der amerikanische Traum - wohl eher ein Alptraum

Gun Love
0

Das Zuhause der 14jährigen Pearl ist ein alter Mercury Topaz (baugleich mit Ford Tempo), in dem sie seit kurz nach ihrer Geburt mit ihrer Mutter lebt und auf dem Besucherparkplatz eines Trailerparks steht. ...

Das Zuhause der 14jährigen Pearl ist ein alter Mercury Topaz (baugleich mit Ford Tempo), in dem sie seit kurz nach ihrer Geburt mit ihrer Mutter lebt und auf dem Besucherparkplatz eines Trailerparks steht. Die Beiden bilden trotz der widrigen Umstände eine harmonische Gemeinschaft, sodass Pearls Leben zwar von Armut bestimmt, aber auch voller Liebe ist. Doch als ihre Mutter den gutaussehenden Eli kennenlernt, ebenso ein Waffenfanatiker wie auch der Großteil ihrer Umgebung, beginnt ihre innige Gemeinsamkeit aus dem Gleichgewicht zu geraten.
Es ist das Bild eines Amerikas, das wohl in Europa nur die Wenigsten kennen dürften. Fernab von den Wohlstands-Gated-Communities hausen die Armen inmitten ihrer Trailerparks und stärken ihre Würde, sofern das Geld noch reicht, mit Waffen wo immer es möglich scheint. Die noch Ärmeren, denen das Geld für einen Trailer nicht reicht, leben in ihren PKWs, so wie auch Pearl und ihre Mutter. Man blickt durch die Augen der 14jährigen, der ihre zwar Armut bewusst ist, die aber trotzdem nicht mit ihrem Schicksal hadert. Weitgehend neutral schildert sie in einer teilweise fast schon poetischen Sprache ihre Lebensumstände; beschreibt ihre NachbarInnen und die überall allgegenwärtigen Waffen; das Elend der Kriegsveteranen, die verseuchte Umgebung, den Bildungsnotstand undundund. Es ist das Bild eines Staates, der für die Schwachen nichts übrig hat. Und die versuchen, ihre Schwäche mit Waffen zu kompensieren.
Keine Frage, das hört sich nach einer brutalen Lektüre an, und das Thema ist es sicherlich auch. Aber Clements Sprache vermittelt diese nicht leicht zu verdauende Geschichte auf eine sehr bildhafte, gelegentlich schon fast mystische Weise, die man nicht so einfach vergessen wird. Der amerikanische Traum - für Manche ist es wohl eher ein Alptraum.
Ein tolles, beeindruckendes Buch, das trotz des düsteren Themas ein bisschen Hoffnung lässt.

Veröffentlicht am 13.09.2018

Ein fulminanter Lesestoff!

Ich war Diener im Hause Hobbs
0

Vorweg: Auch wenn in den ersten zwei Zeilen dieses Buches steht: 'Dies ist eine einfache Geschichte.' - das ist es ganz sicherlich nicht. Vielleicht noch die Grundform: Ein nicht mehr ganz junger, aber ...

Vorweg: Auch wenn in den ersten zwei Zeilen dieses Buches steht: 'Dies ist eine einfache Geschichte.' - das ist es ganz sicherlich nicht. Vielleicht noch die Grundform: Ein nicht mehr ganz junger, aber auch nicht zu alter Mann erzählt, wie er zu dem wurde, der er jetzt ist. Der sich schuldig fühlt und mit diesem Bericht den Versuch unternimmt, seine Frage nach der Schuld zu klären.
Christian, der Protagonist, tritt seine erste Stelle als Butler bei einer Familie in Zürich an, die sich mit ihm und er sich mit ihr sehr wohl fühlt. Dies ändert sich, als seine Arbeitgeberin Freunde von Christian kennenlernt und sich sein Privatleben wie auch sein Beruf zu überschneiden beginnen. Ein Drama nimmt seinen Lauf.
Die Geschichte an sich ist gut bis zur Hälfte vergleichsweise unspektakulär; es ist die Beschreibung von Christians Leben mit der Familie Hobbs sowie die Zeit davor in seinem Heimatort Feldkirch mit den engsten drei Freunden Olli, Isi und Gösch. Es ist der Schreibstil der Autorin, der diesen bis dahin eher harmlosen Bericht zu etwas Besonderem macht. Verena Rossbacher lässt ihren Protagonisten in einer unglaublich exakten wie auch bildhaften Sprache alltägliche Szenen erzählen, die dadurch zu etwas Außergewöhnlichem werden: "Herr Hobbs hatte sein Jackett abgelegt, weich und wie eine fläzende, grau gemusterte Katze lungerte es auf dem großen Sessel im Erker, ..., und die Schuhe, scheinbar nachlässig von den Füssen gestreift, lagen tändelnd neben Frau Hobbs' glitzernden, eleganten Stilettos ..." Daneben gibt es wunderbare Exkurse der unterschiedlichsten Art, wie beispielsweise zu Schuld oder zu Pflichten an sich im Alltag (grandios!). Die Szenarien wechseln rasch zwischen Gegenwart und Vergangenheit und man muss mit Konzentration bei der Lektüre bleiben, um nicht den roten Faden zu verlieren.
Ab der zweiten Hälfte folgt jedoch eine Überraschung der nächsten, nichts ist mehr zu spüren von der Gleichförmigkeit, die bis dahin den Text bestimmte. Glaubt man als Lesende mehr oder weniger zu wissen, was geschah, wird allerdings die Verblüffung von Seite zu Seite zu größer. Und erst jetzt stellt man fest, wie raffiniert diese mehr als 370 Seiten miteinander verbunden sind. Denn bereits zu Beginn gibt es die ersten Andeutungen auf das, was sich erst am Ende herausstellt. Es lohnt sich, nach Beendigung der Lektüre noch einmal nach vorne zu blättern, um einzelne Passagen nochmals zu lesen.
Eine grandiose, anspruchsvolle Unterhaltung, hinter der mehr steckt als man auf den ersten Blick erkennt.