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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.12.2018

Beeindruckende, hervorragend recherchierte Kombination aus Biographie und Sachbuch

Arthur und Lilly
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Nur zufällig bin ich über dieses Buch gestolpert. Der Titel allein lässt einen nicht ahnen, was für ein besonderes Werk sich dahinter versteckt: Lilly ist elf, als sie durch einen Zufall Arthur kennenlernt, ...


Nur zufällig bin ich über dieses Buch gestolpert. Der Titel allein lässt einen nicht ahnen, was für ein besonderes Werk sich dahinter versteckt: Lilly ist elf, als sie durch einen Zufall Arthur kennenlernt, der über 60 Jahre zuvor in derselben Wohnung in Wien gelebt hat. Jedoch musste er, damals noch Oswald genannt, die Wohnung 1939 verlassen: mit nur zehn Jahren wurde er von den jüdischen Eltern mit einem Kindertransport nach Frankreich geschickt, von dort emigrierte er nach Amerika. Seine Familie sah er nie wieder. Die Begegnung von Arthur und Lilly wird das Leben von beiden nachhaltig verändern.

Das Buch ist hervorragend recherchiert und toll aufgebaut: Oswalds Kindheit in Wien, der transport nach Frankreich, wo sein Bruder nicht mitdurfte, das Leben in Frankreich und schließlich die Reise über Spanien und Portugal in die USA. Dann wird beschrieben, wie Oswald sich in den USA einlebte, schliesslich Maschinenbau studierte und während dem Studium die Liebe seines Lebens kennenlernte.

Dieses Buch war viel mehr als ich mir vorgestellt hatte: Lilly Maier gelingt es, Oswalds Leben komplett aufzuarbeiten und mit Hilfe vieler Quellen darzustellen. Auch der psychologische Aspekt kommt nicht zu kurz. Durch die persönliche Nähe zum Protagonisten ist das ganze Buch sehr persönlich aufgebaut. Teilweise gibt es sehr viele Fakten, so dass das lesen nicht einfach ist. Dennoch hat Lilly Maier hervorragende Arbeit geleistet, ihr ist ein wunderbarer Spagat zwischen einem zeitgeschichtlichen Roman und einer Biographie gelungen. Ich konnte sehr viel über die Kindertransporte lernen, sowohl nach Frankreich als auch nach England. Ein durchaus lohnenswerter Roman, den ich sehr empfehlen kann und auch möchte!

Veröffentlicht am 17.11.2018

A must read book about depression and everything that comes with it!

Ziemlich gute Gründe, am Leben zu bleiben
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Diese Rezension bezieht sich auf die englische (original-) Version des Buches, "Reasons to stay alive".


The world is increasingly designed to depress us. Happiness isn’t very good for the economy. If ...

Diese Rezension bezieht sich auf die englische (original-) Version des Buches, "Reasons to stay alive".


The world is increasingly designed to depress us. Happiness isn’t very good for the economy. If we were happy with what we had, why would we need more?

Having just bought another one of Matt Haig's books, which I have not read yet, I somehow stumbled upon this one which talks about how the author was struck with depression at age 24. I took a chance and bought it - and am so glad I did! His writing is real and honest and easy to read. So far I have been lucky not to be struck by depression but many of my loved ones have. This book makes it easier to comprehend what people with depression and anxiety go through and offers steps to take which have helped the author.

Haig starts at the beginning: one day he woke up in ibiza and just did not feel like his normal self. He describes how he coped with the next few years, struggling with depression. His words are truly beautiful, there were many quotes I wanted to mark while writing, just to come back to it later. Somehow Haig made it through these dark days, he managed to get the black dog to leave. In this book, there are lists: what did help him, what made things worse, and one quite funny (in a sarcastic way) one of him listing things he got more sympathy for than his depression. There are so many important truths in this book. I am not a writer, I'm not good at writing reviews, but I do hope you give this book a chance.

Lastly, I want to say: everyone, read this book! All of us know (or will know) someone suffering from depression, or are affected themselves. Read it and please pass it on. And finally, Matt, thank you so much for having the courage to write this book! I felt so deeply connected to you and your wonderful wife reading this book. I also for the first time was able to understand what it must feel like having depression. You did mention you sometimes read reviews of your books. Well, I hope you read mine and know you were able to touch my life deeply through your writing.

Veröffentlicht am 08.10.2018

Eine herausragende Biographie

Befreit
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„Sollte die Welt der Menschen scheitern, würde meine Familie davon unberührt weitermachen.“
Tara Westover ist in Idaho aufgewachsen. In einem Dorf am Fuß eines Berges, die jüngste von sieben Kindern fundamentalistischer ...

„Sollte die Welt der Menschen scheitern, würde meine Familie davon unberührt weitermachen.“
Tara Westover ist in Idaho aufgewachsen. In einem Dorf am Fuß eines Berges, die jüngste von sieben Kindern fundamentalistischer Mormonen. Zuhause geboren hatte sie keine Geburtsurkunde, ihr genauer Geburtstag ist nicht einmal bekannt. Die Regierung wusste nicht von ihrer Existenz oder der ihrer Geschwister. Sie hatte keinen Pass und ist nie zur Schule gegangen. Es gab aber auch keinen Unterricht zu hause. Dafür gab es genügend "life lessons" am Schrottplatz und im Bauunternehmen des Vaters, sowie mit den Kräutertinkturen der Mutter, die nebenbei als (nicht lizenzierte oder registrierte) Hebamme Geld verdiente. Arztbesuche gab es keine. Krankheiten waren gottgewollt und wurden mit Kräutern geheilt. Und Krankheiten bzw. Unfälle gab es viele, mit einigem an häuslicher Gewalt. Mit jedem Jahr schien der Vater weiter in seine eingebildete Welt abzurutschen, und nahm seine Familie mit. Wie Tara es trotzdem an die Universität geschafft hat und wie sie es schließlich geschafft hat, aus dieser Welt auszubrechen, erklärt sie in diesem Buch.
Das Buch ist herausragend geschrieben. Obwohl das Thema sehr ernst ist schafft Westover, dies mit etwas Humor zu erzählen. In jedem Kapitel kommt wieder ein neuer Aspekt dieser verkorksten Welt zur Schau. Westover ist eine herausragende, inspirierende Biographie gelungen, die sehr zum Nachdenken anregt und hoffentlich auch Dankbarkeit bei uns hervorruft, dass wir eine Ausbildung bekommen durften. Ich möchte dieses Buch wirklich jedem empfehlen! Von mir gibt es 5 Sterne.

Veröffentlicht am 08.10.2018

Ein Meisterwerk

Loyalitäten
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"Übrigens seltsam, dieses Gefühl einer Besänftigung, wenn schließlich das hervorkommt, was man nie sehen wollte, obwohl man wusste, dass es ganz in der Nähe vergraben war, dieses Gefühl Von Erleichterung, ...

"Übrigens seltsam, dieses Gefühl einer Besänftigung, wenn schließlich das hervorkommt, was man nie sehen wollte, obwohl man wusste, dass es ganz in der Nähe vergraben war, dieses Gefühl Von Erleichterung, wenn sich das Schlimmste bestätigt."


Der zwölfjährige Theo ist sehr still, scheint aber mit den Mitschülern gut auszukommen. Er ist ein guter Schüler. Sein einziger Freund ist Mathis, ein Mitschüler. Dennoch hat Helene, seine Biologielehrerin, das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Sie selbst kennt die Anzeichen einer Misshandlung, und versucht, Theo näher zu kommen. Aus Angst kann sich dieser jedoch nicht anvertrauen. Er kann schließlich nicht verraten, dass seine Mutter häufig traurig und allein ist, und der Vater arbeitslos und depressiv. Theo muss dafür sorgen, dass alles funktioniert. Der Alkohol ist das einzige, was diese Probleme mindert. Am liebsten würde er sich in die Bewusstlosigkeit trinken, bis er nichts mehr spürt...


De Vigan zeichnet ein Bild von einem alltäglichen Leben. Allerlei Beziehungen, die alle nicht wie vorgesehen funktionieren, die jedoch trotzdem von Liebe gekennzeichnet sind. Sie wählt die Worte sehr gekonnt; vieles hätte ich mir gerne herausgeschrieben. Abwechselnd wird aus Sicht von Theo und Mathis erzählt, jeweils in der dritten Person; sowie aus der Sicht von Helene, der Lehrerin, und Cecile, Mathis Mutter, in der Ich-Form. Alle haben ihre eigenen Dämonen zu bekämpfen, und alle kämpfen mit der Frage, was Loyalität gegenüber den Liebsten bedeutet. Ein erschütterndes Porträt unserer Gesellschaft, das mich noch lange begleiten wird und das ich sicher noch ein zweites Mal lesen werde.

Veröffentlicht am 16.09.2018

Die Suche nach Anerkennung

Die Gesichter
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„Den gefeierten Künstler – der nur sein Werkzeug benötigt und nichts weiter von der Welt will -, den gibt es nicht, hat es vielleicht nie gegeben.“

In diesem Meisterwerk erzählt Tom Rachmann das Leben ...

„Den gefeierten Künstler – der nur sein Werkzeug benötigt und nichts weiter von der Welt will -, den gibt es nicht, hat es vielleicht nie gegeben.“

In diesem Meisterwerk erzählt Tom Rachmann das Leben von Charles „Pinch“ Bavinsky, vom Kleinkind (1955) bis 2018. Pinch wird als Sohn eines amerikanischen Malers und einer kanadischen Töpferin in Italien geboren. Sein ganzes Leben strebt er nach der Gunst des Vaters Bear Bavinsky. Dieser bleibt meist unnahbar, beschäftigt entweder mit seiner Kunst oder mit Frauen. Eine Affäre nach der anderen, eine Ehe nach der anderen, fast 20 Kinder… Als der Vater die Familie verlässt stürzt dies die Mutter in eine Depression. Charles muss früh erwachsen werden. Er ist entschlossen, ebenfalls ein großer Künstler zu werden, dem Vater nachzueifern, um endlich dessen Stolz zu erlangen – doch dieser beachtet ihn nicht und erstickt seine Versuche, Bilder zu malen, praktisch im Keim. Die Jahre vergehen, Charles wird erwachsen. Alle paar Jahre kommt es zu lang antizipierten Treffen mit dem Vater. Jedes Mal schafft er es, Charles Leben auf eine andere Art und Weise zu ruinieren. Doch der liebende Sohn, der sich die Anerkennung des Vaters mehr als alles andere wünscht, ist hierfür blind. Und so verfolgen wir Charles sein ganzes Leben. Studium, gescheiterte Beziehungen, schließlich das Niederlassen als Sprachlehrer in London.

Anfangs war ich nicht sicher, was ich von der Geschichte halte, der Erzähler scheint teilnahmslos und distanziert. Dennoch schafft Rachmann, eine komplex versponnene Geschichte zu erzählen, ohne dem Leser zu viel an Meinung in den Mund zu legen, so dass sich jeder seine eigene Meinung über die verschiedenen Beziehungen zwischen den Charakteren bilden kann. Die Protagonisten sind sehr lebensnah und gut aufgebaut. Der Kunst-Aspekt bringt interessante Gedanken zu Tage. Es gefiel mir, Charles sein ganzes Leben lang zu verfolgen – viele Abschnitte regen zum Nachdenken an oder machen traurig. Im Gesamten ein großartiges Werk. Klare Leseempfehlung!