Ein alter Mord und neue Tote
„...Inzwischen war eine Bürokratie in Gang gesetzt worden, eine Maschinerie der Selbstverwaltung, ein sich selbst erhaltenes System. Es ging nicht mehr um Gerechtigkeit, sondern darum, niemanden auf die ...
„...Inzwischen war eine Bürokratie in Gang gesetzt worden, eine Maschinerie der Selbstverwaltung, ein sich selbst erhaltenes System. Es ging nicht mehr um Gerechtigkeit, sondern darum, niemanden auf die Füße zu treten...“
Tom Perlinger und sein Team arbeiten an einem Cold Case. Es ist 50 Jahre her, dass fünf Frauen aus dem Milieu der Prostituierten getötet wurden. Wurde damals der Falsche verhaftet? Doch Xaver Weißbauer, sein Chef, pfeift ihn zurück. Er soll sich stattdessen um die Absicherung des Christkindlmarkts kümmern.
Da erhält Tom einen Anruf von Julia Frey. Sie hat von ihrem Großvater ein bisher unveröffentliches Manuskript von Ludwig Thoma geerbt. Es ist der zweite Teil zu „Ein Münchner im Himmel“. Nach dem Lesen des Werkes und und einem Artikel in der Zeitung über die Prostituiertenmorde glaubt sie, den Mörder aus der Vergangenheit zu kennen. Doch kurz bevor Tom am Treffpunkt erscheint, wird Julia erschossen. Der Täter nimmt das Manuskript mit.
Die Autorin hat einen fesselnden Krimi geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Das Eingangszitat stammt von Tom. Er sieht mit kritischen Augen die Entwicklung bei der Polizei. Gleichzeitig warnt er seinen Vorgesetzten vor den Folgen seines Tuns. Das klingt so:
„...Geister, die du gewähren lässt, gebären solche, denen du nicht gewachsen bist...“
Der hohe Spannungsbogen entsteht nicht nur durch die komplizierten Ermittlungen, sondern auch durch die komplexen Beziehungen der Protagonisten. Tom kennt nicht nur Julia seit den Jugendjahren, auch Marcel, ihren Mann. Zu der damaligen Clique gehören weitere Personen, die nun ins Visier der Kriminalisten geraten. Hinzu kommt, dass Tom von einem alten Freund bedroht wird, ohne es zu wissen oder auch nur zu ahnen. Die Gründe liegen in den Geschehen in Düsseldorf, Toms letzten Arbeitsort.
Ganz nebenbei führt mich die Autorin durch verschiedene Orte von München. Sie thematisiert geschickt das Wohnungsproblem in der Großstadt und zeigt, mit welch kriminelle Energie man dabei in die eigene Tasche wirtschaften kann und sich dabei noch das Mäntelchen der Wohltätigkeit umhängt..
Sehr gut gefallen haben mir ebenfalls die vielfältigen Informationen über Ludwig Thoma. Wer ihn nur durch seine humorvollen Geschichten kennt, ahnt nichts vom widersprüchlichen Charakter des Autors.
Die Geschichte lädt zum Mitraten ein. Dabei werde ich aber gekonnt auf Irrwege und Nebenschauplätze geschickt. Es ist nicht gerade hilfreich, dass Toms Chef die Ermittlungen behindert und Ergebnisse zurückhält. Auch im Team gibt es Spannungen. Mayrhofer lehnt sich bei jeder sich bietenden Gelegenheit gegen Tom auf. Auf Jessica allerdings kann er sich verlassen.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Der Krimi ist gekonnt konstruiert, vermittelt Wissen und wird konsequent zu Ende geführt. Beenden möchte ich meine Rezension mit einem Wort von Ludwig Thoma, das im Buch zitiert wird.
„...Vergessen Sie nie, dass der Skandal sehr oft erst dann beginnt, wenn ihm die Polizei ein Ende bereitet...“