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Veröffentlicht am 19.09.2018

Thriller für zwischendurch

Die Stimme der Toten
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Der Klappentext las sich für mich spannend, das grüne Cover gefiel mir außerordentlich gut. Ich habe mich also auf einen spannenden Thriller gefreut ...

Die ersten Szenen - der Fund der Leiche mit dem ...

Der Klappentext las sich für mich spannend, das grüne Cover gefiel mir außerordentlich gut. Ich habe mich also auf einen spannenden Thriller gefreut ...

Die ersten Szenen - der Fund der Leiche mit dem gelben Blumenstrauß, der Annabelle, die eigentlich toughe Gerichtsmedizinerin, an ihren Exmann erinnert, der sie in ihren Träumen immer noch verfolgt - waren treffend und unterhaltsam geschrieben. Was dann aber folgte, las sich für mich leider eher langweilig und zäh. Ellenlange Beschreibungen von Autopsien zogen die Story unnötig in die Länge. Und selbst die Handlung war mir trotz des interessanten Themas einfach zu ähnlich wie die aus vielen anderen Krimis und Thrillern. Sicher, man kann das Rad nicht stets neu erfinden, aber man kann sich Mühe bei der Variation geben.

Eine Ermittlerin (oder in diesem Fall Gerichtsmedizinerin) mit einer dunklen Vergangenheit, gibt es für mich wie Sand am Meer und entspricht vollends dem gängigen Klischee. Dass sie dann auch noch vom vorherigen Mann gestalkt wird, habe ich auch schon einige Male gelesen und ist thematisch daher nichts Neues für mich. Wahrscheinlich liegt es genau daran, dass ich nicht ins Buch hinein gekommen bin. Wir haben es hier also mit einem handlungsorientierten Plot zu tun, der neben der eher krimi-typischen Handlung auch Themen wie Stalking und (eheliche) Gewalt anschneidet.

Der Schreibstil ist zwar flüssig, die Kapitel jedoch sehr lang und ich kam beim Lesen (untypisch für mich) kaum von der Stelle.

Ich kann das Buch Lesern empfehlen, die vielleicht noch nicht allzu viele Thriller mit stalkenden Ehemännern gelesen und somit noch Luft für diese Thematik haben. Auch kann ich mir gut vorstellen, dass das Buch Lesern gefallen könnte, die gerne genaue medizinische Details bei Autopsien lesen. Für mich war es insgesamt ein durchschnittlicher Thriller, für den ich mich leider nicht erwärmen konnte.

(Recensio Online)

Veröffentlicht am 10.09.2018

Solider Thriller mit kleineren Schwächen

Töte, was du liebst
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Christian Kraus lässt in seinem Buch den Mörder selbst zu Wort kommen. Dieser möchte, dass man Verständnis für seine Taten aufbringt, was angesichts der Brutalität dieser ein Akt der Unmöglichkeit ist. ...

Christian Kraus lässt in seinem Buch den Mörder selbst zu Wort kommen. Dieser möchte, dass man Verständnis für seine Taten aufbringt, was angesichts der Brutalität dieser ein Akt der Unmöglichkeit ist. Schnell wird einem klar, dass man es hier mit einer ziemlich gestörten Persönlichkeit zu tun hat, die sich abseits vom Guten bewegt: Rafael.
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Ich fand die erste beschriebene Gewalt-Szene abscheulich und faszinierend zugleich. Die Gedanken des Täters mitzuverfolgen, war sehr spannend. Dieses Hin und Her. Man braucht ein bisschen Zeit, um zu begreifen, wie psychisch kaputt dieser Kerl eigentlich ist. Dass es leichter für ihn ist zu töten, wenn er sein Opfer mag. Ihm scheint es auch - ob primär oder sekundär - darum zu gehen, generell etwas zu empfinden. Etwas wie Sympathie, Mitgefühl oder Anteilnahme. Total verkorkst. Ich frage mich unwillkürlich, wie er zu dieser Bestie wurde. Als ihm dann unerwartet ein Jogger in die Quere kommt und er auch diesen beseitigen muss, erreicht er das nächste Level. Nur noch Katzen zu töten, reicht ihm nicht mehr. Er hat nun Blut geleckt und hegt keinerlei Ambitionen, mit dem Morden aufzuhören.
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Zusätzlich wird auch aus der Sicht der Opfer, Kommissar Alexander Pustin und Pathologin Luise Kellermann, erzählt. Dadurch tauchen wir zwar in deren Gedanken ein, verstehen ihre Ängste und Handlungen besser, dennoch verwirrt es auch unnötig, da neben den Perspektiven ebenso die Zeitstränge gewechselt werden. Man pendelt zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her.

Alexander und Luise lernen sich auf Grund eines neuen Falles kennen und verlieben sich im Verlauf ihrer Zusammenarbeit ineinander. Mit diesen beiden Charakteren kommen - und hier möge man mir mein Augenrollen bitte verzeihen - wieder kaputte Figuren ins Spiel. Beide haben ihre düsteren Geheimnisse und schwere Schicksalsschläge hinter sich sowie etliche Probeme am Hals. Dadurch wird das Rad weder neu erfunden, noch interessanter gemacht. Das Ganze strotzt nur so von Klischees, dennoch konnte mich zumindest der Nebenstrang, nämlich die Liebesgeschichte, gut unterhalten. Im Großen und Ganzen blieben beide Protagonisten für mich jedoch nur oberflächliche Bezugspersonen, da beiden ausreichende charakteristische Tiefe fehlte.
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Der Schreibstil ist flüssig, leicht verständlich und entspricht somit den durchschnittlichen Erwartungen.

Die inhaltsbezogenen Hinweise und psychologischen Anmerkungen, auf die man im Verlauf des Buches stößt, wären im Vorwort meiner Meinung nach besser aufgehoben gewesen - nicht erst im Nachwort.
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Fazit: Ich habe mir hier deutlich mehr Hintergrundwissen hinsichtlich des Themas gewünscht. Mir fehlten die für einen Psychothriller typischen Aspekte und Merkmale. Somit ist "Töte, was du liebst" für mich eher ein solider Thriller mit viel Blutvergießen, einer ausbaufähigen Story und somit eine Empfehlung an LeserInnen, die gern zur kurzweiligen Lektüre greifen.
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https://recensio-online.blogspot.com/2018/09/christian-kraus-tote-was-du-liebst.html

Veröffentlicht am 26.08.2018

Gefühlsachterbahn!

Turbulence - Mit dir um die Welt
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Jake Weston ist Pilot und gibt das Paradebeispiel einer personifizierten Briefmarke ab: außen zackig, dahinter verbirgt sich ein klebriger Kern. Er mimt gern den coolen und arroganten Macho, der jedem ...

Jake Weston ist Pilot und gibt das Paradebeispiel einer personifizierten Briefmarke ab: außen zackig, dahinter verbirgt sich ein klebriger Kern. Er mimt gern den coolen und arroganten Macho, der jedem überlegen ist und nach dessen Pfeife man besser tanzen sollte. Dabei steckt so viel mehr hinter dieser Fassade. Hat man erst einmal einen Blick in sein Innerstes werfen können, erkennt man schnell, wie im Grunde einfach er gestrickt ist. Er hält nicht viel von den Veränderungen seiner Airline, ihn interessieren keine Mitarbeitergespräche, Neuverträge, Hinweise auf Regeln oder Höflichkeitsfloskeln. Für ihn zählt das Fliegen. Es ist seine Bestimmung, seine Leidenschaft, etwas ganz Besonderes. Und er hat Angst, dass die Menschen es immer gleichgültiger nehmen. Die Schönheit nicht mehr erkennen. Zudem hat er auch privat mit einigen Geschehnissen zu kämpfen, die Schuld daran sind, dass er keiner Menschenseele vertraut. Ihn bekommt man lediglich für's Bett. Sobald eine Frau signalisiert, dass sie mehr von ihm möchte, beendet er das Ganze umgehend. Doch dann trifft er eines Abends auf einer Party eine Frau und plötzlich beginnt seine Fassade zu bröckeln.
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Gillian Taylor hat die Schnauze voll. Von ihrem Ex, der sie immer und immer wieder mit anderen Frauen betrog und auch noch die Frechheit besitzt, ihr dafür die Schuld zu geben. Sie hat genug von Beziehungen, weil sowieso alle Kerle gleich sind. Und sie hat keine Lust mehr, sich von ihrer Familie anhören zu müssen, was für eine Versagerin sie ist. Gott sei Dank gibt es beste Freundinnen, die einen nicht in Selbstmitleid versinken lassen, sondern darauf bestehen, auf eine Party zu gehen und wenigstens eine Nacht lang Spaß zu haben. Klingt nach einem einfachen Plan. Dann steht ihr Jake gegenüber, mit seinem unwiderstehlichen Blick, seiner coolen Art, dem süffisanten Unterton in seiner Stimme sowie der Bitte, ihm nach draußen zu folgen. Und plötzlich stecken beide mittendrin ...
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Puh, also ich muss schon sagen ... es hat tierisch geknistert, dabei hatte ich gar keinen Kamin an ;) Ich habe das Hörbuch wirklich genossen, obwohl es nicht mal mein Genre ist. Aber es ist unmöglich, die beiden Protagonisten nicht ins Herz zu schließen. Sicher, oft gingen sie mir auf die Nerven. Jake, weil er viel zu sehr von sich selbst überzeugt ist und auf Grund seiner schlechten Erfahrungen in der Vergangenheit niemanden mehr an sich heranlassen möchte. So ist er dann auch oft grob gegenüber Gillian, wirkt desinteressiert und besserwisserisch. Auf der anderen Seite ist Gillian sehr aufdringlich, nervig und ein ziemlicher Jammerlappen. Wie oft hätte ich sie beide gern durchgeschüttelt oder ihnen links und rechts eine verpasst?! "Oh nein, die machen doch jetzt nicht schon wieder den gleichen Fehler?" Doch, sie machten ihn. Und wieder. Und nochmal. Du lieber Himmel! Zudem hat jeder sein eigenes Päckchen zu tragen, was viele Situationen umso verzwickter macht. Ich habe mich immer damit getröstet, dass solche Bücher fast immer ein Happy End haben. Anders hätte ich das ganze Auf und Ab nicht ertragen, so sehr leidet und fiebert man mit.
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Das Ende ließ dann jedoch einige Fragen offen. Die Autorin brachte beispielsweise Nebenfiguren mit eigenen Erzählsträngen in das Hauptthema mit ein und ich hätte gern gewusst, wie es mit ihnen weitergeht. Auch kam das Finale mit seiner vorhersehbaren Wendung dennoch ziemlich abrupt, als hätte der Autorin Papier gefehlt, um noch einige Sätze mehr hinzufügen zu können. Nach den ganzen Dramen habe ich ehrlich mehr erwartet.
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Bis zur Mitte hatte ich leider Schwierigkeiten mit den Sprechern und auch mit deren Erzählperspektive. So wäre es zum Beispiel leichter gewesen, wenn Christian Schreibhorn nur die Passagen von Jake gelesen hätte, und Karen Kasche nur die von Gillian. Aber beide sprechen je nach Kapitel beide Protagonisten. Bei Christian Schreibhorn gewöhnt man sich im weiteren Verlauf der Story daran, da er sprachlich recht vielseitig ist. Allerdings besitzt Karen Kasche meiner Meinung nach diese Fähigkeit nicht. Die Pausen lieferten beide punktgenau, die Betonungen waren bei Herr Schreibhorn besser als bei Frau Kasche.
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Das Cover zeigt einen Piloten von hinten in schwarzer Uniform mit den vier typischen Streifen auf den Schultern. Auf dem Rücken steht der Titel zweireihig in einem Weiß-Silber-Ton und noch einmal dazwischen in einem hellen Blau. Das Cover wird im Buch als Teil der Story genannt, was mir gut gefiel ob des Kontextes, den ich nicht verraten kann zwecks Spoilergefahr.
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Fazit: Eine turbulente Liebesgeschichte mit vielen Höhen und Tiefen, die mich auf Grund der Charaktere gut unterhalten konnte. Somit eine Empfehlung an Leserinnen und Leser, die gern Gefühlsachterbahn fahren.
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Vollständige Rezension: https://bit.ly/2Pd3opt

Veröffentlicht am 02.05.2018

Beklemmender Plot

Ein bitterkalter Nachmittag
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Gerard Donovan - Ein bitterkalter Nachmittag
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Meine Meinung:

Würde ich jemanden verraten, um zu überleben?
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Die ...

Gerard Donovan - Ein bitterkalter Nachmittag
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Meine Meinung:

Würde ich jemanden verraten, um zu überleben?
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Die Geschichte beginnt an einem bitterkalten Nachmittag im November irgendwo in Europa. Die Nachwirkungen des kürzlichen Bürgerkrieges belasten Land und Menschen.

Ein Mann, Bäcker des Ortes, soll ein Loch auf einem verschneiten Feld schaufeln und tut dies unter erschwerten Bedingungen. Der Boden ist frostig und nicht leicht zu durchdringen. Viel Zeit bleibt ihm für das Ausheben auch nicht. Man fragt sich unwillkürlich, wem diese Schufterei letztendlich dient. Wird dies sein eigenes Grab? Oder das des Mannes direkt neben ihm?

Der Andere hat die Position des Dorflehrers inne. Zeitgleich ist er es auch, der das Schaufeln mit Argusaugen bewacht. Die beiden Männer kennen sich, können sich - so scheint es mir - jedoch nicht sonderlich ausstehen. Die Dialoge münden daher oft in kleineren Streitereien und Wortgefechten. Einzig das dominierende Gefühl von Todesangst erzwingt eine gewisse Intimität zwischen ihnen.

Im Hintergrund werden Zivilisten von den Soldaten eingesammelt, vor deren Lastwagen umhermanövriert und zum Waldrand gebracht. Dort warten sie in der Eiseskälte darauf, dass der Bäcker mit seiner Arbeit fertig wird. Eine sehr beklemmende Situation, die ich erst einmal sacken lassen und über die ich in Ruhe nachdenken musste.

Eine Ablenkung vom kriegerischen Schaubild scheint dringend nötig. Und so verwickelt der Lehrer den Bäcker in ein philosophisches Gespräch über die Menschheit, den Sinn des Lebens, über Kriege sowie die Existenz von Gut und Böse. Er wirkt sehr erstaunt über das Wissen des Bäckers, der offenbar sehr belesen ist. Zwei bewaffnete Soldaten, die die Stadt mit belagern, verfolgen das Szenario am Erdloch aus der Nähe. Das Ganze hat etwas Abstraktes an sich. Es erinnert mich an ein größeres Arrangement aus der Stillleben-Malerei.

Nach und nach wird klar, warum sie sich in dieser endzeittypischen Lage befinden. Der Lehrer wirft dem Bäcker vor, das eigene Dorf hinterrücks verraten zu haben und ein Denunziant zu sein. Es entsteht eine Art Befragung, in welcher der Bäcker zum Angeklagten und der Lehrer zum Richter wird. Dass die Grube vor ihnen offensichtlich für viele ihrer Mitmenschen zum Grab wird, ist eine Tatsache, die mir Gänsehaut bereitet. Werden auch sie letztendlich dort landen? Was können sie tun, um dies zu verhindern? Man ist als Leser hin und her gerissen, weil es nicht leicht ist, sich für einen von ihnen zu entscheiden. Wem wünscht man eher das Ableben? Lässt sich das so Pi mal Daumen sagen? Beide zeigen nämlich recht eigenwillige, allerdings auch interessante Charakterzüge.

Am Ende ist das Grab geschaufelt und die Lichter der Lastwagen gehen an ...
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Der Schreibstil ist stellenweise zäh und schleppend. Die Kapitel sind recht kurz gehalten, sodass zahlreiche Gedankenansätze direkt wieder im Nichts verschwinden, weil sie partout nicht reifen können. Dabei habe ich das von solch einem Plot erwartet.
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Das Cover ist hauptsächlich in schwarz-weiß gehalten. Zu sehen ist eine Winterlandschaft. Ein schneebedeckter Weg mit einem Zaun an den Seiten und einem kargen Baum weiter vorne. Ich als Winterkind finde dieses Cover natürlich wunderschön.
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Fazit: Dieser Roman ist wie eine Achterbahnfahrt: Es geht mal hoch hinaus und dann wieder steil hinab. Insgesamt ein ziemlich durchwachsener Plot.
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http://recensio-online.blogspot.de/2018/05/gerard-donovan-ein-bitterkalter.html

Veröffentlicht am 19.04.2018

Mittelmäßiger Thriller

The Woman in the Window - Was hat sie wirklich gesehen?
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Hier handelt es sich um das Debüt des Autors A. J. Finn.

Um was geht es? Hauptprotagonistin Anna erzählt uns ihre Geschichte aus der Ich-Perspektive. Wir lernen sie als einen Menschen kennen, der einiges ...

Hier handelt es sich um das Debüt des Autors A. J. Finn.

Um was geht es? Hauptprotagonistin Anna erzählt uns ihre Geschichte aus der Ich-Perspektive. Wir lernen sie als einen Menschen kennen, der einiges durchgemacht hat im Leben und nun an den Konsequenzen mächtig zu knabbern hat. Sie leidet unter Agoraphobie, ist einsam, lebt völlig zurückgezogen, trinkt viel Alkohol und nimmt Tabletten. Lediglich der Blick aus dem Fenster offenbart ihr, dass es noch eine Welt dort draußen gibt, deren Bestandteil sie einst war. Hin und wieder spricht sie mit ihrem Mann und ihrer Tochter, die beide von ihr getrennt sind und woanders leben.

Ein vermeintlicher Übergriff, den sie zufällig beobachtet, reißt sie aus diesem Zustand heraus und manövriert sie in eine Situation, mit der sie völlig überfordert ist. Soll sie der Polizei mitteilen, was sie gesehen hat? Und müsste sie für ihre Aussage die Wohnung verlassen? Wie verhält man sich, wenn man helfen möchte, aber Angst einen kontrolliert?
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"The Woman in the Window" erinnert vom Grundgerüst her stark an "Girl on the train" oder "Gone Girl". Mit Letzterem wird das Buch vom Verlag selbst verglichen. Ich weiß nicht, ob solche Vergleiche immer gut sind. Mich persönlich schrecken sie eher ab. Warum soll ich Buch B lesen, wenn ich A bereits kenne? Warum ich diesem hier trotzdem eine Chance gab, lag daran, dass mich Freunde so oft damit beballert haben, dass ich neugierig geworden bin. Und wenn die Julie erst einmal neugierig ist, dann gibt es kein Halten mehr. Schwupps, war der Drops gelutscht.
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Die Charaktere sind gut gezeichnet, wirken zwar authentisch, können aber nicht ausreichend überzeugen. Dafür sind sie mir einfach zu ähnlich mit den Figuren aus oben genannten Büchern. Stille, alkoholabhängige Beobachterrollen sind leider ziemlich unspektakulär geworden.

So ist Anna also keine gänzlich neue Erscheinung für mich, dennoch interessant genug, dass ich mir Gedanken zu ihrer Person gemacht habe. Wie steht sie morgens auf im Wissen, dass dies ein Tag wie jeder andere sein wird? Zu Hause eingebunkert, abgeschottet von der Außenwelt, isoliert von allem, was das Leben ausmacht. Macht man sich da noch Pläne für die Zukunft? Hat man Träume und Wünsche, die man sich ermöglichen möchte? Und wird es nicht auf Dauer langweilig, immer den gleichen Ausblick zu haben? Die gleiche Bühne mit all den unscheinbaren Figuren in etlichen, bereits bekannten Szenarien. Sie kommen, sie gehen, sie bleiben stehen, sie unterhalten sich, sie lassen etwas fallen, manchmal heben sie es wieder auf ... wie sieht die Spannungskurve eines solchen Tages wohl aus? Ich konnte mich gut in Anna hineinversetzen. Der Autor hat ihren Charakter gut dargestellt und beleuchtet.
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Der Schreibstil ist oft packend und fesselnd, die Sprache leicht verständlich ohne unnötige Verschnörkelungen. Das nervt mich oft bei anderen Büchern, dass da ständig versucht wird mit den Worten herumzuexperimentieren. Ich glaube, niemand erwartet hohe literarische Ergüsse in einem Psychothriller. Ich zumindest nicht. Auf Grund der kurzen Kapitel, kann man sich das Buch gut einteilen und ist nicht gezwungen, sich den halben Roman auf einmal merken zu müssen. Wenn ich drei Kapitel á 100 Seiten vor mir liegen habe, empfinde ich das Lesen als sehr mühsam. Portionierte Häppchen schmecken besser.

Ein paar Kürzungen hier und da wären sicherlich von Vorteil gewesen. So hat man häufig Kaugummipassagen, die ich persönlich dann gern mal überfliege. Dadurch kann sich für mich keine konstante Spannung aufbauen. Anfangs steigt diese und stagniert dann, selbst zum Ende hin. Der Plot ist mir stellenweise zu aufgesetzt und nicht gut durchdacht. Da fehlt es an Logik. Sehr schade!
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Das Cover gefällt mir solala. Viel besser hätte ich ein Bild gefunden, was den Titel widerspiegelt. Eine Silhouette hinter einer Jalousie zum Beispiel. Die Farben hier sind zwar kontrastreich und auffällig, dennoch fehlt dem Ganzen noch das gewisse Etwas.
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Fazit: Dieser Psychothriller kommt ganz ohne Härte und Blutvergießen aus. Detaillierte Beschreibungen und eine interessante Hauptprotagonstin stärken den Plot, der jedoch ua. im Spannungsaufbau schwächelt.