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Veröffentlicht am 07.10.2016

Das Spiel deines Lebens

Golden Boy
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„Denn was wir entdecken, wenn wir meinen, wir könnten die Gedanken eines anderen lesen, sind nur unsere eigenen, abgeschwächten Erwartungen an sie.“

Inhalt

Die beiden Brüder Radha und Manjuth Kumar haben ...

„Denn was wir entdecken, wenn wir meinen, wir könnten die Gedanken eines anderen lesen, sind nur unsere eigenen, abgeschwächten Erwartungen an sie.“

Inhalt

Die beiden Brüder Radha und Manjuth Kumar haben als angehende Profi-Cricket-Spieler die einmalige Chance, ihrem Leben in den indischen Slums zu entkommen und sich stattdessen ein selbstbestimmtes, finanziell unabhängiges Leben aufzubauen. Für diese Möglichkeit gibt ihr ehrgeiziger Vater alles und sorgt mit rigiden Erziehungsmaßnahmen dafür, dass sich die Heranwachsenden seinem Willen unterordnen. Tatsächlich gelingt es dem jüngeren Bruder Manju, sich als „Golden Boy“ in die Herzen der Zuschauer und seiner reichen Mäzene zu spielen, doch während seine Cricket-Karriere auf den Höhepunkt zusteuert, erkennt er, wie unfrei und abhängig er immer bleiben wird, ganz egal wie seine Leistungen sein werden und er beschließt kurzerhand, dem geliebten Sport zu entsagen, um seinem Herzen zu folgen …

Meinung

Dies war mein erster Roman aus der Feder eines indischen Autors und ich habe auch keinen kulturellen Bezug zu dem Land, so dass ich mich vollkommen offen und ohne besondere Erwartungen an diesen Roman aus dem C.H. Beck Verlag gewagt habe. Leider musste ich bereits im ersten Viertel erkennen, dass meine Unwissenheit bezüglich des gesellschaftlichen Hintergrunds zu einiger Verwirrung führte. Gerade die ständigen Namens- und Ortsbeschreibungen, ergaben für mich kaum einen Sinn und ich habe sie oftmals überlesen, um den Lesefluss aufrecht zu erhalten. Der Schreibstil selbst ist auch nicht ohne, denn Herr Adiga vollzieht ungewöhnliche Zeitsprünge und wechselt die Erzählperspektiven sehr häufig und ohne erkennbares Muster.

Erst nach gut der Hälfte des Romans entwickelt sich die eigentliche Erzählung, eine Geschichte, die den Leser in ein fremdes Land entführt, in dem der Sport eine derart wichtige Rolle einnimmt, dass er sich durch alle Gesellschaftsschichten zieht und das Leben vieler junger Inder beeinflusst. Aravind Adiga schildert nicht nur eine besondere Konkurrenzsituation zwischen Brüdern, sondern auch ein gestörtes Vater-Sohn-Verhältnis. Er prangert die Korruption einer Gesellschaftsschicht an, beschreibt aber auch die Aussichtslosigkeit einer Rebellion und er vermag es, die Hoffnungslosigkeit und Querelen, die man als Beteiligter unmittelbar und tagtäglich erlebt sehr intensiv und nachhaltig zu beschreiben. Für die aufstrebenden Sternchen am berühmten Sportlerhimmel steht immer alles auf dem Spiel und sobald man einen Rekord gebrochen hat, wird der nächste prompt erwartet. Die individuelle Prägung, die persönliche Motivation bleibt auf der Strecke und ein Scheitern auf dem Parcour ist gleichbedeutend mit einem Abrutschen in die Bedeutungslosigkeit. Und ebenso dramatisch und traurig gestaltet sich auch der Weg der Kumar-Brüder, die ihre erlangte Position nicht erfüllen und auf der Suche sind, nach einer anderen Freiheit, einer Freiheit jenseits ihres begrenzten Umfeldes.

Fazit

Ich vergebe wohlwollend 3 Lesesterne für diesen Roman, der sich für mich nur schwer erschließen ließ, weil ich immer das Gefühl hatte, die Grundaussage nicht recht zu verstehen und irgendeinen wichtigen Punkt nicht zu fassen bekam. Zahlreiche angerissene Themen und willkürliche Handlungssprünge haben das Lesen ebenfalls negativ beeinflusst. So dass ich nicht zuordnen konnte, ob es nun um das Erwachsenwerden, die eigene sexuelle Orientierung, den Umgang mit öffentlichen Anschuldigungen oder ein schwieriges persönliches Familienleben ging. Es ist ein bisschen von allem und doch nichts Ganzes. Hin und wieder blitzte dann doch ein Gedankengang auf, der mich kurzzeitig interessierte und die Hoffnung auf eine tiefere Wahrheit hat mich bis zum Schluss nicht ganz verlassen. Vielleicht ist dies kein Buch, welches man als Einsteigerlektüre in die indische Schreibkultur nehmen sollte, dafür ist es zu komplex.

Veröffentlicht am 16.09.2016

Ein Privatdetektiv der besonderen Art

Alte Schule
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Inhalt
Der alternde Privatdetektiv Tom Knight hat sich in die bezaubernde Altenpflegerin Fran verguckt und bemüht sich mit vollem Einsatz ihr einsames Herz zu erobern. Doch leider ist Fran Anfang 50, während ...

Inhalt
Der alternde Privatdetektiv Tom Knight hat sich in die bezaubernde Altenpflegerin Fran verguckt und bemüht sich mit vollem Einsatz ihr einsames Herz zu erobern. Doch leider ist Fran Anfang 50, während er schon 73 Lenze auf dem Buckel hat. Diese bald entlarvte Lüge, kostet ihn das Vertrauen seiner Angebeteten und er sieht nur eine Möglichkeit, ihre Liebe zurückzugewinnen - er muss beweisen, dass sie nicht die Täterin im Dreifachmordprozess des Altersheimes ist.
Voller Mut und Abenteuerlust stürzt er sich in eine Undercover-Mission der besonderen Art und ermittelt auf ganz eigene Art und Weise, mit beachtlichen Erfolgen ...

Meinung
Der Klappentext des Buches hat mich richtig neugierig gemacht, weil hier eine vielversprechende, humorvolle Erzählung samt sympathischen Protagonisten auf sich hoffen ließ. Ganz im Stil von Fredrik Backman vielleicht, so zumindest meine Erwartungen. Leider konnte "Alte Schule" diesen persönlichen Anspruch nicht erfüllen. Dennoch hat mich die Story um Tom Knight gut unterhalten und stellenweise wirklich überrascht.

Charles Hodges hat mit Tom einen sehr speziellen Charakter entworfen, den man zwischen kauzig, entschlossen und geduldig einordnen kann. Schon bald entwickelt sich die anfängliche Romanze in einen turbulenten Kriminalfall, dessen Aufklärung den Leser in die Geschichte abtauchen lässt. Der Schreibstil lässt sich wunderbar lesen, bringt einem zum Lachen und beschwört filmreife Szenen herauf. Tatsächlich habe ich mich beim Lesen dabei ertappt, dass mir hier eine Verfilmung vielleicht besser gefallen hätte. Aber Charles Hodges arbeitet ja auch als Drehbuchautor, also scheint dieser Gedanke gar nicht so abwegig.

Für mich war die Erzählung leider etwas überladen und doch weder Fisch noch Fleisch. Für einen satirischen Roman gab es zu viele Actionszenen, für einen spannenden Kriminalfall zu wenig Nervenkitzel und zu viel Klamauk.

Fazit
Ich vergebe 3 Lesesterne für diesen abwechslungsreichen, actionreichen Roman mit einem liebenswerten, kauzigen Privatermittler, der noch längst nicht im Rentenalter ist, auch wenn ihn seine körperliche Fitness hin und wieder im Stich lässt. Interessante Unterhaltungslektüre mit einem Augenzwinkern und dem Hang zur Übertreibung. Empfehlenswert für alle Leser, die britischen Humor lieben und sich eine Auszeit mit einem filmreifen Projekt gönnen möchten.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Arbeit eines Lebens

Zwischen den Meeren
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„Es ist die Arbeit eines Lebens, das Schlagen des menschlichen Herzens zu beobachten, zu benennen, was wir tun, und doch fähig zu sein, es zu tun.“
Ally und Tom Cavendish sind frisch verheiratet, als sich ...

„Es ist die Arbeit eines Lebens, das Schlagen des menschlichen Herzens zu beobachten, zu benennen, was wir tun, und doch fähig zu sein, es zu tun.“
Ally und Tom Cavendish sind frisch verheiratet, als sich abzeichnet, dass sie sich für die lange Zeit eines halben Jahres trennen müssen. Während Ally als Ärztin in einer Nervenheilanstalt ihren Dienst antritt, verschlägt es Tom nach Japan, wo er als Ingenieur am Bau von Leuchttürmen maßgeblich beteiligt sein wird. Diese aufgezwungene Distanz erscheint ihnen zunächst schwierig, entwickelt sich aber nach und nach zur neuen Beständigkeit ihres Lebens. Nun sind sie wieder zwei Menschen, die ihre Tage und Nächte allein verbringen und die ihre Gedanken, Ängste und Freuden nicht mehr miteinander teilen. Schon bald wächst Tom Japan derart ans Herz, dass er nicht mehr zurück möchte in sein „altes“ Leben und auch Ally erkennt, dass ihre Aufgabe nicht die einer liebevollen, aufopferungsbereiten Ehefrau ist. Gegensätzlicher könnte ihre Ansicht nicht mehr sein, doch ihre Ehe hat Bestand, um den bitteren Preis des verdrängten Glücks.
Dies war mein erster Roman der Autorin, die jedoch zu dem vorliegenden Roman bereits eine Vorgeschichte unter dem Titel „Wo Licht ist“ veröffentlicht hat. Zunächst war ich von der Erzählweise, der dichten, intensiven Sprache und den stimmungsvollen Bildern regelrecht begeistert. Eine besondere, sehr stimmungsvolle Szenerie und Sätze wie gemalt, machten das Lesen zum reinen Vergnügen. Dieses Schreibniveau bleibt im gesamten Roman konstant erhalten und lässt den Leser tief in die Schönheit der Sprache eintauchen. Auch die erhoffte Geschichte, über ein junges Ehepaar, welches mit einer unfreiwilligen Situation konfrontiert wird, fing sehr vielversprechend an.
Aber bereits ab der Mitte des Buches lässt sich erkennen, dass dieser Roman vielmehr auf zwei Individuen zugeschnitten ist als auf ein Paar. Die Hauptprotagonistin leidet unter ihrer dominanten Mutter, der sie sich auch im Erwachsenenleben unterordnet, wenn auch eher in Gedanken. Sie fühlt sich für nichts gut genug, versucht es krampfhaft allen Recht zu machen und wird immer mehr ein Schatten ihrer selbst, bis an den Rand eines Nervenzusammenbruchs. Sarah Moss skizziert ihre Protagonisten sehr lebensecht, eingebettet in den historischen Zeitgeist und sehr detailliert. Auf die Rolle der Frau und die Erwartungen der Gesellschaft wird ebenso Bezug genommen, wie zu dem Wunsch, das Leben sinnvoll und bedeutsam zu gestalten. Auch diese Selbstreflexion konnte mich begeistern.
Dennoch hinterlässt der Roman bei mir einen bitteren Nachgeschmack. Das liegt in erster Linie an meiner Erwartungshaltung: denn trotz der thematisierten Fernbeziehung habe ich mir ein Paar gewünscht, welches erkennbare Zuneigung füreinander empfindet. Ein Mann und eine Frau, die sich trotz der Distanz mehr Nähe wünschen, die wenigstens in Gedanken beieinander sind, die sich vermissen und nacheinander sehnen. Doch all diese elementaren Punkte, findet man hier nicht.
An erster Stelle steht in diesem Roman die Selbstverwirklichung, der Wunsch nach einem Leben, welches von persönlichen Vorlieben geprägt wird und in dem nur sehr wenig Platz für einen anderen Menschen bleibt. Meine Haltung als Leser schwankte dann zwischen der Hoffnung, dass sich doch noch etwas entwickelt und einer Art melancholischen Resignation, nachdem ich feststellen musste, dass die Geschichte diesen Gedanken nicht aufgreifen wird.
Fazit: Ich vergebe 3,5 Lesesterne (die ich hier auf Grund der o.g. Kritikpunkte auf 3 abrunde) für einen facettenreichen, intensiven Roman mit viel schriftstellerischen Fingerspitzengefühl. Sarah Moss entwirft eine stimmungsvolle Geschichte, sensibilisiert für die Schönheit einer fremden Kultur und gleichermaßen für die traurigen Aspekte in der geschichtlichen Entwicklung, die es vor allem dem weiblichen Geschlecht über Jahrhunderte hinweg unmöglich machte, gleichberechtigt zu sein. Meine persönlichen Hoffnungen an den Inhalt der Geschichte, konnte dieses Werk leider nur bedingt erfüllen, mir fehlte es an einer hoffnungsfrohen, optimistischen Grundhaltung und an dem Wunsch, für die Liebe zu leben.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Das goldene Garn und die Bande der Liebe

Reckless 3. Das goldene Garn
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„Ob Pflanze, Tier oder Mensch – das Leben zwang jeden, zu lernen und zu wachsen. Je öfter man davor davonlief, desto schwerer wurde der Weg. Und gehen musste man ihn trotzdem.“

Inhalt

Jacob Reckless ...

„Ob Pflanze, Tier oder Mensch – das Leben zwang jeden, zu lernen und zu wachsen. Je öfter man davor davonlief, desto schwerer wurde der Weg. Und gehen musste man ihn trotzdem.“

Inhalt

Jacob Reckless und sein Bruder Will erleben auch im dritten Band der Reckless-Reihe von Cornelia Funke viele magische Abenteuer in der zauberhaften Welt hinten dem Spiegel. Während der jüngere Bruder Will sich in die Spur setzt, um die Dunkle Fee, die verschmähte Geliebte des Königs zu töten. Verfolgt der ältere beharrlich seinen Bruder um genau das zu verhindern. Doch beide müssen auf ihrem Weg mit zahlreichen Unterbrechungen und unliebsamen Überraschungen rechnen. Und dann erfahren sie mehr über das goldene Garn, ein magisches Mittel, welches eine Spinne webt, um ein Band aus Liebe und ewiger Zuneigung zu schaffen. Will und Jacob werden die Spielfiguren in den Händen eines berechnenden Magiers, dessen wahre Ziele sie erst sehr spät durchschauen.

Meinung

Cornelia Funke entführt den Leser wieder in ihre zauberhafte Märchenwelt, mit den düsteren Landschaften, den geheimen Wesen und den dunklen Mächten. In wunderschönen Bildern entwirft sie eine einmalige, magische Landschaft mit sehr speziellen Wesen und mutigen Protagonisten, die sich den schwierigen Herausforderungen stellen und voller Herzblut für Gerechtigkeit, Liebe und das Gute kämpfen. Bemerkenswert ist in erster Linie die Erzählweise, die sprachlich direkt dort angesiedelt ist, wo die Geschichte spielt, in den Tiefen einer besonderen Welt. Dadurch fühlt sich der Leser direkt in die Geschichte hineinversetzt und reist gemeinsam mit den Brüdern Reckless durch ihre Spiegelwelt.

Leider konnte mich die Geschichte nur bedingt fesseln, da sie einfach sehr handlungsarm ist. Die tatsächlichen Ereignisse beschränken sich auf ein Minimum und benötigen viel Zeit, um überhaupt in Schwung zu kommen. Fragen die zu Anfang des Buches aufkommen, werden bis zum Schluss nicht geklärt und die Beweggründe der handelnden Personen erscheinen sehr schwammig. Mal ist es die Liebe, mal die Suche nach Schätzen, dann wieder der Wunsch nach Rache, doch egal wer welchen Grund angibt, keiner scheint die letzte Konsequenz zu ziehen. Dadurch verliert sich die Erzählung in unnötigen Längen und verliert an Reiz. Das offene Ende des Buches lässt auch Platz für die Vermutung, dass es einen weiteren Band der Reckless-Reihe geben wird.

Fazit

Trotz zahlreicher, begeisterter Rezensionen vergebe ich leider nur drei Lesesterne, denn für mich handelt es sich hier um ein eher durchschnittliches Leseerlebnis. Positiv hervorheben möchte ich die Erzählkunst der Autorin, der es zu verdanken ist, dass mich das Buch in fremde, fantastische Welten entführen konnte. Deshalb möchte ich unbedingt noch ein weiteres Werk von Frau Funke kennenlernen. Ich empfehle diesen Fantasy-/ Jugendroman für Leser, die Märchen lieben und Interesse an Geschichten haben, die viel Freiraum für eigene Phantasien lassen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine Reise nach Japan, eine Reise zu sich selbst

Wer ist Mr Satoshi?
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"Aber ich vermute mal, wenn man einen alten Menschen mit den Augen eines jungen Menschen sieht, hat man immer das Gefühl von etwas Verlorenem oder Verpasstem."

Inhalt

Nach dem Tod seiner betagten Mutter ...

"Aber ich vermute mal, wenn man einen alten Menschen mit den Augen eines jungen Menschen sieht, hat man immer das Gefühl von etwas Verlorenem oder Verpasstem."

Inhalt

Nach dem Tod seiner betagten Mutter kommt ihr Sohn, Robert Fossick in den Besitz einer alten Kiste, deren Inhalt ganz unbedingt einem gewissen Mr. Satoshi zugestellt werden muss. Satoshi lebte zuletzt in Japan und scheint der Jugendfreund der verstorbenen Alice gewesen zu sein. Da Robert nicht weiß, wie er mit den Dokumenten in der Kiste verfahren soll, beschließt er sich direkt nach Japan zu begeben und den ominösen Freund ausfindig zu machen. Doch die Suche nach dem Mann gestaltet sich schwieriger als erwartet, denn weder die Adresse noch die Namensbezeichnung ist korrekt. Doch durch einige glückliche Zufälle und akribische Recherchearbeit gelingt es Robert schließlich den gesuchten Mann ausfindig zu machen. Der lebt mittlerweile in einer Betreuungsanstalt und blickt auf ein Leben voller Geheimnisse zurück ...

Meinung

Die Grundidee und der ansprechende Klappentext haben mich dazu bewogen, dass Buch bereits zum Erscheinungstermin im Jahr 2015 auf meine Wunschliste zu setzen und nun habe ich endlich die Zeit gefunden mich dieser Lektüre zu widmen.
Der Roman zehrt von einer wunderschönen, schnörkellosen Sprache, die ebenso geradlinig wie aussagekräftig ist und viele schöngeistige Passagen enthält. Doch leider konnte mich die Geschichte so ganz und gar nicht in ihren Bann ziehen, weil die Distanz zwischen den Protagonisten und dem Leser konstant aufrecht erhalten wurde. So ist es nicht nur das fremde Japan, die etwas schrägen, individualistischen Charaktere sondern in erster Linie die fehlende Spannung, die hier zum Punktabzug führt. Gut die Hälfte des Buches wird Zeit damit verschwendet, die Hintergründe und dramatischen Ereignisse aus Roberts Leben aufzurollen und die Frage nach Mr. Satoshi rückt so weit in Vergessenheit, dass ich mich stellenweise gefragt habe, was uns der Autor hier eigentlich mitteilen möchte.
Erst auf den letzten 40 Seiten bekommt der Roman jenen Glanz, den ich so gern schon vorher gespürt hätte, denn dann lernen wir nicht nur Satoshi kennen, sondern auch sein Geheimnis und die Gründe, die dazu führten, dass er seine geliebte Alice förmlich über Nacht verlassen hat. Doch aus dieser Geschichte hätte man deutlich mehr machen können.

Fazit

Ich vergebe 3 Sterne für einen sprachlich schönen Roman, der die unterschiedlichen Werte und Befindlichkeiten von Menschen gekonnt einfängt, dabei aber immer wieder von der Haupterzählung abschweift und sich stellenweise in unschöne Längen verliert. Und geht es auch um das Thema verlorene Liebe, schweres Schicksal und unwiderrufliche Fehlentscheidungen, so können hier die Charaktere nicht wachsen, sich nicht entwickeln und durchlaufen ein vom Zufall bestimmtes Leben, welchem sie kaum etwas entgegensetzen. Leider konnte der Roman meine Erwartungen nur bedingt erfüllen und wandert daher in die Kategorie: Kann man lesen, muss man aber nicht.