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Veröffentlicht am 15.04.2019

Luzies Tagebuch

Die Fliedertochter
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Inhalt: Berlin 1936. Luzie Kühn ist Halbjüdin und wächst nach dem Tod ihrer Eltern bei ihren liebevollen jüdischen Großeltern auf. Um in Nazi-Deutschland nicht als Halbjüdin enttarnt zu werden, flüchtet ...

Inhalt: Berlin 1936. Luzie Kühn ist Halbjüdin und wächst nach dem Tod ihrer Eltern bei ihren liebevollen jüdischen Großeltern auf. Um in Nazi-Deutschland nicht als Halbjüdin enttarnt zu werden, flüchtet Luzie zu Verwandten nach Österreich. Sie träumt von einer Karriere als Sängerin. Doch schon bald ändert sich in Österreich die politische Lage und auch in Wien ist Luzie nicht mehr vor den Nazis sicher.
Berlin 2018. Paulina Wilke wird von ihrer großmütterlichen Freundin Antonia gebeten, für sie ein Erbstück aus Wien abzuholen. Dieses Erbstück entpuppt sich als das Tagebuch von Luzie Kühn und bald wird Paulina von den Einträgen so sehr in den Bann gezogen, dass sie sich Luzie sehr nah fühlt.

Meine Meinung: Zu diesem Buch gibt es fast nur positive Rezensionen, aber ich habe tatsächlich über hundert Seiten gebraucht, mich mit der Geschichte, dem Erzählstil und auch den Protagonisten anzufreunden. Doch ganz allmählich zog mich dann doch die dramatische und spannende Geschichte in der Vergangenheit völlig in ihren Bann. Die Situation in Österreich und Luzies Erlebnisse sind erschreckend und beklemmend. Es ist Teresa Simon gut gelungen, historische Ereignisse und Informationen in die Geschichte einfließen zu lassen. Luzie führt in Wien ein für die Zeit ziemlich unkonventionelles Leben, fällt dadurch auf und macht sich angreifbar. Doch zum Glück gibt es auch tolle Menschen, die fest zu ihr halten, obwohl sie so selbst in Gefahr geraten könnten. Die Geschichte in der Gegenwart fand ich dagegen schwächer und teilweise zu konstruiert.
Nicht alle Charaktere haben mir von Anfang an gefallen, vor allem Moritz und Belá mochte ich nicht. Auch Luzie war mir zuerst nicht besonders sympathisch, aber je mehr sie erlebte, desto lieber mochte ich sie und konnte mitfühlen. Luzies Großeltern, den katholischen Priester, Marie und Peter fand ich sofort sympathisch.

Fazit: Eine Geschichte, die nach einiger Zeit rasant an Fahrt zunimmt und unter die Haut geht. Teresa Simon schildert in unterhaltsamer Romanform erschreckende und erschütternde Kriegsgeschehnisse sehr glaubhaft.

Veröffentlicht am 02.01.2019

Die Jahre vor dem Krieg

Jahre aus Seide
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„Es ist nicht wichtig, wo Menschen herkommen, welche Rasse, welche Hautfarbe sie haben. Es ist wichtig, was für Menschen sie sind.“

Inhalt: 1926. Die kleine Ruth Meyer führt mit ihren Eltern und ihrer ...

„Es ist nicht wichtig, wo Menschen herkommen, welche Rasse, welche Hautfarbe sie haben. Es ist wichtig, was für Menschen sie sind.“

Inhalt: 1926. Die kleine Ruth Meyer führt mit ihren Eltern und ihrer kleinen Schwester Ilse ein behütetes Leben in Wohlstand. Nach dem Umzug in ein neues Haus wohnen sie direkt neben dem bekannten Seidenhändler Merländer und Ruth ist häufiger Gast in seiner Villa und begeistert von den bunten Seidenstoffen. Schon sehr früh zeigt sich ihr Talent Schnittmuster zu entwerfen und zu nähen. Doch die Familie ist jüdisch und Jahr für Jahr spitzt sich die Situation in Deutschland für die Juden immer weiter zu. Viele Freunde denken an Auswanderung, doch Karl, Ruths Vater, zögert noch…

Meine Meinung: „Jahre aus Seide“ ist der erste Teil einer Trilogie und basiert auf Tatsachen. Das Buch beginnt mit einem berührenden Auszug aus Ruths Tagebuch. Ulrike Renk hat sehr intensiv recherchiert und die wahren Begebenheiten in eine Romanform gebracht.
Durch die große Schrift und den leichten und angenehmen Schreibstil der Autorin lässt sich das Buch sehr schnell lesen. Leider plätschert in den ersten sechs Jahren (bis 1932) die Handlung etwas dahin und konnte mich nicht wirklich fesseln. Man lernt hauptsächlich die Familie Meyer und ihre Angestellten kennen, die in einer (noch) heilen Welt leben. Durch diese heile Welt wird aber die Veränderung, die ihnen bevorsteht umso deutlicher.
Der zweite Teil des Buches beginnt 1932 und die Handlung nimmt an Fahrt auf. Ganz besonders interessant fand ich die ausführlichen Erklärungen von jüdischen Traditionen, Hitlers Einstellung zu den Juden als Rasse und die Diskussion über das Für und Wider nach Palästina oder Amerika auszuwandern. Viele Juden, so wie auch die Familie Meyer, lebten nicht nach den alten Regeln, sondern praktizierten nur noch die wichtigsten Feiertage, wie das Chanukka Fest. Und immer wieder die Aussage „So schlimm wird es schon nicht.“ Das hat mich sehr berührt, denn wie hätten sie ahnen können - was ich als Leser schon weiß - was geschehen wird.
Mit Ruth konnte ich mich bis zum Schluss nicht richtig anfreunden. Von Anfang an fand ich sie ihrem Alter entsprechend nicht authentisch. Ihre Mutter Martha gefiel mir dagegen im Laufe der Geschichte immer besser und auch Karls Fahrer Hans Aretz war mir sehr sympathisch. Er und seine Familie erweisen sich als echte Freunde.
Gegen Ende des Buches wird das Leben der Familie Meyer immer eingeschränkter und bedrohlicher und die Geschichte endet mit einem Cliffhanger - der Reichsprogromnacht.

Fazit: Dieser erste Teil hat durchaus einige sehr interessante und fesselnde Kapitel, hat mich aber insgesamt leider nicht ganz überzeugen können.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Geschichte
  • Figuren
  • Authentizität
Veröffentlicht am 12.11.2018

Die Nachkriegszeit in Berlin

Die Schwestern vom Ku'damm: Jahre des Aufbaus
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Inhalt: Berlin im Mai 1945. Der Krieg ist endlich vorbei, doch die Stadt liegt in Trümmern. Auch das Kaufhaus der Familie Thalheim am Ku’damm ist zerstört. Dennoch lassen sich die Schwestern Rike, Silvie ...

Inhalt: Berlin im Mai 1945. Der Krieg ist endlich vorbei, doch die Stadt liegt in Trümmern. Auch das Kaufhaus der Familie Thalheim am Ku’damm ist zerstört. Dennoch lassen sich die Schwestern Rike, Silvie und Florentine Thalheim nicht entmutigen. Besonders Rike setzt alles daran, das Kaufhaus wieder aufzubauen. Der Weg dahin ist allerdings alles andere als einfach…

Meine Meinung: In diesem ersten Teil einer Trilogie geht es um Rike, die älteste der Thalheim Schwestern und spielt in der Zeit von 1945 bis 1951. Rike ist äußerst zielstrebig und wird im Laufe des Buches ganz und gar zur Geschäftsfrau. Ihrem Vater gefällt nicht immer, dass sie nun den neuen Weg vorgibt. Nach dem Tod ihres Großvaters erfährt sie von einem Geheimnis ihrer Mutter, das sie sehr bewegt.
Ihre Schwester Silvie ist dagegen lebhaft und lebenshungrig, doch auch sie unterstützt die Familie so gut sie kann.
Die kleine Schwester Florentine ist noch sehr jung und rebellisch. Trotzdem mochte ich sie gern. Ihre Geschichte wird erst im dritten Teil erzählt.
Brigitte Riebe erzählt sehr anschaulich und interessant von den entbehrungsreichen Nachkriegsjahren. Die Bevölkerung leidet unter Hunger, Wohnungsnot und der klirrenden Kälte des ersten Nachkriegswinters. Es fehlt an allem. Viele Männer werden noch vermisst und die Frauen sind auf sich allein gestellt, was sie umso stärker macht. Auch die politische Situation lässt die Autorin geschickt in die Geschichte einfließen. (Eine chronologische Übersicht der nennenswertesten geschichtlichen Ereignissen in Berlin findet sich auf den letzten Seiten des Buches.)
Nachdem Rike zufällig die Jüdin Miriam trifft, die vor dem Krieg zusammen mit ihrer Mutter bei den Thalheims Mode entworfen und genäht hat, wagen sie zusammen einen Neuanfang und planen sogar eine Modenschau.
Der Schreibstil ist flüssig und einfach zu lesen, aber leider konnte mich das Buch nicht völlig fesseln. Mit den meisten Charakteren konnte ich mich nicht so richtig anfreunden und die Liebesgeschichte fand ich ziemlich langweilig. Vielleicht war es nur der falsche Zeitpunkt für mich.
Dennoch ist „Die Schwestern vom Ku’damm - Jahre des Aufbaus“ ein interessanter Familien-Roman über den Wiederaufbau eines großen Kaufhauses im Berlin der Nachkriegszeit, der die harte, aber auch hoffnungsvolle Zeit gut widerspiegelt.

Veröffentlicht am 03.10.2018

Über dunkle Mächte

Der Spielmann (Faustus-Serie 1)
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„Der Spielmann“ von Oliver Pötzsch ist ein mittelalterlicher Roman, der die Lebensgeschichte von Faust in unterhaltsamer Form erzählt. Eine Geschichte über dunkle Mächte und das Böse.

Schon der erste ...

„Der Spielmann“ von Oliver Pötzsch ist ein mittelalterlicher Roman, der die Lebensgeschichte von Faust in unterhaltsamer Form erzählt. Eine Geschichte über dunkle Mächte und das Böse.

Schon der erste Satz „Im Herbst, als die Kinder verschwanden, kamen die Gaukler in die Stadt“ hat mich sehr neugierig gemacht. Ich habe bereits sehr gerne die „Henkerstochter-Reihe“ und „Die Burg der Könige“ von Oliver Pötzsch gelesen und liebe seinen bildgewaltigen und farbenprächtigen Schreibstil, der die Atmosphäre des Mittelalters wunderbar aufleben lässt. Deshalb war ich auch schnell von „Der Spielmann“ gefesselt und mochte den kleinen Johann Georg (oder Faustus, wie ihn seine Mutter liebevoll nennt) und seine Freundin Margarethe sehr gerne. Außer Margarethe hat der kleingewachsene Johann keine Freunde, denn statt mit den anderen Jungen zu raufen, ist er wissbegierig, lernt und liest lieber.
Die Geschichte liest sich flüssig, teilweise sehr spannend und mystisch, und immer düster. Besonders die beschwerliche Reise von Bayern über die Alpenpässe nach Italien und die bildhaften Beschreibungen vom alten Venedig, haben mir sehr gut gefallen. Aber auch die deutschen Städte beschreibt Pötzsch sehr authentisch.
Leider konnte mich trotz des tollen Schreibstils die Handlung nicht komplett fesseln. Etwa in der Mitte des Buches ließ die Spannung eine ganze Weile nach, bis sie - nach einem Zeitsprung von 13 Jahren - endlich wieder mehr Fahrt aufnahm.
Faustus heißt "der Glückliche“, doch Johann hat kaum Glück in seinem Leben (in diesem Buch jedenfalls, es wird noch eine Fortsetzung geben) und seit der seinem Pakt mit dem düsteren Magier Tonio del Moravia, entwickelt sich der kleine, aufgeweckte Junge zu einem grüblerischen, unzufriedenen und oft jähzornigen Mann. Zudem wird er wird vom Pech und Unheil verfolgt und auch wenn er mir oft leid tat, wurde er mir von Seite zu Seite unsympathischer.

Veröffentlicht am 25.09.2018

Ein Nordseeroman

Möwenherz
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Inhalt: Ebba ist die persönliche Assistentin des Stargeigers Jona Bennett. Zusammen reisen von Termin zu Termin um die ganze Welt. Doch Jona ist ausgebrannt und braucht dringend eine Pause. Kurzentschlossen ...

Inhalt: Ebba ist die persönliche Assistentin des Stargeigers Jona Bennett. Zusammen reisen von Termin zu Termin um die ganze Welt. Doch Jona ist ausgebrannt und braucht dringend eine Pause. Kurzentschlossen nimmt Ebba Jona mit an die Nordseeküste zur Beerdigung ihrer Großmutter und in das alte Kapitänshaus, das Ebba geerbt hat - und eigentlich nicht haben will. Unverhofft trifft Ebba Finn, ihre Liebe aus Kindertagen. Denn auch Finn ist ganz spontan an die Nordsee gereist.

Meine Meinung: Die Geschichte „Möwenherz“ wird aus drei verschiedenen Perspektiven erzählt. Von Ebba, Jona und Finn. Zuerst hat mich gestört, dass Jona in dem Buch eine relativ große Rolle spielt, denn ich fand ihn ziemlich arrogant. Allerdings wurde er mir immer sympathischer. Finn mochte ich von Anfang an, nur mit Ebba konnte ich bis zum Schluss nicht richtig warmwerden. Alle drei haben noch etwas aufzuarbeiten. Die Bewohner des kleinen Örtchens Emilienkoog (leider ist der Ort fiktiv) und auch der Hund Otto sind warmherzig und liebenswert beschrieben. Eigentlich sogar liebenswerter als die Protagonisten.
Eingebunden in die Geschichte gibt es noch einige interessante Informationen über Wale, das Walsterben an den Küsten und den früheren Walfang.
Gut gefallen hat mir, dass der Titel „Möwenherz“ durchaus seine Berechtigung hat. Das Ende kommt ziemlich plötzlich und konstruiert und ist mir einfach zu viel „heile Welt“.
Trotz einiger positiver Aspekte konnte mich die Handlung leider nicht komplett fesseln, doch durch den angenehmen und flüssigen Schreibstil von Karen Bojsen ist das Buch eine leichte Lektüre für zwischendurch.