Cover-Bild Mit der Faust in die Welt schlagen
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20,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Ullstein Buchverlage
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 320
  • Ersterscheinung: 07.09.2018
  • ISBN: 9783550050664
Lukas Rietzschel

Mit der Faust in die Welt schlagen

Roman | Ein überzeugendes Porträt zweier Brüder ̶ Ein fulminantes und beeindruckendes Debüt

Zwei Brüder, ein Dorf in Ostsachsen und eine Wut, die immer größer wird

Philipp und Tobias wachsen in der Provinz Sachsens auf. Im Sommer flirrt hier die Luft über den Betonplatten, im Winter bricht der Frost die Straßen auf. Der Hausbau der Eltern scheint der Aufbruch in ein neues Leben zu sein. Doch hinter den Bäumen liegen vergessen die industriellen Hinterlassenschaften der DDR, schimmert die Oberfläche der Tagebauseen, hinter der Gleichförmigkeit des Alltags schwelt die Angst vor dem Verlust der Heimat. Die Perspektivlosigkeit wird für Philipp und Tobias immer bedrohlicher. Als es zu Aufmärschen in Dresden kommt und auch ihr Heimatort Flüchtlinge aufnehmen soll, eskaliert die Situation. Während sich der eine Bruder in sich selbst zurückzieht, sucht der andere ein Ventil für seine Wut. Und findet es.

Lukas Rietzschels Roman ist eine Chronik des Zusammenbruchs. Eine hochaktuelle literarische  Auseinandersetzung mit unserem zerrissenen Land.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.09.2018

Wenn Langeweile zu Hass wird

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Das Buch:
„Mit der Faust in die Welt schlagen“ ist ein Roman von Lukas Rietzschel, der als gebundenes Buch, E-Book und Hörbuch im September 2018 bei Ullstein erschienen ist.

Der Inhalt:
Die beiden Brüder ...

Das Buch:
„Mit der Faust in die Welt schlagen“ ist ein Roman von Lukas Rietzschel, der als gebundenes Buch, E-Book und Hörbuch im September 2018 bei Ullstein erschienen ist.

Der Inhalt:
Die beiden Brüder Philipp und Tobias wachsen kurz nach der Wende in der Provinz Sachsens auf. Anfänglich scheint sich alles zum Guten zu wenden. Die Familie baut ein Haus und die Eltern haben gute Jobs. Doch die Nachwirkungen der DDR und das neuaufkeimende Europa sorgen für unsichere Zeiten und das lässt vor allem die Perspektivlosigkeit der Jugend immer weiter anwachsen. Während die Geschwister mitbekommen, was in der Welt alles schief geht, müssen sie auch hilflos mit ansehen, wie ihr nahes Umfeld langsam zerbricht. Die Brüder sind oft sich selbst überlassen und sowohl zuhause, als auch in der Schule, bekommen sie keine Antworten auf ihre Fragen. Die Langeweile tut ihr übriges und die beiden suchen sich ihre Bestätigung bei anderen Halbstarken und geraten dort in die falschen Kreise.

Meine Meinung:
Der Zeitraum der Geschichte zieht sich über 15 Jahre, wodurch man die Entwicklung der Brüder sehr gut mitverfolgen kann. Man lernt sie als Kind kennen und muss miterleben, wie ihr Leben Stück für Stück aus den Fugen gerät. Der Autor hat das meiner Meinung nach unglaublich gut eingefangen. Die unbeantworteten Fragen, die Langeweile, die Perspektivlosigkeit und der langsam voranschreitende Zerfall. Die Geschichte läuft nicht auf einen spannenden Höhepunkt hinaus, wir beobachten lediglich zwei Brüder auf ihrem Weg durchs Leben. Das Buch lebt von der Thematik, den Infos zwischen den Zeilen und dem Nachdenken, nach dem Lesen. Durch die Geschichte wird klar, dass man durch geeignete Aufklärung einiges zum Positiven verändern könnte und vor allem sieht man deutlich, wie viel Negatives ausgelöst werden kann durch Vernachlässigung. Aus Frustration werden dann Schuldige gesucht und aus Langeweile wird Hass.
Der Schreibstil hat für mich gut gepasst und die Handlung war durchgehend schlüssig. Obwohl keine extreme Spannung aufgebaut wurde, fand ich es durchgehend interessant. Einzig das Ende hat mich enttäuscht, daraus hätte man mehr machen können.

Fazit:
Alles in allem hat mir das Buch gut gefallen. Die Thematik wurde glaubwürdig und realitätsnah umgesetzt. Ich könnte es mir gut auch als Buch für den Schulunterricht vorstellen, gerade damit durch fehlende Aufklärung nicht das Gleiche passiert wie in der Geschichte von Philipp und Tobias. Das Thema ist so aktuell, dass es wichtig ist darauf aufmerksam zu machen, was mit dem Buch meiner Meinung nach gut gelungen ist.

Veröffentlicht am 29.09.2018

Aufrüttelnd und (leider) aktuell

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Rezension zu „Mit der Faust in die Welt schlagen“ von Lukas Rietzschel
Lukas Rietzschel schreibt aus der Sicht der Brüder Tobias und Philipp, die in einem kleinen Dorf in Sachsen aufwachsen. Ihre Kindheit ...

Rezension zu „Mit der Faust in die Welt schlagen“ von Lukas Rietzschel
Lukas Rietzschel schreibt aus der Sicht der Brüder Tobias und Philipp, die in einem kleinen Dorf in Sachsen aufwachsen. Ihre Kindheit und Jugend wird beeindruckend geschildert und durch die Sichtweise authentisch. Zu Beginn erfährt der Leser die Geschehnisse aus kindlicher Perspektive, später aus der von Jugendlichen. Der Stil ist interessant. Zu Beginn muss man sich reinfinden, dann aber passt er toll zum Inhalt. Schlicht, klar und doch eindrucksvoll unterstreicht der Stil die karge Landschaft, die schlechte soziale Situation und die Perspektivlosigkeit, denen sich viele Menschen in der Geschichte ausgesetzt fühlen.
Die Brüder sind das Zentrum der Geschichte. Obwohl am selben Ort aufgewachsen, ist ihre Wahrnehmung zeitweise ähnlich und dann doch wieder unterschiedlich. Die Spannung wird dadurch gehalten. Man hofft mit den Protagonisten und wünscht ihnen Einsicht.
Während die Geschichte auf den ersten Seiten nur langsam in Fahrt kommt, werden später all die Probleme deutlich, was dem Buch guttut. Man möchte die ein oder andere Figur schütteln und wachrütteln, es wird aber auch deutlich, wie tiefgreifend die Probleme sind, sodass die Figuren in einigen Punkten machtlos sind.
Die Ignoranz der Erwachsenen ist erschreckend, wie auch viele weitere Situationen in dem Buch. Lukas Rietzschel schafft es den Leser zum Nachdenken anzuregen – über rechte Bewegungen, über Nazis, über die Beweggründe, die Jugendliche und Erwachsenen dazu bringen sich diesen Gruppen anzuschließen, darüber, wo das Nazi-Sein beginnt und was man dagegen macht. Ignorieren? –Keine gute Idee. Einschreiten? –Gefährlich. Dies alles geschieht, ohne dass der Autor selbst Bewertungen vornimmt. Der wachsame Leser aber erkennt die Probleme und wird sich automatisch inmitten vieler Fragen wiederfinden.
Meine Empfehlung: Lest dieses Buch! Es ist aktuell und wichtig und wir sollten viel häufiger darüber nachdenken, was genau gerade in unserer Gesellschaft passiert, in der Hetze, Hass und Gewalt zunehmen.

Veröffentlicht am 27.09.2018

Geglücktes Debüt

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Für reichlich Diskussionsstoff sorgt „Mit der Faust in die Welt schlagen“. In nüchternem, emotionslosem Schreibstil nimmt der Leser als Beobachter am Leben der beiden Brüder Philipp (geb. 1991) und Tobias ...

Für reichlich Diskussionsstoff sorgt „Mit der Faust in die Welt schlagen“. In nüchternem, emotionslosem Schreibstil nimmt der Leser als Beobachter am Leben der beiden Brüder Philipp (geb. 1991) und Tobias (geb. 1995) teil. Familie Zschornak lebt in Neschwitz/Sachsen und erarbeitet sich nach anfänglichen Startschwierigkeiten im Jahr 2000 ein eigenes Haus. Doch das Glück ist ihnen nicht lange hold. Die Fassade der glücklichen Familie bröckelt, die Jungs sind auf sich allein gestellt, keiner erklärt ihnen die Welt. So kommt es, dass die beiden mit den falschen Leuten abhängen und in eine Spirale aus Wut, Hass und Fremdenfeindlichkeit abdriften. Im Laufe der Geschichte fragt man sich dann auch unweigerlich „wie hättest du reagier?“, „was ist denn eigentlich ein Nazi? Wo fängt es an, wo hört es auf?“ Obwohl mir persönlich der Schreibstil nicht wirklich liegt hinterlässt das Buch Eindruck bei mir. Zum einen geschah mir zu wenig Handlung, war zu behäbig, zum anderen sprang der Autor von hier auf jetzt in andere Situationen, so dass mir manchmal die Zusammenhänge fehlten. Er erklärt die (möglichen) Ursachen, warum Menschen fremdenfeindlich werden und welche Auswirkungen das in einem ländlichen Verbund haben kann. Dabei lässt Lukas Rietzschel viel Raum für Spekulationen. Nicht jede Situation wird aufgeklärt. Das regt zum nachdenken und diskutieren an. Das Buch ist zudem mit einigen Aussagen gespickt, die einen fassungslos machen, aber leider der Wahrheit entsprechen. Fazit: Ein aufwühlendes Buch, das zum nachdenken anregt und für einigen Diskussionsstoff sorgt. Tolles Debüt von einem Autor von dem wir noch viel hören werden!

Veröffentlicht am 27.09.2018

Die Wut gegen die Fremden, so einfach ist das (nicht).

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Die Geschichte begleitet die Söhne der Zschornacks, einer in Sachsen lebenden Familie. Der Roman beginnt einige Jahre nach der Wende. Philipp und Tobias haben es ganz gut getroffen, ihre Eltern haben beide ...

Die Geschichte begleitet die Söhne der Zschornacks, einer in Sachsen lebenden Familie. Der Roman beginnt einige Jahre nach der Wende. Philipp und Tobias haben es ganz gut getroffen, ihre Eltern haben beide Arbeit und bauen für die Familie mit viel Selbstarbeit ein Haus. Doch die den Jungen gebotene Stabilität bröckelt im Laufe der Jahre. Da ist die Scheidung der Eltern und auch der Großvater stirbt. Ein große Arbeitgeber schließt sein Werk und Kompensation durch Neuansiedlungen ist nicht gegeben. Die Menschen sind frustriert und fühlen sich verraten von der Politik und denen 'im Westen'. Die allgemeine Stimmung ist schlecht und die Hoffnungslosigkeit entlädt sich in Aggressivität und der Suche nach Schuldigen, die man verantwortlich machen kann. Anfangs müssen die dort lebenden Sorben dafür herhalten, doch dann werden Flüchtlinge in der Umgebung einquartiert und die rechtsradikalen Gruppierungen erhalten regen Zulauf. Die beiden Brüder, die schon in ihrer Jugend Kontakt zu dieser Art von Gedankengut hatten, reagieren jetzt jedoch sehr unterschiedlich.Während Philipp sich in sich selbst zurück zieht, taucht Tobias nun endgültig in die rechte Szene ab.
Der Autor gibt dieser sehr aktuellen Thematik hier eine Form, die Platz macht für ganz konkrete Menschen, einzelne Individuen, ihrem Aufwachsen mitten in einem echten Leben und ihrer ganz eigenen Entscheidung dafür oder dagegen. Hier werden keine Klischees bedient, keine Wertungen vorgenommen und nicht pauschalisiert. Es wird einfach erzählt, das allerdings mit sehr eigen gewählten Sprachmitteln und Satzstrukturen. Daran muss man sich erst einmal gewöhnen und es dauert eine Weile, bis man sich trotzdem ganz auf die eigentliche Geschichte fokussieren kann. Mir persönlich erschließt sich der Zweck dieser Stilmittel nicht wirklich. Es 'bremst' beim Lesen und verhindert einen emotionaleren Zugang. Aber vielleicht ist es ja gerade so gewollt.
Letztendlich bin froh, dieses Buch gelesen zu haben, denn es eröffnet die Möglichkeit, sich gedanklich auf eine ganz andere Weise mit dem Thema auseinander zu setzten. Auf jeden Fall empfehlenswert.

Veröffentlicht am 19.09.2018

Trost-, Macht- und Perspektivlosigkeit

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Lukas Rietzschels Debüt „Mit der Faust in die Welt schlagen“ handelt vom Leben der sächsischen Familie Zschornack und schildert das Heranwachsen der Söhne Philipp und Tobias. Die Handlung beginnt im Jahr ...

Lukas Rietzschels Debüt „Mit der Faust in die Welt schlagen“ handelt vom Leben der sächsischen Familie Zschornack und schildert das Heranwachsen der Söhne Philipp und Tobias. Die Handlung beginnt im Jahr 2000 auf einer Baustelle, auf der gerade das neue Eigenheim der Zschornacks gebaut wird. Tobias ist ungefähr fünf Jahre alt, Philipp geht bereits in die Grundschule, der Vater arbeitet als Elektriker, die Mutter als Krankenschwester. Diese Ausgangssituation wirkt eigentlich hoffnungsvoll, und doch schwingt bereits auf jeder Seite eine gewisse Trostlosigkeit mit, die sich durch den gesamten Roman zieht. Eine Trostlosigkeit, die auch die Kinder schon zu spüren und in sich aufzunehmen scheinen. Die stillgelegte und langsam verfallende Ziegelesse in der Nachbarschaft. Arbeiter mit Ausbildungen, die nichts mehr wert sind. Das abschätzige Gerede über die Sorben, deren Sprache man nicht versteht. Der Kollege des Vaters, dessen Frau allein in den Westen gezogen ist und über den sich das Gerücht hält, er wäre Stasi-Spitzel gewesen.

Die Coming-of-Age-Geschichte von Philipp und Tobias zieht sich in drei großen Zeitabschnitten bis ins Jahr 2015. Kindheit und Jugend werden in einer losen Abfolge vor allem kleinerer Ereignisse geschildert. Sie verlaufen weder besonders glücklich noch besonders unglücklich; es gibt steife Familienfeiern und Misserfolge in der Schule – so weit, so normal. Prägend scheint jedoch eine gewisse Sprachlosigkeit in der Familie zu sein, die sich durch alle Generationen zieht. Die Großeltern schweigen, die Eltern schweigen. Die Kinder schweigen irgendwann auch, nachdem ihre Fragen zu lange unbeantwortet geblieben sind. In der Familie Zschornack wird über den Alltag gesprochen, aber nicht über die Vergangenheit. Nicht über Gefühle, nicht über Perspektiven, nicht über Zukunftsträume. Letztere gibt es wohl gar nicht; die Eltern scheinen schon vor langer Zeit resigniert zu haben und diese Resignation unbewusst an beide Kinder weiterzugeben. Man fühlt sich klein, man macht sich klein. Für die Söhne funktioniert das irgendwann nicht mehr.

Rietzschel, 1994 in Ostsachsen geboren und damit ungefähr im gleichen Alter wie seine Protagonisten, macht in seinem Erstling Macht- und Mutlosigkeit greifbar. Beides scheint sich von einer Generation auf die andere zu übertragen. Einige Figuren begehren dagegen auf, was aber nicht bedeutet, dass sie sich aktiv um ein besseres Leben bemühen. Stattdessen reift der Wunsch, „Mit der Faust in die Welt schlagen“ zu wollen. Es wird plausibel dargestellt, wie manche Jugendliche ihr Ventil finden: sich zusammenrotten, Stärke durch Einschüchterung Schwächerer demonstrieren. Andere flüchten sich in Alkohol und Drogen, das Glück scheint es nur im verhassten Westen zu geben, wo die Gutmenschen leben, die man nicht kennt und auch nicht kennenlernen will. Die Wut wächst, wenn man sich ungeliebt und vergessen fühlt. Der Hass auf das Fremde ist endlich ein Gefühl, über das man reden kann; die Fremden sind Menschen, denen man sich endlich mal überlegen fühlt. Es liest sich bedrückend in seiner Nachvollziehbarkeit.

Ich habe in diesem Roman nach dem einen Punkt gesucht, der der Wendepunkt war – der, an dem die Dinge hätten anders verlaufen können, wenn vielleicht ein, zwei Parameter anders geartet gewesen wären. Ich konnte ihn nicht finden. „Mit der Faust in die Welt schlagen“ lässt mich daher teils ratlos zurück. Und doch habe ich Einblicke in Denkweisen bekommen, die mir unbekannt waren, habe eine bessere Idee davon erhalten, was Trost-, Macht-, Mut- und Perspektivlosigkeit mit einem machen können. Lukas Rietschel hat einen Roman geschrieben, der nicht wertet, der keine Lösungen aufzeigt, der es dem Leser nicht leicht macht. Aber er klingt nach.