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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.10.2018

Spannender erster Teil der Elsass-Saga

Das Weingut. In stürmischen Zeiten
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Ich habe dieses Buch im Urlaub förmlich verschlungen :) Es ist zwar ein ganz schön dicker Schmöker (knapp 700 Seiten), aber man merkt das nicht, weil es sich einfach so gut lesen lässt.

Die Geschichte ...

Ich habe dieses Buch im Urlaub förmlich verschlungen :) Es ist zwar ein ganz schön dicker Schmöker (knapp 700 Seiten), aber man merkt das nicht, weil es sich einfach so gut lesen lässt.

Die Geschichte um das (vermeintliche) Waisenmädchen Irene ist spannend erzählt und ich habe richtig mit ihr mitgefiebert, als sie sich als Dienstmädchen im Haus der Gerbans beweisen musste. Irene ist eine sympathische Hauptfigur, die das Herz am rechten Fleck hat und auch nicht auf den Mund gefallen ist.

Eine große Rolle spielt auch der deutsch-französische Krieg der Jahre 1870/71, in den der junge Franz Gerban hineingezogen wird, und der für ihn schicksalhaft wird. Wie Franz mit seinem Schicksal hadert und wie ihn der Krieg traumatisiert, ist aus meiner Sicht gut dargestellt. Es war nun mal nicht einfach nur eine kleine Schießerei – es war ein richtiger Krieg, der das Leben vieler Elsässer beendete oder für immer veränderte, weil sie Angehörige verloren oder weil diese körperlich und seelisch schwer verwundet zurückkehrten. Ich habe durch dieses Buch sehr viel darüber gelernt, bisher war es (leider) nur eine Zahl aus dem Geschichtsunterricht für mich...

Als Schauplatz kommt im Buch u. a. Weißenburg (frz. Wissembourg) vor. Da ich das hübsche Örtchen vor wenigen Jahren besucht habe, war mir das Geschehen umso näher und ich konnte mir alles noch viel besser vorstellen. Aber auch ohne dass man die Gegend kennt, wird man mit Sicherheit Freude an dem Buch haben.

Klare Leseempfehlung – und ich fiebere schon dem zweiten Band entgegen, der für April 2019 angekündigt ist.

Veröffentlicht am 27.09.2018

Perfekte Krimiunterhaltung!

Die Strömung
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Diese Reihe ist einfach klasse! Für mich das Beste, was Skandinavien in Sachen Krimi-/Thriller-Literatur derzeit zu bieten hat. Ich haste zwar der Reihe ein wenig hinterher und habe jetzt erst den 3. Band ...

Diese Reihe ist einfach klasse! Für mich das Beste, was Skandinavien in Sachen Krimi-/Thriller-Literatur derzeit zu bieten hat. Ich haste zwar der Reihe ein wenig hinterher und habe jetzt erst den 3. Band gelesen, obwohl es schon den 4. gibt und der 5. bereits angekündigt ist – aber umso mehr freue ich mich, denn so habe ich noch zwei ähnlich gute Bücher in Aussicht

Olivia Rönning ist für mich eine sehr glaubwürdige junge Heldin, der ich gern folge. Mit Mette Olsäter hat sie eine Mentorin neben sich, die ebenfalls authentisch ist und auf mich trotz ihrer Bestimmtheit sehr sympathisch wirkt. Tom Stilton ist ein Charakter, den ich nach wie vor schlecht einschätzen kann. Aber das ist sicher genau so gewollt und er bringt noch eine gewisse Spannung in die Grundkonstellation.

Der Fall, der diesem dritten Buch zugrunde liegt, ist – mal wieder – komplex angelegt. Während ich aber im zweiten Buch ab und zu Angst hatte, ein wenig den Faden zu verlieren, war die Geschichte hier so erzählt, dass man ihr trotzdem immer gut folgen konnte. Zudem bietet sie mit dem Rassismus-Thema viel Stoff zum Nachdenken.

Ich freue mich jetzt schon auf den nächsten Band dieser Reihe, den ich auch bestimmt bald lesen werde!

Veröffentlicht am 21.09.2018

Einhundert Jahre deutsche Geschichte auf knapp 700 Seiten

Die Manufaktur der Düfte
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Am Anfang sah ich das Cover und dachte „Wow, das ist ein Buch wie für mich gemacht“. Dann blätterte ich rein und dachte „oh, die Schrift ist aber klein“. Dann blätterte ich nach ganz hinten und erschrak. ...

Am Anfang sah ich das Cover und dachte „Wow, das ist ein Buch wie für mich gemacht“. Dann blätterte ich rein und dachte „oh, die Schrift ist aber klein“. Dann blätterte ich nach ganz hinten und erschrak. 680 Seiten? Und dann so klein geschrieben? Das dauert ja ewig… dachte ich, und die Leseeuphorie fiel wieder in sich zusammen.

Aber damit habe ich dem Buch Unrecht getan, denn es ist wirklich eine tolle Darstellung des beginnenden Industriezeitalters. Die Geschichte beginnt in den 1830er Jahren, als die Seifensieder in kleinen Handwerksbetrieben ihrer Arbeit nachgingen. Sie begleitet den jungen Philipp Ribot und dann seinen Sohn Fritz beim Aufbau (und Fall) einer der ersten Fabriken Deutschlands. Dabei werden sowohl die familiären und gesellschaftlichen Aspekte, aber auch die politischen Gegebenheiten beleuchtet (z. B. die aufstrebenden Sozialdemokraten und Sozialisten, später auch erste Anzeichen des Nationalsozialismus). Die Geschichte endet erst in den 20er/30er Jahren des 20. Jahrhunderts und umfasst damit 100 Jahre spannender deutscher Geschichte.

Das Buch basiert auf der Familiengeschichte der Schwabacher Seifenfabrikanten Ribot. Einige Passagen sind tatsächlich den Lebenserinnerungen des Fritz Ribot entnommen, an anderen Stellen hat sich die Autorin recht weite künstlerische Freiheiten genommen, um eine spannende Geschichte zu erschaffen. Es sei ihr verziehen – denn das Ergebnis ist wirklich lesenswert. Trotz oder vielleicht auch wegen des großen Umfangs!

Veröffentlicht am 25.08.2018

Auf der Spur der russischen Seele

Baba Dunjas letzte Liebe
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Naja, so ganz korrekt ist „russische Seele“ vielleicht nicht, denn die Region, in der der Roman spielt, ist irgendwo zwischen Weißrussland und der Ukraine. Sei‘s drum. Ein kleines, aber feines Buch (bzw. ...

Naja, so ganz korrekt ist „russische Seele“ vielleicht nicht, denn die Region, in der der Roman spielt, ist irgendwo zwischen Weißrussland und der Ukraine. Sei‘s drum. Ein kleines, aber feines Buch (bzw. Büchlein, mit seinen 150 Seiten) ist „Baba Dunjas letzte Liebe“, auf das ich leider erst jetzt aufmerksam geworden bin, obwohl es schon 2015 erschienen ist. Baba Dunja plaudert als Ich-Erzählerin über einen kleinen Abschnitt ihres Lebens – als sie bereits sehr betagt ist und mit wenigen Gleichgesinnten in dem abgelegenen Dorf Tschernowo ihren Lebensabend verbringt.

„Das Dorf hat eine Geschichte, die sich mit meiner Geschichte verbindet wie zwei Haarsträhnen zu einem Zopf. Ein Stück des Weges haben wir gemeinsam zurückgelegt“. sagt sie. Denn es ist nicht irgendein Dorf, sondern eine Siedlung im Sperrgebiet um Tschernobyl. Baba Dunja und einige wenige andere sind zurückgekehrt, weil sie sich nicht aus ihrer Heimat vertreiben lassen wollten – weil es der Ort ist, an dem sie ihren Frieden gefunden haben. Auch wenn dieser Frieden verstrahlt ist. Aber Baba Dunja macht das nichts aus. Mit wachen Augen beobachtet sie das Wenige, was sie von der Welt noch mitbekommt – denn Nachrichten verbreiten sich kaum bis in ihr Dorf. Mit einem staubtrockenem Humor und viel Sinn fürs Praktische erzählt sie aus ihrem Leben.

Als Leser wird man einerseits mitgenommen an einen Ort, an dem Leben eigentlich nicht sein soll. Andererseits bekommt man einen Einblick, wie das Leben der jetzigen Generation 85+ in Russland gewesen ist. Geprägt von harter Arbeit, wenig Wohlstand und Ehen, die mehr aus praktischen denn aus emotionalen Gründen geschlossen wurden. Ich hatte den Eindruck, zwischen vielen launigen Kommentaren von Baba Dunja immer etwas Wehmut und die „russische Seele“ zu spüren. Deshalb machte das Buch einen sehr authentischen Eindruck auf mich, auch wenn die geschilderten Begebenheiten es nicht immer waren.

Die Stimmung dieses Buches ist sehr besonders, einfach außergewöhnlich und wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben. Deshalb bekommt Baba Dunja 5 Sterne von mir.

Veröffentlicht am 22.07.2018

Die Reihe wird mit jedem Band besser!

Vergessene Seelen
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„Vergessene Seelen“ ist aus meiner Sicht der bisher beste Band der Reihe um Kriminalkommissar Max Heller und die vom Krieg gebeutelte Stadt Dresden. Wie Frank Goldammer von der Nachkriegszeit erzählt, ...

„Vergessene Seelen“ ist aus meiner Sicht der bisher beste Band der Reihe um Kriminalkommissar Max Heller und die vom Krieg gebeutelte Stadt Dresden. Wie Frank Goldammer von der Nachkriegszeit erzählt, lässt auf fundiertes Wissen schließen und immer wieder spürt man Zuneigung des Autors zu seiner Heimatstadt.

Wie schon in den vorangegangenen Bänden wird der Kriminalfall geschickt in den zeitgeschichtlichen Rahmen eingewoben und manchmal ist nicht klar, was überwiegt – der Krimi oder der historische Roman. Das tut der Geschichte aber keinen Abbruch, ganz im Gegenteil. Erst durch diese detaillierte Schilderung der Lebensumstände und der Stimmung in der Stadt wird der Roman so richtig lebendig. Die politische und wirtschaftliche Situation wird nicht oberlehrerhaft, sondern ganz ungekünstelt geschildert, so dass sich dem Leser ein ganzheitliches Porträt des Lebens im Jahr 1948 in der sowjetischen Besatzungszone erschließt. Ich kenne keinen anderen Autor, der die historischen Hintergründe so treffend und gleichzeitig so selbstverständlich rüberbringt. Ein großes Kompliment dafür!

Der Fall selbst reißt viele verschiedene Themen an: von häuslicher Gewalt über Medikamentenmissbrauch bis zu politisch motivierten Verbrechen. Es werden Spuren gelegt, die allesamt schlüssig sind – und doch überrascht am Ende die Auflösung, obwohl sie – in der Rückschau betrachtet – ebenfalls von Anfang an schlüssig angelegt war. Hier wird nicht – wie mitunter bei anderen Krimis - auf den letzten 30 Seiten ein Kaninchen aus dem Hut gezaubert, das für den Leser überhaupt nicht vorhersehbar war. Für mich also ein rundum gelungener Kriminalfall.

Ein weiterer Aspekt, der für mich persönlich wichtig war in diesem Roman, ist die Weiterentwicklung der Figur des Max Heller. In meiner Rezension zum Vorgängerband hatte ich ein wenig kritisiert, dass Heller (noch) „zu gut für diese Welt“ ist und kaum Ecken und Kanten hat. Mit der persönlichen Geschichte Hellers, die in diesem Band aufgedeckt wird, bekommt sein Charakter nun Tiefe und wirkt erst richtig authentisch.

Und nun mein großes Dilemma: ich vergebe mit Vergnügen und voller Respekt 5 Sterne und habe das Gefühl, dass Frank Goldammer mit jedem Buch besser wird. Ich warte voller Vorfreude auf den angekündigten 4. Band „Roter Rabe“ und frage mich: was soll ich dann nur vergeben? Wenn das so weitergeht, muss ich irgendwann zwei Rezensionen zu einem Buch schreiben, um die verdienten Sterne vergeben zu können