Nachdem ich bereits “Glücksdrachenzeit” von Katrin Zipse aus dem Magellan Verlag gelesen habe, das von einem etwas anderen Road-Trip berichtet, habe ich mit “Perfekt ist jetzt” ein Buch eines Autors gelesen, der in seinen wilden Jahren als Tramper durch die USA gereist ist. Die Serie setzt sich also fort. :wink: Aber “Perfekt ist jetzt” erzählt selbst nicht von den Erfahrungen des Autors auf dem Gebiet des Trampens. Stattdessen stellt uns dieses deutschsprachige Debüt den unperfekten Helden Sutter Keely vor, den Godfather of the Party, Gottes persönlichen Betrunkenen. Aber nicht, dass Sutter den Alkohol wirklich braucht zum Leben. Er hilft ihm einfach dabei, besser durch den Tag zu kommen. Denn das wäre ansonsten manchmal gar nicht so einfach. Besonders, weil Sutter ein Geheimnis hat. Nicht mal seinem besten Kumpel hat er davon erzählt. Und dann trifft Sutter auf die schüchterne, nerdige Aimee. Und plötzlich findet er in ihr einen Menschen, dem er selbst sein größtes Geheimnis anvertrauen würde.
Sutter ist einfach nur toll. Auch wenn er echt der typische Anti-Held ist, ist er einfach eine gute Seele mit einem riesigen Herzen. Von der ganzen Welt wird er missverstanden. Zwar ist er sehr beliebt und auf Partys gerne gesehen, aber niemand weiß, was er denkt und was er fühlt. Und dadurch, dass er das Wort ganz oft an den Leser richtet, bekommt man das Gefühl vermittelt, dass man selbst der einzige ist, der ihn wirklich versteht. Dabei ist es jedoch kein Mitleid, das man für ihn empfindet, sondern einfach Mitgefühl. Irgendwie ist da sofort eine Verbindung zu ihm, da ist sofort Sympathie. Klar, das heißt nicht, dass man das Verhalten von Sutter toll findet. Es gibt einige Szenen in diesem Buch, bei denen man als Leser den Drang verspürt, Sutter ein bisschen auf die Sprünge zu helfen. Aber generell ist er echt ein liebenswerter Kerl, der einfach etwas vom Weg abgekommen ist.
Sutter hat seine ganz eigene Sicht auf die Dinge, seine ganz eigenen Erklärungen für alles. Und man kauft es ihm ab. Sutter ist einfach total überzeugend, wenn es darum geht, seinen Alkoholkonsum zu rechtfertigen oder zu erklären, warum er lieber blau macht, anstatt Algebra zu pauken. Für die Mysterien des Lebens findet Sutter Erklärungen und stellt Zusammenhänge her, auf die man selbst nie gekommen wäre, die plötzlich aber total einleuchtend sind. Sutter ist einfach Sutter. Und das ist gut so. Er lebt total im Hier und Jetzt, denkt nicht an die Zukunft, denkt nicht an die Folgen seines Handelns. Und das wird so eindringlich beschrieben, dass man als Leser das Gefühl bekommt, dass diese Lebenseinstellung die einzig richtige ist.
Bis Sutter auf Aimee trifft, die als weibliche Hauptfigur ebenso intensiv gezeichnet ist wie Sutter selbst. Aimee ist das genaue Gegenteil von Sutter: Sie plant ihre Zukunft im Voraus, hat ganz konkrete Pläne, die sie umsetzen will und auch wird. Und irgendwas fasziniert Sutter an ihr. Und umgekehrt. Und so entwickelt sich eine ganz besondere Freundschaft, die sich kaum mit Worten beschreiben lässt. Plötzlich merken beide, worauf es im Leben wirklich ankommt. Und jetzt kommt Sutters größtes Geheimnis ins Spiel, das vielleicht nicht besonders spektakulär ist, aber dennoch nicht weniger unbedeutend.
Die Handlung des Buches ist eher ruhig, neben dem Alltag von Sutter passieren nur wenige erwähnenswerte Dinge, wodurch beim Lesen ein paar Längen auftreten – gerade auch wegen der Dialoge, die sich teilweise im Kreis drehen. Wichtig ist in diesem Buch vor allem die zwischenmenschliche Ebene. Denn hier tut sich so einiges. Und dabei wird besonders gut und ohne erhobenen Zeigefinger deutlich, dass Party und Alkohol nicht alles im Leben sind. Sutter lernt im Laufe des Buches, was es heißt, Verantwortung für sich selbst und auch für andere zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen.
“Perfekt ist jetzt” ist als Jugendbuch für Leser ab 14 Jahren ein recht anspruchsvolles Buch. Sutter ist zwar kein Ich-Erzähler, der sich besonders gewählt ausdrückt, aber es gibt in diesem Buch viel zwischen den Zeilen heraus zu lesen. Gerade dadurch, dass Sutter als Ich-Erzähler auftritt, gibt es niemanden, der den Leser an die Hand nimmt und ein paar ergänzende Erklärungen liefert.
Wieder hat sich der Magellan Verlag etwas ganz Besonderes für die Gestaltung des Buches ausgedacht. Das Hardcover kommt ohne Schutzumschlag daher und macht dadurch auf alt. Das Vorsatzpapier passt perfekt zum Cover und insgesamt macht dieses Buch einfach nur gute Laune.
Mein Fazit
“Perfekt ist jetzt” ist ein Buch voller kleiner Weisheiten und überzeugt durch einen Anti-Helden, der heldenhafter nicht sein könnte.