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Veröffentlicht am 29.09.2018

Eine Freundin in Not

Bluthaus
2

Oder ist sie auf der Flucht?

Es geht um Jo, Fridas Freundin aus Schulzeiten: eines Tages steht sie auf dem Apfelhof von Fridas Eltern, auf dem sich Frida nun nach der Unfallverletzung ihres Vaters zu ...

Oder ist sie auf der Flucht?

Es geht um Jo, Fridas Freundin aus Schulzeiten: eines Tages steht sie auf dem Apfelhof von Fridas Eltern, auf dem sich Frida nun nach der Unfallverletzung ihres Vaters zu deren Unterstützung eingenistet hat: sie braucht Hilfe. Wenig später gibt es eine Leiche - eine ehemalige Polizistin. Jo wurde mit ihr zusammen gesehen und ist nun spurlos verschwunden. Ist sie möglicherweise eine Mörderin? Kennen sich die beiden von früher? Auch wenn Frida eigentlich gar nicht im Dienst ist, diesem Fall kann sie sich nicht entziehen.

Auch Kriminalhauptkommissar Bjarne Haverkorn, der Frida bereits als Jugendliche im Rahmen von Ermittlungen kennengelernt hat und auch im "Totenweg" eine Rolle spielte, tritt wieder auf den Plan - wieder als Fridas Kollege, auch wenn sie ja eigentlich nicht "richtig" im Dienst ist..

Auch diesmal ermitteln Bjarne Haverkorn und Frida Paulsen sowohl gemeinsam als auch getrennt voneinander. Auf beiden lastet die Vergangenheit - sowohl privat als auch beruflich, wobei es vor allem bei Bjarne vollkommen neue Entwicklungen gibt.. Werden sie es schaffen? Hat Frida neben ihrer Arbeit auf dem Apfelhof überhaupt Zeit? Kann sie ihrer Freundin Jo helfen oder muss sie diese verhaften.

Inhaltlich dicht und sehr atmosphärisch und auch der Stil von Romy Fölck gefällt mir sehr, aber daran habe ich auch nicht gezweifelt, weil ich bereits mehrere Krimis von ihr gelesen hatte. Dabei war "Totenweg" der bisherige Höhepunkt - das "Bluthaus" steht ihm aber nur wenig nach und ist es allemal wert, gelesen zu werden.

Denn wieder ist Romy Fölck ein atmosphärischer Krimi mit regionalen Akzenten und interessanten Charakterengelungen, der sich zu einem mitreißenden Whodunnit entwickelt. Abgesehen von einigen Kleinigkeiten - manches kam mir ein wenig unlogisch vor, einige Erzählstränge wurden nicht so ausgeführt, wie ich es mir erhofft hatte- hat mir das Buch wirklich gut gefallen und ich habe es mit Spannung und Vergnügen gelesen und kaum aus der Hand legen können.

Romy Fölck, eine Autorin, an der ich dranbleiben werde. Ich freue mich schon jetzt auf einen möglichen dritten Band mit Frida und Bjarne und hoffe sehr, dass alle anderen Akteure aus ihrem privaten Umfeld, die für sie selbst von Bedeutung sind, auch weiterhin eine Rolle spielen werden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Spannung
  • Charaktere
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 18.04.2018

(K)Eine Liebesgeschichte, die Emotionen weckt

Nach dem Winter
0

Und zwar Emotionen der unterschiedlichsten Art. So erging es zumindest mir bei der Lektüre von "Nach dem Winter", dem ersten Roman der mexikanischen Autorin Guadeloupe Nettel.

Es ist nicht eine Liebesgeschichte, ...

Und zwar Emotionen der unterschiedlichsten Art. So erging es zumindest mir bei der Lektüre von "Nach dem Winter", dem ersten Roman der mexikanischen Autorin Guadeloupe Nettel.

Es ist nicht eine Liebesgeschichte, die sie beschreibt, sondern mehrere. Im Erzählverlauf tauchen zwei Protagonisten auf, aus deren Perspektive jeweils berichtet wird: Cecilia, eine in Paris lebende und studierende Mexikanerin und Claudio, ein Kubaner, der seit mehreren Jahren in New York ansässig ist und dort arbeitet. Während Cecilia eine ruhige, zurückhaltende, durchaus selbstkritische Person ist, die äußerst reflektiert, aber nicht ohne Emotionen auf die Welt blickt, ist Claudio sehr auf sich selbst fixiert, was im Prinzip alle Handlungen, in die er involviert ist, auf die ein oder andere Weise bestimmt. Somit sind es nicht nur ihre Lieben, sondern vielmehr ihre Leben, in die dem Leser im Handlungsverlauf ein ausführlicher Einblick gestattet wird.

Claudio und Cecilia treffen aufeinander, doch das ist nur ein Ereignis in einer Reihe verschiedener Geschehnisse und Aktivitiäten. Es entsteht eine kurze, aber intensive Liebesgeschichte, die ganz klar von Claudio initiiert und auch maßgeblich moderiert wird, wenn man dieses für eine solche Beziehung äußerst untypische Wort zulässt. Mir erscheint es an dieser Stelle außerordentlich passend.

Die Handlung wird in großem Maße getragen durch die aus meiner Sicht gewaltige Erzählkraft der Autorin, die eine Meisterin in der Wiedergabe und im Wechsel sowohl von Stimmungen als auch von Perspektiven ist. Ein Roman, der mich sehr berührt hat - allerdings nicht durchgehend, sondern ganz klar an bestimmten Stellen, an denen die Autorin besonders eindringlich "zuschlug". Guadelupe Nettel - ein Name, den man sich merken sollte, wenn man sich ungewöhnlich erzählte Lebensgeschichten und eine ungeheure, für mich nicht dagewesene Kraft der Worte einlassen will.

Im Übrigen auch virtuos übersetzt von Carola Fischer. Das erlaube ich mir jetzt einfach mal so zu beurteilen, auch wenn ich kein Spanisch spreche. Denn wie sonst hätte diese von mir auf Deutsch gelesene Geschichte eine so gewaltige Wirkung auf mich hinterlassen können?

Veröffentlicht am 16.04.2018

Stavanger und Schlesien

Das Lied des Nordwinds
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also Norwegen und das deutsche Reich: das sind die beiden Ausgangspunkte des vorliegenden Romans. Was diese wohl verbinden mag? Wir schreiben das Jahr 1905, in dem sich im fernen Norwegen die junge Magd ...

also Norwegen und das deutsche Reich: das sind die beiden Ausgangspunkte des vorliegenden Romans. Was diese wohl verbinden mag? Wir schreiben das Jahr 1905, in dem sich im fernen Norwegen die junge Magd Liv aufmacht von Sandnes, dem heimatlichen Dorf aus in die Stadt Stavanger, um dort eine Stellung bei einer Lehrersfamilie anzunehmen. Das bedeutet eine große Verantwortung, denn durch diese Position wird sie ihre ganze Familie, die seit einem Arbeitsunfall des Vaters in bitterer Armut lebt, ernähren müssen. Nach ihren eigenen Vorstellungen fragt niemand. Doch trotz des strengen Regimes des Hausherrn Oddvar Treske und des recht passiven Verhaltens seiner Frau findet Liv bald Gefallen an der neuen Stellung. Zu dem Umstand, dass sie sich nun Tag für Tag satt essen kann, kommen eine angenehme Zusammenarbeit mit der Köchin und nicht zuletzt der Kontakt mit Elias, dem Sohn des Hauses, der nicht gerade einen leichten Stand hat.

Auf der anderen Seite steht Karoline, die zur gleichen Zeit in Schlesien ein trostloses Leben führt: ihr mangelt es zwar nicht an Speis und Trank, doch erkennt sie kurz nach der Hochzeit, dass ihr attraktiver Gatte sie nur aus materiellen Gründen geheiratet hat: er vernachlässigt sie bald schmählich und treibt sich in der Weltgeschichte herum. Sie sieht ihn nur alle Jubeljahre und bekommt von ihrer Schwiegermutter Alwine dafür noch ständig Schuldzuweisungen zu hören. Vor allem dafür, dass sie nicht für die lang ersehnten Enkel sorgt.

Als ob das so einfach wäre: doch irgendwann reicht es ihr und sie hat eine Idee: offenbar hat ihr Mann nämlich in Norwegen bereits vor ihrer Ehe für unehelichen Nachwuchs gesorgt, den sie doch herbeischaffen könnte! Gedacht, getan: mithilfe ihrer alten Schulfreundin Ida, die in Görlitz haust, macht sie sich auf den Weg nach Norwegen. Da wir uns jedoch noch im Kaiserreich befinden, ist das nicht so einfach: Letztendlich findet sich ein Weg: Karoline schlüpft unter falscher - oder sagen wir - modifizierter Fahne in die Rolle einer Gesellschafterin und begibt sich an der Seite von Frau Bethge, einer älteren Witwe, die vor Lebenslust nur so sprüht, über das Meer in Richtung Norden.

Der Leser wird durchgehend mit Sprüngen zwischen Livs und Karolines Schicksal konfrontiert - die Kapitel beleuchten abwechselnd die Geschicke der beiden Frauen. Ein Wechsel, der durchaus gelungen ist. Vor allem über die Umstände, aber auch über den Zeitgeist, der vor dem 1. Weltkrieg herrschte, erfährt man so einiges. Auch die Darstellung der damaligen Strukturen und Einschränkungen für Frauen in Deutschland und Norwegen auf der einen, über dennoch vorhandene Möglichkeiten und Auswege auf der anderen Seite ist sehr spannend.

Der Roman hätte aus meiner Sicht gut ein paar Figuren und damit einige Nebenschauplätze weniger haben können, um sich mehr auf die wirklich Wichtigen und deren Geschichten zu konzentrieren. Für mich war der Teil um Karoline der wesentlich interessantere, auf den ich mich aufgrund der wunderbar recherchierten, atmosphärisch geschilderten Details aus früheren Zeiten immer sehr gefreut habe. Dabei hatte auch Livs Geschichte viel Potential, das aber leider nicht ganz ausgeschöpft wurde.

Zudem hätte mich das Schicksal und die Entwicklung einiger Figuren - Karolines Reisegefährtin Frau Bethge und ihre Freundin Ida auf der einen, waren hier sehr vielversprechend - interessiert. Deren Schicksale, die auch für sich sehr interessant waren, wurden ein wenig unter den Tisch gekehrt. Bei Liv hingegen waren es eher einige Erzählstränge an sich, die ein bisschen intensiver hätten verfolgt werden können: ihre Geschichte blieb neben der von Karoline ein wenig kraftlos, obwohl sie für den Erzählverlauf nicht weniger relevant war.

Aber das ist Kritik auf hohem, sogar auf sehr hohem Niveau: Insgesamt habe ich einen packenden und mitreißenden, dazu gut geschriebenern Roman mit viel Herz genießen dürfen, der Freunden und vor allem Freundinnen langer Schmökerabende herzlich zu empfehlen ist!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Charaktere
  • Gefühl
  • Handlung
Veröffentlicht am 23.02.2018

Them old Appletrees back home

Totenweg
2

Ja, Apfelbäume und nicht die von Johnny Cash besungenen Cotton Fields, also Baumwollfelder sind es, die Polizistin Frida Paulsen zu Hause im Dorf in der Elbmarsch erwarten. Eine alles andere als freiwillige ...

Ja, Apfelbäume und nicht die von Johnny Cash besungenen Cotton Fields, also Baumwollfelder sind es, die Polizistin Frida Paulsen zu Hause im Dorf in der Elbmarsch erwarten. Eine alles andere als freiwillige Rückkehr - ihre Mutter hat sie angefleht, ihr zur Seite zu stehen, nachdem ihr Vater - ein Apfelbauer - niedergeschlagen worden war. Dabei ist sie Kripo-Anwärterin und steht kurz vor ihrer Prüfung - mit dem Bestehen würde ein absoluter Traum in Erfüllung gehen.

Hat es etwas mit einem alten Fall zu tun, in den Fridas gesamte Familie vor Jahren involviert war und der diese sozusagen auseinanderriß? Damals war Fridas beste Freundin Marit ermordet worden und danach war nichts mehr wie vorher.

Nicht nur Frida, sondern auch Fridas und Marits gemeinsamer Jugendfreund Jasper strotzen vor Schuldgefühlen - aber warum bloß?

Kriminalhauptkommissar Bjarne Haverkorn, der bereits in Marits Fall ermittelt hat und nun am Ende seiner Karriere steht, tritt ebenfalls auf den Plan - nun sozusagen als Fridas Kollege.

War es tatsächlich versuchter Mord an Fridas Vater? Und es ist nicht nur ein Dorfbewohner, der sich merkwürdig verhält.

Bjarne Haverkorn und Frida Paulsen ermitteln sowohl gemeinsam als auch getrennt voneinander, dabei haben beide auch privat ein ordentliches Päckchen zu tragen. Werden sie es schaffen? Hat Frida neben ihrer Arbeit auf dem Apfelhof überhaupt Zeit? Und hängt sie selbst möglicherweise mit drin?

Inhaltlich dicht und sehr atmosphärisch und auch der Stil von Romy Fölck gefällt mir sehr, aber daran habe ich auch nicht gezweifelt, weil ich bereits "Blutspur" von ihr gelesen hatte. Daran hatte mich einzig gestört, dass es - aus meiner Sicht - eher ein Ladythriller mit Sex und Zickerei war und kein Regionalkrimi mit allem Zipp und Zapp wie von mir erwartet (es ging um Dresden).


Das trifft diesmal ganz und gar nicht zu - bisher ist es ein atmosphärischer Krimi mit regionalen Akzenten und interessanten Charakteren, der sich zu einem mitreißenden Whodunnit entwickelt. Abgesehen von einigen Kleinigkeiten - manches kam mir ein wenig unlogisch vor, einige Erzählstränge wurden nicht so ausgeführt, wie ich es mir erhofft hatte, hat mir das Buch wirklich gut gefallen und ich habe es mit Spannung und Vergnügen gelesen und kaum aus der Hand legen können.

Romy Fölck, eine Autorin, an der ich dranbleiben werde. Gerade auf den zweiten Teil der Reihe um Frida freue ich mich sehr!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Figuren
  • Spannung
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 21.02.2018

Weg von Berlin

Zurück in Berlin
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wollen vor, während, aber auch nach dem 2. Weltkrieg viele, insbesondere solche, die nicht konform gingen mit Nazideutschland, die entweder anderer Meinung waren oder von den Verantwortlichen gejagt, gehetzt ...

wollen vor, während, aber auch nach dem 2. Weltkrieg viele, insbesondere solche, die nicht konform gingen mit Nazideutschland, die entweder anderer Meinung waren oder von den Verantwortlichen gejagt, gehetzt und vernichtet wurden. So auch Eric Devon, den die Protagonistin, eine amerikanische Journalistin - und somit ganz offensichtlich das Alter ego der Autorin ganz zufällig zusammen mit seiner Frau auf einem Überseedampfer kennenlernt.

Fast noch zufälliger kommt sie seiner Geschichte, seinem Hintergrund auf die Spur - im Ergebnis steht eine Berlin-Reise, die sie eigentlich allein machen wollte, auf der sie jedoch nun das Ehepaar Devon begleitet.

Es ist eine Reise in Erics Vergangenheit, in die offenen Wunden Deutschlands, die die Protagonistin ebenso schonungslos wie einfühlsam aufdeckt. Zunächst meint man, von Klischee auf Klischee gestoßen zu werden, doch sollte sich der Leser vor Augen führen, dass er ein mehr als 50 Jahre altes Werk liest. Folgt man Verna B. Carlton mit diesem Wissen vor Augen, dann erstarrt man gleichsam vor Erfurcht vor ihrer Voraussicht, ihrer Hellsichtigkeit, mit der sie bereits damals das Wort Wiedervereinigigung - ein Phänomen, das sie leider nicht mehr erleben durfte, in den Mund nimmt ,

Einige Entwicklungen am Ende - nein, ich verrate sie Ihnen nicht - empfand ich dann auch als etwas sehr rund und ein wenig weit hergeholt!

Aber das macht überhaupt nichts, ich bin dennoch vollends begeistert und das hängt vor allem mit der frühen Publikation dieses Werkes zusammen und mit dem bereits erwähnten Umstand, dass die Autorin Amerikanerin bzw. keine Deutsche ist. Die paar Klischees, die sie einfließen ließ und die sich zum Ende hin ein wenig häufen, verzeihe ich ihr gern ob der Tatsache, dass sie trotz allem einen ganz besonderen, einfühlsamen Blick auf die Deutschen und vor allem auf das Nachkriegsberlin richtet - voller Empathie und dem Erkennen der Nöte, die viele dieser Menschen zu der Zeit durchlebten - innerlich, versteht sich!

Ein Buch, das ich nach dem Lesen staunend und voller Bewunderung in den Händen halte. Zeitweise ein bisschen tollkühn, etwas zu verwegen fast: aber dennoch ist es alles andere als ein weiblicher Münchhausen, der da schreibt, sondern eine Realistin. Denn die wildesten Geschichten schreibt nun mal das Leben selbst!