Etwas erwachsen für ein Kinderbuch, dafür einfallsreich
Oliver Parkins"Du scheinst tatsächlich über gewisse Fähigkeiten zu verfügen", fuhr Panzini sinnend fort. "Unter anderen Umständen hätten wir uns auf diese Weise gar nicht begegnen dürfen. Vielleicht bist du tatsächlich ...
"Du scheinst tatsächlich über gewisse Fähigkeiten zu verfügen", fuhr Panzini sinnend fort. "Unter anderen Umständen hätten wir uns auf diese Weise gar nicht begegnen dürfen. Vielleicht bist du tatsächlich derjenige, den wir suchen."
"Was hat das alles zu bedeuten, Mr Panzini?", flüsterte Oliver und konnte den Blick nicht von den durchdringenden Augen des Zirkusdirektors abwenden.
"Es hat zu bedeuten, mein guter Junge, dass du möglicherweise eine große Zukunft vor dir hast. Doch liegt sie nicht in dieser Welt."
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INHALT:
Fairie's Willow im Jahr 1917: Der erste Weltkrieg ist in vollem Gange und Unterhaltung ist eher knapp. Kein Wunder also, dass der junge Oliver Parkins und sein bester Freund Alfie begeistert sind, als plötzlich ein Wanderzirkus ihre kleine Stadt besucht. Doch der Zirkus ist nicht ohne Grund dort - Gauklerfürst Alfonso Panzini kommt aus einer anderen Welt, und er ist auf der Suche nach einem besonderen Jungen, der eine Prophezeiung erfüllen und damit die Menschheit retten soll. Und Oliver scheint der Gesuchte zu sein! Gemeinsam mit Alfie wird er vom Direktor nach Carsalen geführt, ein wundersames Land voller seltsamer Gestalten und Geschehnisse. Doch etwas Böses lauert, das alles vernichten will. Und nur die drei können es aufhalten...
MEINE MEINUNG:
Sprechende Tiere, ein zauberhafter Zirkus und eine überraschende und seltsame Welt - "Die Entdeckung von Carsalen" ist ein von vielen originellen Ideen bereichertes Debüt, das den Anfang der Reihe um Oliver Parkins bildet. Patrick L. Blockum hat einen sehr angenehmen Stil, der besonders bei den authentischen Dialogen überzeugt, dabei aber nicht immer dem Alter der Protagonisten entsprechend kindgerecht bleibt, was für junge Leser kompliziert sein könnte. Am besten kann man die Erzählweise wohl als allwissend einordnen - zwar dreht sich das Ganze hauptsächlich um den jungen Oliver, doch auch die Beweggründe und Gedanken seiner Begleiter erfährt man immer wieder aus dem Text.
Oliver Parkins ist ein mutiger, aber trotzdem bescheidener Hauptcharakter, der einem schnell ans Herz wächst. Er ist schon relativ erwachsen für seine elf Jahre und ist sich seiner Verantwortung durchaus bewusst. Was allerdings an ihm so besonders sein soll, dass er die gesamte Welt retten kann, wird nicht wirklich ersichtlich. Gleichzeitig erleichtert das den kindlichen Lesern, sich in jedem Fall mit ihm zu identifizieren. Alfie ist eindeutig der frechere der beiden Freunde, der kein Blatt vor den Mund nimmt und davon abgesehen größtenteils ans Essen denkt, was ihn sehr sympathisch macht. Und dann sind da noch der Gauklerfürst Panzini und sein sprechendes Eichhörnchen Rodolfo, die beide unterhaltsame und gewitzte Wegbegleiter sind. Die übrigen Charaktere tauchen größtenteils leider immer nur für einen kurzen Zeitraum auf und bleiben daher nicht wirklich im Gedächtnis, auch weil sie oft absichtlich kompliziert wirkende und leicht alberne Namen besitzen, die man sich kaum merken kann.
Carsalen als Dreh- und Angelpunkt der Handlung ist ein sehr gut ausgearbeiteter Ort, der vom Aufbau ein wenig an die Ringreiche einer anderen Buchreihe erinnert, aber trotzdem viele eigene und originelle Eigenschaften vorzuweisen hat. Viele Fabelwesen wie Satyrn oder Elfen tauchen auf, haben aber oft noch einen kleinen Twist, der sie besonders macht. Teilweise übertreibt es der Autor aber stark in seinen Beschreibungen: Immer wieder erklärt eine der Figuren den beiden Jungen Dinge, die rein gar nichts mit der Handlung zu tun haben, und daher teilweise anfangen zu langweilen. Zudem ist die Handlung doch sehr einfach gestrickt, was für die Zielgruppe sicherlich gut ist, sich dann aber mit der zeitweise hoch gestochenen Sprache beißt. Durch die Einfachheit kommt es leider auch zu ein paar Logiklücken, die allerdings wohl nur älteren Lesern auffallen werden. Bis zum Ende bleibt unklar, warum genau Oliver nun der Auserwählte ist - da die Geschichte aber noch viele offene Punkte hat und die erste Begegnung mit dem bösen Zauberer noch aussteht, kann diese Erklärung in einem der erwarteten Folgebände noch kommen. Genaueres ist aber noch nicht bekannt.
FAZIT:
"Die Entdeckung von Carsalen" ist ein Debüt, was man dem Roman sprachlich aber kaum anmerkt. Es ist ganz klar ein Kinderbuch, allerdings nur bezogen auf den Inhalt - dafür ist der Schreibstil dann nämlich sehr erwachsen. Der Weltenaufbau und die Protagonisten wissen zu überzeugen. Mir fehlten jedoch ein wenig die Nebenfiguren und im Zwischenteil zogen sich die Geschehnisse etwas. Dafür knappe 3,5 Punkte.