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Veröffentlicht am 02.10.2018

Deutsche Geschichte mal anders

Land im Sturm
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Das Buch gibt einen Abriss der deutschen Geschichte über einen Zeitraum von etwa 900 Jahren. Wir begegnen diversen Familien, und folgen ihren Spuren quer durch die Jahrhunderte. Wir fangen im Jahre 955 ...

Das Buch gibt einen Abriss der deutschen Geschichte über einen Zeitraum von etwa 900 Jahren. Wir begegnen diversen Familien, und folgen ihren Spuren quer durch die Jahrhunderte. Wir fangen im Jahre 955 an, mit König Otto und den Kämpfen gegen die Ungarn, gehen zu den Religionskriegen gegen die Wenden unter Heinrich dem Löwen im 12. Jh, über den 30jährigen Krieg im 17. Jh zu den Napoleonischen Kriegen im 19. Jahrhundert, wo wir schließlich mit der industriellen Revolution zum Abschluss kommen. In jedem Abschnitt begegnen wir den Nachkommen der Familien die wir im ersten Abschnitt kennenlernen (und ein paar, die später hinzukommen).Anhand der Schicksale dieser Familien wird die Geschichte deutlich gemacht.


Dies ist ein ungewöhnliches, aber gelungenes Projekt. Ein Mammutprojekt, was auch in der Seitenzahl reflektiert wird; aber durch die Unterteilung in Abschnitte, und durch die Tatsache, dass wir immer auf bekannte Namen treffen, ist es sehr kurzweilig. Ungewöhnlich deshalb, weil es sich nicht auf eine Epoche konzentriert, sondern auf fünf, von denen die meisten nicht ursächlich zusammenhängen. Das Buch führt uns zu Momenten und Plätzen in der Vergangenheit über die ich wenig bis gar nichts wusste, oder die ich nach Möglichkeit vermeide (30jähriger Krieg). Den Lebenswegen der verschiedenen Familien zu folgen ist sehr interessant.


Anhand der Namen, die sich wiederholen, weiß man immer sofort wer wer ist, und mit wem man es zu tun hat. Obwohl die Familien in der Regel nicht viel von ihren Vorgängern wissen (schließlich liegen ja immer einige Jahrhunderte dazwischen), gibt es für den Leser einiges wieder zu erkennen. Die Protagonisten sind so gut herausgearbeitet, dass es schwer fällt, sich am Ende eines Abschnittes von ihnen zu verabschieden. Man möchte gerne mehr erfahren, ihrem weiteren Lebensweg folgen.


Es gelingt Ulf Schiewe, den Leser zu fesseln und zu involvieren. Die Erlebnisse der Protagonisten sind eindringlich beschrieben, ohne dass der Autor in detaillierten Beschreibungen von Gewalt schwelgt — und in den diversen Kriegen gibt es natürlich jede Menge Gewalt. Wir erfahren wie die Leute gelebt haben, wie die Häuser aussahen, wie die Arbeit vonstatten ging. Das Schicksal der Leibeigenen berührt uns genauso wie das Schicksal der Soldaten, und das der Arbeiter, die vor dem Hunger in die großen Städte geflüchtet sind, wo ihre Perspektiven und Lebensbedingungen auch nicht besser sind als auf dem Land.


Natürlich kann man in einem Buch nicht sämtliche Epochen der Geschichte abhandeln, aber die Auswahl, die Ulf Schiewe getroffen hat, vermittelt einen ausgezeichneten Einblick in die Irrungen und Wirrungen die unser Land durchlief bevor es ein Staat wurde. Wer historisch interessiert ist sollte dieses Buch unbedingt lesen, oder anhören, denn es gibt auch eine ausgezeichnet gelesene Hörbuchversion (gelesen von Reinhard Kuhnert).


Ich möchte mich bei Bastei Lübbe und Leserunden.de für die Bereitstellung des Leseexemplares bedanken.

Veröffentlicht am 06.08.2018

Beindruckend und bedrückend

Was wir zu hoffen wagten
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Dies ist das beste Buch das ich dieses Jahr gelesen habe. Es erzählt schonungslos die Realität des ersten Weltkrieges am Beispiel Yperns (Ieper).
Die Gräueltaten die dort begangen wurden stehen für die ...

Dies ist das beste Buch das ich dieses Jahr gelesen habe. Es erzählt schonungslos die Realität des ersten Weltkrieges am Beispiel Yperns (Ieper).
Die Gräueltaten die dort begangen wurden stehen für die Schrecken des gesamten ersten Weltkrieges.
Vieles war mir gar nicht bekannt, und ich war nicht die Einzige in unserer Leserunde die im Lesen innehalten musste um den Stoff zu verdauen.
Dies ist allerdings beileibe nicht das einzige Thema des Buches. Es geht um viel mehr:
sexuelle Belästigung in der Familie, häusliche Gewalt, und die Ohnmacht der Frauen der damaligen Zeit, etwas dagegen zu unternehmen. Frauenwahlrecht - Berufswahl für Frauen - Selbstbestimmung der Frau? Fehlanzeige. Unterdrückung wo man hinsieht.
Die Protagonistin Felice begehrt dagegen auf, und obwohl ich ihre Rebellion verstehen konnte, war sie mir über große Teile des Buches hinweg nicht nur unsympathisch -- ich konnte sie nicht ausstehen.
Das hat mir jedoch das Buch nicht vergällt, im Gegenteil. Eine Protagonistin mit Ecken und Kanten und einem klaren Profil, die kein Übermensch und keine Heldin ist trifft man in der Literatur viel zu selten an. Außerdem gibt es viele Nebencharaktere die faszinierend sind und ihre Rolle spielen.

Sie alle machen eine --mitunter erstaunliche -- Entwicklung durch.

Auch die Wissenschaft und Technik der Zeit macht rasante Fortschritte, sei es bei Film und Fernsehen, oder im Bereich der Luftschifffahrt -- von den Chemiewaffen gar nicht zu reden.

Das Buch vereint alle diese Themen, verwebt sie zu einer faszinierenden, nachdenklich machenden Geschichte die lange nachwirken wird. Das alles passiert in einer wunderschönen Sprache, und ohne dass der moralische Zeigefinger erhoben wird.

Ein wirklich beeindruckendes Buch das man unbedingt lesen sollte.

Vielen Dank an Bastei Lübbe für das Rezensionsexemplar.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Authentizität
  • Figuren
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 12.07.2017

Eine starke Frau

Gesang der Erde
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Als ich dieses Buch vor kurzem zufällig entdeckte, war mir klar dass ich es unbedingt lesen musste.
Ich erinnerte mich, dass ich vor vielen Jahren mal 'Das Paradies' von der Autorin gelesen hatte, und ...

Als ich dieses Buch vor kurzem zufällig entdeckte, war mir klar dass ich es unbedingt lesen musste.
Ich erinnerte mich, dass ich vor vielen Jahren mal 'Das Paradies' von der Autorin gelesen hatte, und obwohl ich mich kaum noch an die handlung erinnern konnte, so wusste ich doch noch, wie gut es mir damals gefallen hatte.
Ich besorgte mir also dieses Buch ohne auch nur einen Blick auf die Inhaltsangabe zu werfen.

Dies ist eine großartige Geschichte die mich nachdenklich gemacht hat.
Kurzfristig habe ich mich gefragt, ob die alten Religionen den neuen nicht vorzuziehen wären, aber meinen ersten Eindruck einer friedlichen Religion musste ich schnell revidieren. Wie auch heute, ging es nur darum, andere zu unterdrücken und auszubeuten.
Der Roman enthält alle Informationen die man sich nur wünschen kann über die Religionen, Rituale, Traditionen, Kleidung, Nahrung und Alltag der Tolteken kurz bevor sie verschwanden.
Die Recherche muss ausgezeichnet gewesen sein, denn diese Informationen sind imInternet nicht leicht zu finden. Wenig ist über die Tolteken bekannt, vieles ist eher mythischer Natur.
Wer gerne mal in die exotische Welt der Tolteken eintauchen möchte, sollte dieses Buch unbedingt lesen.

Veröffentlicht am 12.07.2017

Großartig

Flucht aus Mr. Banancellos Bibliothek
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Dieses Buch habe ich geschenkt bekommen, und so dauerte es eine Weile bis ich es auf meinem SuB entdeckte. Inzwischen hatte ich ganz vergessen um was es ging, und irgendwie erwartete ich einen Thriller ...

Dieses Buch habe ich geschenkt bekommen, und so dauerte es eine Weile bis ich es auf meinem SuB entdeckte. Inzwischen hatte ich ganz vergessen um was es ging, und irgendwie erwartete ich einen Thriller mit einem Gefangenen der verzweifelt versucht, aus einem Gefängnis auszubrechen.

Weit gefehlt!

Es geht um Kinder, die spielerisch ihre nagelneue Bücherei kennenlernen.
Die Spiele sind aber nicht leicht, und die Kinder müssen Köpfchen haben um das Ziel zu erreichen.
Dieses Buch ist sicher für Kinder und junge Leute geschrieben, aber ich als Erwachsene hatte jede menge Spaß beim lesen.
Man kann es sicher sehr gut vorlesen, oder alleine genießen.

Man wird richtig angesteckt, und versucht, die Rätsel zu lösen, es ist einfach wunderbar.
Ich denke, es ist ein Buch für die ganze Familie und kann es nur empfehlen.

Veröffentlicht am 27.04.2017

Unglaubliche Zustände

Sein blutiges Projekt
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Dieses Buch hat mich sehr fasziniert. Es ist unglaublich, welche Fortschritte wir seit dem 19. Jahrhundert gemacht haben, besonders im medizinischen und psychologischen Bereich. Die Experten in dem Buch ...

Dieses Buch hat mich sehr fasziniert. Es ist unglaublich, welche Fortschritte wir seit dem 19. Jahrhundert gemacht haben, besonders im medizinischen und psychologischen Bereich. Die Experten in dem Buch waren für ihre Zeit recht aufgeschlossen, wenngleich sie natürlich Opfer ihrer eigenen, damals gängigen, Vorurteile waren. So wurden die hart-arbeitenden, armen Leute kriminalisiert und stigmatisiert -- natürlich von denen, die eine gute Erziehung und Ausbildung genossen hatten, weil sie höheren Kreisen angehörten. Betrüblicherweise hat sich in d e r Hinsicht auch heutzutage noch nicht viel geändert.
Das Buch liest sich so, als habe das alles tatsächlich stattgefunden. Alle Dokumente und Aufzeichnungen sind so geschickt verknüpft, dass man als Leser am Schluss nur eines sicher weiß: wer die Tat begangen hat, und welches Urteil gefällt wurde. Man wird sehr überzeugend ins Schottland des 19. Jahrhunderts versetzt, in eine Gegend wo Hunger und Armut vorherrschen, und wo die Herrschenden ihre ganz eigne "Gerechtigkeit" praktizieren.
Wer der englischen Sprache mächtig ist, dem würde ich übrigens unbedingt die Hörbuchversion im Original empfehlen.