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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.10.2018

Öffnet das Herz und lässt Wärme hinein

Bevor es Weihnachten wird
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Die 32-jährige Sophie ist in einer Berliner Werbeagentur angestellt und hat sich von ganz unten zur Projektleiterin für einen wichtigen Auftrag hochgearbeitet, der sich um gesunde Ernährung dreht. Mit ...

Die 32-jährige Sophie ist in einer Berliner Werbeagentur angestellt und hat sich von ganz unten zur Projektleiterin für einen wichtigen Auftrag hochgearbeitet, der sich um gesunde Ernährung dreht. Mit ihren hippen Kolleginnen schließt sie eine Wette ab, wer am schnellsten abnehmen kann und macht dabei einen so schwerwiegenden Fehler, dass sie einige Tage später ohne Job dasteht und das kurz vor Weihnachten. Freund Lukas zieht auch die Reißleine und fliegt zu seiner Familie nach Sumatra. So ist Sophie in der Adventszeit allein - denn zu ihrer Familie hält sie seit längerer Zeit Abstand, zu oft hat sie sich schon wegen ihnen geschämt und beim letzten Treffen hat sie nicht nur ihre kleine Nichte beleidigt, sondern den gesamten Clan gegen sich aufgebracht. Seither herrscht Funkstille. Da Einsamkeit auch nicht von Problemen ablenkt, beschließt Sophie, sich langsam doch wieder mal bei ihren Eltern blicken zu lassen. Dabei kommen ihr die Erinnerungen zu manch liebgewonnenen Ritualen hoch. Stück für Stück schleicht sich die Familie wieder in ihr Herz, wird es Sophies Sicht auf die Dinge verändern?

Kerstin Hohlfeld hat mit ihrem Buch “Bevor es Weihnachten wird” einen wunderschönen Roman vorgelegt, der das gesamte Gefühlsbarometer abdeckt. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig und warmherzig. Schnell heftet sich der Leser an Sophies Fersen und erlebt dabei so einige schaurige und schöne Überraschungen. Themen sind neben Gewichtsproblemen und scheinheiligen Kollegen auch der Zusammenhalt der Familie und das Einbringen in die Gesellschaft. Wunderbar lässt die Autorin eine Veranstaltung für ein ehrenamtliches Nachbarschaftsprojekt vor dem Auge des Lesers vorbeiziehen und den Gedanken der Weihnacht wieder aufleben. Auch die Gemeinschaft und Liebe innerhalb der Familie, in der man alles miteinander teilt - ob Freud ob Leid - und in gemeinsamen Erinnerungen schwelgt, wird hier hochgehalten. Es geht nicht darum, ob man Fehler macht, sondern darum, dass es Menschen gibt, die einen so nehmen und lieben, wie man ist und die immer da sind, wenn es einem mal nicht so gut geht.

Die Charaktere sind liebevoll ausgearbeitet und mit Leben versehen worden. Sie wirken durchweg authentisch und sehr realistisch. Der Leser kann sich kaum entscheiden, wer ihm am Liebsten ist. Sophie ist zu Beginn eine toughe Karrierefrau, die sich lieber mit zweifelhaften Kollegen an einen Tisch setzt und Essen zurückgehen lässt, als sich regelmäßig bei ihrer Familie sehen zu lassen oder mit Freund Lukas etwas zu unternehmen. Zu Beginn ist Sophie regelrecht unsympathisch, ichsüchtig und regelrecht karrieregeil. Der Absturz zeigt dann eine ganz andere Frau, die sich mal mit sich selbst auseinandersetzt und sich selbst hinterfragt, was den Leser für sie einnimmt. Annabell ist Sophies 9-jährige Nichte, die ihre Tante sehr verehrt und zu ihr aufsieht. Sie hat mit ein wenig Übergewicht zu kämpfen, ist aber gleichzeitig sportlich und an vielem interessiert. Sophies Oma ist eine liebevolle ältere Dame, die ein wenig verrückt wirkt mit ihrem Petersilienschnaps, aber die das Herz am rechten Fleck hat wie der Rest der Familie und jede Menge Wärme und Güte vermittelt. Lukas ist ein netter junger Mann, der Sophie den Spiegel vorhält und ihr Zeit lässt, zur Besinnung und zu ihren Wurzeln zurückzufinden. Auch Sophies alter Chef Schneemann sowie die Nachbarschaftskids und eine alte Schulfeindin geben der Handlung zusätzliche Impulse und machen die Geschichte rundum sehr gelungen.

“Bevor es Weihnachten wird” ist ein tolles Buch mit einer Geschichte wie aus dem wirklichen Leben, denn so geht es jederzeit überall in Deutschland zu in einer Zeit, wo der Schein wichtig ist und es oftmals an Wärme und Mitgefühl fehlt. In diesem Roman wird der weihnachtliche Gedanke hochgehalten, in dem es um Mitgefühl, Liebe und Zusammenhalt geht. Kerstin Hohlfeld ist dies mit einfühlsamen Worten und großartigen Protagonisten wunderbar gelungen. Absolute Leseempfehlung für ein Buch, dass zwar zur Weihnachtszeit spielt, dessen Botschaft aber eigentlich im ganzen Jahr Gültigkeit hat.

Veröffentlicht am 30.09.2018

Keine Angst vorm wahren Leben

Nebenan funkeln die Sterne
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Auf Instagram ist Emma Martins eine kleine Berühmtheit, will doch jeder an ihrem aufregenden Leben teilhaben, das sie dort allen vorführt und zeigt, wie happy und zufrieden sie ist, und vor allem so sein ...

Auf Instagram ist Emma Martins eine kleine Berühmtheit, will doch jeder an ihrem aufregenden Leben teilhaben, das sie dort allen vorführt und zeigt, wie happy und zufrieden sie ist, und vor allem so sein wie Emma. Aber auf einem Internet-Profil lässt sich vieles posten, auch wenn es dem wahren Leben nicht entspricht, denn Emma lebt in Wirklichkeit völlig eingeigelt und zurückgezogen von der Londoner Außenwelt in ihrem Apartment. Dabei wird sie von Schuldgefühlen heimgesucht. Ein glückliches Leben sieht anders aus. Die einzige Zeit, die sie draußen verbringt, ist nachts auf ihrer Dachterrasse, wo sie einsam und allein mit den Sternen ist. Als mit Fahrradkurier Nathan ein neuer Nachbar einzieht, ahnt Emma noch nicht, welch ein Chaos er in ihrem Leben veranstalten wird…
Lilly Adams hat mit ihrem Roman „Nebenan funkeln die Sterne“ einen warmherzigen und emotionalen Roman vorgelegt, der dem Leser mitten ins Herz geht. Der Schreibstil ist flüssig und gefühlvoll, er lässt den Leser schnell in Emmas Leben rutschen und Teil von ihm werden, während er die Chance hat, Emmas Gefühle und Gedanken mitzuerleben. Sehr behutsam schildert die Autorin Emmas Ängste und ihre Einsamkeit, obwohl sie gleichzeitig im digitalen Universum für ihr tolles Leben gefeiert und als Vorbild genommen wird. Während sie anderen Hoffnung und Mut macht, hat sie diesen bereits verloren und ist in ihrer, wenn auch unfreiwillig, selbstgewählten Welt völlig auf sich allein gestellt ist. In der heutigen Zeit ist es anscheinend nur noch wichtig, wie gut man aussieht, was man alles kann und wen man kennt, sonst ist man nichts mehr wert. Die eigene Persönlichkeit wird versteckt hinter Wunschträumen, Unwahrheiten und Trugbildern, weil man Angst hat, nicht um seiner selbst willen gemocht oder ob seiner Fehler verurteilt zu werden. Umso erfrischender ist es da, jene zu entdecken, die das Leben genauso wiederspiegeln, wie es tatsächlich ist, ehrlich gegenüber anderen und sich selbst und dabei das zu genießen, was einem zur Verfügung gestellt wird.
Die Charaktere sind sehr liebevoll ausgestaltet und mit Ecken und Kanten versehen, die sie individuell und authentisch wirken lassen. Der Leser kann sich in sie hineinversetzen, ihren Schmerz fühlen und gleichzeitig mit ihnen hoffen und bangen. Emma ist eine sympathische junge Frau, die dem normalen Leben den Rücken gekehrt hat aus Angst vor Zurückweisung und aufgrund von Schuldgefühlen. Ihr Online-Leben hat nichts gemein mit ihrer wirklichen Situation, sie spielt allen etwas vor, was eigentlich verwerflich sein sollte, doch sie tut niemandem damit weh. Ganz im Gegenteil ermutigt sie ihre Anhänger, will durch Tipps und Ratschläge andere dazu ermutigen, das Leben anzupacken. Genau das tut Emma nicht, sie hat zu viel Angst davor und verpasst so das eigentliche Leben. Nathan ist ein toller Kerl, immer mit einem Scherz auf den Lippen und gut drauf. Zudem ist er einfühlsam, hilfsbereit und hartnäckig, wenn er sich einmal etwas vorgenommen hat. Die weiteren Protagonisten wie Nilla oder Brittany tragen ebenfalls zum Unterhaltungswert dieser schönen Handlung bei.
„Nebenan funkeln die Sterne“ ist eine warmherzig und einfühlsam erzählte Geschichte, in der es um viel mehr als nur um die Liebe geht. Absolute Leseempfehlung für wunderschöne Lesestunden!

Veröffentlicht am 23.09.2018

Das Zeichen glücklichen Mutes - der Liebesbeweis

Das Mädchen mit dem Edelweiß
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Katie lebt in Los Angeles, wird bald geschieden und ist bei einer Zeitschrift als Filmkritikerin beschäftigt. Ihre Arbeit füllt sie nicht aus und auch die dortige tägliche Begegnung mit ihrem Noch-Ehemann ...

Katie lebt in Los Angeles, wird bald geschieden und ist bei einer Zeitschrift als Filmkritikerin beschäftigt. Ihre Arbeit füllt sie nicht aus und auch die dortige tägliche Begegnung mit ihrem Noch-Ehemann David erinnert sie schmerzlich an das, was sie verloren hat. Nachdem Katie ihren Vater in einem Heim für Alzheimer- und Demenzpatienten untergebracht hat, möchte sie seine alte Briefmarkensammlung schätzen lassen, die sie in ihrer Kindheit mit ihm bei früheren Flohmärkten zusammengetragen hat. Der Philatelist Benjamin soll für sie herausfinden, ob einige wertvolle Marken darunter sind. Benjamin wird tatsächlich fündig, entdeckt er doch eine alte österreichische Marke aus der Nazizeit, die noch dazu auf einem ungeöffneten Brief an eine Ellen Faber klebt. Katie möchte unbedingt herausfinden, was es mit dieser Marke auf sich hat. Gemeinsam mit Benjamin macht sie sich auf die Suche nach dem Graveur und nach Ellen Faber. Je näher sie der Lösung kommen, umso mehr nimmt Katie Anteil an der Geschichte von Ellen Faber. Wie sehr ihre eigene Familie darin verwickelt ist, wird ihr erst sehr spät bewusst…
Jillian Cantor hat mit ihrem Buch „Das Mädchen mit dem Edelweiss“ einen wunderschönen bewegenden Roman vorgelegt, der dem Leser mitten ins Herz geht. Der Schreibstil ist flüssig und emotional, der Leser wird regelrecht in die Geschichte hineingesaugt, um sich an Katies Seite auf Spurensuche zu begeben. Die Handlung wird über zwei Zeitebenen erzählt, der eine beschäftigt sich mit der Gegenwart im Jahr 1989 rund um Katie, der andere versetzt den Leser ins Jahr 1938, wo er der Familie Faber und dem Waisen Christoph in Österreich während der deutschen Besatzung zum ersten Mal begegnet und mit ihnen fühlen darf. Durch den ständigen Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit erhält der Leser einen guten Rundumblick über die damaligen Geschehnisse, während er gleichzeitig mit Katie auf der Suche ist. Wunderschön beschreibt die Autorin das Gravurhandwerk, das nötig war, um eine Briefmarke zu erstellen. Das Verstecken von heimlichen Botschaften in den kleinen Marken, um andere zu warnen oder einen Treffpunkt mitzuteilen, ist faszinierend in die Handlung verwebt. Auch das Thema Alzheimererkrankung wird von der Autorin sensibel gehandhabt und glaubhaft in ihrer Geschichte verarbeitet.
Die Charaktere sind sehr detailliert und liebevoll ausgestaltet worden, Jillian Cantor hat sie regelrecht zum Leben erweckt. Durch ihre individuellen Eigenschaften wirken sie durchweg sehr real und authentisch. Der Leser kann gar nicht anders als mit ihnen zu fühlen und atemlos zu hoffen, dass sich alles zum Guten wendet. Katie ist eine Frau, die sich ihrer Familie sehr verbunden fühlt. Sie kümmert sich rührend um ihren kranken Vater, dabei ist ihre tägliche Furcht greifbar, dass er sie wieder einmal nicht erkennt. Katie hat eine gescheiterte Ehe hinter sich und fühlt sich einsam. Sie ist hilfsbereit und freundlich, es fehlt ihr nur an Überwindung, ihrem Leben eine neue Richtung zu geben. Ihre Entwicklung, während die Geschichte fortschreitet, ist wunderschön zu beobachten. Benjamin ist ein schüchterner junger Mann, der bereits einen großen Schicksalsschlag zu verkraften hatte. Einerseits wirkt er wie ein Nerd, andererseits ist seine zurückhaltende, aber direkte Art erfrischend. Er ist immer für eine Überraschung gut. Katie und Benjamin sind zwei verletzte Seelen, die sich über Allgemeinplätze und der Suche nach der Geschichte auf ganz ungewöhnliche Weise kennenlernen, während der Leser so viele Parallelen zwischen ihnen entdecken darf. Katies Oma Gram ist ein wahrer Schatz, warmherzig, menschlich und einfach liebevoll. Christoph ist ein ehrlicher junger Mann, der alles für die Menschen tut, die er liebt und schätzt. Elena ist eine junge impulsive Frau, die sich zur Wehr setzt und die Nazis mit allen Mitteln bekämpfen will. Dabei überschreitet sie oftmals die Grenzen, ohne über die Folgen nachzudenken. Auch die weiteren Protagonisten geben der Handlung mit ihrem Handeln und Tun zusätzliche Spannung.
„Das Mädchen mit dem Edelweiss“ ist ein bewegender teils historischer Roman, der den Leser von der ersten Seite an in den Bann zieht und ihn mitten in Herz und Seele trifft. Wunderbar verwobene Zeitschienen und eine Handlung, die man spannender und besser nicht erzählen könnte. Absolute Leseempfehlung für ein Kleinod! Chapeau!

Veröffentlicht am 22.09.2018

Die Legende lebt weiter

Der Spielmann (Faustus-Serie 1)
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Knittlingen/Kraichgau 1486. Johann Faustus ist ein 8-jähriger Junge, der von seiner Mutter sehr verwöhnt wird, während er unter seinen Brüdern und seinem Vater allerlei einstecken muss. Als die Gaukler ...

Knittlingen/Kraichgau 1486. Johann Faustus ist ein 8-jähriger Junge, der von seiner Mutter sehr verwöhnt wird, während er unter seinen Brüdern und seinem Vater allerlei einstecken muss. Als die Gaukler in die Stadt kommen, ist Johann fasziniert von deren Darstellungen und Darbietungen, hat er doch so etwas noch nie gesehen. Vor allem der Magier und Astrologe Tonio del Moravia hat es Johann angetan. Während die Spielleute die Stadt unterhalten, verschwinden mehrere Kinder, darunter auch Johanns jüngerer Bruder. Viele Jahre später, als seine Freundin Margarethe nicht ihn, sondern einen anderen heiraten muss und auch seine Mutter inzwischen verstorben ist, trifft Johann wieder auf den Magier und schließt sich ihm auf seiner Reise durchs Land an. Das Umherziehen zeigt Johann eine andere Welt, aber die Gesellschaft mit Tonio del Moravia verursacht ihm auch ein unheimliches Gefühlt. Welches Geheimnis hütet der Magier?
Oliver Pötzsch hat mit seinem Buch „Der Spielmann“ einen sehr unterhaltsamen, spannenden und farbenprächtigen historischen Roman vorgelegt, in dessen Mittelpunkt Johann Georg Faustus steht, der Johann Wolfgang von Goethe als Vorlage für seinen „Dr. Faust“ Pate stand. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig, bildgewaltig und farbenfroh, der Leser findet sich mit der ersten Seite in einer anderen Zeitepoche wieder und darf an der Seite von Johann einige Abenteuer erleben sowie das Leben in der damaligen Zeit kennenlernen. Der Autor vermischt Fiktion mit Fakten so gekonnt, dass der Leser gleichsam fasziniert wie begeistert ist. Die Legende von Faust wird hier regelrecht wieder lebendig. Dazu tragen auch die gekonnt platzierten Zitate von Goethe bei. Der historische Hintergrund sowie die damaligen Lebensumstände werden wunderbar mit der Handlung verwoben, so dass man ein gutes Bild des täglichen Treibens bekommt. Es gibt neuzeitliche Erfindungen und die Macht der Kirche ist überall zu spüren. Der Spannungsbogen wurde zu Beginn recht gemächlich angelegt, steigert sich aber im Verlauf der Handlung immer weiter in die Höhe und sorgt für so manche Gänsehaut.
Die Charaktere sind sehr detailliert und liebevoll ausgestaltet und mit Leben versehen worden. Aufgrund ihrer Eigenheiten wirken sie authentisch und sehr lebensecht. Der Leser kann sich in sie hineinversetzen und mit ihnen fühlen, hoffen und bangen. Johann Faustus wird von seiner Mutter der „Glückliche“ tituliert, doch ist er das auch? Er ist intelligent, neugierig und besitzt den Mut, Neues zu wagen und sich auf unsichere Wege zu begeben, deren Ausgang offen ist. Allerdings ist er auch von Zweifeln geplagt und hadert oftmals. Doch er besitzt Geduld und Charisma, so dass ihm die Menschen schnell vertrauen und er sie um den Finger wickeln kann. Tonio del Moravia ist ein unheimlich anmutender Mann, der einen mit seinen stechenden fast schwarzen Augen durchschauen kann. Er hütet ein Geheimnis und wirkt wie der Teufel in Person. Auch die weiteren Protagonisten wie Margarethe oder Karl Wagner haben einen berechtigten Platz in der Geschichte und machen sie rundum gelungen.
„Der Spielmann“ ist ein sehr unterhaltsamer und spannender historischer Roman, der den Leser auf eine fantastische Gedankenreise mitnimmt und ihn bis zur letzten Seite nicht mehr loslässt. Absolute Leseempfehlung für Kurzweil, Erzählkunst und Handlung!

Veröffentlicht am 22.09.2018

Goldene Adele

Die Dame in Gold
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Gerade mal 18-jährig heiratet Adele Bauer den um 17 Jahre älteren Fabrikanten Ferdinand Bloch. Das Paar lebt in Wien und führt alsbald ein relativ offenes Haus, wo sich Künstler, Musiker und Schauspieler ...

Gerade mal 18-jährig heiratet Adele Bauer den um 17 Jahre älteren Fabrikanten Ferdinand Bloch. Das Paar lebt in Wien und führt alsbald ein relativ offenes Haus, wo sich Künstler, Musiker und Schauspieler die Klinke in die Hand geben. Unter ihnen ist auch der Maler Gustav Klimt, der von Ferdinand Bloch den Auftrag erhält, ein Portrait seiner Frau Adele zu malen. Adele ist dagegen gar nicht so angetan von der Idee, denn Klimts Privatleben eilt ein gewisser Ruf voraus. Doch Adele ist mutig und steht dem Künstler nicht nur in seinem Atelier Modell, sondern trifft in Klimt eine verwandte Seele, durch die sich ihr eine neue Welt eröffnet…
Valérie Trierweiler hat mit ihrem Buch „Dame in Gold“ einen wunderschönen historischen und spannenden Gesellschaftsroman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und gefühlvoll, er lässt den Leser schnell in die vergangene Zeit eintauchen, um Adele und Gustav Klimt eine Weile zu begleiten und sie gut kennenzulernen. Die Autorin hat sehr akribisch recherchiert, um dem Leser sowohl das Leben von Klimt als auch das von Adele möglichst genau wiedergeben zu können, wobei sie fehlende Details mit fiktiven Elementen aufgefüllt hat. Der historische Hintergrund wurde sehr schön mit der Handlung verwebt und gibt ein gutes Abbild der damaligen Zeit wieder, sowohl in gesellschaftlicher als auch in kultureller und künstlerischer Hinsicht. Besonders hervorzuheben ist die feinfühlige Darstellung von Adele, deren Gefühle und Gedanken jederzeit offen liegen und deren Entwicklung der Leser wunderbar mitverfolgen kann. Auch die Darstellung der Künstlerszene und der Wiener Gesellschaft ist sehr gelungen und vermittelt dem Leser ein gutes Bild der damaligen Lebensumstände.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet, Trierweiler lässt sie durch ihr Agieren regelrecht wieder zum Leben erwachen. Der Leser darf sich in eine andere Epoche zurückversetzt fühlen und aktiv teilnehmen. Adele ist eine junge Frau mit großen Träumen und Wünschen. Die Heirat mit einem doppelt so alten vermögenden Ehemann bringt ihr zwar einige finanzielle Freiheiten, allerdings träumt sie von Freiheit und ein Leben nach ihren Vorstellungen führen. Adele ist einerseits zurückhalten, dann wieder mutig und stark. Doch sie hat auch eine sehr zerbrechliche Seite, die sie fast verzweifeln lässt. Ferdinand ist ein reicher Mann, der seiner Frau völlig ergeben ist und ihr jeden Wunsch von den Lippen abliest. Er will sie glücklich machen, doch gleichzeitig macht er sie zu seiner Gefangenen, denn er lebt die gesellschaftlichen Konventionen, die Adele am liebsten sprengen würde. Gustav Klimt ist ein begnadeter Maler mit einer starken Ausstrahlung, gegen die nur wenige immun sind. Er genießt einen zweifelhaften Ruf, da er sein Charisma gut für sich zu nutzen weiß.
„Die Dame in Gold“ ist ein gelungenes Portrait der damaligen Wiener Künstlerszene rund um den Maler Gustav Klimt und gleichzeitig die Geschichte einer Liebe, die an ihrer Zeit zerbricht. Die autobiografischen Züge sowie der gefühlvolle Erzählstil der Autorin machen das Buch spannend und unwiderstehlich. Absolute Leseempfehlung!