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Veröffentlicht am 18.11.2018

Kurzweiliger und informativer Roman über den Begründer der weltbekannten Firma Schweppes

Der Limonadenmann oder Die wundersame Geschichte eines Goldschmieds, der der Frau, die er liebte, das Leben retten wollte und dabei die Limonade erfand
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Protagonist des Romans, im Titel schlicht als „Der Limonadenmann“ bezeichnet, ist der vielseitig begabte Jacob Schweppe. In Witzenhausen geboren, als Sohn eines einfachen Bauern aufgewachsen, zieht es ...

Protagonist des Romans, im Titel schlicht als „Der Limonadenmann“ bezeichnet, ist der vielseitig begabte Jacob Schweppe. In Witzenhausen geboren, als Sohn eines einfachen Bauern aufgewachsen, zieht es ihn bald in die weite Welt, um Neues zu lernen. Seine Interessen sind vielseitig, und so macht er nicht nur Ausbildungen zum Kesselflicker, Goldschmied und Juwelier, sondern übt sich nebenbei in allen möglichen Experimenten, beispielsweise in der künstlichen Herstellung eines Mineralwassers mit Kohlensäure. Obwohl der Autor schreibt, dass sich sein Roman nur sehr lose an das wahre Leben des Jacob Schweppe anlehnt, so findet man doch jede Menge Eckdaten in Schweppes Biografie, die im Roman ebenfalls so dargestellt werden. Darum würde ich das Buch ohne weiteres als biografischen Roman bezeichnen. Über Schweppes Privatleben gibt es vermutlich nicht allzu viele Informationen. Jacobs große Liebe und seine Tochter sind wohl reine Fiktion, und die Freiin von Poppy hat es vermutlich nicht gegeben. Die Beschreibung dieses ungleichen Liebespaars und die Begründung, wieso diese Liebe keine Zukunft hat, sind sehr glaubwürdig dargestellt. Jacobs Ideenreichtum und was er am Ende anstellt, um seiner Angebeteten das Leben zu retten, ist fesselnd und mit einer guten Portion Humor dargestellt. Günther Thömmes hat seinem Limonadenmann, dem Begründer der heute weltbekannten Firma Schweppes, mit diesem Roman einen spannenden Lebenslauf verpasst. Der Schreibstil des Autors fügt sich sehr schön in die beschriebene Zeit. Im Roman findet man aber nicht nur eine kurzweilige, romantische Liebesgeschichte, sondern auch sehr viel Interessantes zur damaligen Entwicklung der Limonadenherstellung. Jacobs Versuche, Mineralwasser mit Kohlensäure zu versetzen, so dass sich diese auch dort hält, sind faszinierend beschrieben. Man merkt, dass der Autor und gelernte Braumeister ausführlich recherchiert hat und sich nicht nur mit Bier auskennt. Ich mag derartige Romane sehr gerne, bei denen man nicht nur gut unterhalten wird, sondern daneben noch einiges an Neuem lernen kann.

In der Rahmenhandlung des Romans begegnen wir den englischen König Wilhelm IV. und seiner Nichte und Thronfolgerin Victoria. Der Anlass für die Zusammenkunft ist die Verleihung des „Royal Warrant“ an die Firma Schweppes. Die junge Victoria erscheint in Begleitung einer alten Dame, und es ergibt sich, dass die alte Gräfin dem König und seiner Nichte an mehreren Abenden die Geschichte ihrer Vorfahren erzählt. Diese schöne Umrahmung verleiht dem Roman einen zusätzlichen Reiz und lässt ihn noch authentischer erscheinen.
Mir hat das Buch ausgesprochen gut gefallen. Es ist der erste Roman von Günther Thömmes, den ich gelesen habe, aber ich werde es ganz sicher nicht dabei belassen, denn die gewonnenen Eindrücke haben mich überzeugt.

Veröffentlicht am 10.11.2018

Lebendige Geschichte - fesselnd erzählt

Das Blut des Löwen
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Die Handlung dieses dritten Robin-Hood-Romans umfasst die Zeitspanne von 1203 bis 1217. Die Geschichte spielt also während der Regierungszeit von König Johann Plantagenet, auch als „Johann ohne Land“ oder ...

Die Handlung dieses dritten Robin-Hood-Romans umfasst die Zeitspanne von 1203 bis 1217. Die Geschichte spielt also während der Regierungszeit von König Johann Plantagenet, auch als „Johann ohne Land“ oder „König Weichschwert“ bekannt. Robin Hood und seine Frau Marian führen ein beschauliches Leben in der Gascogne. Das Paar soll den illegitimen Sohn von Richard Löwenherz schützen, und sie haben Fulke wie ihr eigenes Kind aufgezogen. Erst auf einen Hilferuf William Marshals hin betreten Robin, Marian und Fulke wieder englischen Boden. Während Robin sich sofort wieder zuhause fühlt, wird Marian in ihrem Vaterland nicht mehr recht heimisch, und es zieht sie bald zurück zu ihrem lieblichen Gut in der Gascogne. Aber bevor Robin seiner geliebten Marian nach eilen kann, muss er erst verhindern, dass König John das Reich völlig ruiniert.

Wie auch schon die vorherigen Bände, so hat mich auch dieses Buch wieder völlig gefesselt und begeistert. Was mich an Mac P. Lornes Romanen so fasziniert, ist die Lebendigkeit, mit der er historische Ereignisse schildert. Die Szenen sind so plastisch dargestellt, dass man sich als Leser mittendrin wähnt. Ausgesprochen gut gefällt mir auch, dass es zwar in der Geschichte viele Schlachten gibt, die auch ausführlich beschrieben werden, aber es gibt keine blutrünstigen Schilderungen, sondern der Schwerpunkt liegt hier mehr auf Taktik, Strategie und Raffinesse.

Die Hauptperson ist, wie schon am Untertitel zu erkennen, auch hier wieder Robin Hood. Er ist ein richtiger Held, und auch wenn er ab und zu über die Stränge schlägt, so kann man ihm das verzeihen, denn echte Helden dürfen das! Wenn es etwas zu klären gibt, kämpft Robin an vorderster Front, manchmal mit Waffen, aber oft auch verbal und mit Verstand. So manches Mal kostet ihm seine Waghalsigkeit fast den Kopf, und gerade diese zeitweilige Unvernunft macht ihn so menschlich und wirklichkeitsgetreu. Mein insgeheimer Lieblingscharakter ist Marian. Sie ist eine liebenswerte, schöne und starke Frau, und wen wundert‘s, dass Robin sie nach wie vor von ganzem Herzen liebt! Diesmal muss das Paar so manche Bewährungsprobe für seine Beziehung bestehen.

Es gibt viele interessante Charaktere im Buch, sympathische aber auch unsympathische. Bei manchen handelt es sich um historische Persönlichkeiten, beispielsweise König John, William Marshal oder auch Nicola de la Haye.

Interessant ist, wie Mac P. Lorne hier die bekannte Historie mit seiner Fiktion genial verbindet.

Mit 685 Seiten ist dieses Buch wieder ein stattlicher Wälzer, aber für mich war er keine Sekunde langweilig. Die Robin-Hood-Bände haben für mich schon „Suchtfaktor“ und zählen bisher alle zu meinen Jahres-Highlights; da macht auch „Das Blut des Löwen“ keine Ausnahme.

Veröffentlicht am 30.10.2018

Berührende Geschichte um einen schwierigen Neuanfang

Der Blaubeergarten
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Greer, die allein erziehende Mutter, hat gewaltige Probleme damit, Job, Privatleben und Kind zu organisieren und unter einen Hut zu bringen. Daneben muss sie erleben, dass sie sich auch auf „gute Freunde“ ...

Greer, die allein erziehende Mutter, hat gewaltige Probleme damit, Job, Privatleben und Kind zu organisieren und unter einen Hut zu bringen. Daneben muss sie erleben, dass sie sich auch auf „gute Freunde“ nicht verlassen kann, wenn es darum geht, ihre kleine Tochter versorgt zu wissen, während sie ihrem Job gerecht zu werden versucht. Auch die eigenwilligen Kunden, die auf Biegen und Brechen ihre Wünsche durchsetzen wollen, sind nicht dazu angetan, Greer das Leben zu erleichtern, im Gegenteil. Diese Wünsche gehen teilweise bis in Greers Privatsphäre, und ich habe mich anfangs wirklich gewundert, wieso die junge Frau alles so mit sich machen ließ. Aber sie war zu diesem Zeitpunkt auf ihr Gehalt angewiesen, da der Vater ihres Kindes sie verlassen hat, um sich selbst zu verwirklichen. Greer ist sich dessen bewusst und geht so manchen (faulen) Kompromiss ein. Als sie dann die Anzeige für ein altes Haus und eine Blaubeerplantage entdeckt und sich gleich darauf stürzt, wurde mir schon angst und bange, wie sie das denn überhaupt bewerkstelligen will, denn vom Blaubeeren-Anbau hatte sie bis dahin keinen blassen Schimmer. Dass sie den Mut aufbringt, sich in dieses Abenteuer zu stürzen, fand ich bewundernswert. Anfangs habe ich mir mit Greer ein wenig hart getan, denn mir fiel es schwer, sie einzuschätzen. Sie wirkte ein wenig emotionslos auf mich. Inzwischen bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass ihr Verhalten die direkte Antwort auf ihre damalige Lebenssituation war. Als sie dann mit Sophie in das alte Haus zieht und Charlie kennen lernt, wird Greer endlich sie selbst. Wie sich das Verhältnis zwischen ihr und dem früheren Besitzer entwickelt, hat mir sehr gut gefallen. Obwohl sie viel Neues lernen muss und obwohl sich rund um die Plantage und das Haus viele Probleme ergeben, wächst Greer über sich hinaus und kümmert sich liebevoll um den alten, kauzigen und schwer kranken Charlie. Greers Neuanfang, ihre finanziellen Sorgen und ihre Probleme, die der völlig fremde Alltag mit sich bringt, das alles schildert die Autorin sehr lebendig und realistisch. Die Art und Weise, wie die junge Frau mit Charlie umgeht und sich dabei auch nicht von seiner oft etwas ruppigen Art abschrecken lässt, hat mir die Protagonistin sehr sympathisch gemacht. Auch alle anderen Charaktere sind in ihrer Wesensart fein ausgearbeitet und so detailliert beschrieben, dass ich sie bildlich vor mir sehen konnte. Die Art, wie Glenna Thomson ihrer Geschichte Atmosphäre verleiht, wie sie die Schauplätze so farbenfroh und authentisch beschreibt, gefällt mir außerordentlich gut. Spätestens ab dem Umzug zur Plantage waren meine anfänglichen Vorbehalte ihr gegenüber völlig vergessen, und ich habe regelrecht mitgefiebert, ob alles nach Plan laufen wird. Der Roman hat mich nicht einfach nur unterhalten, sondern er hat mich emotional mitgenommen und mir bis zur letzten Seite keine Ruhe gelassen. Einerseits ist es ein kurzweiliger Wohlfühl-Roman, aber er hat auch ernste Seiten. Hier geht es nicht nur um einen Neuanfang, der alles andere als ein Honigschlecken ist, sondern daneben auch um eine verlorene Liebe, um Enttäuschungen, Existenzängste und darum, alten, kranken Menschen ihre Würde zu bewahren. Die Autorin bringt die ernsten und die leichten Themen ihres Romans gekonnt unter einen Hut und hat am Ende auch noch ein paar Überraschungen bereit. Die ausgiebigen Erklärungen zum Anbau und zur Ernte der Blaubeeren lassen ein großes Fachwissen bei der Autorin erahnen, was sich auch bestätigt, wenn man ihren Lebenslauf betrachtet, denn sie weiß genau, wovon sie schreibt. Alles in allem ist ihr hier ein außerordentlich schöner Debütroman gelungen, mit Protagonisten, die sich langsam aber sicher in mein Herz geschlichen haben.

Veröffentlicht am 21.10.2018

Mitreißendes Historiendrama

Die Gabe des Himmels
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Dies ist bereits der vierte Band um die Kaufmannsfamilie Fleury. Seit sich die Familie Ende des 12. Jahrhunderts in Varennes-Saint-Jacques angesiedelt hat, sind mittlerweile über 160 Jahre vergangen. Da ...

Dies ist bereits der vierte Band um die Kaufmannsfamilie Fleury. Seit sich die Familie Ende des 12. Jahrhunderts in Varennes-Saint-Jacques angesiedelt hat, sind mittlerweile über 160 Jahre vergangen. Da es nicht zwingend notwendig ist, die Geschichte der Vorfahren zu kennen, kann man diesen Band auch sehr gut für sich lesen. Von den beiden Brüdern der aktuellen Generation der Fleurys ist nur noch César als Kaufmann tätig und versucht, den Besitz der Familie zu erhalten, was ihm gar nicht leicht fällt, denn der Vater, der ehemals das Familienunternehmen führte, hat sich aus dem Geschäft zurückgezogen und ganz der Kirche verschrieben. Seine Art, in Form von großzügigen Spenden für seine früheren Sünden zu büßen, bringt die Firma in arge Bedrängnis. Césars Bruder Adrianus ist angehender Medicus und fällt mit seiner Berufswahl bei der Familie Fleury aus dem Rahmen.
Er ist der wichtigste Charakter in diesem Roman, zusammen mit der Jüdin Léa, die im Judenviertel die Apotheke ihres Vaters betreibt und Heilerin ist.
In Varennes gibt es viele Probleme, denn die einfache Bevölkerung, die Mitglieder der Zünfte, rebellieren gegen zu niedrige Löhne und Unterdrückung. Wie so oft, so wird auch hier den Juden der schwarze Peter zugeschoben. Sie werden für alles verantwortlich gemacht und ständig mit Neid und Anfeindungen konfrontiert.
Unter Varennes‘ Bevölkerung brodelt es. Als dann eine Gruppe Flagellanten in der Stadt auftaucht, unter Führung eines ehemaligen Bürgers Varennes‘, der einst aus der Stadt verbannt worden war, eskaliert die Situation, und dann kommt noch der schwarze Tod und hält reiche Ernte. Adrianus und Lea führen einen verzweifelten Kampf gegen die Krankheit, aber können sie sich und ihre Lieben retten?

Mit über 950 Seiten ist dieses Buch ein ganz schöner Wälzer. Die Handlung umfasst die Jahre 1331 bis 1349. Auch wenn die Stadt Varennes und ihre Bewohner fiktiv sind, so spielt sehr viel historisches Wissen in die Handlung hinein. Daniel Wolf hat die Zeit und ihre besonderen Themen auch diesmal wieder sehr sorgfältig recherchiert und bietet mit diesem Buch einen lebendigen Eindruck des 14. Jahrhunderts.
Es kommen viele brisante Themen zur Sprache, die damals aktuell waren. Wie bereits erwähnt, geht es im Buch unter anderem um Judenhass, die Unterdrückung des einfachen Volkes, um die Flagellantenbewegung und um die damalige Geißel der Menschheit: die Pest.
Der gute, flüssige Schreibstil lässt einen nur so durch die Seiten „fliegen“. Durch ausführliche Erläuterungen kann man die Probleme der Menschen gut nachvollziehen. Adrianus und Lèa sind wahre Sympathieträger, und sie haben,neben all den offiziellen Konflikten, auch noch ganz private Sorgen, denn hier geht es um eine verbotene Liebe.
Es gibt noch einige Menschen in Varennes, die mit Herz und Verstand bei der Sache sind. Die meisten wirkten auf mich sehr authentisch. Nur bei Josselin habe ich manchmal gezweifelt, ob denn ein Mensch wirklich so verbohrt und blind für die Tatsachen sein konnte. Aber er war damit ja nicht allein, und im Verlauf der Geschichte erlebt man wieder einmal das Phänomen der Massenhysterie, von der man sich als vernünftig denkender Mensch wundert, wie es zu derartigen Ausschreitungen kommen kann. Aber die Menschheitsgeschichte hat gezeigt, dass es doch immer wieder, bis in die heutige Zeit, zu solch idiotischen Vorgängen kommt.
Alles in allem ist auch Band Vier wieder ein Pageturner vom Feinsten. Ich habe den Roman abwechselnd gelesen und als Hörbuch gehört, und beide Varianten haben mir ausgezeichnet gefallen. Das ungekürzte Hörbuch wird von Johannes Steck sehr lebendig und ausdrucksvoll gesprochen,und es kam bei mir immer dann zum Einsatz, wenn ich gerade keine Hand frei hatte, um das dicke Buch zu halten. Ich kann beide Möglichkeiten, diesen Roman zu genießen, uneingeschränkt empfehlen.

Veröffentlicht am 05.10.2018

Nicht schön, aber aufwühlend und berührend

Hanna
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Hauptperson dieses Romans ist die junge deutsche Krankenschwester Hanna. Nachdem sie ihre Ausbildung beendet hatte, wurde sie gleich eingezogen und 1942 an die Front geschickt, um im Lazaret die Kriegsverwundeten ...

Hauptperson dieses Romans ist die junge deutsche Krankenschwester Hanna. Nachdem sie ihre Ausbildung beendet hatte, wurde sie gleich eingezogen und 1942 an die Front geschickt, um im Lazaret die Kriegsverwundeten zu versorgen. Es ist schlimm, was sie unterwegs alles zu sehen bekommt und erlebt. Trotz der Strapazen und Gefahren, denen sie ausgesetzt ist, verrichtet sie gewissenhaft ihren Dienst. Wie viele junge Menschen ist sie anfangs arglos; sie vertraut „dem Führer“, glaubt an das Gute im Menschen und an den Sieg. Aber immer öfter beschleichen sie Zweifel, und sie weiß nicht, was sie von manchen Situationen halten soll.

Als Basis für ihren Debütroman hat Sandra Jungen die Erfahrungen und Erlebnisse ihrer Großmutter verwendet. Gerade dieser Umstand, dass es sich weitgehend um wahre Erinnerungen handelt, macht diese Geschichte so authentisch. Hanna wird auf ihrem Weg immer wieder mit kritischen Situationen konfrontiert. Vieles bleibt für sich stehen, ohne Wertung, manches wird nur angedeutet, animiert aber gerade dadurch zum Nachdenken. Heute können wir als Leser viele Ereignisse sofort einordnen, beispielsweise wenn Hanna auf dem Weg zu ihrer Einsatzstelle an einem Transport mit KZ-Häftlingen vorbei kommt und diesen nicht als solchen erkennt, sondern sich nur über den bestialischen Gestank wundert. Man merkt, dass sich die junge Frau Gedanken macht, aber das Ausmaß der Grausamkeit war ihr nicht bewusst, und vermutlich konnte sie sich gar nicht wirklich vorstellen, dass Menschen so sein können. Informationen durch die Medien waren vom Regime gesteuert und wurden nur sehr begrenzt an die Öffentlichkeit weitergegeben. Bei vielen Situationen habe ich mich gefragt, ob Hanna etwas hätte ändern können. Es fiel mir schon immer schwer, mich in die Menschen der damaligen Zeit hinein zu versetzen, und oft habe ich mich gefragt, wieso sie nicht kritischer waren und nicht viel mehr hinterfragt haben. Dieses Buch hat mir, durch Hanna, die damalige Denkweise einer ganz normalen jungen Frau nahe gebracht. Wie oft hätte sich Hanna fast um Kopf und Kragen geredet; immer wieder wurde sie gewarnt, gut zu überlegen, was sie sagt, denn überall konnten Denunzianten lauern, und letztendlich kam sie sehr schnell, eigentlich durch eine kleine leichtsinnige Handlung, selbst in die Mühlen damaliger deutscher Rechtsprechung.

Sehr aufgewühlt haben mich auch die Schilderungen von den immer wiederkehrenden Fliegeralarmen und der sehr detaillierten Beschreibung der Bombardierung in München. Die Menschen mussten damals so viel Leid ertragen, und doch ging das „normale“ Leben weiter. Inmitten der zertrümmerten Stadt wurde gelebt, geliebt und gelacht.
Hannas Erinnerungen sind so wertvoll, denn dieser hautnahe Blick auf Deutschlands finsterste Vergangenheit zeigt sehr intensiv, dass so etwas die damals nicht mehr geschehen darf!

Schön ist dieser Roman nicht, und ich kann hier auch nicht von „gefallen“ sprechen, denn dazu geschieht zu viel Schlimmes. Aber mit ihrem eingängigen Schreibstil, in dem sie die Erinnerungen ihrer Großmama wiedergibt, ist es der Autorin gelungen, meine Seele zu berühren, und das ist viel wertvoller als einfach nur „schön“ zu sein. Darum hat dieses Buch dicke fünf Sterne verdient.