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Veröffentlicht am 13.05.2020

Eine großartige Geschichte genial vertont!

Die Furcht des Weisen (1)
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Rezensionsexemplar

Inhalt

An der Universität beginnt für Kvothe ein neues Trimester, doch das meiste ist beim Alten geblieben. Seine Rivalität mit Ambrose scheint sich weiter zuzuspitzen, während Kvothe ...

Rezensionsexemplar

Inhalt

An der Universität beginnt für Kvothe ein neues Trimester, doch das meiste ist beim Alten geblieben. Seine Rivalität mit Ambrose scheint sich weiter zuzuspitzen, während Kvothe immer noch um jeden Heller kämpfen muss und seine Schwärmerei für die wunderschöne und liebenswürdige Denna nimmt ebenfalls kein Ende. Doch etwas entscheidendes hat sich verändert: er kann endlich bei Meister Elodin die Namenskunde studieren. Kvothes größter Wunsch scheint zum greifen nahe, auch wenn er die Suche nach Hinweisen zu den Mördern seiner Eltern, den Chandrian, noch immer nicht aufgegeben hat. Und dann verändert eine große Intrige alles…


Es ist jetzt über 4 Jahre her, dass ich „Der Name des Windes“ beendet habe und noch immer bin ich von der Welt, die Patrick Rothfuss erschaffen hat komplett eingenommen. Er hat ein High Fantasy Epos erschaffen, der immer einen Platz in meinem Herzen haben wird und „Die Furcht des Weisen – Teil 1“ hat mich darin nur wieder bestärkt! Diese großartige Geschichte als Hörbuch zu erleben, war ebenfalls eine grandiose Erfahrung, herzlichen Dank an Der Hörverlag für das Rezensionsexemplar!

Ich muss zugeben, dass ich zu Beginn wirklich Angst hatte, dass ich nicht in die Geschichte hineinfinden würde. Allerdings hat mich Rothfuss, genauso wie Stefan Kaminski, eines Besseren belehrt. Ich habe nur wenige Kapitel gebraucht, um wieder ganz in der Welt der Königsmörder-Chroniken aufzugehen. Der etwas eigenwillige Erzählstil des Autors hat mein Herz wieder höher schlagen lassen und es ist mir immer schwer gefallen das Hörbuch zu unterbrechen. Da ich aber leider nicht immer Zeit hatte, um wirklich dran zu bleiben, hat es nun doch einiges länger gedauert das Buch zu beenden, als ich es mir gewünscht habe. Dann ist mir jedoch die Frankfurter Buchmesse zur Hilfe gekommen: insgesamt 7 Stunden Fahrt (hin und zurück), die meine Lust auf diese Geschichte endlich befriedigen konnte.

Patrick Rothfuss‘ Schreibstil ist so besonders und einnehmend. Manche würden sagen er ist langweilig, zu ausschweifend und zu genau, für mich ist jedes Wort perfekt gewählt und an der richtigen Stelle. Ich möchte alles aufsagen, was Rothfuss mir über Kvothe und seine Geschichte sagen will. Ich möchte jedes Wort hören bzw. lesen und keines davon fühlt sich für mich zu viel an. Der Einfallsreichtum des Autors ist so vielfältig und teilweise überraschend, dass es manchmal fast schon überwältigend ist. Vor allem der komplexe Aufbau der Magie in dieser Welt ist spannend, großartig und atemberaubend. Ich bewundere Rothfuss sehr dafür, wie alles Sinn macht und sich einfach perfekt einfügt. Alles passt zueinander, fügt sich ein und egal wie aussichtslos die Situation für Kvothe gerade erscheint, man kann sich immer zurückerinnern, dass er neben einem Chronisten sitzt und ihm erzählt, wie er in sein Wirtshaus „Zum Wegstein“ gelangt ist. Und genau das finde ich absolut großartig. Wir wissen, dass Kvothe unwahrscheinliches geleistet hat. Wir wissen, dass er in seiner Welt wohl die berühmteste Legende überhaupt ist. Wir wissen das alles, doch wir wissen nicht, wie er dazu gekommen ist und diese Geschichte, zumindest einen Teil dieser Geschichte, erzählt „Die Furcht des Weisen Teil 1“.

Stefan Kaminskis Stimme passt, in meinen Augen, perfekt zu Kvothe. Er lässt mich alles um mich herum vergessen, entführt mich in eine Welt voller Magie, Intrigen, Freundschaften, Liebe und Verzweiflung. Er lässt mich die Verwirrung, Angst, den Schmerz, die Liebe, Freundschaft und Verrat am eigenen Leib erfahren und haucht Kvothe für mich Leben ein. Auch wenn die Handlung nur wenig Action zu bieten hat, so ist die Geschichte durchweg spannend und voller verheißungsvoller Abenteuer. Auch wenn man mit Kvothe nicht nur gute Zeiten durchlebt, so weiß man immer, dass dieser Weg für ihn vorbestimmt zu sein scheint und dass alles schon in die richtigen Bahnen geleitet werden wird. Zumindest ist das meine große Hoffnung für ihn, denn er ist ein unfassbar sympathischer Protagonist, den ich gerne begleite und manchmal auch gerne als Freund hätte. Und das, obwohl ich nicht immer verstehen kann, weshalb er so reagiert, wie er reagiert. Aber genau das passt irgendwie. Er ist ein Protagonist der viele Ecken und Kanten hat, bei dem eben nicht alles perfekt und makellos ist und das macht Kvothe für mich greifbar. Er ist keine Legende, die alles kann ohne wenn und aber, sondern Fehler hat und Fehler macht. Er ist doch „nur“ ein Mensch und das stellt Rothfuss in meinen Augen großartig heraus.

Auch wenn ich noch immer nicht weiß wie die Handlung weiter verlaufen wird und ich wirklich keine Ahnung habe wie wir in das Wirtshaus „Zum Wegstein“ gelangen, so verfolge ich Kvothes Geschichte unwahrscheinlich gerne und hoffe, dass ich den zweiten Teil von „Die Furcht des Weisen“ früher zu lesen anfange und nicht wieder 4 Jahre verstreichen lasse.

Fazit

Eine Fantasy Geschichte, die mein Herz höher schlagen lässt. Die Königsmörderchroniken ist eine Buchreihe, die ich allen Fans von High Fantasy nur ans Herz legen kann. Ihr werdet es lieben in die Welt von Kvothe einzutauchen, seine Magie kennen zu lernen und herauszufinden, was ihn zu einer Legende gemacht hat. Der Schreibstil des Autors ist unverwechselbar und sein Ideenreichtum einfach großartig. Lest dieses Buch. Lest diese Reihe. Ihr werdet es nicht bereuen!

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Veröffentlicht am 13.05.2020

Was für eine geniale Fortsetzung!

Die Zeuginnen
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Rezensionsexemplar

Inhalt

Der Report der Magd ist abgeschlossen. 15 Jahre nach dem Ende von Desfreds Report finden wir uns wieder in Gilead. Drei Zeuginnen berichten, wie der Fall des Staates begann ...

Rezensionsexemplar

Inhalt

Der Report der Magd ist abgeschlossen. 15 Jahre nach dem Ende von Desfreds Report finden wir uns wieder in Gilead. Drei Zeuginnen berichten, wie der Fall des Staates begann und schließlich geschah: Tante Lydia, Agnes Jemima und Daisy. Drei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, schildern ihre Sicht der Dinge und bringen Antworten auf so viele Fragen.


Ursprünglich hatte ich „Die Zeuginnen“ von NetGalley zugeschickt bekommen. Durch einen glücklichen Zufall habe ich dann bei einem Gewinnspiel gewonnen und durch einen Fehler dann nicht „Der Report der Magd“ als Schmuckausgabe zugesendet bekommen, sondern die frisch erschienene Fortsetzung dieses großartigen Buches. Also habe ich letztlich meine Lektüre nicht mit dem E-Book beendet, sondern dem Hardcover, das ich nun stolz mein Eigen nennen darf.

Der Einstieg in die Geschichte hat sich zu Beginn für mich ein wenig schwierig gestaltet. Es ist über anderthalb Jahre her, dass ich „Der Report der Magd“ gelesen habe und ich habe nicht daran gedacht, es eventuell noch einmal zu lesen. Ich musste mich in den ersten Seiten der Fortsetzung erst wieder hineindenken in die Welt von Gilead, dem Staat, in dem Frauen keinerlei Rechte mehr zugestanden werden. Sie dürfen keine hohen Positionen bekleiden, sie dürfen nicht mehr lesen oder schreiben. Sie dürfen nicht einmal wählen, was sie anziehen möchten. Entscheidungen treffen nur noch die Männer. Da es jedoch kaum mehr Frauen gibt, die Kinder bekommen können, gibt es sogenannte Mägde, die zu kinderlosen Ehepaaren gebracht werden, um ein Kind für sie zu bekommen und dann die Familie zu wechseln. In „Der Report der Magd“ geht es um eine solche Magd, die ihr Leben schildert und letztlich mit dem Satz „Und so steige ich hinauf, in die Dunkelheit dort drinnen oder ins Licht.“ endet. Ihr Bericht lässt etliche Fragen auf und nun, 30 Jahre später, soll „Die Zeuginnen“ Antworten bieten.

Anders als erwartet, knüpft die Fortsetzung jedoch nicht nahtlos an den Bericht an. Es sind 15 Jahre vergangen, die Welt hat sich weitergedreht und drei Frauen stehen im Mittelpunkt der Geschichte.
Zunächst Tante Lydia, die man bereits aus dem Report kennt. Eine skrupellose Frau, die kein Gewissen zu haben scheint. Tanten sind diejenige Frauen, die nicht heiraten, weil sie sich zu höherem Berufen fühlen. Sie fungieren unter anderem als Lehrerinnen für die Mädchen in Gilead. Ihnen ist es als einzige Frauen gestattet zu lesen und zu schreiben und deshalb schrieb Tante Lydia ihre Geschichte auf. Man erfährt wie sie zu dem Leben als Tante kam, wie sie ihre Machtposition erhielt und halten kann und welche Opfer sie deshalb bringen musste und noch immer bringt. „Die Zeuginnen“ gibt einen ganz anderen Blick auf diese so hart und unnachgiebig wirkende Tante Lydia. Die Welt ist eben nicht einfach schwarz und weiß. Vor allem nicht in Gilead. Nichts ist so wie es scheint und es lauern überall Gefahren. Tante Lydia hat dies sehr früh gelernt und ihre eigenen Schlüsse daraus gezogen. Vieles was sie getan hat, diente nur dazu, ihr eigenes Leben zu verlängern, aber letztlich doch nicht alles. Mein Blick auf diese Frau hat sich innerhalb des Buches sehr verändert, was ich großartig von Margaret Atwood fand. Sie zeigt wie ein Regime Menschen formen und verändern kann, aber auch, was mit denjenigen geschieht, die stärker sind, als andere. Es ist großartig die Erzählung von Tante Lydia zu verfolgen und wurde von Kapitel zu Kapitel spannender und auch brisanter. Die losen Enden der Erzählfäden wurden nach und nach zusammengefügt und ein Großes Ganzes erschien vor meinem Auge. Ich habe es sehr geliebt die Tante zu begleiten.

Eine weitere Zeugin war Agnes Jemima, ein junges Mädchen das in Gilead geboren und aufgewachsen ist. Wir lernen sie als naives kleines Mädchen kennen, die nichts kennt als das Leben in diesem totalitären Staat. Sie sieht nichts befremdliches darin, dass es Mägde gibt. Sie findet es normal von Tanten unterrichtet zu werden und hat sogar drei Marthas, weil ihr Vater ein wichtiger und hochrangiger Kommandant ist. Sie wirkt zunächst sehr naiv, selbstzufrieden und sieht überhaupt keine Probleme in der Welt von Gilead. Sie kennt schließlich nichts anderes als das, was man ihr in der Schule sagt. Ihr gesamtes Weltbild baut darauf auf, dass Frauen nur dazu da sind um reiche Kommandanten zu heiraten, Kinder zu bekommen, stets gehorsam und fromm zu sein. Doch dann stirbt Agnes Mutter und als sie eine Stiefmutter bekommt, die ihr zuträgt, dass sie von einer Magd abstammt, verändert sich Agnes Leben. Sie muss sehr schnell erwachsen werden und sich in der Welt von Gilead plötzlich anders zurecht finden. Ihre Mutter hat sie immer beschützt, von ihrer Stiefmutter kann sie dies nicht behaupten. Beide können sich nicht sonderlich gut leiden und diese Tatsache macht das Leben für Agnes schwerer. Schließlich kommt die Pubertät und damit ihre Heiratsfähigkeit und Agnes spürt, dass ihre Stiefmutter sie nur allzu gerne sofort aus dem Haus hätte, egal mit wem sie auch immer verheiratet wird. Agnes muss auf schmerzhafte Weise erkennen, dass sie in diesem System gefangen ist und wenn sie weiterhin ein gutes Leben haben möchte, dann muss sie das Spiel mitspielen ohne mit der Wimper zu zucken.

Die dritte Zeugin ist Daisy, ein Mädchen das in Kanada lebt und aufgewachsen ist. Als Nachbarn von Gilead setzen sich viele dort lebende Menschen dafür ein, Gilead irgendwie das Handwerk zu legen. Es gibt etliche Untergrundorganisationen die unter gefährlichen Bedingungen vor allem Frauen aus Gilead herausschleusen. Daisy selbst möchte sich auch dafür einsetzen, doch mit ihren 16 Jahren halten ihre Eltern sie für viel zu jung, um sich an den Demonstrationen zu beteiligen. Als sie jedoch unerlaubt trotzdem hin geht wird ihr gesamtes Leben auf den Kopf gestellt: ihre Eltern werden getötet und Daisy muss erfahren, dass sie für die Untergrundbewegung gearbeitet haben. Sie selbst steht nun auf der Abschussliste und muss untertauchen, um nicht ebenfalls eliminiert zu werden. Dabei wird ihr bewusst, dass sie mit Gilead sehr viel mehr verbindet, als sie auch nur ahnen konnte.
Daisys Sichtweise hat mir tatsächlich am wenigsten zugesagt. Zu Beginn eher noch, aber je weiter das Buch vorangeschritten ist, desto schwieriger habe ich es empfunden. Ich kann leider nicht wirklich ins Detail gehen, weil das massive Spoiler wären, aber sie hat teilweise die Wichtigkeit ihrer Unternehmungen überhaupt nicht verstanden und somit andere unnötigen Gefahren ausgesetzt. Das hat mich doch sehr genervt, auch wenn mir bewusst war, dass sie eben auch nur ein junger Teenager ist, der kurze Zeit vorher noch ein ganz normales Leben gelebt hat. Nichts hat sie darauf vorbereitet fliehen zu müssen und deshalb ist ihre Art vielleicht etwas verständlicher. Dennoch hat sie die Brisanz nicht erfasst, als es notwendig gewesen wäre. Erst gegen Ende beweist sie Mut und Stärke, was mir wiederum gefallen hat.

Die Handlung an sich war durchweg spannend. Die Grundstimmung ist immer noch bedrückend, beängstigend und hat mir teilweise eine Gänsehaut beschert. Ich kannte dieses Gefühl noch vom ersten Teil, doch es hat mich trotzdem noch erschüttert. Vor allem, weil nun noch viel mehr und teilweise grausamere Details ans Tageslicht gerückt wurden. Das Ende war für meinen Geschmack etwas zu schnell und nicht detailreich genug, dennoch habe ich an den Seiten geklebt und konnte es kaum glauben, als die Geschichte dann doch zu Ende war. Wieder hat es Margaret Atwood geschafft ein Ende zu schreiben, das offen ist, um als Leser, selbst nachdem man das Buch zur Seite gelegt hat, darüber nachdenkt, wie es nun weitergegangen ist. Man wird praktisch dazu gezwungen weiter zu überlegen, einfach weil man die Charaktere noch nicht loslassen kann. Trotzdem war das Ende passend, denn es hatte von Dramatik über Trauer und Glück alles dabei, was für diese Art Geschichte einfach perfekt ist. Die Verbindung zum „Report der Magd“ kann man erst ganz am Schluss erkennen und doch bleibt alles sehr vage, was mir wirklich auch gefallen hat. So ist es eben doch ein Geheimnis und alles irgendwie Spekulation.

Fazit

„Die Zeuginnen“ ist eine großartige Fortsetzung, mit wunderbaren Protagonistinnen, die ihre Sicht der Dinge auf unglaubliche Weise darlegen. Gilead wird von drei unterschiedlichen Seiten beleuchtet, die letztlich alle ihren Weg zum Großen und Ganzen finden. Ich bin auf der einen Seite sehr traurig, dass das Abenteuer nun zu Ende ist und auf der anderen Seite sehr froh, dass ich das Buch gelesen habe. Es war spannend, bedrückend und regt in jedem Fall wieder zum Nachdenken an. Es lohnt sich einen Blick nach Gilead zu werfen!

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Veröffentlicht am 13.05.2020

Ein Lebenslesehighlight!

Was perfekt war
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Inhalt

Unter unmöglichen Umständen lernen sich Quinn und Graham kennen. Beide hätten in dieser Situation nie gedacht, dass sie kaum ein Jahr später glücklich miteinander verheiratet sind. Ihre Liebe scheint ...

Inhalt

Unter unmöglichen Umständen lernen sich Quinn und Graham kennen. Beide hätten in dieser Situation nie gedacht, dass sie kaum ein Jahr später glücklich miteinander verheiratet sind. Ihre Liebe scheint perfekt.
Acht Jahre später jedoch wissen sowohl Quinn als auch Graham, dass es nicht unbedingt bedeutet, mit einer Person glücklich zu sein, nur weil man sie liebt. Etwas steht zwischen den beiden, das ihre Beziehung langsam aber sicher verenden lässt…


Ich habe durch Instagram von frau.wortkonfetti das erste Mal von „Was perfekt war“ von Colleen Hoover gehört. Zunächst habe ich mich nicht weiter mit dem Buch beschäftigt. Ich mag zwar den Schreibstil der Autorin recht gerne, doch ihre Geschichten sind mir oftmals zu dramatisch, zu kitschig, einfach irgendwie zu viel. Jacquelin berichtete aber immer und immer wieder von dem Buch. Sie ließ sich nach beenden der Geschichte zu ihrem Ehegelöbnis inspirieren und schwärmte und schwärmte. Dann habe ich mir den Klappentext durchgelesen und mir ist sofort ein Gedanke in den Kopf geschossen. Ich hatte das dumpfe Gefühl zu wissen, worum es in diesem Buch gehen wird und mein Herz hat einen Schlag ausgesetzt. Genau das, was in diesem Buch beschrieben wird, geschieht gerade in meinem nahen Umfeld. Genau das, was ich hinter der Geschichte vermutete, war Teil meiner Realität. Also bestellte ich das Buch doch vor und las es am Ende in weniger als 24 Stunden. Denn schon nach wenigen Seiten war eindeutig klar, dass meine Vermutung richtig war und das Thema, mit dem ich mich sowieso schon auseinandersetzen muss, hier eine große Rolle spielen würde.
Es wird weiter unten einen Spoilerteil geben, in dem ich das Thema nennen werde, um das sich das Buch dreht. Ich möchte einfach noch etwas genauer darauf eingehen. Ich kennzeichne diese Stelle aber, damit ihr nicht ausversehen darüber stolpert.

Ich muss wirklich zugeben, dass ich nicht gedacht hätte, dass die Geschichte mich derart mitnehmen würde, doch Colleen Hoover hat es geschafft Quinn und Graham zu meinen Freunden zu machen. Ich hatte das Gefühl, ihr halbes Leben mitbegleitet zu haben und alles über sie zu wissen. Schließlich war ich schon bei ihrer ersten Begegnung dabei und die Art und Weise wie sie sich kennenlernten war schon schockierend genug. Als Leser weiß man natürlich, dass die beiden keine getrennten Wege gehen, dass es so schnell zwischen den beiden funktionieren würde, hatte ich allerdings nicht angenommen. Es war eine perfekte Liebe, die durch nichts zerstört werden könnte. Ein Happy-End als die beiden endlich heiraten und glücklich in die Zukunft blicken. Diese Geschichte geht aber weiter. Sie hört nicht auf, als die beiden glücklich in den Sonnenuntergang reiten, sondern geht weiter. Abwechselnd wird „Damals“ und „Heute“ beschrieben. Vom Beginn ihrer Beziehung bis 8 Jahre später ist zwischen Quinn und Graham nichts mehr so, wie es zuvor war. Das Leben hat sich zwischen sie geworfen, sie zu etwas gemacht, das die beiden nie sein wollten und doch, ihre Liebe ist noch da. Nur tief begraben und sie wissen nicht, wie sie es schaffen sollen, sie wieder auf die Oberfläche zu holen.

Das Schicksal hat sich gegen die beiden gewandt und sie müssen sehen, wie sie damit umgehen wollen. Quinn erzählt die Geschichte, deshalb bekommt man als Leser vor allem ihren Schmerz hautnah mit. Sie leidet still vor sich hin, wenig nach außen und doch quälen sie unendlich viele Gedanken. Sie liebt Graham, möchte aber eigentlich nicht an etwas festhalten, das nicht mehr spürbar ist. Trotzdem klammert sie sich an jedes Stückchen Hoffnung, egal wie viel Schmerz, Tränen und Trauer sie lähmen und unfähig machen, wirklich mit ihrem Mann zu sprechen. Es fühlt sich an, als würde die junge Frau im Nebel stehen. Als hätte sie jede Möglichkeit etwas zu sehen verloren und müsste sich nun allein durchkämpfen, obwohl nur zwei Meter weiter ihr Ehemann steht, der versucht die Arme nach ihr auszustrecken. Es ist herzzerreißend wie Colleen Hoover diese Beziehung darstellt und es ist herzzerreißend, dass man keine Chance hat etwas für die beiden zu tun. Ich habe geweint aber auch viel gelacht, denn die „Damals“ Kapitel zeigen, wie schön, liebevoll und echt die Beziehung der beiden war. Sie zeigt, was Graham und Quinn verloren haben. Ich konnte nicht aufhören für die beiden zu hoffen und zu bangen. Ich klammerte mich, genau wie Quinn, an jedes Fünkchen, das irgendwie ihre Beziehung retten könnte. Ich war mittendrin in der Geschichte und diese Geschichte hat sich so echt und authentisch angefühlt. Ich habe Hoover jedes Wort geglaubt, ihr alles abgekauft und bewundere sie dafür. Sie hat die richtigen Worte gefunden mein Herz zu erreichen und ich hoffe sie erreicht mit diesem Buch noch so viel mehr.

Fazit

Das Ende hat mich wirklich fertig gemacht. Ich habe sehr geweint, mein Herz hat geblutet und doch fühlte ich mich auch glücklich. Colleen Hoover hat es wirklich geschafft mich durch eine Achterbahn der Gefühle zu leiten. Ich hatte wirklich keine Ahnung worauf ich mich eingelassen habe und wurde dadurch irgendwie belohnt. Das Leben ist nicht immer glücklich, ohne Probleme und mit Regenbogen am Himmel. Es hat Höhen und Tiefen, für manche mehr, für andere weniger. Man darf nur nie vergessen wer die Menschen sind, die dein Leben, egal in welcher Situation du auch steckst, bereichern, verschönern und mit Liebe füllen. Diese Menschen sind wichtig und diese Menschen werden sich niemals abwenden. Diese Geschichte kann ich jedoch nicht jedem empfehlen. Man muss einiges an Leid und Verzweiflung aushalten können und vor allem die Thematik. Wer wissen möchte, worum es in diesem Buch genau geht, der sollte nun den Spoilerteil lesen.

Spoilerteil

Nachdem meine Rezension nun spoilerfrei beendet ist möchte ich noch über die Thematik in diesem Buch sprechen. Manche können es vielleicht auch erahnen, so wie ich, manche tappen im Dunkeln und wüssten gerne worum es geht und manche möchten sich vielleicht einfach überraschen lassen. Ich hatte direkt eine Vorahnung, die wahr wurde: es geht um unerfüllten Kinderwunsch. Graham und Quinn sind jung als sie heiraten und sie haben so große Pläne. Das Wichtigste für Quinn ist jedoch eine große Familie zu gründen. Sie möchte unbedingt Kinder haben und Graham hat nichts dagegen. Ungefähr ein Jahr nach der Hochzeit beginnen sie damit nicht mehr zu verhüten und damit beginnt der Albtraum, der ihr Leben ab da an bestimmen soll. Quinn wird und wird nicht schwanger. Jahr um Jahr versuchen die beiden alles, um endlich ein Kind zu bekommen. Sie lassen sich testen und erfahren, dass Quinn an Endometriose leidet.
Zunächst musste ich einmal googeln, was es damit auf sich hat und habe herausgefunden, dass die Endometriose meist eine gutartige aber schmerzhafte Wucherung von Gewebe der Gebärmutterschleimhaut ist, welches sich außerhalb der Gebärmutter ansiedelt. Sehr oft in den Eierstöcken oder an der Eileiter. Die Wucherungen wachsen mit dem Monatszyklus an und bluten ebenfalls, deshalb ist es teilweise sehr schwierig zu erkennen, dass eine Endometriose vorliegt. Oft vergehen über 10 Jahre, bis die Endometriose diagnostiziert wird, weil die Symptome sehr schwach oder gar nicht erst richtig erkannt werden. Sie ist die wichtigste Ursache für Unfruchtbarkeit bei Frauen.
Als ich das gelesen habe war ich sehr geschockt. So viele Frauen leiden unter dieser Krankheit und es dauert teilweise über 10 Jahre um sie richtig zu diagnostizieren. Ein wahrer Albtraum für diejenigen, die gerne Kinder haben möchten und der Wunsch einfach unerfüllt bleibt. Und genau so geht es gerade jemandem aus meinem Umfeld. Ich möchte hier keine Details nennen und kann auch sagen, dass es nicht an einer Endometriose liegt, jedoch kam dieses Buch für mich zur rechten Zeit. Es ist schwer mit einem befreundeten Paar umzugehen, von dem man weiß, dass der Kinderwunsch bisher unerfüllt blieb. Noch schwieriger ist es, wenn ein anderes befreundetes Paar diesen Wunsch schon erfüllt bekommen hat und bei unseren regelmäßigen Treffen meist ein Baby mit dabei ist. Niemand weiß so recht wie man mit der Situation umgehen soll, man möchte nichts falschen sagen oder tun. Man möchte aber auch nicht nur über dieses Thema sprechen, schließlich trifft man sich irgendwie auch aus Gründen der Ablenkung. „Was perfekt war“ hat mir gezeigt, was innerhalb einer Beziehung los sein kann. Es hat mir gezeigt, dass es noch sehr viel schlimmer sein kann, als das, was wir im Freundeskreis so zu sehen bekommen. Und das ist wirklich viel und immer ehrlich. Doch nur ein Bruchteil des Schmerzes, den die beiden erfahren und erleben. „Was perfekt war“ hat mir ein wenig die Augen geöffnet, mich noch sensibler zu verhalten. Besser acht zu geben, nie meine Hand wegzunehmen, sondern sie immer ausgestreckt zu lassen. Den Schmerz, den die beiden durchmachen kann ich ihnen nicht nehmen, aber ich kann versuchen für sie da zu sein. So gut es eben geht und so viel mir möglich ist und sie ertragen können. Dieses Buch kann vor allem für diejenigen hilfreich sein, die außen stehen und nicht wissen, wie sie mit der Situation umgehen sollen. Bei mir war es jedenfalls so. Allerdings ist es auch sehr schwer zu ertragen, ein solches Buch zu lesen, wenn man jemanden kennt, der in einer solchen Lage ist. Und empfehlen würde ich es niemandem, der sich in genau derselben Lage befindet. Es ist, denke ich, unglaublich schmerzhaft. Für mich war die Geschichte hilfreich und gut. Für andere könnte sie schwierig sein, ich denke das muss jeder für sich abwägen. Ich konnte viel mitnehmen und werde das Buch bestimmt noch einige Male lesen.

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Veröffentlicht am 13.05.2020

Absolutes Highlight!

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert
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Inhalt

Nach dreiunddreißig Jahren erschüttert das kleine amerikanische Städtchen Aurora wieder ein großer Skandal: die einst verschwundene 15jährige Nola taucht wieder auf. Als Skelett im Garten ihres ...

Inhalt

Nach dreiunddreißig Jahren erschüttert das kleine amerikanische Städtchen Aurora wieder ein großer Skandal: die einst verschwundene 15jährige Nola taucht wieder auf. Als Skelett im Garten ihres ehemaligen Geliebten. Der berühmte aber eigenbrötlerische Schriftsteller Harry Quebert gerät plötzlich in dringenden Tatverdacht. Nur eine Person, scheint von seiner Unschuld überzeugt: Marcus Goldman, der ehemalige Student des Schriftstellers. Er reist nach Aurora um seinem Freund beizustehen und herauszufinden was im Sommer 1975 wirklich geschah.


Vor etwa einem Jahr kam die Serie zu „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ in Deutschland heraus und alle waren Feuer und Flamme. Ich habe schon etwas früher von dem Buch gehört und immer und immer wieder wurde es mir empfohlen. Aber erst letztes Jahr habe ich dann das Buch gekauft und wollte es eigentlich direkt lesen. Das hat, wie ihr jetzt seht, nicht so wirklich funktioniert. Doch im Februar war die Zeit für dieses Buch gekommen und ich habe es nicht bereut.

Der Einstieg in die Geschichte könnte nicht spannender sein. Man wird Zeuge eines Notrufs, der am 30. August 1975 eingeht: es wird berichtet, dass ein junges Mädchen, welches von einem Mann verfolgt wird, durch den Wald flüchtet. Anschließend wird man in den Oktober 2008 katapultiert. In diesem Monat hat Marcus Goldmann sein zweites Buch veröffentlicht, welches ein voller Erfolg wurde und in aller Munde ist. Und dann gelangen wir Leser*innen an den Ausgangspunkt der Geschichte: Anfang 2008. Marcus Goldmann ist von einer Schreibblockade geplagt und weiß nicht so recht wie er an seinen vorherigen Erfolg anknüpfen soll. Dann geschieht im Juni 2008 etwas unglaubliches. Im Garten von Goldmanns ehemaligem Professor und Mentor Harry Quebert wird die Leiche der 15jährigen Nola Kellergan gefunden. Sie verschwand im August 1975 spurlos und wurde nun zufällig entdeckt. Quebert gerät natürlich direkt in Verdacht, dem jungen Mädchen damals etwas angetan zu haben und für Marcus Goldmann steht fest: ich muss etwas tun, um Harrys Unschuld zu beweisen. Denn er ist felsenfest davon überzeugt, dass sein Mentor nichts damit zu tun haben kann.

Im Fokus des Buches steht die Klärung, was im Sommer 1975 geschehen ist. Was ist mit Nola passiert? Was hat Harry Quebert damit zu tun? Ist er wirklich so unschuldig, wie Marcus Goldmann glaubt? Das stellt sich sehr bald als nicht ganz richtig dar, denn der zurückgezogen lebende Schriftsteller lüftet schnell ein Geheimnis: im Sommer 1975 hatte er eine verbotene Beziehung zu der 15jährigen Nola. Harry war damals Mitte 30 und deshalb musste ihre Liebe ein Geheimnis bleiben. Doch laut Harry war sie echt, ehrlich und einzigartig. Für mich persönlich war es recht schwer, diese Beziehung greifen zu können. Die Beschreibungen von Nola waren für mich nicht komplett aussagekräftig. Ich habe ihre besondere Anziehungskraft, die scheinbar alle Männer in Aurora empfunden haben, nicht richtig nachvollziehen können. Sie war ein junges, zierliches Mädchen mit langem blondem Haar. Sie wurde als einfühlsam und liebenswürdig beschrieben, doch auf mich wirkte sie teilweise sehr störrisch und impulsiv. Gleichzeitig manchmal fast schon aufdringlich. Ihre Art war einfach nicht das, was ich mir von einem jungen Mädchen vorstellte, das everybodys Darling war. Dennoch war sie genau das in Aurora. Alle liebten die kleine Nola und alle waren höchst erschüttert darüber, dass sie einfach so verschwand. Als 2008 ihre Leiche gefunden wird ist für alle Bewohner von Aurora klar, dass Harry Quebert etwas damit zu tun haben muss, schließlich wurde sie in seinem Garten gefunden und sein Geständnis der Beziehung zwischen den beiden machte seine Situation nicht besser.
Doch einige Ungereimtheiten lassen nicht nur Marcus Goldmann zweifeln, sondern auch als Leser ist man hin und hergerissen. Ich habe recht schnell daran gezweifelt, dass Quebert wirklich Schuld an Nolas Tod haben soll. Auch wenn er sich nicht unbedingt unauffällig verhalten hat, so wirkte seine Verzweiflung ehrlich. Er war fix und fertig zu erfahren, dass Nola tatsächlich tot war. Da er in Untersuchungshaft sitzt nimmt sich Goldmann dem Fall an und versucht auf eigene Faust zu ermitteln, um herauszufinden, was wirklich geschah.

Durch diese Ermittlungen kommt nicht nur Harry Quebert zu Wort, denn Goldmann spricht mit allen möglichen Bewohnern von Aurora. Sie alle erzählen nach und nach was sich im Sommer 1975 zugetragen hat und es werden die unterschiedlichsten Entdeckungen gemacht. Fragen über Fragen werden aufgeworfen und man bekommt als Leser das Gefühl, alles und jeder könnte letztlich der Täter gewesen sein. Man möchte unbedingt herausfinden, was damals passiert ist und verfolgt deshalb mit großem Interesse, was Marcus herausfinden kann. Die Spannung in der Geschichte ist fast greifbar, Seite um Seite gibt es neue Entwicklungen und nach und nach werden Zusammenhänge klar, die man zuvor gar nicht gesehen hat. Es ist aufregend zu verfolgen, welche Informationen ans Tageslicht gelangen und welche Personen plötzlich in den Fokus geraten.

Der Aufbau des Buches trägt zusätzlich noch dazu bei, dass ich als Leserin an den Seiten gehangen habe, denn man befindet sich abwechselnd in den Jahren 1975, 2008 und auch während der Uni Zeiten von Marcus Goldmann in den frühen 2000er Jahren. Immer wieder werden Schreibtipps von Quebert in die Geschicht eingewoben, genauso wie Erinnerungsfetzen aus dem Jahr 1975 und auch Teile aus dem erfolgreichsten Buch von Quebert. Die Ermittlungsarbeit von Marcus, welche im Jahr 2008 stattfinden, nehmen jedoch einen Großteil ein und das alles zusammen macht aus dieser Geschichte nicht nur einen großartigen Roman, sondern einen unglaublichen Spannungsroman, den man kaum mehr aus der Hand legen will. Der Schreibstil tut sein Übriges dazu und ich kann euch nur ans Herz legen einmal ein Buch von Joel Dicker in die Hand zu nehmen.

Das Ende der Geschichte war eine wahre Verstrickung von Ereignissen und zeigt gleichzeitig auf, dass nichts genau so ist wie es scheint und alles, wirklich alles möglich ist. Bis zum Ende war diese Geschichte ein einziges Verwirrspiel, das unglaublich viel Spaß gemacht hat. Man begleitet nicht nur einen jungen Schriftsteller auf dem Weg zum großen Erfolg, sondern zwei und löst damit gleichzeitig auch noch einen der spannendsten Mordfälle einer fiktiven Kleinstadt der USA.

Fazit

„Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ war für mich eine Achterbahn der Gefühle. Von Ungläubigkeit, Verwunderung, Sprachlosigkeit bis hin zur kompletten Verwirrung war einfach alles dabei. Ich habe an den Seiten geklebt wie selten bei einem Buch und habe jede Information aufgesogen. Joel Dicker weiß, wie man seine Leser auf Trap hält und es ist ihm wirklich gelungen mich am Ende des Buches noch zu überraschen. Er hat mir gezeigt, dass man immer hinter die Fassade blicken sollte, um die ganze Geschichte zu erfahren. Dieses Buch ist eine klare Empfehlung!

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Veröffentlicht am 06.10.2018

Unfassbar geniale Alternate History!

NSA - Nationales Sicherheits-Amt
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Weimar 1942: Helene Bodenkamp hat eine sichere Arbeit im Nationalen Sicherheits-Amt. Sie ist dort Programmiererin und entwickelt mit großer Freude Programme, mit deren Hilfe alle Bürger des Reichs ...

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Weimar 1942: Helene Bodenkamp hat eine sichere Arbeit im Nationalen Sicherheits-Amt. Sie ist dort Programmiererin und entwickelt mit großer Freude Programme, mit deren Hilfe alle Bürger des Reichs überwacht werden. Helene macht sich erst Sorgen um das, was sie da eigentlich tut, als ihre große Liebe Fahnenflucht begeht und untertauchen muss. Sie versucht mit allen Mitteln ihre Liebe zu schützen und gerät dabei nicht nur in Konflikt mit dem Regime, sondern auch mit ihrem Vorgesetzten Eugen Lettke, der die Überwachungstechnik des Staates für eigene Zwecke benutzt und dabei immer mehr jegliche Grenzen überschreitet.
Was wäre, wenn es im Dritten Reich schon Computer gegeben hätte? Was, wenn es damals schon Internet, Handys, E-Mails, Soziale Medien und deren totale Überwachung gegeben hätte? NSA zeigt, was hätte sein können.

Recht zufällig bin ich auf die Leserunde zu „NSA“ bei der Lesejury aufmerksam geworden. Ich bin nicht sehr häufig dort unterwegs und bewerbe mich nur dann, wenn mich ein Buch wirklich komplett anspricht. Als ich „NSA“ gesehen habe, konnte ich nicht anders, als mein Glück zu versuchen und als dann die Mail mit der Zusage kam war ich sehr überrascht. Ich durfte das Buch vorab lesen und habe mich unfassbar auf die Geschichte gefreut. Herzlichen Dank an die Lesejury und Bastei Lübbe für die Zusendung des Rezensionsexemplars!

Das Buch beginnt 1942 in Weimar, als Heinrich Himmler das Nationale Sicherheits-Amt besucht, um herauszufinden, ob es überhaupt noch eine Daseinsberechtigung hat. Man lernt Eugen Lettke und Helene Bodenkamp kennen, denn deren Geschichte wird in diesem Buch genauer erzählt. Durch die Einführung der beiden Protagonisten verlagert sich auch die Erzählung nach hinten und man erfährt als Leser nicht nur, wie sich der Einfluss des „Komputers“ entwickelt hat und sich in diese Zeit einfügen lässt, sondern auch genaueres über die Vergangenheit von Eugen und Helene. Wie leben sie, was haben sie für eine Familie, welche Bekannte und Freunde, wie sind sie ins Nationale Sicherheits-Amt gelangt und wie sind die beiden so geworden, wie sie zu dem Zeitpunkt, an dem die Geschichte beginnt, sind? Gleichzeitig wird immer wieder ein Blick auf die technische Seite geworfen, was mir unheimlich gut gefallen hat.
Eschbach verknüpft auf erschreckend akkurate Weise reale Begebenheiten mit seiner Fiktion. Man kommt nicht nur einmal ins Grübeln, wo wir heute stehen und inwieweit es parallelen zu den Geschehnissen im Buch gibt. Schließlich haben wir auch nichts anderes als „Gemeinschaftsforen“, wie sie im Buch genannt werden, die bei uns eben Social Media wie Instagram, Facebook oder Twitter sind. Oder Cloud-Speicher, die im Buch Datensilos genannt werden. So vieles kommt zur Sprache, das uns in der heutigen Zeit mehr als nur geläufig ist und man überlegt sich einmal mehr: was gebe ich selbst über mich im Internet preis und was hätte es für einen Einfluss auf mich und mein Leben, würden diese Informationen gegen mich verwendet werden? Denn auch in diesem Buch „posten“ Menschen unüberlegt Gedanken in Foren, sogar in einer Art Online-Tagebuch und andere Menschen können diese geposteten Texte lesen, darauf reagieren und auch gegen sie verwenden.

Eschbach begeistert mich aber nicht nur mit dieser technischen Seite, die immer deutlicher die Angst vor Überwachung schürt, sondern auch mit seinen Protagonisten. Helene und Eugen könnten nicht unterschiedlicher sein und doch landen sie an einem bestimmten Punkt an derselben Stelle: das NSA.
Eugen ist ein eher ruhiges, seltsames Kind, das in der Schule sehr unbeliebt ist und eher Mitleid erregt. Doch je älter er wird, desto grausamer werden auch seine Gedanken und das Mitleid verschwindet, je mehr man im Buch voran schreitet. Er zeigt zutiefst verstörende Verhaltensweisen und tut unverzeihliche Dinge. Dinge, die ich mir niemals im Traum hätte ausmalen können und die mir eine Gänsehaut bereitet haben. Um seine Ziele zu erreichen ist ihm jedes Mittel recht. Ich habe selten bei einem Charakter so einen ekel empfunden, wie bei Eugen und war gleichzeitig sehr beeindruckt vom Autor, dass er es schafft mir eine Person vorzusetzen, die ich abgrundtief verabscheue und trotzdem den Weg, den sie geht, mitverfolgen möchte. Ich wollte einfach wissen was Eugen im Verlauf des Buches widerfahren wird. Ob er mit seinen Machenschaften Erfolg haben wird oder nicht und wohin ihn seine Spielchen bringen werden. An die Spitze oder ans Ende?

Helene scheint das komplette Gegenteil von ihm zu sein. Ein gut erzogenes Mädchen aus einer reichen Familie. Sie soll den perfekten Umgang haben, tolle Noten schreiben. Einfach ein strahlendes Mädchen sein. Doch sie selbst fühlt sich in dieser Rolle nicht wohl. Sie kann mit den Rassengesetzten und genetischen Themen überhaupt nichts anfangen und kann trotzdem nichts gegen die Entwicklungen im Land ausrichten. Sie fügt sich ein, ohne darüber nachzudenken und obwohl sie sich in vielen Situationen unwohl fühlt, sagt sie nichts. Ihre Familie verhält sich noch viel verblendeter und spätestens mit ihrem Onkel Siegmund und seinem Schicksal, stellt Eschbach besonders heraus, wie stark eine Familie durch Propaganda verblendet wird. Die Entwicklung von Helene fand ich im Buch wirklich großartig. Sie wird selbstbewusster, mutiger und beginnt auch über Entwicklungen im Land nachzudenken. Auch wenn diese Einsicht recht spät kommt, so kommt sie immerhin. Der Verlauf ihres Lebens wird von Seite zu Seite spannender und ich bin ihr manchmal kopfschüttelnd und manchmal nickend gefolgt.

Je weiter man im Buch voran kommt, desto bedrückender wird die Stimmung. Die Überwachung durch die „Komputer“ nimmt immer mehr zu und die Technologie wird immer weiterentwickelt. Dieses Gefühl der totalen Überwachung, der Angst, dass jedes Wort und jede Tat irgendwo aufgezeichnet ist und vielleicht eines Tages gegen einen selbst verwendet wird. Man durchlebt während des Lesens so unterschiedliche Gefühle, denn das Buch ist grausam, verstörend aber auch unfassbar gewaltig. Und genau deshalb ist es auch so genial. Andreas Eschbach hat mit „NSA“ ein Gedankenspiel erschaffen, das sich nicht realistischer anfühlen könnte, denn er zeigt in diesen knapp 800 Seiten was in unserer Gesellschaft noch alles möglich sein könnte und was hätte sein können, wäre der „Komputer“ schon zu Zeiten Hitlers erfunden worden.

Vor allem jedoch das Ende fand ich absolut großartig. Es ist vielleicht nicht das, was sich manche Leser wünschen würden aber für dieses Buch einfach perfekt gewählt. Nichts daran hätte geändert werden dürfen, denn genau so sollte es sein. Ich weiß genau, dass mich dieses Buch noch sehr lange begleiten wird und ich werde immer und immer wieder darüber nachdenken was mit all meinen Daten im Internet so geschehen kann. Ich werde wohl nie vergessen, wie nah wir den Szenarien in dieser Geschichte bereits gekommen sind.

Fazit

„NSA“ ist ein Buch, das nicht so schnell loslässt und definitiv zum Nachdenken anregt. Es ist grausam und gleichzeitig großartig. Es ist ekelerregend und hat gleichzeitig Momente der Hoffnung. Es fesselt an seine Seiten und man kann kaum davon ablassen. Das Szenario ist nah an unserer eigenen Gesellschaft, auch wenn es in einer anderen Zeit spielt und man kann sich in diesem Gedankenspiel dem Gefühl nicht erwehren, dass all das, was dort passiert, auch in unserer Zeit geschehen kann. „NSA“ ist für alle eine Empfehlung, die gerne Gedankenspiele durchleben und nichts gegen Alternate History haben. Es ist genial geschrieben und fühlt sich zu real an, um wahr zu sein. Ein absolutes Highlight, das ich wirklich nur empfehlen kann.

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