Inhalt
Emely ist 23, studiert Literaturwissenschaften und endlich passiert in ihrem Leben auch mal etwas Erfreuliches: Ihre beste Freundin Alex zieht zu ihr nach Berlin! Blöd nur, dass Emely dadurch auch ihrem Bruder Elyas wiederbegegnet, dessen Existenz sie in den letzten Jahren mehr oder weniger erfolgreich verdrängen konnte. Offenbar will er sie unbedingt rumkriegen, doch da spielt Emely natürlich nicht mit... oder?
Als sie dann auch noch E-Mails von einem mysteriösen Verehrer bekommt, der ihr sehr schnell ans Herz wächst, ist das Gefühlschaos perfekt...
Wie ich auf das Buch kam
In diesem Fall ist die Geschichte, wie das Buch in mein Regal wanderte, ganz interessant :) Irgendwann im letzten Jahr hatte es begonnen, sich mir quasi aufzudrängen, da ich überall auf begeisterte Bewertungen stieß und meine Neugier war geweckt.
Ich hatte ein Verzeichnis entdeckt, das versprach, "Kirschroter Sommer" würde auch auf der Frankfurter Buchmesse vertreten sein. Da habe ich es dann schließlich auch gefunden - da es ein Ausstellungsstück war, musste ich zwar gut drei Stunden warten, bis ich es mitnehmen durfte, dafür bekam ich es aber zum halben Preis.
Da wusste ich natürlich noch nicht, dass es wenige Monate später als Taschenbuch bei Rowohlt erscheinen würde. Aber so spielt das Leben eben... :D
Meine Meinung
Wenn ich jetzt nach dem Lesen auf das Buch blicke, fühle ich mich ein wenig zwiegespalten. Für mich hat es auf der einen Seite einen sehr positiven Eindruck gemacht, konnte mich auf der anderen aber auch nicht vollkommen überzeugen.
zur Umsetzung:
Was mir sehr gut gefallen hat, ist der Schreibstil. Ich habe selten ein Buch in Händen gehalten, das mit so viel Wortwitz, Raffinesse und Humor aufwarten konnte.
Hinzu kommen eine köstliche Situationskomik sowie Dialoge, die an Schlagfertigkeit und Unterhaltungswert kaum zu überbieten sind.
Abgesehen davon, dass Elyas mir zu häufig als "arroganter Fatzke" betitelt wurde, bin ich von der authentischen Sprache des Buches wirklich begeistert.
zur Handlung und zu den Charakteren:
In Bezug auf den Handlungsverlauf habe ich da weitaus mehr zu kritisieren. Die Geschichte plätschert vor sich hin und kreist prinzipiell nur um die Begegnungen zwischen Emely und Elyas. Darauf läuft alles hinaus und der Rest ist eher Beiwerk. Da ihre Schlagabtäusche allerdings immer wieder herrlich mitzuverfolgen sind, ist das nicht unbedingt als Nachteil zu sehen.
Sehr geschickt fand ich, dass man als Leser recht lange darüber nachgrübelt, was in der Vergangenheit zwischen Emely und Elyas vorgefallen ist und die Auflösung erst spät und unerwartet kommt.
In Bezug auf die E-Mails, die Emely von einem gewissen Luca bekommt, stellt sich sehr schnell ein Verdacht ein, der auch durch mehrere Anspielungen verstärkt wird. Da in diesem Teil nicht aufgelöst wird, was es mit dieser Sache auf sich hat, möchte ich kein vorschnelles Urteil fällen, aber wenn sich mein Verdacht bestätigen sollte, wäre mir dieser Aspekt doch deutlich zu vorhersehbar.
Die Entwicklungen zwischen Emely und Elyas sind überzeugend dargestellt und unterhaltsam zu lesen. Dennoch ging es meiner Meinung nach zu schleichend voran und nach der Hälfte des Buches gingen mir Emelys Starrköpfigkeit und ihre Art, voreilige Schlüsse zu ziehen und jedes Gefühl im Keim zu ersticken, doch ein bisschen auf die Nerven.
Elyas hingegen habe ich als Charakter sehr gemocht mit seinem (gespielt) großen Selbstbewusstsein und seinem Durchhaltevermögen.
Alle anderen Figuren spielten zwar eher Nebenrollen - selbst Alex -, sind in meinem Kopf aber dennoch sehr lebendig geworden.
Fazit
Vielleicht liegt es daran, dass ich das Genre nicht gewohnt bin, aber die große Begeisterung für "Kirschroter Sommer" kann ich nicht vollkommen nachvollziehen.
Es ist durchaus lesenswert und besticht vor allem durch seine Umsetzung, auf der Handlungsebene passiert allerdings nichts Weltbewegendes. Die Liebesgeschichte entwickelt sich eher schleppend bzw. wird durch die Protagonistin, die als Ich-Erzählerin schließlich großen Einfluss auf das Leseerlebnis nimmt, geleugnet.
Unerwartete Wendungen hat es für mich nicht wirklich gegeben und ich befürchte, dass das "Hauptgeheimnis" der Geschichte sehr simpel zu lösen ist - das kann jedoch nur das Lesen der Fortsetzung bestätigen. Ich wäre auf jeden Fall bereit, "Türkisgrüner Winter" eine Chance zu geben.
Kurz: Ich verstehe, warum das Buch gut ankommt, bin aber auch der Meinung, dass es einige (inhaltliche und spannungstechnische) Schwächen hat. Zugute halten muss man ihm jedenfalls, dass es sich gut lesen lässt.
Mit den Noten tu ich mich in diesem Fall etwas schwer. Sagen wir 2- mit leichter Tendenz zur 3+