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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Für alle, die Poetry mögen

Wir können alles sein, Baby
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Bewusst habe ich mich dazu entschieden, die neuen Texte von Julia Engelmann zu hören statt zu lesen, denn nur so lässt sich dem Gefühl mit dem sie ihre Poetry schreibt näherkommen. In 25 teils kurzen, ...

Bewusst habe ich mich dazu entschieden, die neuen Texte von Julia Engelmann zu hören statt zu lesen, denn nur so lässt sich dem Gefühl mit dem sie ihre Poetry schreibt näherkommen. In 25 teils kurzen, teil längeren Texten nimmt sie den Hörer mit in ihre Welt. Sie teilt ihre Freude, ihre Ängste und Sorgen, verweist auf ihr Können und Nicht-Können, alles was sie in ihrem jungen Leben bewegt. Es sind Alltagsgeschichten und doch etwas Besonderes. Sie fordert auf zu leben und zwar so, dass es Spaß macht. Ich mag es, wenn sie auf Zeilen aus Klassikern eingeht oder diese einbaut und schließlich mit englischen Begriffen, die heute Eingang in unsere deutsche Sprache gefunden, verbindet.

Mit ihrer Stimme vermittelt sie ihr eigenes Empfinden: wenn sie über etwas grübelt verlangsamt sie ihre Sprache, wenn sie sich freut, lässt sie das Glück daraus hervortreten. Mit Modulation und Betonung macht sie die poetischen Texte zu etwas Unvergleichbarem, das im Gedächtnis bleibt.

Julia Engelmann hat wie bereits bei ihrem ersten Hörbuch wieder zur Gestaltung der CD mit ihren Strichmännchen beitragen. Diese nehmen den Titel auf und zeigen sich in bester Laune. Ich werde mir sicher die Texte noch oft anhören, denn sie konnte mich damit berühren. Für alle, die Poetry mögen, gebe ich daher gerne eine Empfehlung.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Alltägliche Geschichten mit großen Gefühlen fügen sich zu einem Ganzen

Rosaleens Fest
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Während nur noch ganz vereinzelt Blätter an Bäumen und Sträuchern hängen, beginnt Rosaleen, die Protagonistin im Buch „Rosaleens Fest“ von Anne Enright, im Jahr 2005 mit dem Schreiben von Weihnachtskarten. ...

Während nur noch ganz vereinzelt Blätter an Bäumen und Sträuchern hängen, beginnt Rosaleen, die Protagonistin im Buch „Rosaleens Fest“ von Anne Enright, im Jahr 2005 mit dem Schreiben von Weihnachtskarten. Sie ist 76 Jahre alt, ihr Mann längst verstorben und die inzwischen erwachsenen vier Kinder haben vor Jahren schon das Haus verlassen. Die Karten beinhalten wie jedes Jahr eine Einladung zum Fest im elterlichen Haus, der in den letzten Jahren aber nicht alle gefolgt sind. Diesmal ergänzt Rosaleen den Einladungstext um die Mitteilung, dass sie das Haus verkaufen wird. Ob das der Hauptgrund ist aus dem alle vier in diesem Jahr tatsächlich der Einladung folgen?

Bevor Rosaleen erstmals in den Fokus des Lesers tritt, lernt dieser im ersten der beiden Romanteile die Geschwister kennen. Die Erzählung beginnt im Jahr 1980 und er begegnet dort Hanna, der Jüngsten, als Kind. So wird er ganz nebenbei auch mit den übrigen Familienmitgliedern bekannt. Die weiteren Kapitel nehmen in Zeitsprüngen jeweils eins der Geschwister in den Mittelpunkt. Anlass für den Halt bei der jeweiligen Person ist ein für sie bedeutendes Ereignis. Rund um diese Begebenheit erzählt die Autorin im Rückblick oder schildert die Gedankengänge des Charakters, stets im Schreibstil eines allwissenden Erzählers. Dabei schont sie niemanden und vermag es ein ums andere Mal genau die Schwachstelle im Leben der Person zu beschreiben, immer im Bewusstsein, dass ihr Charakter darüber Bescheid weiß. Es ist nicht das Außergewöhnliche, was den Inhalt des Buchs ausmacht, sondern das was uns im täglichen Leben begegnet und von dem wir alle schon gehört haben oder betroffen sind.

Die Geschwister stehen mitten im Leben doch ihre Gedanken wandern immer wieder in ihre Heimat zu ihrer Mutter. Und sie sind sich bewusst, dass sie deren Erwartungen in Bezug auf Familie und Karriere zum größten Teil nicht erfüllt haben. Über die Jahre hinweg hat sich auch der Kontakt untereinander gelöst. Sie teilen ihre Ängste und Gefühle nicht miteinander. Selbst in ihrer neuen Umgebung haben sie keine Menschen denen sie sich vorbehaltslos anvertrauen können, jeder hat den Schein nach außen hin aufrecht zu halten, dass er das von ihm gewünschte Leben führt. Anne Enright bezieht den Leser mit der benutzen Wir-Form an einigen Stellen in ihre Geschichte ein, so dass er sich mitten in der beschriebenen Szene wiederfindet, die auch zu seinem eigenen Leben gehören könnte.

Rosaleen ist der Reibungspunkt für alle vier Geschwister. Sie ist stolz auf ihre Kinder und ihre eigene Erziehung. Aus einem betuchten Haus kommend hat sie unter ihrem Stand geheiratet. Schon früh hat sie über körperliche Wehwehchen geklagt und darüber die Aufmerksamkeit der Geschwister eingefordert. Obwohl die beiden Männer ihr Glück weit entfernt gesucht haben konnten sie sich genau wie die jungen Frauen nicht vollständig von ihrer Mutter lösen. Ein schlechtes Gewissen hat sie immer dabei begleitet, ihren eigenen Vorstellungen beruflicher Ziele nachzugehen.

Andererseits hat Rosaleen über ihre Erziehung scheinbar vergessen, dass ihre Kinder zu selbständig denkenden Menschen mit eigenen Sorgen und Problemen herangewachsen sind. Sie verschließt davor mehr oder weniger bewusst ihre Augen, blendet aus, womit sie sich in ihrem Alter nicht mehr auseinander setzen möchte, das in früheren Jahren aber auch nie gemacht hat. Sie war immer Rosaleen und hat ihre Perspektive nicht gewechselt.

Ein Ereignis am Ende des Buchs bringt alle dazu, gemeinsam zu handeln. Es stimmt den Leser nachdenklich wie Rosaleens Familie als Zweckgemeinschaft funktionieren kann und bringt die Gedankengänge hin zum Vergeben, Vergessen und einem neuen Anfang.

Die Autorin transportiert in ihrem Roman eine große Fülle Emotionen, die sie dank ihrer Beobachtungsgabe und Fähigkeit, das Gesehene, Erlebte und vielleicht Gelesene zu Papier zu bringen, glaubhaft macht. Die alltäglichen Geschichten mit ihren großen Gefühlen haben mich sehr berührt und finden sich in diesem Buch zu einer einzigen großen Erzählung zusammen in die jeder eventuell ein Teil von sich wiederfinden wird. Gerne vergebe ich hierzu eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Märchenhaft anmutende Erzählung mit frischen Ideen und liebenswerten Figuren

Das Fundbüro der Wünsche
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Die 16-jährige Martha Lost lebt seit sie zurück denken kann im Bahnhof Lime Street in Liverpool. Caroline Wallace erzählt ihre ungewöhnliche, fiktive Geschichte in ihrem Debütroman „Das Fundbüro der Wünsche“. ...

Die 16-jährige Martha Lost lebt seit sie zurück denken kann im Bahnhof Lime Street in Liverpool. Caroline Wallace erzählt ihre ungewöhnliche, fiktive Geschichte in ihrem Debütroman „Das Fundbüro der Wünsche“. Martha weiß, dass sie als Baby in einem Koffer im Fundbüro des Bahnhofs gelandet ist, dass von ihrer Pflegemutter geführt wird und in dem sie seit langer Zeit bereits tatkräftig mithilft. Ihre Pflegemutter hat ihr erzählt, dass sie den Bahnhof nicht verlassen soll, denn sie sei wie einer der „Liver Birds“ der Stadt, die mit Ketten auf den Türmen eines Versicherungsgebäudes befestigt sind und einer Legende nach den Untergang von Liverpool bedeuten, sollten sie sich eines Tages befreien können. Ein Foto dieser kupfernen Vögel findet der interessierte Leser auf der Innenseite der vorderen Klappbroschur. Laut ihrer Pflegemutter würde der Weggang von Martha zum Einsturz des Bahnhofs führen.

Die Arbeit im Fundbüro macht ihr Spaß, denn sie begegnet dort vielen freundlichen Gesichtern in ihrer Umgebung. So gibt es George, der in seiner Uniform eines römischen Legionärs jeden Nachmittag mit dem gleichen Zug eintrifft, Elisabeth aus dem Café nebenan und Jenny vom Kiosk am Bahnhofsausgang sowie Stanley, der den Bahnsteig sauber hält. Doch auf die dringendste und wichtigste Frage ihres Lebens hat Martha bisher keine Antwort erhalten. Zu gerne möchte sie wissen, wer sie wirklich ist, wer ihre leiblichen Eltern sind. Das herauszufinden ist nicht einfach, wenn man den Bahnhof nicht verlassen kann. Eines Tages erhält sie anonym ein Buch mit dem Hinweis, dass ihre Mutter in Bezug auf ihre Herkunft lügt. Gemeinsam mit ihren Freunden sucht sie nach einem Weg, Antworten auf ihre Fragen zu erhalten.

Die Geschichte ist im Jahr 1976 angesiedelt, in einer Zeit in der die Elterngeneration teilweise noch den 2. Weltkrieg bewusst miterlebt hat. Auch im Buch ist ein Vertreter dieser Generation zu finden, der den Leser zu einer interessanten Information über Liverpool führt. Die englische Stadt ist mir hauptsächlich als Geburtsstadt der Beatles bekannt. Carolin Wallace baut neben der Geschichte von Martha noch einen zweiten Erzählstrang auf, in dem es um einen aufgefundenen Koffer eines engen Vertrauten der Band aus Liverpool geht. Dieser Koffer existierte tatsächlich und er passt vom Thema natürlich hervorragend zum Buch und bringt Abwechslung in den Roman. Weitere Auflockerungen erreicht die Autorin dadurch, dass sie hin und wieder kleine Zeitungsreportagen einfügt und die Briefe eines anonymen Schreibers, der Stellung nimmt zu Marthas Fragen, jeweils durch eine andere Schriftart hervorgehoben. Warum der Briefschreiber erst so spät in das nicht immer ganz einfache Leben der Erzählerin eingegriffen hat, war mir leider nicht ganz klar.

Mit der Figur der Martha bringt die Autorin auch etwas Mystik in ihre Geschichte. Die Protagonistin erzählt ihren Part in der Ich-Form. Sie selbst glaubt fest an ihre Fähigkeit, dass sie sich mit aufgefundenen Dingen verbinden kann, indem sie mir ihren Fingern darüber reibt. Auf diese Weise entsteht ein Kino in ihrem Kopf mit Szenen die ihr zeigen wie der Gegenstand verloren gegangen ist. Marthas Pflegemutter bildet zu der kleinen heilen Welt von Martha einen gewaltigen Gegenpart, denn ihre vielen Regeln und Verbote begleiten ihre Erziehung und Martha hat ein Alter erreicht, in dem sie beginnt alles zu hinterfragen. Ihre Auflehnung ist unumgänglich.

Doch trotz des eingeengten Lebens mit ständiger Angst vor Bestrafung, in dass die Autorin Martha hineingeschrieben hat, bringt die Geschichte jede Menge Charme, die Bedeutung von Freundschaft und den Mut zu Veränderungen mit sich. „Das Fundbüro der Wünsche“ ist eine märchenhaft anmutende Erzählung mit frischen Ideen und vielen liebenswerten, teils skurrilen Figuren, dem ich gerne eine Leseempfehlung gebe.Ich vergebe 4,5 Sterne.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Anhaltende Spannung mit mehreren Höhepunkten

Auf kurze Distanz
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Mit dem Buch „Auf kurze Distanz“ hat Holger Karsten Schmidt einen sehr spannenden Kriminalroman mit dem unverbrauchten Thema der Wettmanipulation geschrieben. Der Kieler Kommissar Klaus Burck wird dazu ...

Mit dem Buch „Auf kurze Distanz“ hat Holger Karsten Schmidt einen sehr spannenden Kriminalroman mit dem unverbrauchten Thema der Wettmanipulation geschrieben. Der Kieler Kommissar Klaus Burck wird dazu ausgewählt, beim LKA Hamburg bei Verdeckten Ermittlungen tätig zu werden. Er ist gerade von seiner Freundin verlassen worden, seine Eltern sind verstorben und er hat neben seinem Job keine weiteren Verpflichtungen. Dadurch entspricht sein Profil hervorragend jemandem, der für eine Zeit undercover ermitteln kann ohne aufzufallen. Doch bevor er gefragt wird, ob er seine neue Aufgabe annehmen wird, lässt sein Kieler Vorgesetzter ihn wegen Unterschlagung von Beweismaterial verhaften - ein Buchauftakt mit Nervenkitzel.

Nachdem er sein Einverständnis erklärt hat, besteht sein Auftrag darin, geschickte Wetteinsätze bei Sportwetten zu setzen. Das Geschäft wird in Hamburg zu weiten Teilen von dem Goric-Clan kontrolliert und das Ziel ist es, Burck dort einzuschleusen, um den Clanchef Aco Goric seine Verbrechen nachzuweisen, vor allem die, die sich aus der Sicherung seiner Vorrangstellung ergeben. Denn es wird vermutet, dass dazu Anweisungen zu Schlägereien bis hin zu Mord gehören oder Goric diese selbst ausführt. Verbindungsmann Frank Dudek vom LKA geht besonnen vor. Er versorgt seinen Mitarbeiter mit Informationen und Verhaltensregeln. Als sich eine Möglichkeit ergibt einen Neffen des Clanchefs näher kennenzulernen, ergreift Burck, der sich nun Klaus Roth nennt, die Gelegenheit.

Der Autor hat sich für seinen Krimi von Experten beraten lassen. Dadurch wirkte die Erzählung für mich authentisch. So könnte es tatsächlich ablaufen. Vor dem Lesen dieses Buches war mir nicht klar, in welchem Maße, mit welchen Geldsummen, im Sportbereich Manipulationen betrieben werden und ich war darüber sehr überrascht und erschrocken. Wetten und gewinnen möchten sicher die meisten Menschen, aber die Figuren, die dies im großen Stil handhaben wie im Buch sind Kriminelle, obwohl Teile der Ausführung zu einer rechtlichen Grauzone in Deutschland gehören.

Die Mitglieder der Familie Goric führen ein unscheinbares Leben im Einfamilienhaus oder in angemieteten Wohnungen. Mit der Zeit verschwimmen für Burck die Grenzen zwischen seinem Selbst und der angenommenen Figur des Klaus Roth. Er erwidert die Sympathien der Familienangehörigen die diese ihm entgegenbringen, obwohl Dudek ihn mehrfach vor dem Schein der Gefühle warnt. Natürlich bleibt die Position des Aco Goric im kriminellen Milieu nicht unumstritten und als andere Konkurrenten diesen Platz einfordern und zu einer erheblichen Bedrohung werden, wird es brenzlig für Burck. Auch der Leser weiß in dem Moment nicht, auf welcher Seite er Burck am liebsten sehen möchte: auf der Seite der Legalität oder auf der Seite des Clans, die für Burck mit strafbarem Verhalten einhergehen würde.

Der Autor baut seine Geschichte geschickt auf. Neben einem ansteigenden und dann anhaltenden Spannungsbogen gibt es nicht nur ein furioses Ende, sondern es kommt bereits davor zu einem ersten Höhepunkt. Mich konnte die Handlung fesseln und gerne vergebe ich eine Leseempfehlung an alle Krimifans.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Schicksalhafte Verknüpfung der Geschichte zweier Frauen

Die dunklen Mauern von Willard State
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Ellen Marie Wiseman erzählt in ihrem Roman „Die dunklen Mauern von Willard State“ die Geschichte von zwei jungen Frauen, die zu unterschiedlichen Zeiten leben. Clara ist in behüteten Verhältnissen der ...

Ellen Marie Wiseman erzählt in ihrem Roman „Die dunklen Mauern von Willard State“ die Geschichte von zwei jungen Frauen, die zu unterschiedlichen Zeiten leben. Clara ist in behüteten Verhältnissen der 1920er Jahre aufgewachsen, Isabelle hat eine turbulente Jugend in den ersten Jahren der 1990er erlebt. Soweit sind sie sehr unterschiedlich, doch das Schicksal lässt Isabelle auf den Lebensweg von Clara aufmerksam werden. Sie ist davon so bewegt, dass sie ihn weiter verfolgen möchte. Ob sie dabei erfolgreich ist, erfährt der Leser am Ende des Buchs.

Der Roman beginnt im Jahr 1995. Auf dem Cover ist ein altes Foto der psychiatrischen Anstalt Willard State Asylum zu sehen. Hier soll die 17jährige Isabelle Stone, genannt Izzy, an der Seite ihrer Pflegemutter Peg, die die Kuratorin des örtlichen Museums ist, den Inhalt dort lagernder Koffer ehemaliger Insassen dokumentieren. Seit ihre Mutter vor zehn Jahren ihren Vater erschossen hat, fühlt Izzy sich zum ersten Mal in einer Pflegefamilie wohl. Sie beginnt ihr letztes Highschooljahr und wird als neue Mitschülerin von ihren Klassenkameraden gemobbt. Nicht nur in der Familie, sondern auch in der Schule ist Izzy um Harmonie bemüht, aber nachdem sie ohne Erlaubnis in den Besitz des Tagesbuchs der früheren Anstaltsinsassin Clara Cartwright gekommen ist, lassen deren Erlebnisse sie nicht mehr los. Um mehr über Clara zu erfahren, muss sie gegen die Weisungen Pegs handeln.

Der Leser begleitet Izzy dabei, wie sie lernt, Ängste zu überwinden, Freunde zu finden und sich ihnen gegenüber zu öffnen. Sie beginnt, ihr Leben in die eigene Hand zu nehmen und weitreichende Entscheidungen selbst zu treffen. Jede Lüge, sei sie auch nur aus der Not geboren, tut ihr weh, denn sie weiß, dass sie sich damit die Zuneigung ihrer Pflegeeltern verscherzen kann. Sie hat ein schweres Trauma in ihrer Kindheit erlitten und versucht durch physischen Schmerz den psychischen zu überdecken. In ihrer neuen Klasse begegnet sie einem Mädchen, das genauso verletzt ist wie sie. Doch deren Verhalten ihren Freunden gegenüber heißt sie nicht gut und gerät dadurch selbst in den Fokus. Ihr Mut, Stellung zu beziehen, bringt ihr Sympathien und Freunde, verschärft aber natürlich gleichzeitig den Konflikt. Gleichzeitig beschäftigt sie sich mit dem Leben von Clara, die in herrschaftlichem Hause aufgewachsen ist, aber nicht die Freiheit besessen hat, ihren Lebensweg selbst zu bestimmen. Ihr Vater spielt seine Macht aus, die ihm durch sein Vermögen gegeben ist und seine Tochter verfügt über keine Möglichkeiten sich einer Einweisung in die psychiatrische Klinik zu widersetzen.

Auch ich war fasziniert von der fiktiven Story in der realen Umgebung der Nervenheilanstalt. Dank der guten Recherche der Autorin und der bildhaften Beschreibung konnte ich mir das Leben von Clara in der Institution entsprechend vorstellen. Es ist unglaublich und verstörend, welche Möglichkeiten es gab, gesunde Menschen mit einer Krankheit zu behaften und sie gegen ihren Willen festzuhalten.

Durch die Beschäftigung mit der Geschichte Claras beginnt Izzy über ihr eigenes Verhältnis zur Mutter und ihre Versäumnisse in der Vergangenheit nachzudenken. Erst dadurch beginnt Isabelle sich mit ihrem eigenen Schicksal mit Herz und Verstand auseinanderzusetzen. Claras Geschichte lässt sie erkennen, dass es auch für sie trotz des Stigmatas ihrer Herkunft eine Zukunft geben wird, die bestimmt ist durch ihren Willen, ihren Leistungen und ihrer Integrität.

Ellen Marie Wiseman schafft es, die beiden Handlungsstränge gekonnt miteinander zu verknüpfen. Ich war fasziniert von beiden Geschichten und unglaublich traurig über das Schicksal Claras, das sie sicher tausendfach mit realen Menschen teilt. Gerne gebe ich dem Buch meine Leseempfehlung.