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Veröffentlicht am 15.09.2016

Wie weit darf man gehen, um das Gute zu unterstützen?

Layers
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Das Cover des Buchs „Layers“ von Ursula Poznanski zieht den Blick des Betrachters auf sich, vor allem der Ausschnitt in der Mitte ist es wert, dort näher hinzuschauen. Dadurch, dass die Broschur zweimal ...

Das Cover des Buchs „Layers“ von Ursula Poznanski zieht den Blick des Betrachters auf sich, vor allem der Ausschnitt in der Mitte ist es wert, dort näher hinzuschauen. Dadurch, dass die Broschur zweimal ausgeklappt werden kann entsteht ein mehrschichtiges Titelbild. Synonym steht es für die Geschichte im Buch, bei der der 17jährige Dorian auf der Suche nach der Wahrheit ist. Denn von Beginn an kann er nicht glauben, dass er Emil, der zwar älter aber genauso obdachlos ist wie er, in einer Nische einer Unterführung der U-Bahn erstochen haben soll. Genau das aber behauptet Nico, der plötzlich nach der Tat vor ihm steht. Dorian aber erinnert sich an nichts mehr und hat nun selbstverständlich vor einer Verhaftung Angst. Soll er Nico glauben? Emil liegt in einer Blutlache vor ihm. Das bestätigt doch Nicos Worte. Aber jemanden zu töten würde ihm nicht im Traum einfallen, oder doch? Die Wahrheit ist vielschichtig, Schein oder Realität wird in diesem Roman zum Thema. Kann ich wirklich immer glauben, was ich sehe?

Nico bietet Dorian in der Folge eine Unterkunft an. Sein Arbeitgeber Bornheim unterhält eine Villa in der er obdachlosen Jugendlichen nicht nur ein Zimmer, sondern auch Unterricht anbietet. Als Gegenleistung bittet er nur darum, Werbeflyer an günstigen Stehpunkten in der Stadt zu verteilen. Dorian ist darin sehr geschickt und hält sich an speziell dafür erstellte Regeln, so dass ihm bald schon eine anspruchsvollere Aufgabe zugeteilt wird. Er soll Werbegeschenke an ganz bestimmte, von Bornheim ausgesuchte Menschen verteilen. Dabei soll die Übergabe nach einem bestimmten Ablauf erfolgen. Eines Tages verweigert der Empfänger die Annahme und Dorian wird nicht wieder abgeholt und zur Villa zurückgebracht. Er weiß weder wo genau die Villa liegt noch hat er eine Möglichkeit zur Kommunikation. Nach einigem Hadern mit sich und seinem Gewissen entscheidet er sich dafür, das Geschenk zu öffnen. Und plötzlich wird er zum Gejagten. Doch aus der Stadt flüchten kommt für ihn nicht in Frage, denn da ist einerseits Stella, in die er sich verliebt hat, und andererseits möchte er wissen, welchen Sinn die Werbegeschenke haben.

Das Thema ist nicht mehr ganz neu, aber überaus aktuell, denn es geht darum, welche Auswirkungen es hat, wenn Daten über uns benutzt werden. Denn nicht immer dienen sie rein informatorischen Zwecken. Werden sie ausgewertet und für die Erreichung eigener Ziele eingesetzt, können sie auch manipulatorisch wirken, selbst wenn sie die Wahrheit wiedergeben. Ursula Poznanski spielt in diesem Buch mit Zukunftsvisionen. Das macht sie ganz geschickt, reizt ihre Fantasie nach meinem Geschmack aber zu sehr aus. Dadurch zieht sich die Geschichte in die Länge. Ich bin kein großer Freund von Verfolgungsjagden und darum gefiel es mir nicht so gut, dass Dorian sich lange auf der Flucht befindet. Glücklicherweise gibt es eine Art Countdown, der ein Ende in Aussicht stellt und mich dazu bewegte schnell weiterzulesen. Zum Ende hin kommt es dann zu einem furiosen Finale.

Die Erzählung bleibt stets an der Seite von Dorian. Er ist ein Protagonist, der dem Leser schnell sympathisch wird. Mit ihm hofft er darauf, dass das spezielle Angebot für obdachlose Jugendliche von Bornheim ihm eine Zukunftsperspektive bieten kann. Aber Dorian wirkt an einigen Stellen auch etwas einfältig, vor allem wenn es um seine Liebe zu Stella geht. Natürlich bildet sie eine passende Begründung dafür, Dorian zu verschiedenen Aktivitäten zu verleiten. Einige Charaktere bleiben undurchsichtig, was die Spannung steigert, weil man gern wissen möchte, wem Dorian denn nun überhaupt noch vertrauen kann.

Die große Frage, wie weit man Mittel zum Zweck einsetzen darf, um dem Guten auf die Sprünge zu helfen, wird letztendlich nicht eindeutig beantwortet. Jedoch bietet sich hier ein Denkanstoß und Diskussionsbedarf. Inwieweit sich unsere Realität durch Manipulationen zukünftig ändern lassen wird, bleibt eine spannende Vorstellung. Gerne gebe ich für dieses Buch eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Unterhaltsam ohne tiefgründig zu werden

Black Blade
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„Black Blade – Das eisige Feuer der Magie“ von Jennifer Estep ist eine Urban Fantasy, die in einer Touristenstadt Cloudburst Falls in den USA spielt. Die junge Frau auf dem Cover schaut zwar offen, aber ...

„Black Blade – Das eisige Feuer der Magie“ von Jennifer Estep ist eine Urban Fantasy, die in einer Touristenstadt Cloudburst Falls in den USA spielt. Die junge Frau auf dem Cover schaut zwar offen, aber auch ein wenig ängstlich. So wie sie ist Lila Merriwheather, die Protagonistin des Buches, 17 Jahre alt und Waise. Auf sich allein gestellt , versteckt sie sich im Keller der örtlichen Bibliothek, in der sie sich einen abgelegenen Raum mit dem Wenigen, dass sie besitzt, eingerichtet hat.

Cloudburst Falls wird sowohl von Menschen bevölkert wie auch von Magiern, die zu Familien zusammengeschlossen sind. Diese Familien sind unterschiedlich mächtig und haben die Stadt in Territorien aufgeteilt. In ihrem eigenen Gebiet sorgen sie für den Schutz der Menschen vor den Monstern, die auf der Suche nach menschlicher Nahrung immer wieder die Stadt aufsuchen. Auch die magisch Begabten schmecken ihnen gut. Die magischen Fähigkeiten sind sehr unterschiedlich verteilt. Lila besitzt gleich drei verschiedene Begabungen, wobei ihre Fähigkeit, Transferenz auszuüben, selten ist. Wenn sie Transferenz einsetzt, kann sie die auf sie ausgeübten Kräfte anderer Magier übernehmen und zu ihren eigenen Zwecken nutzen. Wenn die Magie sich in ihr entfaltet, fließen eisige Schauer durch ihren Körper.

Drei Gegenstände hat sie von ihrer Mutter geerbt, darunter ein Schwert, dessen Klinge aus Bluteisen ist, schwarz glänzt und ganz besonders effektiv eingesetzt werden kann. Tagsüber geht sie ganz gewöhnlich zur Schule, zum Überleben erledigt sie Auftragsdiebstähle für den Besitzer einer Gebrauchtwarenhandlung, der ihr einziger Vertrauter ist. In seinem Geschäft wird sie eines Tages in einen Kampf einbezogen und rettet Devon, den Sohn eines der mächtigsten Familien der Stadt. Devon gibt sich nicht so überlegen wie andere Angehörige der Familien und verbirgt auf diese Weise auch ein Geheimnis. Bei dem Angriff kommt seine Leibwächterin ums Leben. Das Familienoberhaupt bedrängt Lila dazu als neue Leibwächterin an der Seite von Devon zu stehen. Wird das der sichere Tod für Lila bedeuten?

„Black Blade“ ist das erste Buch das ich von Jennifer Estep gelesen habe. Den Beginn fand ich relativ unspektakulär. Eine junge verwaiste Frau, die sich vor einer Welt versteckt in der Monster und Magie existieren. Damit konnte ich zunächst wenig anfangen. Erst im Laufe der gelesenen Seiten zeigte die Story die Hintergründe im Machtkampf der Familien auf und breitete die ganzen Auswirkungen der Anwendung der unterschiedlichen magischen Fähigkeiten aus. Denn nur durch die geschickte Handhabung der eigenen Begabungen ist eine Verteidigung im Kampf möglich.

Die Ungeschicktheit ihrer Gegner weiß Lila immer für sich zu nutzen. Sie ist flink, selbstbewusst und überspielt Unsicherheiten gerne mit Sarkasmus. Lila erzählt in der Ich-Form, so dass der Leser an allerhand Gedanken teilhaben kann die sie sich über ihre Zukunftsgestaltung macht. Beim Tod ihrer Mutter war sie in der Nähe und hat den schmerzlichen Moment noch nicht vollständig verarbeitet. Bei der Erinnerung daran, tritt in ihre Gedankenwelt stets der Wunsch danach, sich der Macht der Familien entgegenzustellen. Doch selbst die höhergestellten Menschen der Stadt wenden sich vom Unrecht ab, in Erwartung eines Zugriffs des organisierten Verbrechens auf sie selbst, wenn sie dagegen ankämpfen. Lila hat sich daher in ihrem Alltagsleben immer an alle menschlichen Regeln und Gesetze gehalten, auch um nicht aufzufallen und dem Jugendamt zugewiesen zu werden.

Devon ist im Schoß einer mächtigen Familie aufgewachsen. Doch auch hier entscheidet der Einsatz der magischen Mächte darüber, ob die Familie ihre Stellung halten kann. Als einziges Kind seiner Eltern ist er für den Erhalt der Linie verantwortlich und genießt einen besonderen Schutz. Immer wieder lehnt er sich jedoch gegen seine ständige Bewachung auf. Die Beziehung zwischen Lila und Devon ist einfühlsam, romantisch und realistisch gestaltet. Obwohl beide, wie üblich in ihrer Welt, nicht nur bildlich gesprochen eiskalt über Leichen gehen, wurden mir beide immer sympathischer. Im Laufe der Erzählung wartet die Autorin mit einigen besonderen Lebewesen auf, allen voran den Pixies, die den Magiern dienen. Außer einem kleinen logischen Fehler gab es, aus meiner Sicht, an einigen Stellen etwas dürftige Erklärungen und Ausführungen zu Hintergründen in der Familiengeschichte und zu Monstern.

Insgesamt gesehen fand ich den ersten Band von „Black Blade“ gut, unterhaltsam ohne tiefgründig zu werden und nach einem ruhigen Beginn auch spannend. Wer das Buch lesen möchte, sollte allerdings keine Bedenken in Bezug auf Gewaltanwendung in Fantasyromanen haben.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine wunderbare Freundschaft über Grenzen und Jahre hinweg

Das letzte Polaroid
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„Das letzte Polaroid“ ist der Debütroman von Nina Sahm. Die Autorin erzählt darin von einer Freundschaft die im Urlaub zwischen zwei Mädchen im Teenageralter begann und nun nach zehn Jahren zu einer unvorhersehbaren ...

„Das letzte Polaroid“ ist der Debütroman von Nina Sahm. Die Autorin erzählt darin von einer Freundschaft die im Urlaub zwischen zwei Mädchen im Teenageralter begann und nun nach zehn Jahren zu einer unvorhersehbaren Entwicklung in ihrer Bekanntschaft geführt hat. Über diese lange Zeit der Freundschaft haben Fotos, die mit einer Polaroid-Kamera aufgenommen wurden, die beiden über die räumliche Distanz hinweg begleitet. Die Fotos verblassen langsam wie auf dem Titelbild, doch die Erinnerungen bleiben.

Zu Beginn des 21.Jahrhunderts macht Anna aus Deutschland mit ihren Eltern Urlaub am Plattensee in Ungarn. Im Nachbarhaus wohnt die gleichaltrige Ungarin Kinga, die ebenfalls mit ihren Eltern von Budapest aus in die Ferien an den Balaton gekommen ist. Ein Tag genügt und es beginnt eine Freundschaft, die für beide einen ganz besonderen Anreiz hat. Kinga findet in Anna jemanden mit dem sie ihre kleinen Geheimnisse teilen kann und Anna lauscht staunend den Ausführungen von Kinga über deren erwachende Liebe. Von Annas Eltern wird die Freundschaft nicht gutgeheißen, doch gegen deren Verbot finden die beiden einen Weg auch weiterhin in Kontakt zu bleiben. Zehn Jahre nach dem Urlaub erhält Anna, in deren Leben sich inzwischen einiges geändert hat, einen Brief von Kingas Mutter, die ihr schreibt, dass Kinga nach einem Unfall im Koma liegt. Kurz entschlossen macht sie sich auf den Weg nach Budapest. Doch aus ihrer Reise wird mehr als ihr Besuch am Krankenbett der Freundin. Immer mehr nimmt sie Plätze ein, die bisher von Kinga ausgefüllt wurden.

Anna ist in einem gut situierten Haushalt aufgewachsen. Ihre Eltern legen sehr viel Wert auf Sauberkeit und Wissenserwerb, doch Liebesbekundungen sind selten. Kingas Eltern sind viel unbesorgter, ihr Umgang miteinander ist herzlicher. Doch Anna hat keine andere Wahl als ihre Eltern nach dem Urlaub nach Hause zu begleiten. Der weitere Kontakt zu Anna ist ihre erste Auflehnung gegen ihre Eltern auf dem Weg zum Erwachsensein und zu ihrer Selbstfindung, ihre Berufswahl ist eine weitere. Lediglich einmal haben Anna und Kinga sich in den ganzen Jahren bis zum Unfall getroffen. Anna, die inzwischen deutlich gereift sein sollte, bewundert Kinga und kommt sogar deren Wunsch nach als sie Anna zu einem ersten Mal verhilft. Die Schilderung fand ich unrealistisch und zu Anna unpassend.

Als Anna spontan nach Budapest reist trifft sie hier auf den Alltag von Kinga, den sie nur aus den Briefen kennt und auf eine Stadt, die sich aktiv in Auflehnung zur gegenwärtigen Regierung befindet, darunter auch der Vater ihrer Freundin. Obwohl Anna in der Ich-Form erzählt, erfährt man als Leser wenig über die Gründe für ihr gegenwärtiges Handeln. Das lässt Platz für eigene Interpretationen. Immer mehr nimmt sie den Platz von Kinga ein. Doch wie in allen menschlichen Beziehungen gibt es immer zwei Personen die für die Fortführung des Miteinanders verantwortlich sind. Es war für mich zwar verständlich, dass Anna Freude daran findet, die Rolle der von ihr bewunderten Kinga einzunehmen, doch dass Kingas Eltern und Kingas Freund sie so eng in ihr Leben holen, kann ich nicht so ohne weiteres nachvollziehen.

Glaubte ich Anna durch ihre Erinnerungen näher zu kommen, so rückte sie durch ihr Handeln in der Gegenwart wieder von mir ab und konnte mir nicht sympathisch werden. Die Randfiguren waren interessant beschrieben. Der Reiz der Geschichte war für mich die wunderbare Freundschaft und der Zusammenhalt der Freundinnen über Grenzen und Jahre hinweg. Insgesamt eine nette Geschichte, aber für mich kein Highlight, darum 3,5 Sterne

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ungewöhnlicher Hintergrund, unterhaltsamer Roman

Das Fossil
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Die fossilen Überreste eines Archeopteryx bilden den Rahmen für den nach ihm benannten Roman „Das Fossil“ von Monika Bittl. Auf dem Cover abgebildet ist das sogenannte Berliner Exemplar dieses taubengroßen ...

Die fossilen Überreste eines Archeopteryx bilden den Rahmen für den nach ihm benannten Roman „Das Fossil“ von Monika Bittl. Auf dem Cover abgebildet ist das sogenannte Berliner Exemplar dieses taubengroßen Urvogels, eine Steinplatte die innerhalb einer Familie von Generation zu Generation über mehr als 150 Jahren weitergegeben wird. Im Laufe der Zeit bekommt sie den Ruf Unglück zu bringen, obwohl doch auch einiges Gutes aus ihr hervorgeht.

Im Prolog erzählt der Urvogel, wie es zu seiner Versteinerung kam und das er nun in der Gegenwart bei einem Mitglied der Familie, in dessen Besitz das Relikt vor ungefähr 150 Jahren gelangt ist, im Krankenhaus ausharrt. Gefunden wurde dieser Archeopteryx Mitte des 19. Jahrhundert vom Vater von Babette, einem Steinbrucharbeiter. Sie leben in einem kleinen bayrischen Dorf in dem es einen Arzt gibt der Fossilien sammelt und dabei nach einem Beweis für die Lehre Darwins sucht. Die 17jährige Babette zeichnet die Versteinerungen für ihn auf Papier ab.

Eines Tages kommt ein Engländer mit Interesse an den Steinplatten in den kleinen bayrischen Ort und Babette bändelt mit ihm an. Als dieser über Nacht zurück in seine Heimat aufbricht ohne sie mitzunehmen, weiß sie noch nicht, dass sie von ihm schwanger ist. Den Grund für dieses Geschehen gibt sie dem Fossil, daher vergräbt sie die Platte im Garten. Der feiste Müllersohn macht ihr schon lange den Hof und ist ihr Ausweg aus der Misere. Babetts Erstgeborener Paul sieht seinem Vater ähnlich und hat es in der Familie sehr schwer. Seine Mutter schenkt dem Herangewachsenen das ausgegrabene Fossil zum Verkauf, um damit seine Ausbildung zu finanzieren. Auch er wird von einem Unglück getroffen, so wie die nächsten Besitzer in der Familie bis in die Gegenwart.

Die Einführung nahm meiner Meinung nach schon zu viel vom Ende der Geschichte vorweg. Zu den Ausführungen in diesem Teil über die Schönheit im Leben konnte ich zunächst keinen Zusammenhang zur erwarteten Geschichte sehen. Die anfängliche Schwierigkeit, in den Roman hineinzufinden, legte sich nach den ersten Seiten. Die Erzählung schreitet über die Jahre zügig voran. Mit Babette begegnet der Leser einer recht naiven Person in Liebesdingen. Ihr Talent fürs Zeichnen entwickelt sich aus ihrer Liebe für Details und dem genauen Beobachten ihrer Umgebung. Teilweise verliert sie dabei sogar den Bezug zur Realität. Genau wie sie träumen die nachfolgenden Fossilbesitzer von einem besseren Leben, auch außerhalb des kleinen Dorfs.

Die Idee, dass die Steinplatte der jeweilige Auslöser für Unglücksfälle innerhalb der Familie ist, wird von Generation zu Generation weitergegeben. Obwohl dieser Umstand den Rahmen der Handlung bildet ist er letztlich für den Verlauf nicht entscheidend. Die Erzählung beleuchtet das Leben der verschiedenen Charaktere unterschiedlich lange. Interessant ist es, die Lebensgeschichte einiger Personen über sehr lange Zeit hinweg verfolgen zu können, da sie ja im Umfeld der Kinder und Kindeskinder verbleibt.

Der Schreibstil lässt sich flüssig und gut lesen. In den Dialogen lässt Monika Bittl die Handelnden auch schon mal im bayrischen Dialekt reden. Alles bleibt aber gut verständlich, passt aber sehr gut zur Geschichte und ihrer Umgebung. Ein Fossil als Hintergrund für eine Familiengeschichte zu wählen ist ungewöhnlich und hat mir gut gefallen. Insgesamt fühlte ich mich vom Roman gut unterhalten und vergebe unter Berücksichtigung der oben bereits erwähnten Punkte, die mich störten, 3,5 Sterne.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die abenteuerliche letzte Fahrt des Simplon Orient Express

Welt in Flammen
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'Welt in Flammen' von Benjamin Monferat alias Stephan M. Rother ist ein großer Abenteuerroman. Liebe, Hass, Intrigen, Mord sind nur einige der Zutaten für das seitenstarke Werk, das den Leser an Bord des ...

'Welt in Flammen' von Benjamin Monferat alias Stephan M. Rother ist ein großer Abenteuerroman. Liebe, Hass, Intrigen, Mord sind nur einige der Zutaten für das seitenstarke Werk, das den Leser an Bord des Simplon Orient Express auf seine letzte Fahrt von Paris aus Richtung Istanbul mitnimmt.

Eine bunte Mischung Persönlichkeiten befindet sich an Bord des täglich verkehrenden Zugs, als dieser sich planmäßig am 25. Mai 1940 in Bewegung setzt. Da ist beispielsweise ein Abkömmling des russischen Zaren Nikolai II, Großfürst Constantin, der mit seiner Familie im Exil in Paris lebte und von dem vermutet wird, dass er etwas sehr Wertvolles bei sich trägt. Carol von Carpathien ist ebenfalls im Zug auf dem Weg in seine Heimat um sich dort wieder an die Spitze seines Volkes zu stellen, während seine Pariser Geliebte einen Weg findet ihm zu folgen, ohne das er davon etwas ahnt. Ein amerikanischer Ölmillionär hat die Fahrt seiner jungen Frau geschenkt und eine Stummfilmschauspielerin, ebenfalls aus Amerika, ist auf dem Weg in die Türkei um einem der wenigen Engagements nachzukommen, die ihr noch angeboten werden. Daneben gibt es diverse Vertreter europäischer Länder, die für oder gegen den Krieg im Einsatz sind. Doch noch bevor der Orient Expresses sich in Bewegung setzt, erfährt der Leser im Prolog von einer ganz besonders zu schützenden Sache, die auf diese Fahrt mitgenommen wird, für die ein französischer Widerstandskämpfer sogar sein Leben aufs Spiel gesetzt hat.

Der Leser lernt zunächst eine größere Anzahl handelnder Personen kennen, die die unterschiedlichen Abteile im Zug belegen und sich gelegentlich im Speisenwagen begegnen. Eine hilfreiche Übersicht befindet sich am Ende des Buchs. Dort gibt es ebenfalls eine schematische Zeichnung der Waggons mit einer Belegungszuordnung. Auf der gleichnamigen Webseite zum Buch findet sich dieses Schema wieder. Klickt man auf ein Zugabteil erscheint die Person oder die Personen die dort untergebracht sind mit einer kurzen Charakterisierung und einem Foto. Die Route des Zugs kann hier nachvollzogen werden und es gibt einen kurzen geschichtlichen Hintergrund. Unbedingt mal reinschauen!

Neben den Handlungen im Zug erfährt der Leser im Laufe der Zeit auch einiges aus dem Leben jeden Charakters. In unterschiedlich langen Kapiteln springt die Erzählung von Szene zu Szene, die jeweils einen oder mehrere Mitreisende in den Fokus nimmt. Dazu wird eine gewisse Aufmerksamkeit des Lesers gefordert. Die Kapitel werden mehrfach, aber nicht zu häufig, von Zwischenspielen unterbrochen, die fernab des Zugs spielen. Vor allem zum Ende hin gibt es gewisse Längen in den Schilderungen.

Was mir besonders an diesem Buch gefallen hat, war die Darstellung des historischen Hintergrunds. Ohne lange ausgreifende Schilderungen der damaligen geschichtlichen Lage hat der Autor es verstanden mit wenigen wichtigen Details dem Leser ausreichende Kenntnisse zum Verständnis der Handlungsweisen mitreisender Personen zu vermitteln. Dabei scheut Benjamin Monferat sich nicht, mit den geschichtlichen Daten als Basis seine Fantasie passend dazu spielen zu lassen. Die Charaktere sind typische Vertreter ihres Landes oder der Gruppierung, der sie angehören. Auf diese Weise lässt sich die komplexe Handlung dennoch gut nachvollziehen. Die Entwicklung der Figuren im Laufe der Erzählung sorgt immer wieder für Überraschungen.

Auf dem eingegrenzten Raum des Zugs und in der kurzen Zeit von zwei Tagen ist es erstaunlich welche Spannung sich in den einzelnen Geschichten erzeugen lässt, die über den gesamten Zeitraum anhält und sich zu einem furiosen Ende nochmal steigert. Währenddessen gibt es immer wieder unerwartete Wendungen. Mir hat das Buch gut gefallen und gerne empfehle ich es allen, die sich gerne auf eine abenteuerliche Zugfahrt begeben möchten.