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Veröffentlicht am 02.11.2018

Eulen, Wunder, Angst und Hoffnung

Wie Eulen in der Nacht
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Eulen sind weise. Deshalb wissen sie auch immer ganz genau, wann in Bicho Raro wieder ein Wunder bevorsteht. Dabei muss jeder der Pilger, der dorthin kommt, zwei Wunder erleben. Eines, dass sein Problem ...

Eulen sind weise. Deshalb wissen sie auch immer ganz genau, wann in Bicho Raro wieder ein Wunder bevorsteht. Dabei muss jeder der Pilger, der dorthin kommt, zwei Wunder erleben. Eines, dass sein Problem sichtbar macht und eines, dass erst eintritt, wenn er sich mit diesem Problem auseinandergesetzt hat. Die Mitglieder der dort lebenden Familie Soria dürfen sich nicht in die Wunder einmischen, weshalb sie den Kontakt zu den Pilgern größtenteils meiden. Als Pete Wyatt nicht als Pilger in die Stadt kommt und auch kein Wunder erleben will, beginnen sich die Dinge zu ändern.

Maggie Stiefvaters „Wie Eulen in der Nacht“ ist mehr als nur eine Fantasygeschichte. In der 1962 in Colorado angesiedelten Handlung geht es um zwischenmenschlichen Umgang und die Auseinandersetzung mit eigenem Fehlverhalten sowie den inneren Dämonen. Im Roman wird das als Dunkelheit bezeichnet und die kann sehr erdrückend werden. Die Dunkelheit ist es auch, die das Verhalten der Bewohner von Bicho Raro maßgeblich beeinflusst. Bicho Raro hat zwei Arten von Bewohnern, die Pilger und die Familie Soria, deren Familiengeschichte ebenfalls Einfluss auf die Ereignisse hat.

Am Ende des Romans stehen verschiedene Erkenntnisse. Erstens, dass man mitunter Hilfe braucht, um bestimmte Dinge an sich selbst zu erkennen und zu ändern, Zweitens, dass es hilfreich sein kann miteinander zu sprechen oder manches laut auszusprechen. Drittens, dass es wichtig ist, ab und zu seine Angst zu überwinden, da Angst jede Hoffnung ersticken kann. „Wie Eulen in der Nacht“ umfasst zwar nur knapp 300 Seiten ist aber keine Geschichte, die sich schnell weglesen lässt. Dazu ist die Handlung zu vielschichtig und die Probleme der Pilger bieten viel zu viel Anlass zum Nachdenken, als dass man diese als gegeben hinnehmen könnte. Gerade diese Aspekte lassen die Geschichte jedoch tiefgründiger werden und machen ihren Reiz schließlich aus.

Veröffentlicht am 23.10.2018

Mit ein wenig Abstand betrachtet

Der Apfelbaum
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Der Roman beginnt 1915, als Hauptcharakter Otto geboren wird. 1932 lernt er seine große Liebe Sala kennen. Sechs Jahre später zwingt Salas familiärer Hintergrund sie zur Flucht, als der Krieg beginnt, ...

Der Roman beginnt 1915, als Hauptcharakter Otto geboren wird. 1932 lernt er seine große Liebe Sala kennen. Sechs Jahre später zwingt Salas familiärer Hintergrund sie zur Flucht, als der Krieg beginnt, wird Otto von der Wehrmacht eingezogen. Ab da beginnt eine Odyssee, die die beiden erst Jahre später wieder zusammenführt.

„Der Apfelbaum“ beginnt mit einem Vorspann, der als wegweisend für die folgenden Ereignisse gelten kann. Ein Kind beobachtet, wie alte Bäume gefällt werden, ein knorriger Apfelbaum bleibt allerdings stehen. Der Apfelbaum kann hier nicht nur als Sinnbild für einen Familienstammbaum stehen, sondern auch für die Personen im Roman, die alle eine eigene Last zu tragen haben und dennoch aufrecht stehen. Dabei gliedert sich der Roman in zwei Teile. Einen erzählenden in der Vergangenheit und einen gegenwärtigen, der stellenweise den Eindruck einer Kommentarfunktion vermittelt. Die Verknüpfung zwischen beiden ist der Erzähler, der sich als Ich-Erzähler selbst in die Gegenwartshandlung schreibt.

Hinter dem Roman steckt intensive Recherche, was vor allem daran deutlich wird, dass der Zeitgeist der Vergangenheit, die Lebensumstände der beschriebenen Personen und deren Beziehungen zueinander fast schon detailliert erzählt werden. Die Schonungslosigkeit mit der sowohl menschliche Abgründe als auch bedingungslose Liebe geschildert werden, macht den Reiz des Romans aus. Die Perspektivenwechsel sorgen in diesem Zusammenhang immer wieder für ein kurzes Auftauchen und Innehalten beim Lesen. Diese bewusst gesetzte Unterbrechung des Leseflusses lässt den Leser aber auch aufmerksam werden und kurz über das Gelesene nachdenken. Wer sich das Buch aufgrund des Prominenzbonus kauft, wird sicherlich enttäuscht sein, da man über Christian Berkel selbst nicht viel erfährt. „Der Apfelbaum“ ist die fiktionalisierte Geschichte seiner Eltern und teilweise auch seiner Großeltern. Wovon man allerdings nur schwerlich enttäuscht sein kann, ist die Erzählung selbst. Diese ist fesselnd und von ihrer Struktur her spannend zu lesen.

Veröffentlicht am 09.10.2018

Im Zeichen der Drei

Drachenkralle 2: Das Feuer der Macht
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Simon, Maya und ihre Freunde sind auf dem Rückweg in ihr Heimatdorf. Mit den beiden übermütigen Jungdrachen Mary und Juri gestaltet sich die Reise aber manchmal gar nicht so einfach. Als Mary einem fremden ...

Simon, Maya und ihre Freunde sind auf dem Rückweg in ihr Heimatdorf. Mit den beiden übermütigen Jungdrachen Mary und Juri gestaltet sich die Reise aber manchmal gar nicht so einfach. Als Mary einem fremden Mädchen das Leben rettet, erfahren die Freunde durch eine Prophezeiung von einer neuen Gefahr. Entschlossen, diese abzuwenden, wird die Heimreise erst ein Mal aufgeschoben. Um sich dem Bösen entgegenzustellen, müssen sich die Freunde aber erst einmal trennen.

Mit Alana taucht ein neuer Charakter auf, der sich jedoch nahtlos in die bereits bestehende Gruppe einfügt. Die Figuren aus dem ersten Band werden als bekannt vorausgesetzt, wodurch Alana deutlich in den Mittelpunkt gerückt wird. Da sie die Freunde allerdings erst kennenlernen muss, können hier auch noch Leser, die den ersten Teil nicht gelesen haben, in die Geschichte einsteigen. Viel Zeit, um sich in der neuen Gruppe zurechtzufinden, hat Alana allerdings nicht, da der Schwerpunkt des Buches auf der Entschlüsselung der Prophezeiung und der dadurch bedingten Reise liegt.

Die Handlung von „Drachenkralle – Das Feuer der Macht“ gliedert sich in drei Erzählstränge, zwischen denen gewechselt wird. Dadurch entsteht für den Leser ein umfassendes Bild von der Gesamthandlung. Im Laufe der Geschichte gibt es immer wieder unerwartete Wendungen, aber auch Ereignisse, die sich als Anspielungen deuten lassen können. Hinzu kommen jugendliche Helden, die mitunter impulsiv handeln und verwundbar sind, wodurch die Erzählung eine gewisse Unberechenbarkeit bekommt. Wie bereits der erste Band richtet sich auch „Drachenkralle – Das Feuer der Macht“ primär an Jugendliche und junge Erwachsene.

Veröffentlicht am 03.10.2018

Hinter dem Tresen

Der Mitternachtsladen
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Eigentlich war Lina nur auf dem Weg nach Hause, als ihr an der Straße im Wald ein Laden auffällt. Als der Besitzer des Ladens sie einstellt, ist sie erst mal dankbar für den Job. Dabei müssten die Arbeitszeiten ...

Eigentlich war Lina nur auf dem Weg nach Hause, als ihr an der Straße im Wald ein Laden auffällt. Als der Besitzer des Ladens sie einstellt, ist sie erst mal dankbar für den Job. Dabei müssten die Arbeitszeiten von Sonnenuntergang bis Mitternacht sie eigentlich stutzig machen. Auch ihre Kollegin Mara benimmt sich ein wenig seltsam. Je länger Lina im Mitternachtsladen arbeitet, desto näher scheint sie dem Geheimnis zu kommen. Als sie Brendan, den Sohn des Ladenbesitzers, kennenlernt, offenbart sich ihr eine völlig neue Welt.

Tanja Karmann lässt sich während des Erzählens nur bedingt in die Karten schauen. Das ist insofern positiv für die Geschichte, da man lange gar nicht weiß, was es denn nun mit dem Mitternachtsladen auf sich hat. Auch Brendan und seine Freunde lassen sich dadurch nicht so leicht einordnen. Darüber hinaus hat jedes Detail seinen Platz innerhalb der Geschichte, irrelevante Erwähnungen und Bemerkungen am Rande sucht man vergeblich. Die verdichtete Erzählung fordert wiederum Aufmerksamkeit vom Leser, allerdings macht es einem die Autorin mit ihrem einladenen Schreibstil leicht in den Text einzutauchen. Die Bezüge zum gälischen und der irischen, schottischen und angelsächsischen Feenmythologie fügen sich nicht nur problemlos in die Geschichte ein, sondern ergeben sich auch logisch aus dem Aufbau der erzählten Welt.

Da Lina sich mit den neuen Gegebenheiten erst nach und nach vertraut machen muss, lernt man auch als Leser die Hintergründe Stück für Stück kennen. Das erleichtert es einem, sich in der erzählten Welt zurechtzufinden. Linas jugendliches Alter und die im Text angesprochenen Themen machen „Der Mitternachtsladen - Verbundene Welten“ vor allem für Jugendliche und junge Erwachsene attraktiv. Allerdings spricht das Buch darüber hinaus eigentlich alle Fans von gutgeschriebener Fantasy an.

Veröffentlicht am 31.08.2018

Ein Manuskript, sie alle zu finden

Der Fall von Gondolin
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Lange bevor Bilbo den Einen Ring fand, noch lange bevor der Ring überhaupt geschmiedet wurde, standen sich im Norden Mittelerdes Morgoth, der Ursprung allen Bösen und Ulmo, der Herr der Wasser, gegenüber. ...

Lange bevor Bilbo den Einen Ring fand, noch lange bevor der Ring überhaupt geschmiedet wurde, standen sich im Norden Mittelerdes Morgoth, der Ursprung allen Bösen und Ulmo, der Herr der Wasser, gegenüber. Im Mittelpunkt ihrer Rivalität steht die geheime elbische Stadt Gondolin, die Morgoth zerstören, Ulmo jedoch beschützen und erhalten möchte. Dazu wählt er den Mensch Tuor aus und führt in nach Gondolin, um dessen Bewohner zu warnen. Gondolins König entscheidet sich jedoch dafür, die Warnung zu missachten. Als Morgoth durch Verrat schließlich die Lage der Stadt erfährt, nimmt der Fall von Gondolin seinen Lauf.

„Der Fall von Gondolin“ ist keine neue Geschichte. Wer Tolkiens Werke kennt, hat in „Das Silmarillion“, den „Nachrichten aus Mittelerde“ oder in „Das Buch der Verschollenen Geschichten – Teil 2“ mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit schon etwas vom Untergang Gondolins gelesen. Die jetzige Neuausgabe beschäftigt sich aber nicht nur mit der Geschichte selbst, sondern vor allem mit ihrer Entwicklung und Entstehungsgeschichte. Dazu gibt es Anmerkungen von J. R. R. Tolkiens Sohn Christopher Tolkien, in denen Entstehungsdaten rekonstruiert werden oder sich Anmerkungen zu bestimmten Textpassagen finden. Tolkiens Sohn und Nachlassverwalter gelingt es außerordentlich gut, Ordnung in die oft widersprüchlichen Notizen zu bringen und diese für den Leser nachvollziehbar zu machen. Nicht zu vergessen ist an dieser Stelle die Arbeit des Übersetzers Helmut W. Pesch, der für die deutsche Ausgabe zusätzlich 150 Verse im Stabreim zu übertragen hatte, was nun wirklich keine leichte Aufgabe, ihm aber äußerst treffend gelungen ist.

„Der Fall von Gondolin“ steht in einer Reihe mit „Die Kinder Húrins“ und Beren und Lúthien“, spielt es doch ebenfalls im Ersten Zeitalter von Mittelerde. Da „Der Fall von Gondolin“ keine neue Geschichte ist, eignet sich das Werk vor allem für Tolkien Fans, die sich näher und intensiver mit seinem Werk auseinandersetzen oder auseinandergesetzt haben. Geht man von der endgültigen, letzten Fassung der Geschichte aus, dann wird Gondolins Fall auf gerade einmal 64 von 352 Seiten erzählt. Zum Vergleich: Die erste Fassung umfasst 83 Seiten. Als Lesebuch eignet sich das Werk daher nur bedingt. Wer aber die Entstehungsgeschichte kennen lernen und gerne verschiedene Versionen vergleichen, vielleicht sogar akademisch damit arbeiten möchte, für den hält das Buch interessante Erkenntnisse und auch die eine oder andere Anekdote bereit. Zusätzlich wird der Text durch acht Farbtafeln und fünfzehn Illustrationen des Künstlers Alan Lee bereichert, der bereits zahlreiche Werke Tolkiens illustriert und auch an den Verfilmungen mitgewirkt hat.