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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 18.10.2018

UNblutig und dennoch spannend

Pralinen des Todes
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Der umtriebige Marc Bergmann wird auf einer Parkbank sitzend tot aufgefunden. Schnell ist klar, dass der Mann mit einer Praline vergiftet worden ist. Wer kennt die Gewohnheiten des Frauenhelden besser ...

Der umtriebige Marc Bergmann wird auf einer Parkbank sitzend tot aufgefunden. Schnell ist klar, dass der Mann mit einer Praline vergiftet worden ist. Wer kennt die Gewohnheiten des Frauenhelden besser als Ehefrau oder Geliebte?

Inspektor Quentin Neuner muss sich durch das komplexe Privatleben des Toten durcharbeiten. Bergmann ist nicht nur verheiratet, sondern hat eine Verlobte und gut ein halbes Dutzend Geliebte, die einer straffen Zeiteinteilung bedürfen. Bei der Durchleuchtung des Umfelds stößt die Polizei noch auf einen russischen Gangsterboss, der mit dem Ermordeten Geschäfte gemacht hat. Doch auch der Schwiegervater, Inhaber einer Baufirma, hätte ein Motiv: Der liebe Schwiegersohn wollte die Firma an sich reißen und anschließend Gewinn bringend verkaufen.

Einige der Verdächtigen haben ein wasserdichtes Alibi und sind bald aus dem Rennen. Haben Quentin Neuner und sein Team etwas übersehen?

Meine Meinung:

Ein unblutiger Krimi, der ohne Verfolgungsjagden und unnötige Äktschn auskommt. Hier wird sachlich ermittelt. Quentin und sein Team machen ihre Arbeit, sind vor Fehlern nicht gefeit und müssen sich, da das Opfer ein B-Promi in Salzburg ist, mit der Presse, dem Polizeipräsidenten und dem Bürgermeister herumschlagen. Da trifft es sich gut, dass der Staatsanwalt Quentins Freund ist. Überhaupt fehlen hier die üblichen Querelen in der Dienststelle, was angenehm auffällt. Die einzige Ungereimtheit, die ich orte, ist das Naheverhältnis von Ermittler und Staatsanwalt zu einer Verdächtigen, die eine ehemalige Schulkollegin der beiden ist.

Dieser Krimi besticht durch spannende Verstrickungen und fesselnde authentische Dialoge. Für das nötige Lokalkolorit sorgt der Streifzug durch Salzburg.

Fazit:

Diesen gelungenen Krimi kann ich allen Freunden eines unblutigen Krimis nur empfehlen. Gerne gebe ich 5 Sterne.

Veröffentlicht am 18.10.2018

Wunderschöne Fotos

Zeit am Fluss
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Eva Gruber nennt sich selbst „land art“-Künstlerin. Wenn man die Fotos in diesem Buch betrachtet, wird einem sofort klar, was damit gemeint ist.

Als Quasi-Hintergrund ihrer wunderschönen Fotos hat sie ...

Eva Gruber nennt sich selbst „land art“-Künstlerin. Wenn man die Fotos in diesem Buch betrachtet, wird einem sofort klar, was damit gemeint ist.

Als Quasi-Hintergrund ihrer wunderschönen Fotos hat sie die Schwarza gewählt. Das ist ein glasklarer Gebirgsfluss, der im Rax- und Schneebergmassiv seine Quellen hat. Der Fluss und seine Ufer bzw. die umliegenden Wälder bieten Anregung und „Leinwand“ für die imposanten Gemälde aus Naturmaterialien. Sie sind alle vergänglich.

Beginnend mit dem „Goldenen Herbst“ reiht die Künstlerin ansprechende Fotos ihrer Kunstwerke dem Jahreskreis entsprechend aneinander. Dazwischen gibt es immer wieder passende Texte, die meditativen Charakter haben. Zu Beginn jeder Jahreszeit beschreibt Eva Gruber die Entstehung der Bilder.

Einige Fotos erinnern an die frühen farbenprächtigen Hochkulturen in Mittelamerika oder an die strengen geometrischen Nazca-Linien. Beeindrucken die kargen Winterbilder und die Opulenz von Frühling und Sommer.

Mein Lieblingsbild ist das Titelbild, das mich an ein kostbares Geschmeide aus Edelsteinen erinnert.

Veröffentlicht am 14.10.2018

Ein opulentes Meisterwerk

Der Spielmann (Faustus-Serie 1)
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Wer kennt sie nicht, die Geschichte von Faust, der seine Seele dem Teufel verschreibt, um dafür mehr Wissen zu erlangen?

Oliver Pötzsch, den meisten Lesern durch die Henkerstochter-Saga und die „Ludwig-Verschwörung“ ...

Wer kennt sie nicht, die Geschichte von Faust, der seine Seele dem Teufel verschreibt, um dafür mehr Wissen zu erlangen?

Oliver Pötzsch, den meisten Lesern durch die Henkerstochter-Saga und die „Ludwig-Verschwörung“ bekannt, nimmt sich dieser schillernden Persönlichkeit an, die tatsächlich um 1486 in Knittlingen gelebt hat.

Der Autor schildert das Leben des jungen Johann Georg, von seiner Mutter „Faustus“ genannt, der so gar nicht in die grobschlächtige Bauernfamilie hineinpasst. Faustus ist zart, feingliedrig, intelligent und wissbegierig. Damit ist er ein Außenseiter und wird von den meisten Leuten gemieden.

„Manchmal kam es Johann so vor, als wäre er der Einzige, der nicht in dieses Weltgefüge passte.“ (S. 46)

Nur das Nachbarsmädel Margarethe gibt sich mit ihm ab. Und genau das wird ihm zum Verhängnis. Faustus wird aus dem Dorf gejagt und schließt sich dem herumziehenden Schausteller Tonio del Moravia an, der das Potential, das in Faustus schlummert, erkennt.
Faustus fühlt sich das erste Mal in seinem noch jungen Leben angekommen und übersieht, dass Tonio sein eigenes perfides Spiel mit ihm treibt.

Meine Meinung:

Oliver Pötzsch hat aus diesem wohlbekannten Stoff einen fesselnden historischen Roman gewoben. Wir erleben die dörfliche Enge, das Anderssein und reisen mit Tonio und Faustus kreuz und quer durch Europa.
Die Charaktere sind detailliert und präzise ausgearbeitet. Tonio als Inbegriff des Bösen, der sich als „Seelenfänger“ versteht. Faustus, der ewig Suchende, rastlos und rücksichtslos, als er sein Ziel, Margarethe wieder zu finden, verfolgt. Allerdings wohnen „zwei Seelen in seiner Brust“: er ist auch ein Liebender, der sich über die Konventionen hinwegsetzt. Faustus schwankt stets zwischen Gut und Böse.

Der Schreibstil ist wunderbar opulent, manchmal, der Zeit entsprechend, grausam und blutrünstig.
Ich habe es sehr genossen, die Zitate aus Goethes Faust zu lesen, habe ich doch meine Maturaarbeit über den Faust-Stoff geschrieben und dabei Goethes Werke mit dem von Christopher Marlow verglichen.

Oliver Pötzsch gelingt es perfekt, Fakten und Fiktion zu verbinden. Der Leser muss schon sehr gut aufpassen, das auseinander zu halten. Die wenigen historischen Quellen beschreiben den realen Faustus als Gelehrten, als Zauberer und manche als Betrüger – je nachdem von welcher Warte aus Faustus gesehen wird.

Sehr interessant ist auch die Entstehungsgeschichte rund um dieses Buch. Der Autor streifte bei einem unfreiwilligen Zwischenstopp wegen des Ausfalls der Deutschen Bahn in Knittlingen herum. Da kann man sich bei der DB nur herzlich bedanken.

Ich freue mich schon sehr auf den zweiten Band „Der Lehrmeister“, der voraussichtlich im Herbst 2019 erscheinen wird.

Fazit:

Ein opulentes Meisterwerk der Sprachkunst, dem ich 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 13.10.2018

Fesselnd bis zur letzten Seite

Die Tote im Fechtsaal
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Helga Glaesener entführt ihre Leser in das Dresden von 1869. Die Kluft zwischen arm und reich ist deutlich zu spüren. Die Wohnungsnot öffnet Spekulanten und anderem lichtscheuen Gesindel breite Betätigungsfelder. ...

Helga Glaesener entführt ihre Leser in das Dresden von 1869. Die Kluft zwischen arm und reich ist deutlich zu spüren. Die Wohnungsnot öffnet Spekulanten und anderem lichtscheuen Gesindel breite Betätigungsfelder.

Annie Troll betreibt eine Fechtschule nur für Frauen und hat mit ihrem Vermieter ebenso Probleme wie mit dem zwielichtigen Zwerg Schmitt, der von allen Kleingewerbetreibenden Schutzgeld erpresst. Annie will sich ihr hart erarbeitetes Geld nicht abnehmen lassen.

Als Annie eine ihrer Schülerinnen, eine bekannte Tänzerin, ermordet auf dem Fechtboden auffindet, engagiert sie den ehemaligen Staatsanwalt und nunmehrigen Privatermittler Daniel Raabe. Denn allzu viel Vertrauen in die Staatsgewalt hat die gute Annie nicht, denn wie erwartet, steht für die Polizei, in Person von Max Heller und von Römer, Annie als Täterin fest. Bloß die Beweise fehlen noch. Doch warum sollte Annie die Kuh, die Milch gibt, töten?

Gemeinsam mit Daniel Raabe durchleuchtet sie das Privatleben der Tänzerin, das mehrere Geheimnisse birgt.

Rech bald stoßen sie auf versteckte Liebesbriefe, die auf die Dresdner Freimaurerloge hindeuten.

Raabe, der selbst von Dämonen der Vergangenheit gejagt wird, weil er beim Brand seines Hauses Ehefrau und Kind verloren hat, experimentiert mit neuen Ermittlungsmethoden: Es schwört auf die Aussagekraft von Fingerabdrücken.

Werden Annie und Daniel den Mörder der Tänzerin finden und gleichzeitig dem erpresserischen Zwerg Schmitt das Handwerk legen?

Meine Meinung:

Ich kenne schon einige historische Romane von Helga Glaesener wie zum Beispiel die Toskana-Trilogie oder die „Safran-Händlerin“. Immer wieder sind Krimielemente darin verknüpft und starke Frauen behaupten sich.

Der Schreibstil ist wieder leicht und flüssig. Wir erhalten Einblick in die schwierigen Verhältnisse dieser Zeit. Elegant und unterschwellig erhält der Leser hier Geschichtsunterricht. Wir erfahren etwas über den Entdecker der Daktyloskopie William Herschel und über die herrschenden sozialen Zustände.

Daniel Raabe könnte die sozialen Schranken, die zwischen ihm und Annie bestehen einfach ignorieren. Ich denke, die beiden sind auf dem besten Weg ein unkonventionelles Paar zu werden.

Gemein ist der Cliffhanger, mit dem dieser Roman endet. Das deutet auf eine Fortsetzung hin, auf die ich mich sehr freue.

Fazit:

Ein durchaus sozialkritischer historischer Roman, der mich gefangen hat. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 13.10.2018

Erinnerung an die Kindheit

Worte der Kindheit
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Mit dieser Sammlung von Sprüchen, (Halb)Wahrheiten und Bonmots lässt Autor Norbert Golluch unsere Kindheit auferstehen.
Nicht alle Stehsätze passen auf alle deutschsprachigen Gegenden Europas, da es doch ...

Mit dieser Sammlung von Sprüchen, (Halb)Wahrheiten und Bonmots lässt Autor Norbert Golluch unsere Kindheit auferstehen.
Nicht alle Stehsätze passen auf alle deutschsprachigen Gegenden Europas, da es doch regionale Eigenheiten gibt.

Stellenweise musste ich herzhaft lachen, weil ich häufig die Stimmen meiner Mutter oder der Großeltern noch (oder wieder?) im Ohr hatte. Besonders die Geschichte mit „alle dürfen das“ ist mir in Erinnerung geblieben. Oma pflegt auf mein „Alle in meiner Klasse dürfen das“, zu sagen: „Wenn alle vom Donauturm springen, springst du auch?“ Auch unser Sohn hat das Killer-Wort „alle“ auf den Lippen. Ich habe ihn dann gebeten 2 oder 3 Namen der amorphen Masse „alle“ zu nennen.

Manche Phrase ist den Kriegsjahren und den Entbehrungen geschuldet, wie z. B. „Was auf dem Teller ist, wird gegessen“. Dies sollte mit Nachsicht beachtet werden.

Ein Stehsatz in meiner Familie war auch: „Die armen Kinder in Afrika würden sich freuen, so etwas Gutes zu essen zu bekommen.“

Diese Reminiszenz an unsere Kindheit ist humorvoll geschrieben. Aus der Entfernung der Jahre kommen uns manche Sätze seltsam vor. Man muss hier den zeitlichen Kontext berücksichtigen.

Ich habe mich gut amüsiert, daher 5 Sterne