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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.10.2018

Ein Blick hinter die Fassade

Wenn Liebe nicht reicht
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Mehr als zehn Jahre lang kämpfte die Familie darum, den Vater nicht zu verlieren. Doch am Ende wählte er dennoch den Suizid. Wie eine Depression entstehen und was sie anrichten kann, hat Nova Meierhenrich ...

Mehr als zehn Jahre lang kämpfte die Familie darum, den Vater nicht zu verlieren. Doch am Ende wählte er dennoch den Suizid. Wie eine Depression entstehen und was sie anrichten kann, hat Nova Meierhenrich selbst leidvoll bei ihrem Vater erlebt. In ihrem Buch, das sich vor allem an Betroffene und deren Angehörige richtet, will sie zeigen, wie eine Depression wirklich ist. Dabei wird ihre ganz persönliche Geschichte geschildert.

Mit „Wenn Liebe nicht reicht – Wie die Depression mir den Vater stahl“, geschrieben mit Melanie Köhne, will die Moderatorin und Schauspielerin Nova Meierhenrich Aufklärungsarbeit leisten.

Meine Meinung:

Das Sachbuch besteht aus 14 Kapiteln. Sie werden eingeleitet mit sehr kurzen Ausschnitten aus Gesprächen zwischen der Autorin und ihrer Mutter Helga. Zwischen den Ausführungen von Meierhenrich sind erklärende, allgemeinere Passagen von Psychiater Dr. Mazda Adli eingefügt, einem Depressionsforscher an der Berliner Charité. Dieser Aufbau funktioniert recht gut.

Trotz des ernsten Themas ist der Schreibstil angenehm und anschaulich. Selbst die fachlichen Erläuterungen sind leicht verständlich und lassen sich flüssig lesen.

Inhaltlich gibt die Autorin viel aus ihrem Privatleben preis. Ihre persönlichen Erinnerungen und offenen Worte haben mich bewegt und dafür gesorgt, dass die Lektüre nicht langweilig wird. Ihre Ehrlichkeit im Umgang mit dem Thema und die vielen Beispiele sorgen dafür, dass eine Depression auch für Laien einfach zu erfassen ist. Mit ihren Schilderungen macht sie deutlich, wie wichtig die Behandlung der Krankheit ist, welche Anzeichen ein Alarmsignal sind, welche Auswirkungen es gibt und wie sich Betroffene und deren Angehörige Hilfe holen können. Ein Pluspunkt ist, dass sie auch den Aspekt der Co-Depression anspricht, der vielen nicht bekannt oder bewusst ist. Ihr Ziel, gegen die Stigmatisierung und Tabuisierung dieser Krankheit zu kämpfen, ist lobens- und begrüßenswert.

Gut gefallen hat mir auch die Liste mit Anlaufstellen und weiteren Informationsquellen. Insgesamt war der Erkenntnisgewinn allerdings nicht ganz so groß wie erhofft. Das liegt einerseits daran, dass sich einige Textpassagen inhaltlich stark wiederholten. Andererseits gingen für meine Ansprüche auch die Erklärungen des Experten an mehreren Stellen nicht genug in die Tiefe. Wer jedoch vorwiegend einen Erfahrungsbericht erwartet, der lediglich erste, grundlegende Infos zum Thema liefert, der wird nicht enttäuscht werden.

Die unaufdringliche und doch geschmackvolle Gestaltung des Covers passt meiner Ansicht nach gut zum Inhalt. Auch der Titel ist sehr treffend gewählt.

Mein Fazit:

„Wenn Liebe nicht reicht – Wie die Depression mir den Vater stahl“ von Nova Meierhenrich ist ein interessanter Erfahrungsbericht, der die psychische Krankheit begreifbar macht und gut in das Thema einführt.

Veröffentlicht am 15.10.2018

Prager Nächte

Alchimie einer Mordnacht
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Prag im Winter 1599/1600: Der 25-jährige Christian Stern, ein unehelicher Sohn des Bischofs von Regensburg, ist gerade neu in die Stadt gekommen. Der ehrgeizige Gelehrte und Alchimist will am Hof des Habsburgers ...

Prag im Winter 1599/1600: Der 25-jährige Christian Stern, ein unehelicher Sohn des Bischofs von Regensburg, ist gerade neu in die Stadt gekommen. Der ehrgeizige Gelehrte und Alchimist will am Hof des Habsburgers Rudolf II Karriere machen. Aber ein Mord kommt ihn in die Quere: Schon in der ersten Nacht findet er die Leiche der erst 16-jährigen Magdalena Kroll im Schnee. Ihre Kehle wurde brutal aufgeschlitzt. Das Opfer scheint aus gutem Hause zu sein. Als Fremder gerät Christian sofort in den Verdacht, der Killer zu sein. Dann jedoch wird er zum Ermittler wider Willen. Und als er die Aufmerksamkeit des Kaisers auf sich zieht, könnte auch sein eigenes Leben in Gefahr sein…

„Alchimie einer Mordnacht“ von John Banville alias Benjamin Black ist ein historischer Kriminalroman.

Meine Meinung:

Der Roman besteht aus zwei Teilen: Der erste spielt im Dezember 1599, der zweite im Januar 1600. Untergliedert ist er außerdem in 27 Kapiteln von einer angenehmen Länge. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Christian. Dieser Aufbau funktioniert gut.

Der Schreibstil ist eher anspruchsvoll, aber dennoch flüssig, detailliert und anschaulich. Die Sprache wirkt durchaus authentisch. Der Einstieg in die Geschichte fällt leicht.

Mit Christian Stern steht ein Hauptprotagonist im Mittelpunkt, den ich nicht auf Anhieb sympathisch fand, zu dem ich jedoch im Laufe des Romans einen Zugang erhalten habe. Auch viele weitere Charaktere sind reizvoll angelegt und differenziert gezeichnet.

Die Handlung ist nicht durchgehend spannend und die Ermittlungen stehen weniger im Vordergrund als bei einem klassischen Krimi. Dennoch kommt beim Lesen keine Langeweile auf, denn es gibt mehrere Wendungen und ich bin gerne in das atmosphärisch geschilderte Prag früherer Zeiten eingetaucht. Die Auflösung erscheint mir plausibel.

Zum Lesegenuss trägt bei, dass die Geschichte einige historische Aspekte vermittelt. Gekonnt werden Fakten und Fiktion miteinander verwoben. Interessant finde ich auch die Nachbemerkung des Autors, in der er den Wahrheitsgehalt der Geschichte erläutert und auf die historischen Figuren eingeht. Hier zeigt sich die fundierte Recherche.

Das stimmungsvolle Cover und die hochwertige Aufmachung der gebundenen Ausgabe gefallen mir sehr gut. Der deutsche Titel ist allerdings nicht so treffend gewählt wie das englische Original („Prague Nights“), das ich inhaltlich für passender halte.

Mein Fazit:

Obwohl „Alchimie einer Mordnacht“ von John Banville alias Benjamin Black für mich weder ein Krimi noch ein klassischer historischer Roman ist, hat mir das Buch unterhaltsame Lesestunden beschert.

Veröffentlicht am 12.10.2018

Drei junge Menschen auf der Suche nach einer besseren Welt

Als das Leben unsere Träume fand
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Drei junge Menschen, drei Schicksalsschläge: Eine Schiffsreise nach Buenos Aires bringt neue Hoffnung. Rocco Bonfiglio (20) aus Sizilien ist auf der Flucht vor der Mafia, denn er möchte nicht zum Mörder ...

Drei junge Menschen, drei Schicksalsschläge: Eine Schiffsreise nach Buenos Aires bringt neue Hoffnung. Rocco Bonfiglio (20) aus Sizilien ist auf der Flucht vor der Mafia, denn er möchte nicht zum Mörder werden und verweigert dem Paten den Treueschwur. Auch Rosetta Tricarico verlässt die italienische Insel, nachdem sie brutal vergewaltigt wurde und sich einen Don zum Feind gemacht hat. Ebenso musste die russische Jüdin Rachael Bücherbaum (13), später Raquel genannt, ihre Heimat hinter sich lassen, als ihr Vater zum Opfer eines Pogroms wurde. In dem neuen Land erhoffen sich die drei jungen Leute ein besseres Leben, doch sie stehen vor großen Problemen…

„Als das Leben unsere Träume fand“ von Luca Di Fulvio ist ein bewegender Roman.

Meine Meinung:

Der Roman besteht aus vier Teilen und insgesamt 75 Kapiteln von einer angenehmen Länge. Die Handlung beginnt im Jahr 1912 und reicht bis ins Jahr 1913. Sie spielt an wechselnden Schauplätzen. Zunächst sind die Erzählstränge getrennt, werden aber später verknüpft. Dieser Aufbau des Romans funktioniert gut.

Der Schreibstil ist anschaulich, lebhaft, flüssig und detailreich. Die Beschreibungen sind intensiv und eindringlich. Es gibt viel wörtliche Rede. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir leicht.

Die drei jungen Hauptprotagonisten Rosetta, Raquel und Rocco gefallen mir gut, denn sie sind starke und mutige Charaktere. Es sind jedoch gleichzeitig Menschen mit Schwächen und Fehlern, was sie mir sympathisch gemacht hat. Einige andere Nebenfiguren bleiben jedoch ziemlich eindimensional und sind stark überzeichnet.

Inhaltlich konnte mich die Geschichte sehr bewegen. Es geht um ernste Themen wie Tod, Kriminalität, Antisemitismus, Gewalt gegenüber Frauen, Prostitution, Heimatverlust und einige andere Schicksalsschläge.

Auf unterhaltsame Art webt der Autor historische Aspekte in die Geschichte ein. So erfährt man einige interessante Fakten, die mir bisher nicht bekannt waren. Dazu gehört unter anderem die „Zwi Migdal“. Ein wenig vermisst habe ich allerdings ein ausführlicheres Nachwort, das das Ganze ein wenig einordnet. Die sehr kurze Erklärung zu Beginn des Romans ist mir ein wenig zu dürftig ausgefallen.

Die Handlung kann mit vielen spannenden Momenten fesseln. Trotz der hohen Seitenzahl wird die Geschichte nicht langweilig. Allerdings sind einige Schilderungen für meinen Geschmack unnötig ausführlich und brutal. Zudem sind mir einige Übertreibungen, Logikfehler und Widersprüche aufgefallen, die dafür sorgen, dass ich nicht alle Geschehnisse als realitätsnah empfunden habe.

Sehr gefällt mir das stimmungsvolle Cover, das gut zur Geschichte und auch zur Gestaltung der übrigen Werke des Autors passt. Der Titel klingt poetisch und ist harmonischer als der tatsächliche Inhalt.

Mein Fazit:

„Als das Leben unsere Träume fand“ von Luca Di Fulvio ist ein spannender, sehr unterhaltsamer Roman mit kleineren Schwächen. Eine Geschichte, die mich bewegen konnte.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Emotionalität
  • Atmosphäre
  • Charaktere
  • Spannung
Veröffentlicht am 11.10.2018

Crazy Lazy und die einsame Vita

Ich komme mit
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Schon seit 42 Jahren wohnt Vita Maier (72) in dem Haus in der Torstraße 6. Ihr Mann ist bereits tot, ihr Sohn ausgewandert. Für den Studenten Lazar Laval (20), genannt Lazy, der auch in dem Gebäude zu ...

Schon seit 42 Jahren wohnt Vita Maier (72) in dem Haus in der Torstraße 6. Ihr Mann ist bereits tot, ihr Sohn ausgewandert. Für den Studenten Lazar Laval (20), genannt Lazy, der auch in dem Gebäude zu Hause ist, ist sie bloß die Alte von oben. Doch Vita nimmt ihn bei sich auf, nachdem er von seiner Freundin Elsie verlassen wurde. Seine schwere Krankheit, Leukämie, hat die Geliebte abgeschreckt. Mager und erschöpft weckt er Vitas Mitgefühl. Eine ungewöhnliche Freundschaft entsteht. Als Lazy erfährt, dass er dem Tode geweiht ist, begeben sich die zwei Lebensmüden auf eine verrückte letzte Reise.

„Ich komme mit“ von Angelika Waldis ist ein berührender Roman.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 15 Kapiteln. Zudem gibt es eine Art Prolog. Erzählt abwechselnd aus der Sicht von Lazy (aus der Ich-Perspektive) und der von Vita. Dieser Aufbau gefällt mir gut.

Ein Pluspunkt ist der ungewöhnliche Schreibstil. Besondere Sprachbilder und -spielereien sowie poetische Beschreibungen tauchen immer wieder auf. Gekennzeichnet ist der Stil außerdem durch knappe Sätze und neue Wortschöpfungen. Dennoch wird das Lesen nicht mühsam, sondern – im Gegenteil – zu einem Genuss. Der Einstieg in die Geschichte fiel mir leicht.

Mit Lazy und Vita stehen zwei spezielle und recht gegensätzliche Protagonisten im Vordergrund – eine reizvolle Mischung. Die zwei Charaktere waren mir schnell sympathisch. Gerne habe ich die Entwicklung der beiden und die Entstehung einer Freundschaft verfolgt.

Inhaltlich konnte mich der Roman sehr bewegen, denn Themen wie Krankheit, Sterben und das Altern werden in den Mittelpunkt gerückt. Doch es klingen auch lebensbejahende, humorvolle Töne an und nicht nur traurige und ernste. Viele Weisheiten und Denkimpulse sind eingestreut und regen zum Nachdenken an.

Der Roman über die besondere Freundschaft der beiden erzählt eine ruhige, spannungsarme Geschichte. Dennoch kommt beim Lesen keine Langeweile auf – und das liegt nicht nur an der eher geringen Seitenzahl. Allerdings hätte ich mir an der einen oder anderen Stelle mehr Ausführlichkeit gewünscht.

Das reduzierte Cover und die wertige Aufmachung des Buches treffen genau meinen Geschmack. Den Titel finde ich ebenfalls passend.

Mein Fazit:
Mit „Ich komme mit“ ist Angelika Waldis ein bewegender und sprachlich besonderer Roman gelungen, der zum Nachdenken einlädt.

Veröffentlicht am 03.10.2018

Das alte Stundenglas

Die Sonnenschwestern
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Der kleine Küstenort Tenby in den 1950er-Jahren: Die junge Chloe Samuels verbringt ihre Sommerferien jeweils im Süden von Wales. Bei ihr ist oft ihr Sandkastenfreund LLew, ein kluger Junge aus armen Verhältnissen. ...

Der kleine Küstenort Tenby in den 1950er-Jahren: Die junge Chloe Samuels verbringt ihre Sommerferien jeweils im Süden von Wales. Bei ihr ist oft ihr Sandkastenfreund LLew, ein kluger Junge aus armen Verhältnissen. Er ist heimlich in Chloe verliebt, aber ein dramatischer Vorfall bringt die beiden auseinander. Sie sehen sich nie wieder und können sich doch nicht vergessen.
London, 50 Jahre später: Die 39-jährige Nora folgt einer Vision. Nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten Simon kündigt sie nun spontan ihren Job als Büroleiterin an der Uni und ihre Wohnung. Zum Ärger ihrer 75-jährigen Mutter Jasmine geht sie nach Tenby, um sich auf die Spuren ihrer Familie zu begeben. Was verbindet die Frauen? Welchem dunklen Geheimnis kommt Nora näher? Was verheimlicht ihre Mutter? Und was hat ihre 93-jährige Großmutter damit zu tun?

„Die Sonnenschwestern“ ist ein Familienroman von Tracy Rees.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus mehreren kurzen Kapiteln, die von einem Pro- und einem Epilog eingerahmt werden. Die Geschichte wird abwechselnd aus zwei Perspektiven erzählt: der von Nora und der von Chloe. Cliffhanger am Ende der Abschnitte animieren zum Weiterlesen. Darüber hinaus gibt es zwei Zeitebenen: die jüngere Vergangenheit und die Geschehnisse, die 50 Jahre zurückliegen. Dieser Aufbau funktioniert gut.

Der Schreibstil ist anschaulich, flüssig und angenehm zu lesen. Durch viel wörtliche Rede und atmosphärische Beschreibungen wirkt das Geschehen sehr lebhaft. Ich konnte gut in die Geschichte eintauchen.

Im Mittelpunkt stehen die interessanten Hauptprotagonistinnen Nora und Chloe. Die Gefühls- und Gedankenwelt der beiden wird sehr gut deutlich. Während mir Chloe schnell sympathisch war, konnte ich mich mit Nora anfangs weniger identifizieren. Jedoch macht Letztere eine positive Entwicklung durch, was mir gut gefallen hat. Auch die übrigen Charaktere werden detailliert und lebensnah dargestellt.

Die Geschichte kommt nur langsam in Fahrt und hat einige Längen. Es braucht eine Weile, bis sich die Spannung steigert. Dennoch ist die Handlung unterhaltsam und die Auflösung absolut schlüssig. Inhaltlich konnte mich der Roman außerdem berühren.

Viel Wert legt die Autorin glücklicherweise auf historische Details. Sie belegen die fundierte Recherche. Weitere Pluspunkte sind für mich das kleine Glossar mit walisischen Begriffen und ein Rezept.

Das Cover ist ansprechend gestaltet. Der deutsche Titel ist allerdings leider nicht so treffend wie das englische Original („The hourglass“).

Mein Fazit:
„Die Sonnenschwestern“ ist ein bewegender Roman von Tracy Rees, der unterhaltsame Lesestunden bereitet. Vor allem für Fans von Familiengeschichten eine empfehlenswerte Lektüre.