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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.10.2018

Leider zum Ende hin schwach

Die Sonnenschwestern
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Chloe verbringt jeden Sommer in Tenby bei Tante Susan und Onkel Henry. Das ganze Jahr freut sie sich auf die Sommerferien. Sie liebt die walisische Stadt am Meer. Was die Zeit für sie dort aber ganz besonders ...

Chloe verbringt jeden Sommer in Tenby bei Tante Susan und Onkel Henry. Das ganze Jahr freut sie sich auf die Sommerferien. Sie liebt die walisische Stadt am Meer. Was die Zeit für sie dort aber ganz besonders macht ist Llew Jones, der zwei Jahre jünger ist als sie, jedoch über eine Weisheit weit jenseits seines Alters verfügt. Sie sind unzertrennlich. Bis eines Tages ein großes Unglück passiert, das alles verändern soll.

Nora ist fast 40, als sie ihre halbherzige Beziehung beendet, ihren Job an der Universität kündigt und nach Tenby fährt, weil sie diesen Strand aus Kindheits- und Jugendtagen vor dem inneren Auge sah. Er hat sie ganz deutlich gerufen, sich auf das Sinngebende in ihrem Leben zu berufen und das wahre Glück zu suchen.

Tracy Rees gelingt es, einen atmosphärischen Roman zu kreieren, der ihre eigene Liebe zu Wales im Allgemeinen und Tenby im Speziellen widerspiegelt. Ihre Beschreibungen des Ortes sind so lebhaft und ansprechend, dass man als Leser auch direkt dem Ruf Tenbys folgen möchte, um dort Ruhe und Schönheit zu finden. Auch den zwei Frauenschicksalen, im Wechsel geschildert, folgt man mit gleichbleibender Anteilnahme und anhaltendem Interesse. Jede Leserin wird sich sowohl mit Chloe und ihren unbeschwerten Sommertagen als auch mit Nora und ihrem Ausbruch aus dem Alltagstrott identifizieren können. Beide sind glaubhaft, lebensnah und vertraut. Zu schade ist deshalb die Tatsache, dass der Roman im letzten Abschnitt in völligen Kitsch abdriftet, der den ganzen vorhergehenden Zauber der Geschichte zerstört und das Glaubwürdige ins Unglaubwürdige verwandelt. Zusätzlich zu bemängeln sind der manchmal etwas holprige Übersetzungsstil sowie die recht vielen Rechtschreibfehler, die sich in den deutschen Text geschlichen haben.

Veröffentlicht am 17.10.2018

Die Werdende und die Gewordene

Die Schönheit der Nacht
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Clarie ist vierundvierzig Jahre alt und wohnt mit ihrem Mann, Gilles, und ihrem Sohn, Nicolas, in Paris. Claire ist Verhaltensbiologin. Sie liest „in Gang und Körperhaltung, Gesicht und Gesten“, sie registriert ...

Clarie ist vierundvierzig Jahre alt und wohnt mit ihrem Mann, Gilles, und ihrem Sohn, Nicolas, in Paris. Claire ist Verhaltensbiologin. Sie liest „in Gang und Körperhaltung, Gesicht und Gesten“, sie registriert „Angespanntheit und Furcht [...], Gedankenlosigkeit und die vielen leisen Wünsche, betrachtet oder übersehen, begehrt oder beneidet zu werden“. Julie, die erste ernste Freundin ihres Sohnes, ist neunzehn Jahre alt und hadert in allen Lebensfragen noch mit sich selbst. Der Sommer an der Küste der Bretagne verwebt die ,Gewordene‘ und die ,Werdende‘ auf schicksalhafte Weise miteinander, die auch die Leben von Gilles und Nicolas verändern.

Die eingestreuten französischen Wörter, die wohl auch jeder, der kein Französisch spricht, verstehen wird, verleihen dem Roman ein gewisses Flair für die ,französische Lebensart‛ – verstärkt durch die sehr ansprechend beschriebenen Örtlichkeiten der Bretagne. Welche Funktion die eher despektierlichen Kommentare zu Macron und seiner Frau haben, die die Autorin den Figuren in den Mund legt, bleibt mir jedoch schleierhaft.

Ein Buch für Menschen, die sich für Psychologie interessieren, die gerne bei existentiellen Fragen verweilen und sich nicht davor scheuen, in ein fremdes Innenleben einzutauchen, um möglicherweise dadurch zu Erkenntnissen über sich selbst zu gelangen. Ein Werk „über das Leben und Werden als Frau, über Weiblichkeit, Sexualität, über Lust und die Veränderungen der Liebe, der Ehe, der Seele. Des Körpers. Der Träume.‟ Nicht mehr und nicht weniger. In einer sehr bildlichen und metaphernreichen Sprache. Persönlich hat mich das Buch allerdings nicht sonderlich angesprochen, da ich mich des Eindrucks nicht verwehren konnte, dass der Roman mehr oder weniger lediglich das Thema der Sexualität umkreist: Hat man ein erfülltes Sexualleben, dann fügen sich auch alle anderen Lebensebenen zu einem harmonischen Ganzen.

Veröffentlicht am 22.09.2018

»Wenn die Welt es dir zu schwer macht, nimm dir ein Buch und geh in eine andere.«

Für immer ist die längste Zeit
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Madeline ist vom Bibliotheksgebäude gestürzt. Selbstmord heißt es. Ihr Mann Bradley und ihre Tochter Eve sind am Boden zerstört und geben sich die Schuld an Madelines Tod. Warum sonst hätte sie sich das ...

Madeline ist vom Bibliotheksgebäude gestürzt. Selbstmord heißt es. Ihr Mann Bradley und ihre Tochter Eve sind am Boden zerstört und geben sich die Schuld an Madelines Tod. Warum sonst hätte sie sich das Leben nehmen sollen, wenn nicht weil sie unglücklich war und sich nicht geliebt gefühlt hat?

Der Roman "Für immer ist die längste Zeit" setzt sich profund mit dem Thema Trauer auseinander. Die Autorin lässt uns sowohl an Eves und Bradleys als auch an Madelines Innenleben teilhaben - denn Madelines Geist nimmt weiterhin am Leben ihrer Liebsten teil, sie möchte sie in ihrem Schmerz trösten, aber auch einen Ersatz finden - Bradley kommt doch nie ohne Frau zurecht und Eve braucht doch eine Mutter! Doch die Zeit drängt, denn Madeline schwebt immer mehr in die Höhe...

Alle drei Protagonisten des Romans setzen sich mit ihrer Vergangenheit und der Rolle, die sie in der Familie gespielt haben, auseinander. Dabei geht es nicht nur um die Verhältnisse Bradley-Madeline und Eve-Madeline, sondern auch um weitere, wie z.B. Madelines Verhältnis zu ihrer eigenen Mutter, die Alkoholikerin war und sich das Leben nahm - die Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Schuld ist meiner Meinung nach der erschütterndste und gelungenste Teil des Romans, da er äußerst wahrhaft scheint.

Zweifellos lässt sich Abby Fabiaschi eine eingehende Beschäftigung mit dem Thema des Verlusts und der Trauer zusprechen, leider ist der Roman jedoch insgesamt zu bemüht - zu bemüht locker oder zu bemüht tiefgründig. Ich konnte mich oftmals auch leider des Eindrucks nicht erwehren, dass sich die Autorin bzw die Figuren im Ton vergreifen. Ein Absatz, ein Satz, ein Halbsatz, ja, manchmal auch nur ein Wort schienen fehl am Platz, der Situation nicht angemessen.

Man vergisst beim Lesen nie, dass es sich um reine Fiktion handelt. Trotzdem ist die Intention der Autorin zu loben. Der Roman gibt Anstöße, das eigene Handeln in der Familie zu überdenken.

Veröffentlicht am 18.09.2018

Das eigene Leben augenzwinkernd (ver)achten

Man muss auch mal loslassen können
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Drei Frauen sehen keinen Ausweg mehr, sie wollen sich das Leben nehmen. Bloß wie, welche Methode ist die beste?

Charlotte ist ein schlankes Persönchen von 44 Jahren. Sie ist sensibel, versonnen und sehr ...

Drei Frauen sehen keinen Ausweg mehr, sie wollen sich das Leben nehmen. Bloß wie, welche Methode ist die beste?

Charlotte ist ein schlankes Persönchen von 44 Jahren. Sie ist sensibel, versonnen und sehr zerstreut. Um sich ganz ihrem literarischen Werk widmen zu können, kündigt sie sogar ihre gesetzliche Krankenversicherung. Als Charlotte erfährt, dass sie an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt ist, sie ihre Geschwister vor dem finanziellen Ruin bewahren möchte und zudem erkennt, dass ihr Werk nichts taugt, gibt es für sie nur die eine Lösung – den Freitod.

Wilma, 59 Jahre alt, hat ihr Lebenlang als Gastwirtin gearbeitet, drei Kinder selbst großgezogen und war immer für jeden da, der sie brauchte. Ihre ganze Lebensfreude bezog sie aus ihrem Wirtinnendasein, da sie gerne für andere sorgte und für das ihr im Gegenzug entgegengebrachte Vertrauen und Sympathiegefühl dankbar war. Das ändert sich schlagartig, als sie wegen missachtetem Rauchverbot ihre Konzession verliert. Um den Politikern einen Denkzettel zu verpassen möchte sie Selbstmord begehen.

Jessy, die 21jährige Aldi-Kassiererin, spitzzüngig, extrovertiert und hochbegabt, möchte alles anders machen in ihrem Leben als ihre Mutter, die Alkoholikerin, die nie für ihre Tochter dagewesen ist. Als Jessy ihren Freund, Jossip, den Jura-Studenten, in flagranti mit einer anderen erwischt, gibt sie ihren Kampfgeist und Lebenswillen auf. Jossip soll für seinen gedankenlosen „Tagesausflug“, wie er seinen Seitensprung nennt, bezahlen – mit ihrem eigenen Leben.

Charlottes, Wilmas und Jessys Wege kreuzen sich bei der Suizid-Beratungsstelle „Dare it“ und sie beschließen ihr Selbstmordvorhaben gemeinsam zu meistern. Nach drei missglückten Versuchen geraten sie an einer Tankstelle in einen Raubüberfall. Kurzerhand werfen sie sich den Dieben an den Hals, um als Geiseln mitgenommen zu werden. Und vielleicht haben die zwei ja mehr Mumm als sie selbst und können die unangenehme Aufgabe des Tötens für sie übernehmen?‮

Der Leser nimmt abwechselnd am inneren Erleben Charlottes, Wilmas, Jessys und der beiden Möchtegern-Gangster, Ralle bzw. Moritz, teil. Je nach Vorlieben wird sich der Leser in unterschiedlichem Maße mit den Figuren identifizieren. Mein persönlicher Liebling war Charlotte. Mit Jessy konnte ich dagegen am wenigsten anfangen; obwohl ihr von den anderen Figuren so viele positive Eigenschaften zugeschrieben wurden, empfand ich sie als ichbezogen, flach und taktlos.

Abgesehen von einigen Plot- und Plausibilitätsschwächen liefert uns Monika Bittl mit „Man muss auch mal loslassen können“ einen lebhaften und spritzigen Roman. Von der Grundidee her liegt dem Roman zwar der Gedanke des schwarzen Humors zugrunde, mit der Innensicht der Romanfiguren und ihrem gedanklichen Austausch untereinander übt die Autorin allerdings eher Gesellschafts- und Sozialkritik aus – natürlich mit dem nötigen Augenzwinkern und einer ordentlichen Portion Humor. Jede Figur lernt von der anderen und so entscheidet jede für sich, nicht aufzugeben, sondern ihr Leben von neuem in die Hand zu nehmen. Sie erkennen auch, dass man sich selbst nicht immer so ernst nehmen sollte – eine Erkenntnis, die sicherlich jedem und jeder von uns ebenfalls zugute käme!

Veröffentlicht am 04.09.2018

Zu hohe Erwartungen?

Die Schwestern von Mitford Manor – Unter Verdacht
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Die skandalumwitterten Mitford-Schwestern, der unaufgeklärte Mord an Florence Nightingale Shore und auch noch aus der Feder Jessica Fellowes, der Nichte Julian Fellowes, der die Drehbücher zu der Serie ...

Die skandalumwitterten Mitford-Schwestern, der unaufgeklärte Mord an Florence Nightingale Shore und auch noch aus der Feder Jessica Fellowes, der Nichte Julian Fellowes, der die Drehbücher zu der Serie „Downton Abbey“ geschrieben hat! Diese Kombination verspricht einen erstklassigen Lesegenuss!

Das (oder so ähnlich) mag sich manche Person gedacht haben, als sie zu dem Roman „Die Schwestern von Mitford Manor. Unter Verdacht“ griff. Leider werden die auf diese Weise hochgeschaukelten Erwartungen nur zum Teil erfüllt.

Kommen wir zunächst auf die Mitford-Familie zu sprechen. Wählt man als Autor(in) bekannte historische Persönlichkeiten, so hat man den Vorteil, dass man die Figuren nicht mehr einführen und dem Leser erst sympathisch machen muss, der Nachteil dagegen besteht darin, dass je nach Wissensstand des Lesers, gewisse Erwartungen den Figuren gegenüber nicht erfüllt werden, was ich in dem vorliegenden Fall bestätigt sehe. Von dem spezifischen Flair der schockierenden aber trotzdem (oder gerade deshalb!) faszinierenden Mitford-Schwestern ist in dem Roman Jessica Fellowes nichts zu spüren. Natürlich kann man das zum Teil darauf zurückführen, dass in dem ersten Band der Mitford-Schwestern-Serie nur Nancy Mitford fast erwachsen ist, die restlichen Mitford-Schwestern dagegen noch Kinder sind, doch hätte in diesem Fall zumindest Nancy so herausgearbeitet werden können, dass sie für den Leser direkten Erkennungswert hätte. Trotzdem bleibt abzuwarten, ob die Autorin in den weiterführenden Bänden das Charakteristikum der Mitford-Schwestern gezielter herausarbeiten wird, hat sie doch, eigenen Angaben zufolge, die Primär- und Sekundärliteratur zu den Mitford-Schwestern eingehend studiert!

Was den kriminalistischen Aspekt in dem Roman betrifft, so zieht er sich über drei Viertel des Romans in die Länge, um im letzten Viertel rasant an Tempo zuzunehmen, um dann ebenso schnell wieder zu verklingen und sich zusammen mit all den anderen im Laufe der Romanhandlung aufgebauten Konflikten in Wohlgefallen aufzulösen.

Auch eine kleine Liebesgeschichte wird einem geboten, die den Leser jedoch auch nur mäßig fesseln kann. Vielmehr dient sie wohl dem Zweck, den personalen Erzähler auf zwei Figuren aufzuteilen, deren Schicksal miteinander verwoben wird und die doch separat für sich agieren können und so den Mordfall gemeinsam lösen können.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Roman leicht und flüssig zu lesen ist, er jedoch weder in erzählerischer noch sprachlicher Hinsicht als herausragend zu bezeichnen wäre. Der Roman ist zwar nicht schlecht zu nennen, es fehlt ihm jedoch an Leben, Individualität, Glaubwürdigkeit und Authentizität. Sicherlich hat Jessica Fellowes für den ersten Band der Mitford-Manor-Serie viel Recherche betrieben und das sollte man ihr auch zugute halten, doch wirkt alles – die Figuren, die Situationen, die Gespräche – viel zu konstruiert, als dass man den Roman zu wirklich guter Literatur zählen könnte.