Authentisch und beklemmend - Wien nach 1945
Wiener AuferstehungWiener Auferstehung-2/Andreas Pittler/5 Sterne
Im zweiten Teil des „Wiener Triptychons“ mit dem vielsagenden Titel „Wiener Auferstehung“ führt uns Andreas Pittler in die Zeit nach 1945.
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Wiener Auferstehung-2/Andreas Pittler/5 Sterne
Im zweiten Teil des „Wiener Triptychons“ mit dem vielsagenden Titel „Wiener Auferstehung“ führt uns Andreas Pittler in die Zeit nach 1945.
Wir befinden uns wieder inmitten der drei Familien Glickstein, Strecha und Bielohlawek. Allerdings richtet der Autor seinen Fokus verstärkt auf die Ereignisse in Wien. Von der Familie Glickstein, den ehemaligen Eigentümern des Hernalser Bräu, hat nur Caroline überlebt, weil sie rechtzeitig fliehen konnte. Sie kämpft, nunmehr Mutter einer Tochter, von Amerika aus, um die Restitution der Brauerei.
Wickerl hat die Nazizeit im KZ gerade noch überlebt und Turl ist in den letzten Kriegstagen desertiert. Beim ersten Treffen der ehemaligen Freunde steht fest, dass sie nie mehr an die Zeit vor dem Krieg anknüpfen können.
Es hat sich wenig verändert, wenn man von den Zerstörungen der Stadt und der schlechten Versorgungslage in Wien absieht. Die Gräben zwischen Sozialisten und Nazis sind nach wie vor vorhanden, obwohl nach 1945 keiner bei den braunen Horden gewesen sein will.
Die Männer der Familien Strecha und Bielohlawek sind nach wie vor verfeindet. Der alte Strecha fühlt sich wieder einmal benachteiligt und neidet dem alten Bielohlawek seinen Posten in der Brauerei. Dass der nur als Strohmann für die Nazis herhalten muss, sieht Strecha nicht. Ihre Frauen, Fanny und Fini, gehen die Sache pragmatischer an und versuchen, das Beste aus der Misere zu machen.
Meine Meinung:
Wie schon im ersten Band „Wiener Kreuzweg“ sind die drei Familien eng mit der Geschichte der (fiktiven) Brauerei in Hernals verwoben. Es scheint als spiegelte sich die große Welt im Mikrokosmos des Hernalser Bräu.
Gut herausgearbeitet sind die Winkelzüge der Nazis, die die den Juden geraubten Besitztümer unter allen Umständen behalten wollen und vor einem weiteren Betrug und Erpressung nicht Halt machen. Sehr gut ist die beschämende Haltung der österreichischen Behörden beschrieben, die sich mit Restitutionsansuchen möglichst lange Zeit lassen und den Erben der ermordeten Juden alle nur erdenklichen Steine in den Weg legen.
Andreas Pittler zeigt uns die Erstarkung der Gewerkschaften, vor allem unter der Führung von Franz Olah, der später einmal Innenminister sein wird und wegen Veruntreuung ins Gefängnis muss. Sehr spannend ist die Geschichte erzählt, wie Franz Olah, selbst Gewerkschaftsboss, die Oktoberstreiks beenden konnte und einen Bürgerkrieg wie anno 1934 vermieden hat.
Dieser Teil liest sich wie das „who is who“ der österreichischen Nachkriegspolitik – sehr aufschlussreich für historisch Interessierte.
Bin schon sehr gespannt, wie es mit den drei Familien weitergeht. Von Caroline Glicksteins Tochter Mary, werden wir vermutlich noch einiges zu lesen bekommen. Ich freu mich auf den dritten Teil.
Fazit:
Ein authentischer Roman aus dem Wien der Nachkriegszeit. Gerne gebe ich 5 Sterne und eine Leseempfehlung. Unbedingt „Wiener Kreuzweg“ zuvor lesen!