Leider nicht geheimnisvoll…
Der Klappentext zu „Das Geheimnis der Grays: Kriminalroman“ verspricht einen „psychologischen Kriminalroman in der Tradition von Agatha Christie“. Hierzu passt auch das Cover, das einen idyllisch verschneiten ...
Der Klappentext zu „Das Geheimnis der Grays: Kriminalroman“ verspricht einen „psychologischen Kriminalroman in der Tradition von Agatha Christie“. Hierzu passt auch das Cover, das einen idyllisch verschneiten Landsitz zeigt mit einer dunklen Gestalt im Vordergrund, die vielleicht flieht. Der 1933 im Original erschienene Kriminalroman wurde nun erstmals auf Deutsch veröffentlicht.
Die Handlung spielt am Weihnachtsabend des Jahres 1931 in England auf dem verschneiten Landsitz King‘s Polar der Familie Gray. Adrian Gray, das greise und geizige Familienoberhaupt hat seine sechs Kinder nebst Schwiegerkinder bei sich versammelt. Anstelle weihnachtlicher Familienidylle tun sich psychologische Abgründe auf.
Die gesamte Verwandtschaft ist komplett zerstritten und nur hinter dem Geld des alten Gray her. So beginnt die Geschichte auch mit einer wenig schmeichelhaften Charakterisierung aller Anwesenden. Warum der Roman im Deutschen den Titel „Das Geheimnis der Grays“ trägt, erschließt sich mir nicht, denn da der Leser in Teil zwei live miterlebt, wer Adrian Gray tötet, ist es beileibe kein Geheimnis, wer der Mörder ist. Insoweit ist der englische Originaltitel „Portrait of a Murderer“ deutlich treffender, wie auch insgesamt für mich im Mittelpunkt des Buches weniger die Kriminalhandlung, als eine Art Charakterstudie sämtlicher Familienangehöriger steht. Und die ist zudem alles andere als erfreulich, da - vielleicht von zwei Familienangehörigen abgesehen - die gesamte Sippschaft komplett unsympathisch charakterisiert ist: allesamt geldgierig, nach Ruhm, Titel oder sonstigen Zielen strebend leben sie unzufrieden mit sich und ihren Partnern in ihrer kleinkarierten Welt.
Ein durch und durch negatives Bild wird gekennzeichnet. Irgendwie erwartet man ja noch einen kleinen Lichtblick oder ein Happy End wie in Dickens „Weihnachtsgeschichte“, aber leider kommt da nichts…
So ist die von zahlreichen langatmigen Dialogen und Beschreibungen geprägte „Handlung“ auf Dauer recht ermüdend. Dass die gesellschaftlichen Wertevorstellungen aus dem Jahre 1931 stammen, macht die Sache auch nicht wirklich unterhaltsamer. Das damalige Frauenbild, aber auch sonstige Klischees und Wertungen (der Schwiegersohn, der für krumme Finanzgeschäfte zuständig ist, ist natürlich jüdischer Abstammung) tragen zu dem negativen Gesamtbild leider bei.
Schade, da hatte ich mir mehr erhofft!