Nachdem ich „Gehen. Weitergehen“ gehört habe, freute ich mich auf das Buch in gedruckter Form, denn es tut einfach gut, in diesem Band zu lesen, die tiefgründigen Gedanken auf sich nochmals wirken lassen, zusammen mit Erling Kagge Mount Everest besteigen oder zum Inselreich Mikronesien zu reisen, die tonnenschweren Steine aus schwarzem Basalt dort zu bewundern und zu rätseln, wie sie dorthin gekommen waren, sowie die alten Legenden darüber zu erfahren usw.
Es ist ein vielfältiges Leseerlebnis insgesamt: Man ist nicht nur geographisch unterwegs, man ist auch in der Zeit und in den Gedanken, anderer und den eigenen, schwer unterwegs.
Die vielen Stellen mit schönen Zitaten aufsuchen kann man als eine Art Spiel betreiben: Das Buch an einer beliebigen Stelle aufschlagen und paar Seiten lesen. Schon bald kommt es. Es sind nicht nur die eigenen Gedanken des Autors wie:
„Dass etwas unmöglich ist, ist nur eine mittelfristige Arbeitshypothese.“ S. 132.
„Unter Menschen zu sein ist das Größte Vergnügen, wenn man durch eine Stadt geht. Zu Fuß ist die Trennung zwischen dem, was du tust, geringer. Solange man geht, wird man zu einem Teilnehmer, wie es die Sozialanthropologen nennen, nicht nur zu einem Beobachter.“ S. 47.
„Je größer der Abstand zwischen denen wird, die bestimmen, und den Menschen, über die bestimmt wird, desto weniger relevant scheinen die Beschlüsse für diejenigen zu sein, für die sie gelten.“ S. 84.
Es gibt noch einige sehr gute von anderen Denkern wie von Søren Kierkegaard, Henry David Thoreau, Immanuel Kant, Milan Kundera.
Man erfährt auch die Geschichten aus Kagges Familie, die Erklärungen, warum er dies und jenes in seinem Leben getan hatte, was ihn dazu bewogen, was er sich davon versprochen hatte, z.B. der Abstieg in die Unterwelt Manhattans oder sein Gang zum Südpol usw. Man erfährt über seine Großmutter und den Großvater. Was ich auch schön fand, denn so rückt Kagge den Lesern näher, da man sieht, er hatte auch ähnliche Situationen im Leben und so war er da vorgegangen, so hatte er die Engpässe überwunden, dies und jenes ist seinen Vorfahren passiert.
Das Buch ist sehr schön gemacht: Festeinband mit dem Foto eines dichten Waldes von oben, mit goldenen Baumwipfeln und dunklerem Grün. Umschlagblatt aus weißem, etwas rauem Papier. Im Buch findet man einige Farbabbildungen: Fotos der Landschaften oder auch Bewegungsbilder der Tiere, die zeigen, dass „Die Art und Weise, in der ein Tier sich bewegt, sagt viel darüber hinaus, wie es sich fühlt“. S. 62. Am Beispiel eines hungrigen und eines satten Pinguins sieht man den Unterschied im Schwanken beim Gehen.
Man kann noch viel über dieses Buch erzählen, besser man liest es selbst.
Fazit: Ein weiteres großartiges Buch aus der Feder von Erling Kagge. Seine „Stille“ im letzten Jahr fand ich auch stark. Unterhaltsam, zum Nachdenken und vor allem zum Gehen anregend, weise, bereichernd.
Verbleibe auf weitere Werke des Autors gespannt und lese immer mal wieder in diesem Buch oder auch in der „Stille“. Helle 5 Sterne und eine klare Leseempfehlung. Toll als Geschenk oder ein nettes Mitbringsel.