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Veröffentlicht am 30.10.2018

Familie Ising zur Beginn des Naziregimes

Eine Familie in Deutschland
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1933. Die Nazis sind mittlerweile an der Macht und das Leben in Deutschland wird von ihren Parolen und Kriegsvorbereitungen bestimmt. Der Unternehmer Hermann Ising lebt mit seiner Frau Dorothea und seinen ...

1933. Die Nazis sind mittlerweile an der Macht und das Leben in Deutschland wird von ihren Parolen und Kriegsvorbereitungen bestimmt. Der Unternehmer Hermann Ising lebt mit seiner Frau Dorothea und seinen fünf Kindern in Fallersleben im Wolfsburger Land und betreibt in dritter Generation eine Zuckerfabrik. Tochter Charlotte ist Kinderärztin und hat in Benjamin ihre große Liebe gefunden, doch seine jüdischen Wurzeln machen dem Paar aufgrund der politischen Lage das Leben sehr schwer. Tochter Edda ist filmverrückt und kann sogar Leni Riefenstahl zu ihrem engsten Bekanntenkreis zählen. Sohn Horst ist wie sein Vater NS-Parteimitglied, besitzt aber mehr Ehrgeiz als sein alter Herr und richtet sein Leben und das seiner Frau nach den Wünschen von Hitlers Ideologie ein. Hermanns jüngster Sohn Willi ist ein Spätgeborener und leidet unter dem Down Syndrom, was zu der Zeit als abartig zählt und für Willi einem Todesurteil gleichkommt. Und dann gibt es noch den ältesten Sohn Georg, der eigentlich die Familientradition weiterführen und die Fabrik übernehmen soll, doch dieser hat sich entschieden, als Ingenieur Automobile zu entwickeln. Auf Hitlers Befehl soll ein Volkswagen für die Deutschen konstruiert werden und zwar in Wolfsburg. Diese Entscheidung und auch die politische Lage wirft in der Familie Ising viele Probleme auf, die den Zusammenhalt stark gefährden…
Peter Prange bekannt für seine historischen Romane und hat mit seinem neuen Buch „Eine Familie in Deutschland“ den ersten Band einer Familiengeschichte vorgelegt, der den Leser zurückführt in die Zeit der Machtergreifung der Nazis und dem damit verbundenen Ende der Weimarer Republik. Der Leser kann hautnah an den historischen Ereignissen teilhaben sowie am Beispiel der Familie Ising miterleben, welche Veränderungen und Entscheidungen die damalige Politik und ihre Ideologie in den Menschen hervorrief. Der Schreibstil ist flüssig, voller Intensität und Gefühl, der Leser kann gar nicht anders als der Geschichte zu verfallen und das Buch nicht aus der Hand zu legen, während er in die vergangene Zeit taucht und das Familienleben der Isings mit all ihren Träumen, Wünschen und Problemen mitzuerleben. Der Autor hat den historischen Hintergrund akribisch recherchiert und wunderbar mit seiner Handlung verwoben, so dass Realität und Fiktion ineinander übergehen und sie kaum voneinander zu trennen sind. Auch die Entstehung des heutigen Automobilkonzerns VW in Wolfsburg gehört dazu. Sehr eindringlich beschreibt der Autor die Veränderung in der Bevölkerung als Folge der Politik, die Judenhass heraufbeschwor und mit ihrem Euthanasiegesetz viele Menschen ins Unglück stürzte, während gleichzeitig die Wirtschaft angekurbelt wurde. Geschichtlich sowie spannungstechnisch ist der Autor in dieser Hinsicht kaum zu übertreffen.
Die Charaktere sind wunderbar herausgearbeitet und zeigen mit ihrer Individualität sämtliche Facetten, was sie sehr authentisch und lebensecht wirken lässt. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und ihre Gewissenskonflikte und Entscheidungen nachvollziehen, was allerdings nicht bedeuten soll, dass man vielleicht ebenso gehandelt hätte. Hermann ist der Patriarch der Familie, der bereits feste Vorstellungen hat, wie es mit dem Familienunternehmen weitergehen soll. Er ist Parteimitglied, allerdings wohl eher aus wirtschaftlichen Gründen. Georg ist ein intelligenter Kopf, der sich lieber der Konstruktion von Autos widmet denn der Zuckergewinnung. Edda ist eine schillernde Persönlichkeit, die im Geheimen liebt. Charlotte ist eine sympathische Frau, die ihren Wunsch, als Ärztin zu praktizieren, wahr gemacht hat. Die Liebe zu Benjamin ist groß, doch leider auch gefährlich, was sie zum selbstlosen Handeln zwingt. Horst ist ein Unsympath, der sich Hitlers Ideologie ins Herz hat tätowieren lassen. Er ist unerbittlich und doch angreifbar. Willi ist ein liebenswerter Kerl, der gar nichts für die Gefahr kann, in der er schwebt. Auch die weiteren Protagonisten tragen zur atmosphärischen Dichte des Romans bei.
„Eine Familie in Deutschland“ ist ein sehr eindringlich erzählter spannender Roman vor dem Hintergrund der düstersten Zeit in Deutschland im letzten Jahrhundert, der den Leser verzaubert, mitnimmt und Teil der Geschichte werden lässt, als wäre man selbst dabei gewesen. Absolute Leseempfehlung und abwartende Spannung beim Warten auf den zweiten Teil!

Veröffentlicht am 29.10.2018

Floras Traum vom Eis

Im Licht des Polarsterns
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1889. Ihre Liebe zum Eis entdeckt Flora mit 12 Jahren, als ihre Mutter verstirbt und sie ihren Vater bei einer Schiffsreise auf einem Walfänger in die Arktis begleitet. Da ihr Vater oft lange unterwegs ...

1889. Ihre Liebe zum Eis entdeckt Flora mit 12 Jahren, als ihre Mutter verstirbt und sie ihren Vater bei einer Schiffsreise auf einem Walfänger in die Arktis begleitet. Da ihr Vater oft lange unterwegs ist, bleibt Flora einige Jahre bei den Inuit und fühlt sich dort bald zuhause. Die Eisformationen, die raue und einsame Landschaft sowie die Einwohner gewinnen ihr Herz und münden in dem Wunsch, Polarforscherin zu werden. Als junge Erwachsene muss sie die Arktis verlassen und macht eine Ausbildung als Meteorologin, doch innerlich sehnt sie sich nach Grönland und will so bald wie möglich dorthin zurückkehren. Mit Zähigkeit, viel Kampf und auch durch harte Arbeit gelingt ihr das Unmögliche: sie geht als Leiterin einer Expedition auf einen Schiff und lernt unterwegs den Geologen Jakob kennen, der ebenfalls mit einer Forschungsgruppe aus Amerika unterwegs ist. Schon bald verlieben sich die beiden. Wird ihre Liebe überhaupt eine Zukunft haben und was wird aus Floras Traum?
Stef Penney hat mit ihrem Buch „Im Licht des Polarsterns“ einen sehr unterhaltsamen, abenteuerlichen historischen Roman vorgelegt, der den Leser bereits ab den ersten Seiten in den Bann zieht und nicht mehr von der Leine lässt, bis die letzte Seite gelesen ist. Der Schreibstil ist flüssig, bildhaft und farbenfroh, der Autorin gelingt es mühelos, den Leser in die Landschaft des Ewigen Eises zu entführen und großartige Bilder im Kopf zu formen, die einem die Gänsehaut über den Rücken jagen. Das einfache und harte Leben der Inuit sowie deren Gemeinschaft werden sehr schön dargestellt, so dass der Leser sie sich genau vorstellen kann. Die Schiffsreisen sind ebenfalls sehr bildhaft geschildert und vermitteln das Gefühl, selbst mit an Bord zu sein und alles mitzuerleben. Die Autorin lässt den Leser daran teilhaben, wie schwer es für Frauen im damaligen Jahrhundert war, sich in einer von Männern beherrschten Domäne zu behaupten und wie hart und unerbittlich der Kampf für Frauen war, um sich ihrem Traum zu nähern, ihren Wunschberuf auszuüben und dafür auch Anerkennung zu erhalten.
Die Charaktere sind sehr detailliert und lebensnah gestaltet, sie formen sich vor dem inneren Auge des Lesers während der Lektüre und wirken kraftvoll und sehr realistisch. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und erlebt die Kämpfe und Widerstände hautnah mit. Flora ist eine Frau, die von Kindheit von ihrem Traum vorwärts getrieben wurde, welcher ihr die Energie sowie die Kraft und den Mut verlieh, ihn Wirklichkeit werden zu lassen. Sie setzt sich über Konventionen hinweg und sieht sich so manchen Anfeindungen gegenüber, die es zu bekämpfen gilt. Jakob ist ein sympathischer Mann, der ebenso von der eisigen Landschaft fasziniert ist wie Flora. Er bringt Floras Leidenschaft hervor und ist fasziniert von der Frau, die sich zu behaupten weiß und seine Liebe teilt. Auch die übrigen Protagonisten geben der Handlung ein rundum gelungenes Gesamtbild.
„Im Licht des Polarsterns“ ist ein wunderschöner Roman über eine starke Frau, über Träume und über die Liebe zum Ewigen Eis, so wunderbar erzählt, dass man die Zeit beim Lesen vergisst, weil man sich selbst im Geiste mit auf der Reise befindet. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 21.10.2018

Martha Ellis Gellhorn - "Hemingways Frau, die auch schreibt"

Hemingway und ich
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Die 25-jährige Martha Gellhorn hatte immer den Traum, ein eigenes Buch zu schreiben, doch gelingen will es ihr nicht. Sie stürzt sich in Affären mit älteren Männern, bis 1936 die Begegnung mit dem bekannten ...

Die 25-jährige Martha Gellhorn hatte immer den Traum, ein eigenes Buch zu schreiben, doch gelingen will es ihr nicht. Sie stürzt sich in Affären mit älteren Männern, bis 1936 die Begegnung mit dem bekannten und charismatischen Schriftsteller Ernest Hemingway ihr Leben verändert. Hemingway, der bereits zum zweiten Mal verheiratet ist und Vater von drei Söhnen ist, trennt sich von seiner Ehefrau, um Martha zu heiraten und fortan mit ihr durch die Welt zu ziehen. Die beiden bilden eine sehr enge Einheit und im Schatten von Ernest beginnt auch Martha endlich, Dinge zu schreiben, die ihr am Herzen liegen. Sie erarbeitet sich schnell den Ruf einer ausgezeichneten Kriegsreporterin, deren Texte von namhaften Zeitungen gedruckt werden, während auch Hemingways Karriere immer mehr Fahrt aufnimmt und weiterhin mehr Aufmerksamkeit bekommt als Marthas Arbeit. Wird Martha sich mit einem Leben im Schatten von Ernest zufrieden geben?
Paula McLain hat mit ihrem Buch „Hemingway und ich“ einen sehr fesselnden und bewegenden Roman über Martha Gellhorn, die dritte Ehefrau von Ernest Hemingway, vorgelegt, der von Beginn an begeistert und nicht nur einen faszinierenden Einblick in die Welt des Ehepaares gibt, sondern auch glaubhaft die Gefühlswelt und Zerrissenheit von Martha porträtiert. Der Schreibstil ist flüssig und packt den Leser, sowie er eingetaucht ist in die 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Ernest Hemingway war damals schon ein berühmter Schriftsteller, der von vielen verehrt wurde. Der Autorin gelingt es auf sehr ungewöhnliche Weise, belegte Tatsachen mit Fiktion zu mischen, um dem Leser einen guten Einblick über das berufliche Wirken und die Beziehung zwischen Ernest und Martha zu vermitteln. Dabei steht Martha ganz klar im Vordergrund, die zu Beginn noch immer kämpft, um sich ihre Träume zu erfüllen und erst mit der Beziehung zu Ernest auf den richtigen Weg kommt, ihre Geschichten zu schreiben und unter die Leute zu bringen. Zwischen Martha und Ernest besteht eine Art Seelenverwandtschaft, die beiden teilen alles und sind voneinander dermaßen eingenommen und fasziniert, dass sie sich gegenseitig hochpuschen. Allerdings steht Ernest Stern immer ein wenig höher als der von Martha, was eine Weile gutgeht, dann aber zu Konflikten führt. Die damalige Zeit spielt Ernest dabei natürlich in die Hände, da er ein gefeierter Autor ist und die Einstellung gegenüber starken Frauen damals noch nicht sehr ausgeprägt war.
Die Charaktere sind wunderbar gezeichnet und sprühen vor Lebendigkeit. Sie besitzen starke Persönlichkeit, individuelle Eigenheiten und wirken so sehr real und authentisch. Martha ist eine starke und unabhängige Frau, die oft an sich selbst zweifelt. Sie ist voller Hingabe für ihren Beruf und neugierig auf die Welt und alles, was diese ihr zu bieten hat, aber auch in der Liebe zu ihrem Mann. Ihre Zerrissenheit zwischen Beruf und Liebe zeigt deutlich, dass sie lange keine Entscheidung fällen kann, aber irgendwann muss, damit sie sich selbst treu bleibt und ihre Träume ohne Barrieren verwirklichen kann. Martha hat einen starken Willen, gibt nicht auf und sucht immer wieder nach Lösungen, um vielleicht doch neben Ernest zu bestehen. Ernest Hemingway ist ein gefeierter Autor, der in Martha so etwas wie seine Muse sieht. Sie beflügelt ihn, öffnet ihm den Blick und inspiriert ihn, was ihn zu weiteren Höhenflügen ansetzen lässt. Doch er ist auch nur ein Mann, der die Anbetung und uneingeschränkte Aufmerksamkeit genießt. Ablenkung davon schlägt sich auf sein Ego nieder, zwei Stars in einer Beziehung kann es nicht geben. Die Beziehung der beiden gleicht am Ende einem Kräftemessen, aus dem der Stärkere hervorgeht.
„Hemingway und ich“ ist ein wunderbares Portrait einer Liebe, deren Besessenheit, Höhen und Tiefen beruhend auf wahren Begebenheiten mit einer Prise Fiktion. Wer gern über wahre Persönlichkeiten liest, sollte sich die Geschichte von Martha Gellhorn nicht entgehen lassen, denn sie bezaubert, rüttelt auf und stellt Fragen in den Raum, wie man selbst wohl entschieden hätte. Absolute Leseempfehlung für ein Wahnsinnsbuch!

Veröffentlicht am 21.10.2018

Suppenlina

Das Novembermädchen
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Berlin 1866. Die Jüdin Lina Morgenstern ist verheiratet und Mutter von fünf Kindern. Sie ist tief betroffen von dem Elend und der Hungersnot, die in der Stadt herrscht und macht sich Gedanken darüber, ...

Berlin 1866. Die Jüdin Lina Morgenstern ist verheiratet und Mutter von fünf Kindern. Sie ist tief betroffen von dem Elend und der Hungersnot, die in der Stadt herrscht und macht sich Gedanken darüber, wie man da Abhilfe schaffen könnte. Schnell wird die Idee geboren, den Hunger der Bevölkerung durch die Gründung von Großküchen und der Ausgabe von kostengünstigen Mahlzeiten zu stillen. Doch bis es soweit ist, muss Lina einige Überzeugungskraft an den Tag legen und auch auf politischer Ebene so manchen Kampf ausfechten im Sinne von Frieden und Gerechtigkeit innerhalb der Bevölkerung. Doch Lina hat überzeugende Argumente und findet bei vielen Menschen Gehör.
Katrin Tempel hat mit ihrem Buch „Das Novembermädchen“ einen sehr eindrucksvollen historischen Roman über die Kinderbuchautorin, Frauenrechtlerin und Aktivistin Lina Morgenstern vorgelegt, der wahre und fiktive Ereignisse auf geschickte Weise miteinander verbindet. Der Schreibstil ist flüssig, fesselnd und bildhaft, zieht den Leser regelrecht in die Geschichte hinein, wo er sich ins späte 19. Jahrhundert führen lässt, um dort an der Seite von Lina so einiges zu erleben. Die Autorin hat sehr gute Hintergrundrecherche betrieben und diese mit ihrer Handlung verwoben. Die gesellschaftlichen Strukturen zur damaligen Zeit werden dem Leser ebenso nahegebracht wie die politische Situation und das Elend der Normalbürger. Aufgrund dieser Lage wird ein Gedanke geboren, die Bevölkerung mit wenigen Mitteln zu versorgen, um ihren Hunger zu stillen. Diese Einrichtungen sind auch heutzutage ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft und nicht mehr aus dem Alltagsleben wegzudenken.
Die Charaktere sind sehr lebhaft und detailliert ausgearbeitet, sie besitzen individuelle Eigenheiten, die sie sehr real erscheinen lassen. Lina ist Ehefrau und fünffache Mutter, man könnte meinen, sie hätte genug Dinge, um die sie sich kümmern muss. Doch das Leid, das sie täglich in den Berliner Straßen vor Augen hat, lässt sie nicht ruhen. Sie ist eine starke Frau, die auch einen Dickschädel besitzt, der sie nicht aufgeben lässt, bis sie ihr Ziel erreicht hat. Die Gründung des Vereins der Berliner Volksküchen im Juli 1966 ist einzig und allein ihrem Engagement zu verdanken. Lina setzt sich nicht nur für Frauenrechte ein, sondern engagiert sich für Schulkinder aus ärmlichen Verhältnissen oder gründete Kinderschutzvereine. Lina stößt mit ihrer Hartnäckigkeit auch einige Menschen vor den Kopf, doch irgendwie schafft sie es immer wieder, ihren Kampf zu gewinnen. Auf ihre eigene Art war Lina zur damaligen Zeit schon recht emanzipiert, denn während sie ihre Kämpfe austrug und Kinderbücher für den Lebensunterhalt der Familie schrieb, kümmerte sich ihr Mann, der mit seinem Unternehmen Schiffbruch erlitt, daheim um die Kinder. Auch die weiteren Protagonisten geben der Handlung ein buntes und rundes Bild und einen guten Einblick in die damalige Zeit.
„Das Novembermädchen“ ist ein fesselnder historischer Roman über das Wirken von Lina Morgenstern, deren Engagement geschichtlich belegt ist und mit fiktiven Elementen auf wunderschöne Weise erzählt wird. Eine sehr kurzweilige Lektüre für Historienfans, die gern über tolle Persönlichkeiten lesen und sich faszinieren lassen. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 21.10.2018

Der Brief ihres Lebens

Alles Glück eines Lebens
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Die 43-jährige Karen ist alleinerziehend und weiß seit einiger Zeit, dass sie unheilbar an Eierstockkrebs erkrankt ist, an dem sie sterben wird. Während sie gegen die Krankheit kämpft, versucht sie gleichzeitig, ...

Die 43-jährige Karen ist alleinerziehend und weiß seit einiger Zeit, dass sie unheilbar an Eierstockkrebs erkrankt ist, an dem sie sterben wird. Während sie gegen die Krankheit kämpft, versucht sie gleichzeitig, Sohn Jacob eine gute Mutter zu sein, wobei sie ihre Schwester Allison tatkräftig unterstützt. Als der 6-jährige Jacob den Wunsch äußert, seinen leiblichen Vater kennenzulernen, muss Karen eine schwere Entscheidung treffen. Sie schreibt einen sehr intensiven und offenen Brief an ihren Sohn, in dem sie ihm von ihrem Leben erzählt sowie dem Kennenlernen und der Beziehung zwischen seinem Vater und sich selbst. Dabei hadert sie mit sich, ob sie mit Jacobs Vater Verbindung aufnehmen soll. Wird sie Jacob seinen Wunsch erfüllen?
Lauren Grodstein hat mit ihrem Buch „Alles Glück eines Lebens“ einen sehr emotionalen und berührenden Roman vorgelegt, der den Leser mitten ins Herz und in die Seele trifft. Der Schreibstil ist gefühlvoll und flüssig, der Leser ist schnell in der Handlung verankert und erfährt aus erster Hand von Karens Leben, Gefühlen, Gedanken und Schicksal. Durch die Erzählung in der Ich-Form und als Brief verfasst, entsteht zwischen dem Leser und Karen eine innere Verbundenheit, so dass man ihre Bedenken und Ängste sehr gut nachvollziehen kann und gleichzeitig eine Achterbahn der Gefühle erlebt, denn Liebe, Verzweiflung, Trauer, Zorn und Wut werden alle durchlebt. Sehr schön lässt die Autorin den Leser „hinter die Kulisse“ von Karen blicken, die schonungslos ehrlich und offen alles niederschreibt, wobei man sich während der Lektüre immer wieder die Frage stellt, ob man in ihrer Situation wohl auch so handeln würde, da ja immer Emotionen mitspielen besonders im Hinblick auf die eigenen Kinder, für von einer Mutter abhängig sind und für die man die Verantwortung trägt.
Die Charaktere sind sehr gut ausgestaltet und lebendig dargestellt. Sie wirken wie Menschen aus Fleisch und Blut, real, glaubhaft und wie jemand, den man persönlich kennen könnte. Karen ist eine sympathische Frau, die sowohl Stärke als auch Schwäche ausstrahlt, was sie so menschlich macht. Sie ist stark für ihr Kind und kämpft für jede Minute Leben gegen eine heimtückische Krankheit, die ihr alles abverlangt. Gleichzeitig ist ihr Sohn Jacob ihre größte Schwäche, dem sie nichts abschlagen kann und den sie wohlbehütet und beschützt wissen will. Sie geht sehr mutig mit ihrer Krankheit um und hat auch noch die Kraft, für ihren Lebensunterhalt zur Arbeit zu gehen. Allison ist eine sehr hilfsbereite Schwester, die alles für ihre Lieben tut und auch Jacob ein neues Zuhause bieten will. Der 6-jährige Jacob ist ein aufgeweckter Junge, der jede Menge Wissensdurst zeigt und - obwohl ein Kind - doch manchmal wie ein Erwachsener wirkt, als hätte er eine Ahnung davon, wie schlecht es seiner Mutter geht.
„Alles Glück eines Lebens“ ist ein gefühlvoller Roman über eine mutige Frau, die einen Kampf mit sich selbst führt und Entscheidungen fällen muss, die ihr nicht leicht fallen, doch nicht zu umgehen sind. Ein großer Beweis von Mutterliebe und eine Abrechnung mit dem eigenen Leben. Toll erzählt und mit einer verdienten Leseempfehlung ausgestattet. Achtung: Taschentücher bereit halten!