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Veröffentlicht am 11.11.2018

Zu Gast im "Honeybee"

Café Honeybee
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Seit dem Tod ihrer Mutter hat Greta keine ruhige Minute mehr – jedes Familienmitglied zerrt an ihr herum. Nicht nur Oma Pru macht ihr mit ihren Bevormundungen und ihren Forderungen das Leben schwer, auch ...

Seit dem Tod ihrer Mutter hat Greta keine ruhige Minute mehr – jedes Familienmitglied zerrt an ihr herum. Nicht nur Oma Pru macht ihr mit ihren Bevormundungen und ihren Forderungen das Leben schwer, auch Zwillingsschwester Shawna weiß nichts mit sich anzufangen und gammelt den ganzen Tag herum. Die tägliche Arbeit im familieneigenen Café Honeybee bleibt an Greta hängen. Als auch Freund Fin Ansprüche anmeldet, wächst Greta alles über den Kopf. Nach einem Streit mit ihrer Großmutter hat Greta einen Unfall und wird im Krankenhaus wach, allerdings kann sie sich an nichts mehr erinnern. Die optimale Zeit für einen Neuanfang und die Erfüllung der eigenen Träume, aber so einfach ist das gar nicht, wenn man nicht an alles gedacht hat…
Claire Bonnett hat mit ihrem Buch „Café Honeybee“ einen gefühlvollen und anrührenden Roman vorgelegt, der den Leser schnell für sich einnimmt. Der Schreibstil ist flüssig und emotional, der Leser macht sich gedanklich auf die Reise nach Edinburgh, um sich als neuer Stammgast im Café Honeybee ein Plätzchen zu suchen und den Protagonisten von dort aus bei ihrem Leben zuzusehen. Schnell wird dem Beobachter klar, dass hier recht viel im Argen liegt und vor allem innerhalb der Eigentümerfamilie die Positionen merkwürdig verteilt sind und der Ton zwischen den einzelnen Angehörigen nicht gerade liebevoll ist. Doch warum das so ist, findet der Leser nach und nach heraus, denn es geht um Schuldzuweisungen und unbewältigte Trauer. Jeder ist mit sich selbst beschäftigt, da bleibt kein Raum für den anderen. Da auch jeder mit Trauer anders umgeht, entfernen sich die Familienmitglieder immer weiter voneinander und agieren zum Teil wie Fremde miteinander. Der Autorin ist es sehr gut gelungen, all die Konflikte darzustellen und dem Leser näher zu bringen. Oftmals möchte man den einen oder anderen anschreien, Ratschläge geben oder ihn nur trösten, doch muss man sich in Geduld üben in der Hoffnung, dass sie die Kurve allein kriegen.
Die Charaktere sind schön gezeichnet und liebevoll mit Leben erfüllt. Sie sind in ihren Eigenschaften individuell und doch sehr authentisch, so dass der Leser sich mit dem einen oder anderen wunderbar identifizieren kann. Greta ist eine sympathische Frau, die sich für ihre Familie regelrecht aufopfert, sogar ihr Studium hat sie auf Eis gelegt, um für sie da zu sein. Seit dem Tod ihrer Mutter versucht sie, es wirklich allen recht zu machen, was natürlich nicht funktioniert. Dabei gehen sowohl sie selbst als auch ihre eigenen Träume völlig unter. Greta weiß einfach nicht, wie sie die Reißleine ziehen soll. Oma Pru ist eine herrische Person, die jeden herumkommandiert und in die Ecke drängt. Sie ist kalt und gefühllos, drangsaliert alle und will partout ihren Willen durchsetzen. Fin ist Gretas Freund, der auch nur an sich selbst denkt und an Greta herumzerrt, ein Egoist, wie er im Buche steht. Shawna ist lustlos, weiß mit sich selbst nichts anzufangen und hält sich irgendwie aus allem raus, vor allem fern vom Café und der damit verbundenen Arbeit. Auch die übrigen Protagonisten bringen Leben in die Handlung.
„Café Honeybee“ ist ein rundum gelungener Roman über das Schicksal einer Familie mit all ihren Höhen und Tiefen und vor allem mit ihrer Art, Dingen aus dem Weg zu gehen, weil sie einfach zu sehr schmerzen. Die Autorin versteht es sehr gut, den Leser miteinzubeziehen und für die Dauer der Lektüre auf eine sehr emotionale Reise zu schicken. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 30.10.2018

Gestatten? Wir sind die Thalheims

Die Schwestern vom Ku'damm: Jahre des Aufbaus
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1932 eröffnet Friedrich Thalheim mit seinem jüdischen Partner Markus Weisgerber ein luxuriöses Kaufhaus in Berlin. Schon bei der Besichtigung kurz vor Eröffnung steht für die 12-jährige und älteste Tochter ...

1932 eröffnet Friedrich Thalheim mit seinem jüdischen Partner Markus Weisgerber ein luxuriöses Kaufhaus in Berlin. Schon bei der Besichtigung kurz vor Eröffnung steht für die 12-jährige und älteste Tochter Rike fest, dass sie dieses einmal führen wird. Doch dann bricht der Krieg aus und nicht nur das Kaufhaus wird dem Erdboden gleich gemacht, sondern auch die Familie muss viele Schicksalsschläge hinnehmen. Während Mutter Alma bei einem Verkehrsunfall schon 1932 ums Leben kam, gerät Friedrich kriegsbedingt 1945 in Gefangenschaft, Sohn Oskar gilt als an der Front vermisst und die Töchter Rike, Silvie und Flori nebst Stiefmutter Claire sind auf sich gestellt, müssen beim Einmarsch der Russen sogar die Familienvilla verlassen und in die verwahrloste Charlottenburger Wohnung ihrer Großmutter einziehen. Doch Rike hält die Familie zusammen, arbeitet als Trümmerfrau, um den Lebensunterhalt zu verdienen und träumt weiter vom Wiederaufbau des Kaufhauses. Mit Freundin Miriam und Schwester Silvie schlägt sie sich tapfer durch die harte Nachkriegszeit und muss manche Durststrecke und Überraschung verdauen, bevor ihr Traum Wirklichkeit werden kann…

Brigitte Riebe hat mit ihrem Buch „Die Schwestern vom Ku’damm: Jahre des Aufbaus“ den ersten Band ihrer Trilogie rund um die Thalheim-Schwestern vorgelegt, dass den Leser schon mit dem Prolog in den Bann zieht und unterschwellig einige Fragen aufwirft, bevor die Geschichte dann ab 1945 im ausgebombten Berlin weitergeht. Der Erzählstil ist flüssig, durchweg spannend und atmosphärisch dicht, die zerstörte Stadt Berlin nimmt vor dem inneren Auge des Lesers ebenso Gestalt an wie die Schutt wegräumenden Trümmerfrauen, die allesamt von der Hand in den Mund leben und durch die schwere Arbeit versuchen, sich und ihre Lieben irgendwie durchzubringen. Der historische Hintergrund wurde von der Autorin wunderbar und präzise recherchiert, so dass der Leser regelrecht bei den Anfängen des Wiederaufbaus hautnah mit dabei ist und gleichzeitig die Entbehrungen und die Sorgen der Menschen miterlebt. Neben der Lebensmittelknappheit fehlten auch warme Kleidung und Heizkohle. Dann kam die Abschottung der Stadt durch die Russen, die nur durch die Rosinenbomber und die Luftbrücke durchdrungen werden konnte und am Ende die Währungsreform einläutete. Die Autorin lässt neben ihrer Familiengeschichte um die Thalheims die Geschichte regelrecht Revue passieren, zauberhaft miteinander verwoben. Der Leser trifft aber nicht nur auf verzweifelte Menschen, sondern vor allem auf jene Hoffnungsvollen, die am Leben sind und jede Minute nutzen, um für eine bessere Zukunft zu kämpfen.

Die Charaktere wurden liebevoll so individuell wie einzigartig ausgearbeitet und mit viel Herzblut zum Leben erweckt worden. Sie wirken authentisch und real, weshalb es dem Leser nicht schwer fällt, sich mit ihnen zu identifizieren und sich als Teil der Familie zu fühlen, um mit ihnen zu leiden, zu hoffen, zu bangen und zu lieben. Rike ist eine patente junge Frau, die schon früh weiß, was sie will. Unbeirrt, voller Energie und über jeden Stolperstein geht sie fokussiert ihren Weg und hält dabei noch die ganze Familie samt Freunden zusammen. Sie ist eine starke Frau, die sich nicht unterkriegen lässt und sich so im Herzen des Lesers einschleicht und dort vor Anker geht. Silvie ist Rikes jüngere Schwester, die sich ihrer Attraktivität sehr wohl bewusst ist und dies auch in vollen Zügen ausnutzt. Sie gewinnt schnell jedes Männerherz und zieht auch einige Vorteile daraus. Mit ihrer rauchigen Stimme macht sie bald Karriere beim Radio, aber auch die englischen Offiziere können sich ihrem emotionalen Gesang nicht entziehen. Silvie tanzt auf vielen Hochzeiten, und obwohl sie oftmals oberflächlich wirkt, in ihren tiefsten Herzen liebt sie ihre Familie sehr. Florentine ist die jüngste Schwester, die ein Talent fürs Zeichnen hat und die Dinge anders sieht als andere. Sie ist rebellisch und sagt offen, was sie denkt, ein Freigeist, der sich erst noch entfalten muss. Vater Friedrich ist ein Kind seiner Zeit und denkt immer noch, Frauen gehörten an den Herd, obwohl er es seinen Töchtern verdankt, dass er überhaupt wieder mit der Familie vereint ist. Er ist ein Opportunist und oftmals auch ein Egoist, der die Wahrheit, dass sich die Zeiten geändert haben, nicht wahrhaben möchte. Miriam ist Rikes Freundin und gleichzeitig Jüdin. Sie hat sich selbst durch das Kriegsgeschehen geschlagen, ihr Talent, mit der Nähmaschine zu zaubern, dabei aber nicht verloren. Miriam träumt von der großen Liebe und ist herrlich emotional, man muss sie einfach lieben. Aber auch die anderen Charaktere wie z.B. Onkel Carl, Tante Lydia oder Ben verleihen der Handlung ihren Zauber und dürfen einfach nicht fehlen.

„Die Schwestern vom Ku’damm: Jahre des Aufbaus“ ist ein großartiger, fesselnder und gefühlvoller Roman, der den Leser schon mit dem ersten Band verzaubert und Sehnsucht auf mehr macht! Wunderbar gelungen – Chapeau! Absolute Leseempfehlung für das Highlight 2018!

Veröffentlicht am 30.10.2018

Familie Ising zur Beginn des Naziregimes

Eine Familie in Deutschland
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1933. Die Nazis sind mittlerweile an der Macht und das Leben in Deutschland wird von ihren Parolen und Kriegsvorbereitungen bestimmt. Der Unternehmer Hermann Ising lebt mit seiner Frau Dorothea und seinen ...

1933. Die Nazis sind mittlerweile an der Macht und das Leben in Deutschland wird von ihren Parolen und Kriegsvorbereitungen bestimmt. Der Unternehmer Hermann Ising lebt mit seiner Frau Dorothea und seinen fünf Kindern in Fallersleben im Wolfsburger Land und betreibt in dritter Generation eine Zuckerfabrik. Tochter Charlotte ist Kinderärztin und hat in Benjamin ihre große Liebe gefunden, doch seine jüdischen Wurzeln machen dem Paar aufgrund der politischen Lage das Leben sehr schwer. Tochter Edda ist filmverrückt und kann sogar Leni Riefenstahl zu ihrem engsten Bekanntenkreis zählen. Sohn Horst ist wie sein Vater NS-Parteimitglied, besitzt aber mehr Ehrgeiz als sein alter Herr und richtet sein Leben und das seiner Frau nach den Wünschen von Hitlers Ideologie ein. Hermanns jüngster Sohn Willi ist ein Spätgeborener und leidet unter dem Down Syndrom, was zu der Zeit als abartig zählt und für Willi einem Todesurteil gleichkommt. Und dann gibt es noch den ältesten Sohn Georg, der eigentlich die Familientradition weiterführen und die Fabrik übernehmen soll, doch dieser hat sich entschieden, als Ingenieur Automobile zu entwickeln. Auf Hitlers Befehl soll ein Volkswagen für die Deutschen konstruiert werden und zwar in Wolfsburg. Diese Entscheidung und auch die politische Lage wirft in der Familie Ising viele Probleme auf, die den Zusammenhalt stark gefährden…
Peter Prange bekannt für seine historischen Romane und hat mit seinem neuen Buch „Eine Familie in Deutschland“ den ersten Band einer Familiengeschichte vorgelegt, der den Leser zurückführt in die Zeit der Machtergreifung der Nazis und dem damit verbundenen Ende der Weimarer Republik. Der Leser kann hautnah an den historischen Ereignissen teilhaben sowie am Beispiel der Familie Ising miterleben, welche Veränderungen und Entscheidungen die damalige Politik und ihre Ideologie in den Menschen hervorrief. Der Schreibstil ist flüssig, voller Intensität und Gefühl, der Leser kann gar nicht anders als der Geschichte zu verfallen und das Buch nicht aus der Hand zu legen, während er in die vergangene Zeit taucht und das Familienleben der Isings mit all ihren Träumen, Wünschen und Problemen mitzuerleben. Der Autor hat den historischen Hintergrund akribisch recherchiert und wunderbar mit seiner Handlung verwoben, so dass Realität und Fiktion ineinander übergehen und sie kaum voneinander zu trennen sind. Auch die Entstehung des heutigen Automobilkonzerns VW in Wolfsburg gehört dazu. Sehr eindringlich beschreibt der Autor die Veränderung in der Bevölkerung als Folge der Politik, die Judenhass heraufbeschwor und mit ihrem Euthanasiegesetz viele Menschen ins Unglück stürzte, während gleichzeitig die Wirtschaft angekurbelt wurde. Geschichtlich sowie spannungstechnisch ist der Autor in dieser Hinsicht kaum zu übertreffen.
Die Charaktere sind wunderbar herausgearbeitet und zeigen mit ihrer Individualität sämtliche Facetten, was sie sehr authentisch und lebensecht wirken lässt. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und ihre Gewissenskonflikte und Entscheidungen nachvollziehen, was allerdings nicht bedeuten soll, dass man vielleicht ebenso gehandelt hätte. Hermann ist der Patriarch der Familie, der bereits feste Vorstellungen hat, wie es mit dem Familienunternehmen weitergehen soll. Er ist Parteimitglied, allerdings wohl eher aus wirtschaftlichen Gründen. Georg ist ein intelligenter Kopf, der sich lieber der Konstruktion von Autos widmet denn der Zuckergewinnung. Edda ist eine schillernde Persönlichkeit, die im Geheimen liebt. Charlotte ist eine sympathische Frau, die ihren Wunsch, als Ärztin zu praktizieren, wahr gemacht hat. Die Liebe zu Benjamin ist groß, doch leider auch gefährlich, was sie zum selbstlosen Handeln zwingt. Horst ist ein Unsympath, der sich Hitlers Ideologie ins Herz hat tätowieren lassen. Er ist unerbittlich und doch angreifbar. Willi ist ein liebenswerter Kerl, der gar nichts für die Gefahr kann, in der er schwebt. Auch die weiteren Protagonisten tragen zur atmosphärischen Dichte des Romans bei.
„Eine Familie in Deutschland“ ist ein sehr eindringlich erzählter spannender Roman vor dem Hintergrund der düstersten Zeit in Deutschland im letzten Jahrhundert, der den Leser verzaubert, mitnimmt und Teil der Geschichte werden lässt, als wäre man selbst dabei gewesen. Absolute Leseempfehlung und abwartende Spannung beim Warten auf den zweiten Teil!

Veröffentlicht am 29.10.2018

Floras Traum vom Eis

Im Licht des Polarsterns
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1889. Ihre Liebe zum Eis entdeckt Flora mit 12 Jahren, als ihre Mutter verstirbt und sie ihren Vater bei einer Schiffsreise auf einem Walfänger in die Arktis begleitet. Da ihr Vater oft lange unterwegs ...

1889. Ihre Liebe zum Eis entdeckt Flora mit 12 Jahren, als ihre Mutter verstirbt und sie ihren Vater bei einer Schiffsreise auf einem Walfänger in die Arktis begleitet. Da ihr Vater oft lange unterwegs ist, bleibt Flora einige Jahre bei den Inuit und fühlt sich dort bald zuhause. Die Eisformationen, die raue und einsame Landschaft sowie die Einwohner gewinnen ihr Herz und münden in dem Wunsch, Polarforscherin zu werden. Als junge Erwachsene muss sie die Arktis verlassen und macht eine Ausbildung als Meteorologin, doch innerlich sehnt sie sich nach Grönland und will so bald wie möglich dorthin zurückkehren. Mit Zähigkeit, viel Kampf und auch durch harte Arbeit gelingt ihr das Unmögliche: sie geht als Leiterin einer Expedition auf einen Schiff und lernt unterwegs den Geologen Jakob kennen, der ebenfalls mit einer Forschungsgruppe aus Amerika unterwegs ist. Schon bald verlieben sich die beiden. Wird ihre Liebe überhaupt eine Zukunft haben und was wird aus Floras Traum?
Stef Penney hat mit ihrem Buch „Im Licht des Polarsterns“ einen sehr unterhaltsamen, abenteuerlichen historischen Roman vorgelegt, der den Leser bereits ab den ersten Seiten in den Bann zieht und nicht mehr von der Leine lässt, bis die letzte Seite gelesen ist. Der Schreibstil ist flüssig, bildhaft und farbenfroh, der Autorin gelingt es mühelos, den Leser in die Landschaft des Ewigen Eises zu entführen und großartige Bilder im Kopf zu formen, die einem die Gänsehaut über den Rücken jagen. Das einfache und harte Leben der Inuit sowie deren Gemeinschaft werden sehr schön dargestellt, so dass der Leser sie sich genau vorstellen kann. Die Schiffsreisen sind ebenfalls sehr bildhaft geschildert und vermitteln das Gefühl, selbst mit an Bord zu sein und alles mitzuerleben. Die Autorin lässt den Leser daran teilhaben, wie schwer es für Frauen im damaligen Jahrhundert war, sich in einer von Männern beherrschten Domäne zu behaupten und wie hart und unerbittlich der Kampf für Frauen war, um sich ihrem Traum zu nähern, ihren Wunschberuf auszuüben und dafür auch Anerkennung zu erhalten.
Die Charaktere sind sehr detailliert und lebensnah gestaltet, sie formen sich vor dem inneren Auge des Lesers während der Lektüre und wirken kraftvoll und sehr realistisch. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen und erlebt die Kämpfe und Widerstände hautnah mit. Flora ist eine Frau, die von Kindheit von ihrem Traum vorwärts getrieben wurde, welcher ihr die Energie sowie die Kraft und den Mut verlieh, ihn Wirklichkeit werden zu lassen. Sie setzt sich über Konventionen hinweg und sieht sich so manchen Anfeindungen gegenüber, die es zu bekämpfen gilt. Jakob ist ein sympathischer Mann, der ebenso von der eisigen Landschaft fasziniert ist wie Flora. Er bringt Floras Leidenschaft hervor und ist fasziniert von der Frau, die sich zu behaupten weiß und seine Liebe teilt. Auch die übrigen Protagonisten geben der Handlung ein rundum gelungenes Gesamtbild.
„Im Licht des Polarsterns“ ist ein wunderschöner Roman über eine starke Frau, über Träume und über die Liebe zum Ewigen Eis, so wunderbar erzählt, dass man die Zeit beim Lesen vergisst, weil man sich selbst im Geiste mit auf der Reise befindet. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 21.10.2018

Martha Ellis Gellhorn - "Hemingways Frau, die auch schreibt"

Hemingway und ich
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Die 25-jährige Martha Gellhorn hatte immer den Traum, ein eigenes Buch zu schreiben, doch gelingen will es ihr nicht. Sie stürzt sich in Affären mit älteren Männern, bis 1936 die Begegnung mit dem bekannten ...

Die 25-jährige Martha Gellhorn hatte immer den Traum, ein eigenes Buch zu schreiben, doch gelingen will es ihr nicht. Sie stürzt sich in Affären mit älteren Männern, bis 1936 die Begegnung mit dem bekannten und charismatischen Schriftsteller Ernest Hemingway ihr Leben verändert. Hemingway, der bereits zum zweiten Mal verheiratet ist und Vater von drei Söhnen ist, trennt sich von seiner Ehefrau, um Martha zu heiraten und fortan mit ihr durch die Welt zu ziehen. Die beiden bilden eine sehr enge Einheit und im Schatten von Ernest beginnt auch Martha endlich, Dinge zu schreiben, die ihr am Herzen liegen. Sie erarbeitet sich schnell den Ruf einer ausgezeichneten Kriegsreporterin, deren Texte von namhaften Zeitungen gedruckt werden, während auch Hemingways Karriere immer mehr Fahrt aufnimmt und weiterhin mehr Aufmerksamkeit bekommt als Marthas Arbeit. Wird Martha sich mit einem Leben im Schatten von Ernest zufrieden geben?
Paula McLain hat mit ihrem Buch „Hemingway und ich“ einen sehr fesselnden und bewegenden Roman über Martha Gellhorn, die dritte Ehefrau von Ernest Hemingway, vorgelegt, der von Beginn an begeistert und nicht nur einen faszinierenden Einblick in die Welt des Ehepaares gibt, sondern auch glaubhaft die Gefühlswelt und Zerrissenheit von Martha porträtiert. Der Schreibstil ist flüssig und packt den Leser, sowie er eingetaucht ist in die 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Ernest Hemingway war damals schon ein berühmter Schriftsteller, der von vielen verehrt wurde. Der Autorin gelingt es auf sehr ungewöhnliche Weise, belegte Tatsachen mit Fiktion zu mischen, um dem Leser einen guten Einblick über das berufliche Wirken und die Beziehung zwischen Ernest und Martha zu vermitteln. Dabei steht Martha ganz klar im Vordergrund, die zu Beginn noch immer kämpft, um sich ihre Träume zu erfüllen und erst mit der Beziehung zu Ernest auf den richtigen Weg kommt, ihre Geschichten zu schreiben und unter die Leute zu bringen. Zwischen Martha und Ernest besteht eine Art Seelenverwandtschaft, die beiden teilen alles und sind voneinander dermaßen eingenommen und fasziniert, dass sie sich gegenseitig hochpuschen. Allerdings steht Ernest Stern immer ein wenig höher als der von Martha, was eine Weile gutgeht, dann aber zu Konflikten führt. Die damalige Zeit spielt Ernest dabei natürlich in die Hände, da er ein gefeierter Autor ist und die Einstellung gegenüber starken Frauen damals noch nicht sehr ausgeprägt war.
Die Charaktere sind wunderbar gezeichnet und sprühen vor Lebendigkeit. Sie besitzen starke Persönlichkeit, individuelle Eigenheiten und wirken so sehr real und authentisch. Martha ist eine starke und unabhängige Frau, die oft an sich selbst zweifelt. Sie ist voller Hingabe für ihren Beruf und neugierig auf die Welt und alles, was diese ihr zu bieten hat, aber auch in der Liebe zu ihrem Mann. Ihre Zerrissenheit zwischen Beruf und Liebe zeigt deutlich, dass sie lange keine Entscheidung fällen kann, aber irgendwann muss, damit sie sich selbst treu bleibt und ihre Träume ohne Barrieren verwirklichen kann. Martha hat einen starken Willen, gibt nicht auf und sucht immer wieder nach Lösungen, um vielleicht doch neben Ernest zu bestehen. Ernest Hemingway ist ein gefeierter Autor, der in Martha so etwas wie seine Muse sieht. Sie beflügelt ihn, öffnet ihm den Blick und inspiriert ihn, was ihn zu weiteren Höhenflügen ansetzen lässt. Doch er ist auch nur ein Mann, der die Anbetung und uneingeschränkte Aufmerksamkeit genießt. Ablenkung davon schlägt sich auf sein Ego nieder, zwei Stars in einer Beziehung kann es nicht geben. Die Beziehung der beiden gleicht am Ende einem Kräftemessen, aus dem der Stärkere hervorgeht.
„Hemingway und ich“ ist ein wunderbares Portrait einer Liebe, deren Besessenheit, Höhen und Tiefen beruhend auf wahren Begebenheiten mit einer Prise Fiktion. Wer gern über wahre Persönlichkeiten liest, sollte sich die Geschichte von Martha Gellhorn nicht entgehen lassen, denn sie bezaubert, rüttelt auf und stellt Fragen in den Raum, wie man selbst wohl entschieden hätte. Absolute Leseempfehlung für ein Wahnsinnsbuch!