Profilbild von Igela

Igela

Lesejury Star
offline

Igela ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Igela über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.11.2018

Ein dunkles Kapitel...

Die verlorene Schwester
0

Die Anwaltstochter Anna Volkmann erfährt zufällig, dass sie als Kind adoptiert wurde. Sie macht sich auf die Suche nach ihrer leiblichen Mutter und erfährt, dass sie 1973 als uneheliches Kind einer "administrativ ...

Die Anwaltstochter Anna Volkmann erfährt zufällig, dass sie als Kind adoptiert wurde. Sie macht sich auf die Suche nach ihrer leiblichen Mutter und erfährt, dass sie 1973 als uneheliches Kind einer "administrativ versorgten Frau" im Frauengefängnis Hindelbank, in der Nähe von Bern, zur Welt kam. Ihre Mutter wurde, wie damals üblich, eingesperrt, weil sie ein uneheliches Kind unter dem Herzen trug. Als sogenanntes Verdingkind hatte sie keinerlei Rechte und so wurde Anna kurz nach der Geburt zur Adoptionen frei gegeben.

Dieses Buch thematisiert eines der dunkelsten Kapitel der Schweizer Geschichte. Die Schicksale der sogenannten Verdingkinder, die ihren Eltern aus nichtigen Gründen weg genommen wurden, berühren mich als Schweizerin seit jeher. Dies auch, weil ein sehr naher meiner Verwandten, als Verdingkind seinen Eltern weggenommen wurde und als Zehnjähriger bei einem Bauern arbeiten musste. Schläge, Hunger, Misshandlungen von klein auf und arbeiten bis zum Umfallen, prägte das Leben vieler Verdingkinder. Ganze Familien wurden auseinander gerissen, weil entweder ein Elternteil starb oder die Eltern sich nicht um die Kinder kümmern konnten. Die Kinder wurden als billige Arbeitskräfte vorwiegend auf Bauernhöfen eingesetzt oder in Heimen platziert. Mit einer Schulbildung, die lückenhaft oder gar nicht gefördert wurde. Denn wer zur Schule geht, kann in dieser Zeit nicht arbeiten. Und dies alles mit der Genehmigung der Regierung. Noch heute kämpfen Tausende Verdingkinder um eine nachträgliche Vergeltung.
Die Geschichte wechselt zwischen der Gegenwart, in der Anna Stück für Stück erfährt, wer ihre Mutter war und wie sie lebte. Hier gab es für mich doch eine Überraschung, denn sehr schnell dachte ich zu wissen, wer Annas Mutter ist. Die Autorin hat hier eine überraschende Wendung eingebaut. Dann erleben wir hautnah, wie es damals für die Kinder war, die aus heiterem Himmel ihren Familien entrissen wurden um bei fremden Leuten zu arbeiten. Im Mittelpunkt dieser Passagen stehen zwei Schwestern, deren Platzierung authentisch beschrieben wurde. Teilweise ging mir das so nahe, dass ich das Buch eine Weile zur Seite legen musste. Harte Kost, da ich aus den Medien und der Erzählung meines nahen Verwandten weiss, dass diese Erzählung sehr realistisch ist. Und, dass Tausende von Kindern genau dies so erlebt haben. Schockierend ist, dass bis ins Jahr 1981 Fremdplatzierungen in der Schweiz praktiziert wurden.
Der Wechsel zwischen der Karrierefrau Anna und dem Leben der zwei Schwestern um 1969 macht das Buch ausserordentlich vielseitig. Eine dezent gehaltene Liebesgeschichte in beiden Strängen ergänzt die Geschichte.
Der Schreibstil ist sehr fesselnd und man spürt die hervorragenden Recherchen von Linda Winterberg. Ich würde diesen Roman nun nicht unbedingt als historischen Roman bezeichnen, da doch ein grosser Teil der Story in der Gegenwart spielt. Empfehlen kann ich ihn allemal, gerade um das Thema "Verdingkinder" auch ausserhalb der Schweiz bekannt zu machen.

Veröffentlicht am 11.11.2018

In der Kürze liegt die Würze

Die Jagd
0

Alexa Goddard ist nacht alleine in ihrem Auto unterwegs, als ein Polizist sie anhält. Kurz darauf befindet sie sich in ihrer ganz persönlichen Vorstellung des Horrors.

Kann ein Autor auf nur 66 Seiten ...

Alexa Goddard ist nacht alleine in ihrem Auto unterwegs, als ein Polizist sie anhält. Kurz darauf befindet sie sich in ihrer ganz persönlichen Vorstellung des Horrors.

Kann ein Autor auf nur 66 Seiten Spannung, Gänsehaut und eine vernünftige Handlung aufbauen? Er kann!
Dieser Kurzthriller bietet alles, was ich von einem Thriller erwarte. Spannende und brenzlige Szenen, Gänsehaut und Nervenkitzel und ein logisch aufgebauter Plot. Sehr schnell ist man mitten in dieser unheimlichen Geschichte und ohne grosse Einführung auch im Grauen. Der Schreibstil ist einfach gehalten und im Hinblick auf die Länge des Thrillers zum Glück kurz und prägnant. Trotzdem kommt die Panik von Alexa, auf der Flucht vor dem Killer, sehr gut rüber. Der Titel des Buches "Die Flucht " ist hier Programm und man zittert förmlich mit. Die Handlung kommt mit genau drei Figuren aus und ich kann versichern, dass es alles andere als langweilig ist. Ich lese sonst sehr selten Kurzgeschichten, da ich oft das Gefühl habe, es kommt was zu kurz. Das ist hier nicht der Fall und ein sehr gutes Mittel um zwischendurch den Puls mal hochzupeitschen.

Veröffentlicht am 03.11.2018

Wann werde ich sterben?

Die Unsterblichen
0

Es ist ein heisser Sommer im Jahre 1969 als die vier Geschwister Varya, Daniel, Klara und Simon in die Hester Street gehen um einer Wahrsagerin einen Besuch abzustatten. Schon Tage zuvor war sie Gesprächsthema ...

Es ist ein heisser Sommer im Jahre 1969 als die vier Geschwister Varya, Daniel, Klara und Simon in die Hester Street gehen um einer Wahrsagerin einen Besuch abzustatten. Schon Tage zuvor war sie Gesprächsthema Nummer eins, da sie das genaue Todesdatum voraussagen kann. Die vier Geschwister lassen, getrennt voneinander, sich das eigene Sterbedatum voraussagen...und ahnen da, als Kinder, noch nicht, wie das ihr ganzes Leben beeinflussen wird.


Wie sehr beeinflusst das Wissen des genauen Sterbedatums das eigene Leben? Diese Frage wurde in "Die Unsterblichen " hervorragend ausgearbeitet. Die ersten Kapitel handeln von der Kindheit der Geschwister der Familie Gold. Darauf folgen die Perspektiven, Jahre später, aus der Sicht jedes einzelnen der mittlerweile flügge und erwachsen gewordenen Geschwister. Diese Perspektiven wurden strikte getrennt und teilen das Buch in vier Teile. Was mir unheimlich gut gefallen hat. Denn so taucht man tief ein, in die Lebenssituationen von Simon, Klara, Daniel und Varya. Diese Perspektiven sind unheimlich dicht beschrieben und haben mich sehr gefesselt. Jede einzelne der Geschichten ist mir nahe gegangen und hat mich berührt. Egal ob Simon, der Jüngste, der sein Glück in einer fremden Stadt sucht, und endlich so lebt, wie er es schon immer tun wollte. Oder Klara, die ihren Traum als grosse Zauberin die Menschen zu begeistern, nicht nur träumt, sondern auch lebt. Und dabei merkt, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Und mit dem Wissen bald Sterben zu müssen, das Gefühl hat, zu wenig erreicht zu haben. Daniel, der Zweitälteste ist Arzt und versucht das Erlebnis in der Kindheit, als die Wahrsagerin seinen Tod voraussagt, rationell anzugehen. Dann noch Varya, die ihr Leben komplett der Forschung gewidmet hat. Sie versucht Leben zu verlängern, dies vor allem um etwas von der Schuld abzuarbeiten, die sie gegenüber ihren Geschwistern empfindet.
Diese Teile sind chronologisch geordnet und erzählen nahtlos die Handlung weiter.
Sehr gut gefallen hat mir, wie die Autorin geschichtliche Details, wie die erste Mondbegehung 1969 oder die Verurteilung des Mörders von Martin Luther King, dezent eingeflochten hat. Gerade die Zaubertricks von Klara sind sehr bildlich und anschaulich beschrieben. Sehr interessant auch die Regeln und Gebräuche rund um den jüdischen Glauben, dem die Familie Gold angehört. Zum Schluss und im letzten, dem "Varja-Strang", geht es um Forschung. Und die wird keinesfalls trocken, sondern sehr flüssig zu lesen, erzählt.
Mich hat nicht nur die Geschichte der vier Geschwister, sondern auch der Gedanke " was wäre wenn man wüsste, wann genau man stirbt" , fasziniert. Ich empfand die Umsetzung rund um diesen Gedanken als fesselnd und spannend! Ab Teil 3, der Daniel gewidmet ist, wird es mysteriöser und eine neue Komponente der fast Krimigefühle aufkommen last, wird eingeflochten. In allen vier Teilen findet man die gemeinsame Verbindung: Den Tag des Todes, den man kennt und der unweigerlich das Leben beeinflusst. In der Summe ergibt dies eine tragische Familiengeschichte und der letzte Teil um Varja rundet diese wunderbar ab.

Veröffentlicht am 31.10.2018

Leseempfehlung!

Die Schokoladenvilla
0

1903: Wilhelm Rothmann führt die Familie, Bedienstete und seine Schokoladenfabrik mit eiserner Hand. Was vor allem Tochter Judith zu spüren bekommt. Obwohl sie mehr als interessiert am Geschäft und der ...

1903: Wilhelm Rothmann führt die Familie, Bedienstete und seine Schokoladenfabrik mit eiserner Hand. Was vor allem Tochter Judith zu spüren bekommt. Obwohl sie mehr als interessiert am Geschäft und der Schokoladenherstellung ist, will ihr Vater sie verheiraten. Und das möglichst gewinnbringend. Judith ist ganz und gar nicht einverstanden, hat sie sich doch in einen Anderen als den von ihrem Vater Ausgewählten verguckt.

Ich weiss gar nicht wo ich beginnen soll, zu beschreiben, was mir alles in diesem Buch gefallen hat!
Erst mal empfand ich das Grundthema der einflussreichen Familie, die einen Schokoladenfabrik besitzt ungeheuer spannend. Denn die Schokoladenproduktion mit den um 1900 gängigen Maschinen und Lagerungs - und Kühlungsmöglichkeiten sind sehr gut beschrieben. Hier spürt man die hervorragenden Recherchen! Wie auch bei den beschriebenen Frisuren, Kleidern und Gepflogenheiten. Dies alles ist mit den nötigen Details versehen, dass man es bildlich vor sich sieht, ohne langatmig zu wirken. Das Geschäft in dem es allerlei Köstlichkeiten zu kaufen gibt ist sehr anschaulich erklärt. Mich hat die Angst gepackt, dass mein Schokoladenkonsum während der Lektüre in ungeahnte Höhen steigt.
Sehr schnell sind mir die Figuren ans Herz gewachsen. Dies vor allem, weil sie sehr prägend und gut charakterisiert wurden. Egal ob Judith, die reiche Tochter des Hauses, die versucht ihren Weg zu finden und von ihrem Vater immer wieder in die Schranken gewiesen wird. Oder ihre Mutter, die die Flucht vor dem tyrannischen Mann ergriffen hat und so wieder neuen Lebenswillen findet. Hervorragend charakterisiert auch die Brüder von Judith, die zur Auflockerung so einige Streiche aushecken und ihren Vater an den Rand der Verzweiflung treiben. Eigentlich gibt es in diesem Buch keine Figur, die mich nicht überzeugen konnte.
Ein einschneidendes Thema zu der damaligen Zeit findet ebenfalls seinen Platz. Die Rolle der Frau in der Gesellschaft, Ehe und dem Berufsleben. Mit leisen und manchmal ein wenig lauteren Zwischentönen wird die Emanzipation, die natürlich noch in den Kinderschuhen steckt, in die Geschichte eingeflochten. Mir hat ebenfalls der sozialkritische Touch sehr gefallen. Hier schlüpft vor allem Robert, der Diener des Hauses, in die Rolle des Zweiflers zu der damaligen sozialen Hirarchie.
Der Schreibstil ist toll und hat mir sehr gefallen. Wechselnde Perspektiven machen das Buch vielschichtig und vielfältig. Ein schneller Erzählrythmus lässt keine Langeweile aufkommen. Und trotzdem wird sehr tiefsinnig und detailliert erzählt.
Ein zweiter Teil ist geplant, darauf freue ich mich jetzt schon! Und das, obwohl ich sehr selten historische Romane lese.

Veröffentlicht am 18.10.2018

Eines der besten Bücher...

Das Leuchten unserer Träume
0

Sophie Winter, traumatisiert durch einen Verlust in ihrer Jugendzeit, hat sich geschworen, dass das einzige männliche Wesen in ihrer Nähe Kater Fred bleiben wird. Als sie vor einem Feuer, das in ihrer ...

Sophie Winter, traumatisiert durch einen Verlust in ihrer Jugendzeit, hat sich geschworen, dass das einzige männliche Wesen in ihrer Nähe Kater Fred bleiben wird. Als sie vor einem Feuer, das in ihrer Wohnung ausbricht, von Ben gerettet wird, ist es um sie geschehen. Sie fühlt, dass auch Ben sich zu ihr hingezogen fühlt, und trotzdem wahrt er Abstand. Es braucht sehr viel Zeit um zu verstehen, weshalb er einerseits in sie verliebt scheint, und andererseits auf Abstand geht. Bis er sein Geheimnis offenbart….das Sophies ganzes Leben durcheinander wirbelt.

Was habe ich mit Sophie gelitten, gezittert, mich gefreut und auch ein paar Tränen verdrückt. Dieses Buch ist eines dieser Bücher, die man atemlos und am liebsten am Stück liest, weil sie so wunderbar sind. Und dann traurig ist, wenn man es ausgelesen hat. Ein Bücher-Juwel, wie sie heute Seltenheitswert haben.
Die Geschichte ist romantisch ohne kitschig zu sein. Berührend ohne ins Lächerliche abzurutschen und ich kann eine volle Leseempfehlung aussprechen. Mich hat die Geschichte um Ben und Sophie mitten im Herzen berührt !!!
Eigentlich beginnt das Buch mit einer düsteren und schwermütigen Note. Und springt dann vier Monate zurück, zum Kennenlernen von Sophie und Ben. Obwohl sie so manche Klippe meistern müssen, merkt man sehr gut, dass sie einfach füreinander bestimmt sind. Die Autorin hat das sehr gut und gefühlvoll ausgearbeitet. Und trotzdem spürt man, dass da noch was kommt, dass ein grosser Knall auf einen und das Paar wartet. Und der hat mich regelrecht umgehauen….trotz subtiler Andeutungen, die ich wohl einfach nicht wahr haben wollte. Die jedoch immer wieder meine Neugier angestachelt haben.
Ich habe noch nie ein Buch von Dani Atkins gelesen, das mir nicht gefallen hat. Sie ist eine Meisterin von Geschichten, die einerseits romantisch, gefühlvoll sind und andererseits sehr tiefgründig auch ernste Themen behandeln. Hier zum Beispiel der Verlust eines nahen Familienangehörigen und der Versuch der Familie, das Leben nach diesem Verlust irgendwie zu meistern. Dann der zweite Punkt, lebensbedrohende Krankheiten, die immer wieder mal eine Rolle spielen und die sehr authentisch und berührend beschrieben sind. Über den Schreibstil muss ich mich gar nicht gross auslassen…wenige Autoren schaffen es, die Szenen zwischen den Protagonisten regelrecht knistern zu lassen. Bei Ben und Sophie habe ich es nicht nur knistern gespürt, sondern ganze Lichtermeere gesehen. " Das Leuchten unserer Träume " ist eines dieser Bücher, die einem beim Lesen ein Lächeln auf das Gesicht zaubern, trotz des ernsten und bedrückenden Hintergrundthemas. Und das so überraschend endet, dass man erst mal denkt: Das kann doch einfach nicht sein. Und erst nach längerem Nachdenken zum Schluss kommt, dass es genau so wie es ist, gut ist. Denn so wird das Buch noch länger nachhallen.
Eines der besten Bücher, die ich in letzter Zeit gelesen habe!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere