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Veröffentlicht am 02.11.2018

Der Lenz ist da

Lenz (Ein Kommissar-Eschenbach-Krimi 6)
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Zumindest im Bewusstsein seines ehemaligen Kollegen Kommissar Eschenbach - aber jetzt, wo er dringend gebraucht wird, ist er nicht aufzufinden. Es geht nämlich um einen mysteriösenTodesall, bei ...

Zumindest im Bewusstsein seines ehemaligen Kollegen Kommissar Eschenbach - aber jetzt, wo er dringend gebraucht wird, ist er nicht aufzufinden. Es geht nämlich um einen mysteriösenTodesall, bei dem alle Indizien auf Lenz, den ehemaligen Archivar der Kantonspolizei und Eschenbachs engen Freund hindeuten. Dieser bekommt alle Hände voll zu tun und das gerade jetzt, wo er ganz andere Probleme hat: nach der Rückkehr von einem längeren Aufenthalt in den Vereinigten Staaten hat man ihm eine jüngere Kollegin an die Seite gestellt - und das, obwohl er doch eigentlich der alleinige Chef seiner kleinen, aber feinen Truppe ist. Und mehr noch: er hat das ungute Gefühl, man versuche ihn auszuhebeln: warum nur?

In einem zweiten Erzählstrang erfährt der Leser, was Eschenbach nicht weiß: Lenz war auf dem Weg nach Deutschland zu einer alten Bekannten, um einen überaus geheimnisvollen Auftrag zu erfüllen.

Wie hängt das alles zusammen und was hat der große weltpolitische Kontext, auf den der Fokus auch irgendwann gerichtet wird, damit zu tun? Mit den Ereignissen in Syrien in den letzten Jahren beispielsweise.

Ein großer Bogen ist es, den der Schweizer Michael Theurillat hier schlägt, doch ist ihm dieser durchaus gelungen. Alle Zusammenhänge lösen sich auf die überraschenste Weise auf und das in einem Kriminalroman, der eher langsamen, nachdenklichen Art, was sich sowohl auf den Schreibstil als auch auf die Entwicklung der Geschehnisse bezieht. Für diese Lektüre sollte man definitiv Geduld sowie Gründlichkeit mitbringen, denn obwohl der Band eher kurz ist, erfordert er einen bedächtigen und vor allem umsichtigen Lesestil, man sollte jeden kleinsten Aspekt, jeden Hinweis beachten und im Zuge der weiteren Vorgänge berücksichtigen.

Ich bin sehr angetan von meiner erstmaligen Lektüre eines Theurillat-Krimis, der sicher nicht der Letzte dieses Autors sein wird, den ich zur Hand nehme. Obwohl die Eschenbach-Krimis eine Reihe bilden, hatte ich überhaupt keine Probleme mit dem Einstieg. Eine Empfehlung für Krimifreunde, die Literarisches und Tiefgründiges lieben!


Veröffentlicht am 31.10.2018

Die Geburtsstunde Westberlins

Die Schwestern vom Ku'damm: Jahre des Aufbaus
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Also das Ende des zweiten Weltkriegs und die Wochen und Jahre danach bildet den zeitlichen und räumlichen Rahmen für diesen Roman um die Familie Thalheim, mit dem Autorin Brigitte Riebe eine Trilogie ...

Also das Ende des zweiten Weltkriegs und die Wochen und Jahre danach bildet den zeitlichen und räumlichen Rahmen für diesen Roman um die Familie Thalheim, mit dem Autorin Brigitte Riebe eine Trilogie beginnen lässt. Drei Schwestern - Rike, Silvie und Florentine - sind die Protagonistinnen: jeder der drei ist ein Band gewidmet.

Diesmal steht Rike, die älteste der drei Thalheim-Schwestern im Mittelpunkt, eine umsichtige und pragmatische Person, die versucht, ihre durchaus vorhandene Emotionalität im Verborgenen auszuleben, was nicht immer gelingt. Nachdem sich die Männer der Familie - Vater und Bruder - zunächst nicht aus dem Krieg zurückmelden, sieht Rike sich gezwungen, das Zepter in die Hand zu nehmen und erste Schritte zu tätigen, um das ehemals große Modekaufhaus, das zu großen Teilen in Besitz der Familie Thalheim wieder, zumindest in kleinerem Format wieder auferstehen zu lassen. Auch nach der Rückkehr ihres Vaters aus der Gefangenschaft bleibt sie am Ball.

Doch auch die Entwicklungen, in diesen ersten Jahren also hauptsächlich die Sorgen und Nöte weiterer Protagonisten, der beiden Schwestern, der Stiefmutter sowie anderer Familienmitglieder und Freunde kommen nicht zu kurz und wir dürfen mit Familie Thalbach den allmählichen Wiederaufbau Westberlins, aber auch die entgültige Spaltung Deutschlands in Ost und West erleben.

Brigitte Riebe ist promovierte Historikerin und hat ein Händchen dafür, spannende und interessante, oft vergessene reale Alltagsereignisse der von ihr jeweils geschilderten Zeitspanne in den Handlungsverlauf einzubauen: Eine "Spezialität", die ich ganz besonders genieße.

Also ein richtiggehender Lesegenuss, bei dem mir einzig die etwas zu zahlreichen Zufälle, die immer wieder vor allem Rikes Schicksal bestimmten und ihm eine neue Wendung gaben, des Guten zu viel waren.

Insgesamt jedoch ein Roman, der in mir ein warmes, wohliges Gefühl interlässt, weil es so viele meiner (Lese-)Bedürfnisse befriedigt hat: eindringliche Charaktere, literarischer und historischer Anspruch, gute Unterhaltung, ein angenehmer, nicht zu gefällige Stil, der etwas erfrischend Freches an sich hat - ein gelungener Start in die Trilogie , der mir den Einstieg in den nasskalten Herbst versüßt hat. Schon jetzt bin ich mehr als gespannt auf Band 2 und 3 - also auf die lebenshungrige, spontane Silvie und die verträumte, künstlerisch begabte Florentine, zumal die Autorin in Band 1 zum Ende hin mit nicht nur einem Cliffhanger aufwartet.

Veröffentlicht am 27.10.2018

Ein Buch, das weh tut

Mein Ein und Alles
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Und zwar richtiggehend körperlich, denn die junge Turte Alveston, Ich-Erzählerin und maßgebliche Protagonistin dieses Romans, erleidet im Laufe der Handlung so einige Blessuren sowohl physischer als auch ...

Und zwar richtiggehend körperlich, denn die junge Turte Alveston, Ich-Erzählerin und maßgebliche Protagonistin dieses Romans, erleidet im Laufe der Handlung so einige Blessuren sowohl physischer als auch psychischer Art. Diese werden ihr von ihrem Vater Martin zugefügt, der besessen ist - von ihr, von sich selbst, vor allem aber von Waffen. Mit denen er Turtle, die eigentlich Julia heißt, bereits seit frühester Kindheit konfrontiert, ebenso wie mit Sex, Schlägen und auch mit bleibenden Verletzungen - seelischen sowieso, aber auch körperlichen.

Dies alles wird dem Leser eher beiläufig mitgeteilt; es gehört zu Turtles Alltag, in den er nach und nach eintaucht. Es ist ein Leben, das man nicht einmal seinem ärgsten Feind wünscht, geschweige denn einem Teenager wie Turtle. Die bis zu einem gewissen Punkt abhängig ist von ihrem Daddy wie sie ihn nennt, ja ihn sogar liebt, wie sie beteuert. Doch als sie zwei Jungs in ihrem Alter kennenlernt und der eine, Jacob und sie sich näherkommen, ist ihr schon klar, dass ihr Leben kein normales bzw. für ihre Altersgenossen übliches ist.

Ihr Vater lässt sie für längere, nicht genau festgelegte Zeit allein, in der sie sich ihm teilweise innerlich entzieht, dann aber doch wieder auf seine Rückkehr hofft. Als diese irgendwann stattfindet, kommt es zu einer Katastrophe. Nein: Diese war eigentlich immer schon da, doch nun gibt es eine Explosion.

Ein erschütterndes Buch, das mir stellenweise zu viel war. Zu schonungslos, zu brutal, zu offen - ja, einfach zu extrem in allem. Etwas weniger wäre aus meiner Sicht mehr gewesen, so ist dieser so erschütternde Roman stellenweise zu einer Actionstory geraten, wenn auch keiner ohne Anspruch. Dennoch, der Blick in das Innere der Protagonisten, vor allem in das von Turtle, reichte nicht sehr tief und wurde alsbald von der nächsten wilden Aktion abgelöst. Ein Roman, der mehr dauerhaft in mir bewegt und bewirkt hätte, wäre er etwas weniger wahnwitzig unterwegs gewesen.

Veröffentlicht am 27.10.2018

Stark und unabhängig

Hemingway und ich
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das sind sie beide. Martha Gellhorn und Ernest Hemingway, der schon ein bedeutender Autor ist, als sie sich 1936 kennenlernen. Und Vater von drei Söhnen aus zwei Ehen, die er abgöttisch liebt. Im Gegensatz ...

das sind sie beide. Martha Gellhorn und Ernest Hemingway, der schon ein bedeutender Autor ist, als sie sich 1936 kennenlernen. Und Vater von drei Söhnen aus zwei Ehen, die er abgöttisch liebt. Im Gegensatz zu deren Müttern: von der zweiten, Pauline, trennt er sich, sobald er Martha erobert hat.

Und das fällt ihm trotz ihres aufrechten Charakters und ihrer klaren Wertvorstellungen überhaupt nicht schwer, denn für sie ist Hemingway nicht nur ein Begriff, sondern eine Faszination. Obwohl sie selbst als Journalistin stark und unabhängig ist, bereits die halbe Welt bereist hat. Untypisch für jene Zeit.

Aber nicht ausreichend für Martha selbst, denn sie will mehr, sie will Autorin werden. Und Ernest, wie sie ihn schon bald nennt, gibt ihr die Kraft dazu und unterstützt sie dabei.

Doch nur so lange sie spurt, denn bald schon wird sie ihm zu unabhängig. Für ihn muss alles nach seinen Vorstellungen laufen, er ist die Sonne, um die der Rest des Universums zu kreisen hat.

Und er hat eine sehr starke Unterstützung: die Mentalität, Sichtweise und die Wertvorstellungen der damaligen Zeit und das nicht nur in den Vereinigten Staaten.

Ein Roman, der auf wahren Begebenheiten basiert. Doch die Autorin - nicht umsonst hat sie dieses Genre gewählt - nimmt sich die Freiheit, mit der Realität zu spielen, da und dort einen Schuss Fiktion hinzuzugeben. Nicht so sehr in Bezug auf den Ablauf der Ereignisse, vielmehr auf deren Bewertung und Einordnung.

Und so hat sie wieder einmal einen bewegenden, aufrüttelnden Roman geschaffen, der Lust darauf macht, sich mehr mit den Protagonisten, vor allem mit Martha Gellhorn, zu beschäftigen.

Denn sie eine ebenso beeindruckende Persönlichkeit wie Hemingway selbst und durfte am Ende ihres Lebens - aus dem sie wie ihr früherer Gatte freiwillig schied - auf ein breites Schaffen zurückblicken, das neben Reportagen auch fünf Romane beinhaltet. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat sie sich vor allem einen Namen als Kriegsreporterin gemacht, was schon einen gewissen Vorgeschmack auf den ungewöhnlichen Weg dieser starken Frau gibt.

Ein starker Roman über die Beziehung starker Persönlichkeiten - leider nicht ganz ohne Längen im Mittelteil. Dennoch ist die Lektüre ausgesprochen lohnenswert, eröffnet sie dem Leser doch einen Blick auf ein Verhältnis der ganz besonderen, oft unfassbaren Art.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzähstil
  • Atmosphäre
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.10.2018

Der Herr der Särge

Gestorben wird morgen
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Das ist Wolfgang im wahrsten Sinne des Wortes, ist er doch der Leiter eines Bestattungsunternehmens, das er von seinem Vater geerbt hat - leider fehlt es ihm auch Jahre später vielfach an Kenntnissen ...

Das ist Wolfgang im wahrsten Sinne des Wortes, ist er doch der Leiter eines Bestattungsunternehmens, das er von seinem Vater geerbt hat - leider fehlt es ihm auch Jahre später vielfach an Kenntnissen und Fertigkeiten, die sein (Arbeits)Leben entscheidend erleichtern und auch erweitern würden.

Er ist nämlich ein ganz spezieller Typ, der schwer trägt - nicht nur an seinem Beruf, sondern am Leben insgesamt - Telefonieren, große Ansammlungen von Menschen, sogar im Kino - das ist alles nichts für ihn. Stattdessen liebt er die Botanik und es gibt nichts Schöneres für ihn, als sich in Fachliteratur zu vertiefen! Auch sein bester Freund Oskar kann ihn nur selten aus seinem Einsiedlerleben herausholen. Er ist ihm vom Charakter her diametral entgegengesetzt: ein Bruder Leichtfuß ersten Ranges, der aufgrund eines riesigen Vermögens - selbstverständlich geerbt - seine Neigungen in jeder Hinsicht ausleben kann.

Doch dann kommt Alma - sie will einen Krimi schreiben, in dem ein Bestatter eine entscheidende Rolle spielt und startet ein Praktikum bei Wolfgang. Durch sie wird so einiges durcheinandergewirbelt.

Ein wunderbar leichtfüßiger, humorvoller Roman, in dem so einiges durcheinandergewirbelt wird und nichts so ist, wie es zunächst scheint. Autorin Victoria Seifried macht kleine inhaltliche Unebenheiten wie bspw. die Verwendung zahlreicher Klischees und den Einbau einiger unlogischer Stellen durch ihren absolut grandiosen Stil wieder wett und hat es geschafft, mich so in den Bann ihrer Erzählung zu ziehen, dass ich das Buch erst aus der Hand gelegt habe, als ich am Ende angelangt war.

Wer auf anspruchsvolle Unterhaltung der ungewöhnlichen Art steht, es dabei auch gerne humorvoll und skurril mag, der ist hier an der richtigen Adresse! Ich jedenfalls freue mich schon auf den nächsten Roman dieser Autorin!