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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.11.2017

Mordserie

Die Stunde des Wolfs
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Lauri Kivi ist Kriminalreporter bei einer renommierten finnischen Zeitung. Ein Fall eines erweiterten Suizids – ein Polizeibeamter hat seine Kinder und seine Frau getötet, danach sich selbst – lässt ihn ...

Lauri Kivi ist Kriminalreporter bei einer renommierten finnischen Zeitung. Ein Fall eines erweiterten Suizids – ein Polizeibeamter hat seine Kinder und seine Frau getötet, danach sich selbst – lässt ihn an der einfachen Erklärung zweifeln. Über zu viele solche Familiendramen hat er in den letzten Monaten berichten müssen, er beschließt einen Hintergrundbericht zu schreiben und sucht Kontakt zu den Hinterbliebenen. Dabei hat er sehr schnell den Verdacht, dass ein außenstehender Serienmörder am Werk ist. Aber nicht nur, dass er mit seiner Vermutung allein steht, er gerät auch in Verdacht, selbst beteiligt zu sein.

Ich muss gleich vorweg nehmen, dass ich mit diesem Kriminalroman überhaupt nicht warm wurde. Es ist die exzessive Schilderung von Gewalt, die mich abgestoßen hat. Prügelattacken gegen die Ehefrauen und die Kinder, Missbrauch der Kinder über Generationen, Alkoholexzesse und Schweigen im Umfeld. Auch Kivi selbst ist das Opfer eines brutalen Vaters, der ihm mit seinen Schlägen sogar das Gehör raubte. Er selbst kann auch seine Wut und seine Gewaltausbrüche nicht immer unter Kontrolle halten. Das ist auch der Grund, warum er seine Familie und seine kleine Tochter verlassen muss, um endlich diese Spirale zu unterbrechen.

Der Autor arbeitet mit vielen Rückblenden, immer wieder springt die Handlung in die Kindheit Lauris und seines Bruders und in die Kindheit des Vaters. Das was die Väter ihren Kindern antun, ist schwer auszuhalten und ich hatte den Eindruck, dass die Beschreibung von Gewalt eine Spannung und eine Dramatik erzeugen soll, die das Buch allein von der Geschichte nicht erhielte. Trotzdem fand das Buch zäh und spannungsarm. Die Figuren waren mir zu grob gezeichnet.

Kein Buch, dem ich etwas abgewinnen konnte.

Veröffentlicht am 12.04.2017

Enttäuschend

Tief im Land
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Neil Ansell zieht sich für 5 Jahre in ein einsames Cottage in die Hügel von Wales zurück. Er will ein reduziertes Leben ohne Strom, fließend Wasser und Gesellschaft führen. Er beschreibt die Lage des ziemlich ...

Neil Ansell zieht sich für 5 Jahre in ein einsames Cottage in die Hügel von Wales zurück. Er will ein reduziertes Leben ohne Strom, fließend Wasser und Gesellschaft führen. Er beschreibt die Lage des ziemlich verfallenen Hauses in den abgelegen Hügeln. Nur ab und zu sieht er einen Schäfer, die Schafe, die Wildtiere und die Vögel sind seine einzige Gesellschaft. Die Ausflüge ins Dorf oder die nächste Kreisstadt beschränken sich auf das Mindeste.
Der Bericht ist einfach gehalten und wirkt deshalb anfangs auch so authentisch. Die Natur bestimmt seinen Tagesablauf. Aber nach wenigen Kapiteln legt sich eine quälende Eintönigkeit über den Bericht. Der Autor beschränkt sich auf seine - in der Hauptsache - Vogelbeobachtungen. Zuwenig erzählt er von seiner inneren Haltung, zu seiner Veränderung durch die reduzierten Lebensumstände. Neben dem ausufernden Bird-Watching hätte ich gern mehr über die Beweggründe seines Aussteigens auf Zeit erfahren. Im Wechsel der Jahreszeiten beschreibt er seine Sichtungen, findet Bruthöhlen und Nester und beschreibt das Flug- und Balzverhalten der Vögel um seine Hütte. Er streift durch die Hügel, die Moore und die verlassenen Schafweiden, ein Fuchs oder ein Dachs werden zu Höhepunkten. Da sich das im Großen und Ganzen 5 Jahre lang wiederholt, reduziert sich das Buch zu einer reiner Auflistung immer gleicher Beobachtungen in der Natur.
Schade, ich hatte mir mehr davon versprochen.

Veröffentlicht am 04.04.2017

Leider nicht meins

Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte
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Biancas Omma ist ein echtes Original – schon in jungen Jahren hat sie erkannt, dass für sie die Arbeit im Puff besser hinter der Theke als in den Zimmern geeignet ist. Sie wird Wirtschafterin im Haus von ...

Biancas Omma ist ein echtes Original – schon in jungen Jahren hat sie erkannt, dass für sie die Arbeit im Puff besser hinter der Theke als in den Zimmern geeignet ist. Sie wird Wirtschafterin im Haus von Herbert. Ihr großes Herz hat ihr zwar öfters Schwierigkeiten eingebracht, aber sie hält zu den Mädchen und als Mitzi von Herbert übel zugerichtet wird, zieht sie ihm eine Flasche Fusel über den Schädel und zündet das Haus an.
Mit Mitzi verbindet sie eine Art Hass-Liebe und als Mitzi stirbt, zieht die Omma nach Berlin zu Bianca. Eigentlich wollte Bianca ja endlich mal auf eigenen Füssen stehen, aber das Milieu zieht sie halt an. Sie entwirft eine Dessous Kollektion, die Seide fällt zufällig immer ballenweise vom Laster, aber ihre Schlüppis‘ sind nicht so der Renner. Gut dass die Omma in Berlin ebenfalls alles aufmischt und Bianca eine Karriere im Gewerbe als durchaus anziehend betrachtet.
Das Buch wird als „rotzfrech und politisch nicht korrekt“ beworben, beides stimmt sicher, aber ich fand es auch nicht wirklich lustig. Der Ruhrpott Slang wird überstrapaziert und klingt aufgesetzt und übertrieben. Die ständige Verwendung von „getz“ und grammatikalischen Umstellungen sollen Authentizität zeigen, haben bei mir aber das Gegenteil erreicht. Verniedlichungen wie „Döschen, die ständig poliert werden“ fand ich nur albern.
Die Charaktere haben Ecken und Kanten, aber hinter der großen Schnauze oft ein großes Herz. Aber ich finde die Figuren sind schon sehr übertrieben gezeichnet, auch wenn immer mal wieder ein stimmiges Genrebild beschrieben wird. Natürlich gibt es Taubenväter und ehrliche Malocher. Was mich aber sehr störte, war die rosarote Beschreibung der Prostitution und des Umfelds.
Nicht jedes Buch muss für jeden Leser passen, dieses war definitiv nicht das Richtige für mich.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Atmosphäre
  • Charaktere
  • Recherche
Veröffentlicht am 22.02.2017

Nicht so ganz meins..

Noble Gesellschaft
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Ein Kriminalfall aus Berlins goldenen Zwanziger Jahren. Ein gefeierter Stummfilmstar als Ermittler, das klingt sehr reizvoll. Carl von Bäumer, in der Welt der Reichen und Schönen zuhause, bekämpft seine ...

Ein Kriminalfall aus Berlins goldenen Zwanziger Jahren. Ein gefeierter Stummfilmstar als Ermittler, das klingt sehr reizvoll. Carl von Bäumer, in der Welt der Reichen und Schönen zuhause, bekämpft seine Langeweile mit Koks und detektivischen Ausflügen. Als er bei einer entsetzlich langweiligen Wohltätigkeitsveranstaltung ein Bekannter vom einem verschwunden Dienstmädchen erzählt und der Bekannte am nächsten Tag tot ist, ist seine Neugierde geweckt. An einen Unfall beim Reinigen der Waffe, wie die Polizei nur allzu schnell konstatiert, glaubt er nicht.
Da auch sein Lebensgefährte, der Kommissar Genzer, Carls Einwände nicht allzu ernst nimmt, stachelt ihn nur das nur noch mehr an, auf eigene Faust zu ermitteln.
Die „Goldenen Zwanziger“ in Berlin waren eine turbulente Zeit. Die Gesellschaft tanzt auf einem Vulkan, die Folgen des 1. Weltkriegs sind überall zu spüren. Besonders in der Schicht der Arbeiter, die kaum um die Runden kommen, dagegen gestellt ist die Luxuswelt der feinen Gesellschaft und der nicht ganz so feinen Neureichen. Auch beim Adel hat der Krieg Spuren hinterlassen, nicht jedes Vermögen hat den Krieg überstanden. Es ist die Zeit der sexuellen Freiheit, die Bars sind freizügig, Schwule und Lesben haben ihre Treffs und werden trotz der bestehenden Paragraphen toleriert. Aus den ursprünglich sozial gedachten Ringvereinen sind längst organisierte Banden geworden, die die Prostitution und Kriminalität unter sich aufteilen.
Der Kriminalfall geht in dieser Geschichte fast unter, die Vielzahl von Personen, die untereinander alle bekannt sind, auch alle durch ein Jahre zurückliegendes Verbrechen verbunden sind, hat mich oft zum Personenregister blicken lassen, ohne diese Hilfe hätte ich mich wohl in den vielen Handlungssträngen verloren. Manches fand ich für einen Krimi bedeutungslos und für einen Gesellschaftsroman zu wenig substantiell. Pauls Bruder Willi durchzieht das Buch mit seinen außerehelichen Eskapaden, dem wird viel Raum gegeben ohne dass es zur Geschichte beiträgt. Mir erschien vieles einfach zu oberflächlich und nebensächlich. Als Krimi fehlte mir ein echter Spannungsbogen. Carl von Bäumer stolpert immer zufällig über irgendeinen Hinweis und dass er sofort entsprechende Schlüsse zieht, ohne den Hintergrund zu kennen, erschien mir auch unlogisch.
Wie gut, dass es zum Schluss noch zu einer Aufklärung a la Poirot kam, als Carl seine Ergebnisse zusammenfasste und sie dem staunenden Paul präsentierte.
Ansonsten ist das Buch locker und flüssig geschrieben, die Autorin kann gut mit Sprache umgehen und findet auch den richtigen Ton, ob sie nun in der Arbeiterschicht „berlinern“ oder die Damen und Herren der Gesellschaft zu Wort kommen lässt.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Nicht mein Geschmack

Mord in der Schickeria - Gründlich ermittelt
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Rudi von Gratz, eine Salzburger Unterweltgröße wird erschossen. Obwohl Major Tina Gründlich in Urlaub ist, gibt sie den Bitten des Kriminalrats nach und übernimmt die Übermittlungen, sehr zum Leidwesen ...

Rudi von Gratz, eine Salzburger Unterweltgröße wird erschossen. Obwohl Major Tina Gründlich in Urlaub ist, gibt sie den Bitten des Kriminalrats nach und übernimmt die Übermittlungen, sehr zum Leidwesen ihrer Kinder. Aber ihr Partner und Liebhaber Sigi ermittelt wie immer an ihrer Seite. Bald schon merken sie, dass Gratz viele Feinde hatte, aber auch dass die Salzburger Prominenz fast geschlossen bei ihm verkehrte. Tina muss im Rotlichtmilieu ermitteln.
Dann begann für mich die Unglaubwürdigkeit: Ermittelt eine Kriminalbeamtin allein in den Bordellen und zieht sich dafür ein fast durchsichtiges, weißes Kleidchen an? Sigi, der die anderen Bordelle abklappert, bringt freudestrahlend einen Spesenbeleg über 1200,--€ mit. Und mit solchen unrealistischen Begebenheiten geht es weiter.
Überbordende Dialoge, die für mich zu oft in hysterischen Klamauk abgleiten und eine Handlung die mir immer unglaubwürdiger scheint, bestimmen den weiteren Verlauf. Mit den Figuren bin ich einfach nicht warm geworden, sie waren mir zu übertrieben dargestellt.
Ein Krimi, der schon von Cover und Beschreibung dem Genre Spaßkrimi zuzuordnen ist, muss nicht 1:1 die Polizeiarbeit abbilden, er soll unterhalten und witzig sein, dabei darf die Spannung und die Logik schon mal die zweite Geige spielen. Aber für mich war die Handlung einfach nicht ausgewogen. Weniger wäre mehr gewesen.
Am meisten habe ich mich über die gelungenen Dialekteinschübe amüsiert, damit konnte der Autor dann noch punkten.