Klasse Beginn und schwaches Ende - schade drum
Mengele Zoo30 Jahre ist es bereits her, dass dieses Buch das erste Mal in Norwegen veröffentlicht wurde. Aber das Thema ist so aktuell, als ob es gerade erst geschrieben worden wäre.
Erzählt wird die Geschichte des ...
30 Jahre ist es bereits her, dass dieses Buch das erste Mal in Norwegen veröffentlicht wurde. Aber das Thema ist so aktuell, als ob es gerade erst geschrieben worden wäre.
Erzählt wird die Geschichte des kleinen Mino, der in einem kleinen Dorf im Regenwald aufwächst, irgendwo auf dem südamerikanischen Kontinent. Doch die Zeiten beginnen sich zu ändern: Rodungen des Regenwaldes rücken immer näher an das Dorf heran; bewirtschaftete Grundstücke werden kurzerhand enteignet und an Ölgesellschaften verkauft. Wer sich nicht fügt, wird unter Druck gesetzt und schlimmstenfalls getötet. Auch Minos Dorf trifft es, alle werden massakriert, er ist der einzige Überlebende. Der Zauberer Isidoro nimmt sich seiner an und gemeinsam ziehen sie zwei Jahre von Stadt zu Stadt, währenddessen Mino die Zauberkunst erlernt. Doch ihr Zusammensein findet ein jähes Ende, als Isidoro von betrunkenen Amerikanern ermordet wird. Mino, der 14jährige Junge, flieht, nicht ohne Rache zu nehmen und versucht, sich ein neues Leben aufzubauen. Doch er kommt nicht zur Ruhe und als er Freunde findet, die sein Denken teilen, verwirklichen sie einen Plan, der unvorstellbar ist: Sie wollen den Regenwald, wenn nicht die ganze Welt retten.
Die ersten zwei Drittel sind wirklich spannend und es ist unfassbar und verschlägt einem die Sprache, wenn man erfährt, welche Leiden und Qualen Mino wie auch große Teile der Bevölkerung ertragen müssen: Armut, willkürliche Bestrafungen, grundlose Gewalt die nicht geahndet wird, Folter - es grenzt an einen Horrortrip. Keine Frage, die Entscheidung Minos und seiner Freunde, ebenfalls mit Gewalt zu reagieren, ist verständlich und nachvollziehbar. Selbst für die Lesenden vermute ich, löst dieses Handeln, das teilweise Hunderte Tote verursacht, nur bedingt Ablehnung oder Abscheu aus. Ein interessantes Szenario, das eine richtig tolle Geschichte mit großem Nachklang hätte werden können.
Ist es aber bedauerlicherweise nicht, denn im letzten Drittel bedient sich dieser Roman nur noch der plattesten Klischees und Verallgemeinerungen. Immer wieder aufs Neue wird deutlich gemacht, wie mies die USA, Kanada, Europa und Teile Asiens sind und dass die Besten der Menschen die Ureinwohner sind, die die Natur noch zu schätzen wissen. Beispielsweise als Mino in den USA ist: „Hunderte von Städten, eine trostloser und langweiliger als die andere. In Chicago boten sich ihm die Überreste einer unsichtbaren Reihe verarmter Latinos dar. Er roch den Gestank mumifizierter Gangster, sah diese Gespenster überall herumlaufen, -stehen, -liegen, -sitzen.“ Oder Europa: „Er hatte die Geschichte dieses Kontinents studiert. Sie war schmerzhaft und grausam. Von der Antike und den alten Griechen bis in die heutige Zeit hinein zog sich eine breite Blutspur, für jeden sichtbar, der Augen hatte. Dazu war es gekommen, weil die Menschen versucht hatten zu sein, was sie nicht waren. Europa war für immer zerstört. Von hier aus hatte sich die Pest auf andere Kontinente verbreitet.“ Um es klarzustellen: Ich bestreite nicht im Geringsten, dass wir zu großen Teilen auf Kosten der Bevölkerungen der südlichen Welthalbkugel und deren Lebensräume leben. Aber derart Alles über einen Kamm zu scheren und schlicht Alles zu verteufeln, was aus der sogenannten 1. Welt kommt, ist schlicht geistlos.
Schade, das hätte ein richtig klasse Buch werden können mit vielen Anregungen zum Weiterdenken.