Stark im Ei
Ist man stark im Ei, boxt man sich durchs Leben, auch wenn dieses Leben kein Nullsummenspiel ist.
Jules, der Jüngste von drei, nach einem Unfall elternlosen Geschwistern, erzählt uns seine von Höhen ...
Ist man stark im Ei, boxt man sich durchs Leben, auch wenn dieses Leben kein Nullsummenspiel ist.
Jules, der Jüngste von drei, nach einem Unfall elternlosen Geschwistern, erzählt uns seine von Höhen und Untiefen geprägte Lebensgeschichte. Die bis dahin behütet aufgewachsenen Kinder gehen nun auf ein Internat, wo sich ihre doch sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten entwickeln. Liz ist nach dem Tod der Eltern so lebenshungrig, dass sie unbedingt jedes Abenteuer mitnehmen muss. Marty ist der typisch nerdige Streber. Jules hat von den Dreien die größten Schwierigkeiten, sich auf die traurige Situation einzustellen. Er ist gefangen in seinen Tagträumen, lässt in Gedanken immer wieder seine Erinnerungen ablaufen, vermischt sie mit aktuellen Tagesgeschehen.
Benedict Wells vermittelt mit Jules Geschichte eine umfangreichere Lebenserfahrung als ich sie von einem um die dreißig Jährigen erwartet hatte. Er begleitet Jules durch Kindheit und Pubertät, später weiter ins Erwachsenenleben mit Frau und eigenen Kindern. Benedict Wells zeichnet große und kleine Gefühle mit einer schlanken, wenig verschachtelten Sprache. Dennoch ist seine Wortwahl dermaßen treffsicher, dass er mich mehrfach zu Tränen gerührt hat. Beeindruckt haben mich die vielen eingestreuten Lebensweisheiten, die man immer wieder gern als Zitate nutzen möchte. Hier ein längeres und ein kurzes Beispiel:
„Am wichtigsten ist, dass du einen wahren Freund findest, Jules. Dein wahrer Freund ist jemand, der immer da ist, der dein ganzes Leben an deiner Seite geht. Du musst ihn finden, das ist wichtiger als alles, auch als die Liebe. Denn die Liebe kann vergehen.“ S. 33
„Hoffnung ist was für Idioten“ - „Pessimismus auch.“ S. 165
Zunächst irritiert hatte mich die unterbrochene Kontinuität der Kapitel. Zwischen den Abschnitten, die dem Leser präsentiert werden, fehlen immer wieder mehrere Jahre. Dieses bewusste Weglassen hat für mich nach kurzer Gewöhnungsphase letztlich einen schönen Kontrast zu der intensiven Auseinandersetzung mit Jules Gedankenwelt ergeben.
Insgesamt hat mir „Vom Ende der Einsamkeit“ so gut gefallen, dass ich die Geschichte uneingeschränkt weiterempfehlen kann. Sie hat mich beeindruckt, sie hat mich berührt und sie wirkt in mir nach.