Profilbild von TochterAlice

TochterAlice

Lesejury Star
online

TochterAlice ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit TochterAlice über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.12.2018

Angst und Schrecken im beschaulichen Münster

Kälter als die Angst
2

erleiden zunächst einmal die Bewohner eines Mehrfamilienhauses durch die Zustellung gruseliger Briefe, die man als Morddrohungen interpretieren könnte. Dabei ist auch die gerade frisch eingezogene Katrin ...

erleiden zunächst einmal die Bewohner eines Mehrfamilienhauses durch die Zustellung gruseliger Briefe, die man als Morddrohungen interpretieren könnte. Dabei ist auch die gerade frisch eingezogene Katrin Ortrup, Charlotte Schneidmann und ihren Leuten (und natürlich den Stammlesern dieser Reihe) seit der Entführung ihres Sohnes bereits bestens bekannt. Sie ist die Einzige, die in die Offensive geht und die Polizei hinzuzieht. Und es wird immer bedrohlicher.

Zumal Opernsängerin Carla, bis vor kurzem noch Bewohnerin des besagten Mehrfamilienhauses in ihrem neuen Heim brutalst ermordend aufgefunden wird.

Spannungsreich und stellenweise auch blutig beschreibt Autorin Christine Drews in ihrem nunmehr fünften Band um das bereits erwähnte Ermittlerteam die Gegebenheiten - mehr und mehr werden Zusammenhänge deutlich, von denen man nie zu träumen gewagt hätte - nicht einmal in seinen tiefsten Albträumen - wie es eines ordentlichen Krimis eben würdig ist. Und dies ist ein ziemlich harter, der auf der Schwelle zum Thriller steht, auch wenn ein ganz klassisches Team ermittelt. Die diversen Schlachten, sowohl mit Wort- als auch und vor allem mit Körpereinsatz - potentielle Leser dürfen sich auf einiges gefasst machen - waren mir fast des Guten - bzw. des Bösen - zu viel. Ganz klar eher etwas für Leser, bei denen es gern etwas heftiger zugehen kann: Wobei es im Vergleich zu anderen Krimis dieser Reihe noch eher ruhig zugeht, was nicht zuletzt etwas mit den Entwicklungen im Polizeipräsidium zusammenhängt. Die Leser dürfen gespannt sein!

Die Zusammenhänge und Verstrickungen sind - meistens jedenfalls - durchaus schlüssig und vielschichtig dargestellt, auch ein Hauch von Humor blitzt stellenweise auf, freilich um gleich wieder von einem Blutbad, Schuss- oder Wortwechsel hinweggespült zu werden.

Charlotte Schneidmann und ihr Kollege Peter Käfer sind gleichwohl angenehme Gesellen, die sich gut verstehen, ein unschlagbares -allerdings im Moment nicht existentes - Team bilden und deren Charaktere sehr gut herausgearbeitet sind. Dies ist definitiv eine Stärke der Autorin und aus meiner Sicht ein Highlight in der deutschen Ermittlerszene und ihren Münsteraner "Kollegen" Frank Thiel und Prof. Karl-Friedrich Boerne aus dem Tatort mindestens ebenbürtig! Etwas für Leser, die Münster als Schauplatz von Mordfällen erleben und dabei abseits der üblichen beschaulichen Regionalkrimis lesen wollen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Figuren
Veröffentlicht am 11.12.2018

Üblicherweise werden Mütter an "ihrem" Tag gefeiert

Muttertag (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 9)
0

Hier geschieht sozusagen Gegenteiliges, die Mütter verschwinden, und zwar immer an oder um "ihren" Tag im Jahr, dem Muttertag nämlich! Seit Jahrzehnten schon - nicht jedes Jahr, aber immer wieder.

All ...

Hier geschieht sozusagen Gegenteiliges, die Mütter verschwinden, und zwar immer an oder um "ihren" Tag im Jahr, dem Muttertag nämlich! Seit Jahrzehnten schon - nicht jedes Jahr, aber immer wieder.

All diese Frauen haben eine Gemeinsamkeit, die sich wie ein rotes Band durch die Fälle zieht - und dann macht die hessische Kriminalpolizei durch Zufall einen grausigen Fund. Und zwar im Garten eines alten Mannes, der vor vielen Jahren gemeinsam mit seiner Frau Pflegekinder aufnahm. Angeblich lief dahingehend alles wunderbar, nach seiner Frau sollte sogar eine Straße benannt werden, eine wahre Samariterin. Die im Übrigen vor vielen Jahren auf geheimnisvolle Art verschwand.

In Gesprächen mit einigen der ehemaligen Pflegekinder des Paares tun sich Facetten auf, die man so weder erwartet noch sie sich in das Leben von Kindern und Jugendlichen wünscht. Wie hängt das alles mit den Funden zusammen? Bald schon stecken Pia Sander und Oliver von Bodenstein mitten in den Ermittlungen und sind so involviert, dass sie und auch einige ihrer Kollegen die Nächte auf dem Polizeirevier verbringen.

Na, neugierig geworden? In der Tat ist "Muttertag" eine weitere Perle in der Taunus-Reihe der unnachahmlichen Nele Neuhaus. Die Serie um die Kommissarin Pia Sander und ihren Chef Oliver von Bodenstein hat mit herkömmlichen, oft etwas behäbigen deutschen Regionalkrimis à la Manfred Bomm und Regine Kölpin nichts zu tun. Dagegen kann die Autorin mit den skandinavischen Krimiserien von Autorinnen wie Helene Tursten und Anne Holt sowie mit angelsächischen Vorbildern wie Marcia Muller locker konkurrieren - der neue, mittlerweile neunte Band reiht sich vielversprechend in diese Serie ein und kann aus meiner Sicht von der Spannung her fast mit den Glanzlichtern der Serie "Tiefe Wunden" und "Schneewittchen muss sterben" mithalten.

Was aus meiner Sicht nicht unbedingt nötig gewesen wäre: der oder die Täterin zeichnet sich schon relativ früh ab, aus meiner Sicht geschieht auf den letzten fast hundert Seiten wenig Überraschendes, auch wenn sich alles gut und stimmig zusammenfügt und es im Gegensatz zum letzten Band "Im Wald" kaum offene Erzählstränge gibt, jedenfalls keine, die von zentraler Bedeutung wären.

Dennoch: Nele Neuhaus schreibt packend und fesselnd und zeigt diesmal vor allem Pia Sander von einer sehr persönlichen Seite: dadurch, dass sie tief in ihre Vergangenheit taucht, offenbart sie Erfahrungen und Empfindungen dieser Figur, die zumindest mir in diesem Ausmaß noch nicht bekannt waren.

Auch wenn dieser Band aus meiner Sicht nicht ganz so stark ist wie einige der Vorgänger: Diese Serie ist ein absolutes Muss für alle Freunde und Freundinnen hochkarätiger deutscher Krimis mit einer ähnlichen Spannungsgarantie wie der Reihe um den auch in räumlicher Nähe - nämlich in Frankfurt - angesiedelten Hauptkommissar Marthaler von Jan Seghers. Man kann "Muttertag" sicher isoliert von den anderen Krimis dieser Reihe lesen, doch wird es nur wenige geben, die sich nach dem Genuss dieser Lektüre nicht auch die vorherigen Bände gönnen möchten.

Veröffentlicht am 05.12.2018

Von der Kochsendung zur Familiengeschichte

Das Geheimnis der letzten Schäferin
0

Nina Ludwig hat - so scheint es - alles: sie ist jung, ihr Restaurant "Ludwig" in Salzburg ist ein absoluter Schlager, sie hat eine Kochsendung im Fernsehen und dazu noch Eltern und Freunde, die für sie ...

Nina Ludwig hat - so scheint es - alles: sie ist jung, ihr Restaurant "Ludwig" in Salzburg ist ein absoluter Schlager, sie hat eine Kochsendung im Fernsehen und dazu noch Eltern und Freunde, die für sie durchs Feuer gehen.

Doch nun wird Unmögliches von ihr verlangt: sie soll mit Julian Leroy, dem jungen Münchner Szenekoch, eine gemeinsame Sendung drehen. Ausgerechnet mit Leroy, von dem sie so gar nichts hält - ein oberflächlicher Kerl und ein Aufschneider. Doch sie wird vom Sender unter Druck gesetzt...

Für Nina stehen einige Überraschungen parat: die größte davon ist die, dass der Drehort in Bayern der Geburtsort ihrer geliebten, leider schon längst verstorbenen Oma Lieselotte ist. Und offenbar kannte der Besitzer des denkmalgeschützten Hofes, auf dem die Dreharbeiten stattfinden, Lieselotte näher. Bei dem Versuch, mehr über die Jugend ihrer Großmutter, die als Schäferin tätig war, zu erfahren, blockt er jedoch ab. Schnell wird Nina neugierig und versucht, dies zu ergründen.

Dabei ist der Leser immer mindestens auf derselben Ebene wie Nina, oft auch schon einen Schritt voraus, denn die Handlung findet auf zwei Zeitebenen statt, wovon eine Ninas Welt und damit die Gegenwart behandelt, die andere das Leben und die Geschicke von Lieselotte beleuchtet.

Und es zeigt sich, dass die Großmutter Lieselotte, der Nina ihre Liebe zum Kochen verdankt, so einiges erlebt hat. Wobei der Titel "Das Geheimnis der letzten Schäferin" nicht so ganz zutrifft, denn es wird nie ganz klar, ob Lieselotte selbst es überhaupt kannte.

Ein spannender und atmosphärischer Roman mit einigen ungewöhnlichen Aspekten: so kennt man die Autorin Beate Maxian und in dieser Hinsicht hat sie auch diesmal nicht enttäuscht. Allerdings sind einige Entwicklungen, allen voran die von Ninas Einstellung gegenüber Julian Leroy, von Anfang an abzusehen und verkleinern dadurch das Füllhorn der Überraschungen, das über den Leser ausgeschüttet wird, doch um einiges. Dennoch: ein unterhaltsames, lesenswertes Buch für verdiente Mußestunden, das ich gerne weiterempfehle!

Veröffentlicht am 23.11.2018

Zurück in ihre Vergangenheit

Trügerischer Sommer
0

nämlich aus Berlin in ein kleines Dorf in Niedersachsen, kehrt die Malerin Barbara, nachdem sie die Nachricht erhalten hat, dass ihr Vater im Sterben liegt. Ihr Vater, mit dem sie seit Jahren kaum Kontakt ...

nämlich aus Berlin in ein kleines Dorf in Niedersachsen, kehrt die Malerin Barbara, nachdem sie die Nachricht erhalten hat, dass ihr Vater im Sterben liegt. Ihr Vater, mit dem sie seit Jahren kaum Kontakt hatte. Mit dabei: ihr Sohn Tore. Beide sind selbst gerade dabei, sich umzuorientieren, nachdem Barbaras Lebensgefährte und Tores Vater Holger ihnen den Rücken gekehrt hat - eigentlich ja nur Barbara, aber seine neue, viel jüngere Freundin beschäftigt ihn so, dass er kaum Zeit für seinen Sohn findet.

Natürlich soll dies nur ein Aufenthalt für kurze, für sehr kurze Zeit sein, denn nichts will Barbara weniger, als in den engen Mief des Dorfes zurückzukehren. Doch immerhin erwartet sie dort eine Freundin, nämlich Karen, der sie seit ihrer Kindheit verbunden ist und die ihr auch eine große Stütze ist.

Mit der Rückkehr verbunden ist ein Wiedersehen mit Bruder Kristian, einem Tierarzt, mit dem der Kontakt aus vielerlei Gründen auch kaum noch vorhanden ist. Aber warum hat Kristian den Vater noch nicht im Krankenhaus besucht? Und was hat es mit seiner Arbeit auf sich? Er hat nämlich nicht, wie es auf dem Land ja durchaus sinnvoll wäre, eine eigene Praxis, sondern arbeitet als Angestellter beim lokalen Großunternehmer Lüken, der seine Nase in alle, aber wirklich alle Geschicke des Dorfes steckt.

Die Geschichte wird sowohl aus Barbaras als auch aus Tores Sicht geschildert und nach und nach wird deutlich, dass auch Barbara ihrem Sohn so einiges über die Familie vorenthalten hat und dass es wahre Abgründe sind, denen sie und damit auch ihr Sohn sich stellen müssen. Tore geht mit der Unerschrockenheit eines Teenagers daran, die Sache von hinten aufzurollen. Und droht dabei unter die Räder zu geraten, denn die Verbindungen und Seilschaften umfassen weit mehr als seine eigene Famlie...

Mechthild Lanfermann knüpft mit ihrem Spannungsroman und erstem Stand-Alone in der Hinsicht an ihre Krimireihe mit Protagonistin Emma Vonderwehr an, dass auch hier das Darstellen von Mißständen sowohl familiärer als auch gesellschaftlicher Art ein großes Anliegen ist. Wer Spannung liebt und dabei nicht auf sinnvolle, auf anspruchsvolle Weise transportierte Gesellschaftskritik verzichten möchte, der sollte bei diesem Buch zugreifen.

Ein eindrucksvoller Roman, wenn ich im direkten Vergleich auch die Emma-Vonderwehr-Reihe bevorzuge. Zu fern war mir hier oft das Handeln der Protagonistin, auch einige Entwicklungen konnte ich nicht so ganz nachvollziehen. Doch das ist Kritik auf sehr hohem Niveau und mag andere Leser, die dieses Buch anders wahrnehmen und die Autorin möglicherweise noch nicht kennen, gar nicht betreffen. Auf jeden Fall ist es fesselnd geschrieben und wer in seiner Lektüre gern Spannung mit Anspruch verbindet, ist hier definitiv an der richtigen Adresse!

Veröffentlicht am 12.11.2018

Der Tollund-Mann als Verbindungsperson

Das Versprechen, dich zu finden
0

Sehnsucht nach einer Mumie, nämlich nach dem sogenannten Tollund-Mann, der allerdings schon lange verstorben ist. Er ist ein Exponat im Silkeborg-Museum in Dänemark, und zwar ein ziemlich Bekanntes. Jedenfalls ...

Sehnsucht nach einer Mumie, nämlich nach dem sogenannten Tollund-Mann, der allerdings schon lange verstorben ist. Er ist ein Exponat im Silkeborg-Museum in Dänemark, und zwar ein ziemlich Bekanntes. Jedenfalls so bekannt, dass Tina in East Anglia schon in den 1960ern von ihm hörte, als Schulmädchen. Mit ihrer Freundin Bella hatte sie sich bereits damals vorgenommen, diesem Mann einen Besuch abzustatten, wozu es leider nie kam. Denn nun lebt Bella nicht mehr.

Durch einen Brief einen dänischen Forscher, mit dem sie ihm quasi auf ein von ihm in Jugendzeiten erhaltenes Schreiben antwortet, trifft sie auf Anders, dem gegenwärtigen Kurator des Museums, woraus ein intensiver Briefwechsel resultiert. Die englische Bäuerin Tina, verheiratet mit erwachsenen Kindern, auch Enkel gibt es bereits und der Wissenschaftler Anders, verwitwet und Vater von ebenfalls erwachsenen Kindern, haben sich nämlich eine Menge zu sagen.

Es entsteht eine unerwartete Nähe, in der sie sich die Entwicklungen in ihren jeweiligen Leben - und bei beiden ist ein Menge los - mitteilen und aufeinander eingehen.

Unverhofft kommt oft: Wer hätte gedacht, dass eine Mumie als Verbindungsperson fungieren kann, denn über ihn haben die beiden sich ja kennengelernt - wenn auch auf Entfernung. Tina und Anders finden sich im dritten Lebensabschnitt: zunächst als Zufallsbekanntschaften, dann als Brieffreunde, die sich gewissermaßen als Seelenverwandte finden.

Autorin Anne Youngson hat mit "Das Versprechen, dich zu finden" einen ruhigen, aber alles andere als ereignislosen Roman geschrieben, den ich gerne gelesen habe. Ein ungewöhnliches Buch, an das ich sicher lange denken werde!