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Veröffentlicht am 13.11.2018

Sanftmut

Das Blut der Hirsche
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Zwar geht es in diesem Thriller nicht gerade sanftmütig zu, doch der Gedanke hat schon seine Berechtigung, insbesondere wenn man den Originaltitel des Buches kennt.

Seit ein paar Monaten geht es Zack ...

Zwar geht es in diesem Thriller nicht gerade sanftmütig zu, doch der Gedanke hat schon seine Berechtigung, insbesondere wenn man den Originaltitel des Buches kennt.

Seit ein paar Monaten geht es Zack Herry relativ gut. Er ist clean und gerade hat sich seine Freundin Mera mit ihm verlobt. Doch der neue Fall wühlt ihn und seine Kollegen sehr auf. In der Mittsommernacht sind vier Jugendliche grausam umgekommen. Nur ein Mädchen der Gruppe hat schwer verletzt überlebt und eine weitere junge Frau ist verschwunden. Wie soll man den Eltern nur beibringen, dass ihre Kinder tot sind und es keinen Hinweis auf einen Täter gibt. Die Ermittlungen ergeben, dass die Jugendlichen Drogen konsumiert hatten. Ein Hinweis auf einen Dealer führt jedoch zunächst nicht weiter.

Mit solch einem Tatort möchte kein Mensch konfrontiert werden, auch kein Polizist. Junge Menschen, die ihr Leben noch vor sich haben, sollten nicht auf so eine Art sterben. Und dennoch müssen Zack Herry und seine Kollegen die Bearbeitung des Falles aufnehmen. Frustrierend dabei, dass es keine hinreichenden Hinweise auf überhaupt irgendetwas gibt. Zack, der sich eine kleine Sicherheit im Privaten schaffen will, ist besonders verbissen auf der Suche nach einer Lösung. Doch kann es eine Sicherheit vor dem Wunsch nach einer Droge geben? Und warum fühlt er sich immer noch zu der geheimnisvollen Hebe hingezogen?

In seinem dritten Fall scheint Zack Herry sowohl auf der Flucht als auch auf der Jagd zu sein. Auf der Flucht vor der Sucht und auf der Jagd nach dem Täter und seiner eigenen Vergangenheit. Ob er dabei überhaupt irgendwo erfolgreich sein kann, bleibt lange im Dunkeln. Zu grausam sind die Taten, als dass es eine nachvollziehbare Erklärung geben kann. Zu tief liegen die Wurzeln der Sucht, als dass es ein immerwährendes Entkommen geben kann. Zu dunkel ist das Geheimnis um Zacks Vergangenheit. Wenn auch im Rahmen der Ermittlung ein wenig Licht ins Dunkel gebracht wird, so wirft der Fall doch reichlich Fragen auf, die so nicht gelöst werden können. Nach einer rasanten Fahrt durch die Abgründe verschiedener Seelen bleibt einem nichts anderes als auf die schnelle Veröffentlichung bzw. Übersetzung des nächsten Romans um Zack Herry und sein Team zu hoffen.

Veröffentlicht am 01.11.2018

Todescamp

Longmire: Bittere Wahrheiten
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Schon seit 25 Jahren ist Walt Longmire Sheriff in Absaroka County. Ob er nochmal wieder gewählt wird, weiß er nicht. Ob er das will, weiß er auch nicht. Allerdings überlegt er, vier Jahre nach dem Tod ...

Schon seit 25 Jahren ist Walt Longmire Sheriff in Absaroka County. Ob er nochmal wieder gewählt wird, weiß er nicht. Ob er das will, weiß er auch nicht. Allerdings überlegt er, vier Jahre nach dem Tod seiner Frau möglicherweise zu neuen Ufern aufzubrechen. Seine Gedankengänge werden allerdings jäh unterbrochen, als der Mord an Cody Pritchard die schläfrige Ruhe jäh zerstört. Vor zwei Jahren wurden Cody und drei andere junge Männer wegen der Vergewaltigung einer jungen Indianerin zu einer eher geringen Gefängnisstrafe verurteilt. Handelte es sich bei dem Mord an Cody eher um eine Zufallstat oder könnte es sich um eine späte Rache handeln.

Der Fall der Vergewaltigung des Cheyenne-Mädchens ist Walt noch in schlechter Erinnerung, die jungen Männer sind doch zu leicht davon gekommen. Doch wer kann Grund zur Rache haben. Sogar seinen Freund Henry Standing Bear, der Walt mit klugen Sprüchen, Ratschlägen und hin und wieder einem Tritt in den Hintern, wenn der Sheriff mal wieder zu träge wird, zu Seite steht, hat Longmire kurz in Verdacht. Doch eigentlich scheiden etliche der Verdächtigen aus, weil sie keine Möglichkeit hatten, den Mord zu begehen oder sie hatten ein Alibi, oder wie auch immer.

Soweit bekannt wurde die TV-Serie Longmire im Free-TV nie gesendet, was zu bedauern ist. Eher durch Zufall an die Serie gekommen, macht diese neugierig auf die Bücher. Glücklicherweise hat sich die Adaption der Serie recht nah am Buch orientiert, so dass man nicht enttäuscht wird, wenn man das Buch später liest. Eher erinnert man sich gerne an die so gut passenden Bilder und taucht wieder in die Handlung ein. Wenn man die Mischung aus Western und Krimi mag und einen leichten Hang zum indianischen Mystizismus hat, wird dieser erste Band der Serie um Walt Longmire außerordentlich fesseln. Einfach gelungen wie der Autor seinen Sheriff und dessen Umgebung in Szene setzt. Die abgeschiedene Gegend um die Bighorn Mountains bringt die sympathisch skurrilen Charaktere hervor, denen der Autor eine Stimme verleiht.

Veröffentlicht am 28.10.2018

Gören

Rachewinter
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In Wien beobachten zwei Arbeiter etwas, das wie ein Mord aussieht. Einer der Beiden filmt den Vorgang. Kurz darauf meldet sich ein junger Mann bei der Anwältin Evelyn Meyers und bittet sie, das Mandat ...

In Wien beobachten zwei Arbeiter etwas, das wie ein Mord aussieht. Einer der Beiden filmt den Vorgang. Kurz darauf meldet sich ein junger Mann bei der Anwältin Evelyn Meyers und bittet sie, das Mandat zu übernehmen. Nahezu gleichzeitig bekommt Kommissar Walter Pulaski von Kriminaldauerdienst in Leipzig die Aufgabe, einen Toten zu untersuchen, der in einem Hotelzimmer gefunden wurde. Überrascht muss Pulaski feststellen, er kennt den Toten. Es handelt sich um den Vater von Nina, der besten Freundin seiner Tochter. Zusätzlich machen einige Feststellungen, die er während seiner ersten Beschau trifft, ihn misstrauisch. Dennoch kann er nicht anders als festzustellen, dass alles nach einem Unfall aussieht.

Bereits zum dritten Mal durchleben Meyers und Pulaski ihre Fälle. Dabei scheinen die Ereignisse zunächst so weit entfernt wie Leipzig und Wien. Wenn man die Beiden allerdings kennt, beginnt man natürlich sofort nach einem Zusammenhang zu suchen. Gespannt verfolgt man, wie Evelyn Meyers bei ihren Nachforschungen behindert wird. Ebenso gefesselt ist man von Pulaskis Bemühungen im Gedächtnis zu behalten, dass er nichts zu ermitteln hat und er außerdem seine Tochter und ihre Freundin daran hindern muss, selbst private Untersuchungen anzustellen, wobei er nicht allzu deutlich werden lassen darf, dass sich die beiden jungen Frauen erstaunlich geschickt anstellen.

Meyers und Pulaski sind kein Team im eigentlichen Sinne, eher zwei Pole, die verschiedene Geschehnisse zusammenhalten. Genau das macht es so interessant, ihre Fälle zu verfolgen, nach Zusammenhängen zu suchen, einiges zu erahnen und mit anderem völlig daneben zu liegen.

Mit seinem spannenden verschachtelten Krimi greift der Autor ein Thema auf, über das der Durchschnittsleser vielleicht nicht so informiert ist. Er weckt Verständnis für die Nöte der agierenden Personen. Mit Meyers und Pulaski hat er zwei Pole geschaffen, die zu einem echten Team werden, wenn sie sich endlich treffen. Mit diesem packenden Kriminalroman lässt sich die Zeit bestens vertreiben. Die Augen werden dafür geöffnet, dass die eigenen Probleme möglicherweise kleiner sind als gedacht.

Veröffentlicht am 23.08.2018

Achte das Wort

Vox
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In einem Amerika der nicht allzu fernen Zukunft lebt Jean mit ihrem Mann und ihren vier Kindern. Obwohl Jean einen Doktortitel besitzt ist ihr Platz daheim am Herd. Die neue Regierung der Reinen hat es ...

In einem Amerika der nicht allzu fernen Zukunft lebt Jean mit ihrem Mann und ihren vier Kindern. Obwohl Jean einen Doktortitel besitzt ist ihr Platz daheim am Herd. Die neue Regierung der Reinen hat es so beschlossen. Die Frauen brauchen nicht zu arbeiten, ihre Aufgabe ist es, Haus und Kinder zu hüten. Und still zu sein. Besonders um Letzteres durchzusetzen, hat die Regierung den Frauen Armbänder umgelegt, Armbänder, die die Worte zählen. Nur noch hundert Worte pro Tag sind den Frauen erlaubt. Schlimmer noch, schon die kleinen Mädchen werden am Sprechen gehindert. Wobei das Sprechen in der Entwicklung doch so viel ausmacht.

Es scheint so als solle die Hälfte der Bevölkerung verdummt werden, zu gleichgeschalteten Dienerinnen erzogen werden. Drakonische Strafen drohen, wenn das Kontingent überschritten wird. Kein Abweichen ist erlaubt. Doch plötzlich bietet sich Jean eine Chance, ihren Beruf wieder aufzunehmen. Ihre Forschungsarbeit wird von den Regierenden gebraucht. Wofür bleibt für Jean zunächst unklar. Und große Forderungen kann sie nicht stellen. Doch zumindest für die Dauer ihrer Forschungstätigkeit dürfen Jean und ihre Tochter wieder reden.

Wir lassen uns den Mund nicht verbieten. Das hätte Jean vielleicht sagen müssen als sich abzeichnete, wie die Regierung agiert. Heute bereut sie, dass sie die Mahnungen ihrer besten Freundin abgetan hat. So schlimm kann es doch nicht werden, sie werden es nicht tun. Die Geschichte lehrt: es wird so schlimm und sie tun es. Wehret den Anfängen, so schnell ist es zu spät. So schnell sind Menschen ausgegrenzt. Warum fragt sich so selten jemand, wie es wäre, wenn er der Ausgegrenzte wäre. Würde nicht häufiger Schlimmeres verhindert werden, wenn man sich in die Lage des anderen hinein versetzte, bevor man etwas verurteilt oder jemanden zum Außenseiter macht. In diesem ausgesprochen packenden Thriller trifft es die Frauen, die klein gehalten und verdummt werden sollen. Doch es kann jeden treffen. Es ist die Aufgabe einer Gesellschaft sich gegen solche Umtriebe zu wehren.

Jedes Wort der Güte, jedes Wort gegen die Ausgrenzung, jedes Wort für ein friedliches Miteinander zählt. Klar zeigt die Autorin, die Gefahren auf, wenn man negative Entwicklungen einer Gesellschaft unterschätzt. Die Aufgabe ist es, dagegen zu halten. Auch wenn der Showdown nicht so ganz zum hervorragenden Rest des Buches passen mag, sollte dieser aufrüttelnde Roman unbedingt gelesen werden.

Veröffentlicht am 18.08.2018

Dämonen

Die Frau mit den grünen Augen
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Von seinem alten Widersacher Oberst Tan wurde Shan in einer abgelegenen Gemeinde Tibets als Polizeiwachtmeister eingesetzt. Das hätte er sich nach dem langen Gefängnisaufenthalt auch nicht träumen lassen. ...

Von seinem alten Widersacher Oberst Tan wurde Shan in einer abgelegenen Gemeinde Tibets als Polizeiwachtmeister eingesetzt. Das hätte er sich nach dem langen Gefängnisaufenthalt auch nicht träumen lassen. Wirklich frei ist Shan natürlich nicht, dafür dass er seinen Sohn hin und wieder für ein paar Tage sehen darf, musste er den Posten übernehmen. Zu Tans Leidwesen dauert es nicht lange und Shan findet einen westlich gekleideten Toten in einem alten Grab. Damit nicht genug, neben einer uralten Leiche wird ein toter Chinese gefunden, der wohl schon seit ca. 50 Jahren tot ist. Und Teil eines unangekündigten Gefangenentransports ist eine Frau mit auffallend grünen Augen.

Auch wenn es bereits der neunte Auftritt von Shan ist, kommt in keinem Moment Langeweile auf. Wie hier das widersinnige Streben der Herrschaftsmacht China gegen die tibetische Kultur, gegen den Reichtum der hergebrachten Sagen und ihre Verknüpfung mit den Lehren des Buddhismus in aller Absurdität beschrieben wird, ist einfach immer wieder fesselnd. Freut man sich im ersten Moment, dass Shan der Hölle des Gulags entkommen ist, währt diese Freude nicht lange, denn schnell erfährt man, an welche Bedingungen die vermeintliche Freiheit geknüpft ist. Nicht nur das, auch auf seiner Wache hat es Shan nicht leicht, gegen die Dorfoberen zu bestehen. Schnell wird er verdächtigt mit den einheimischen und nur geduldeten Tibetern gemeinsame Sache zu machen.

Gekonnt gibt der Autor einen Abriss über das Leben der Tibeter in ihrer eigenen Provinz unter der chinesischen Herrschaft, ohne dabei belehrend zu wirken. Geschickt wird die Geschichte des Toten mit der Geschichte des Landstrichs verwoben. Warum nur wird die tibetische Bevölkerung dermaßen unterdrückt? Was ist so schlimm an ihrer eher friedliebenden Kultur? Außer, dass sie eben nicht chinesisch ist. So plastisch beschrieben, dass man beinahe glauben könnte, man wandele selbst durch die Hochebenen und sehe die Gebetsfahnen. Man glaubt den leisen und beinahe humorigen Widerstand spüren, den die Tibeter leisten. Man empfindet die leichte Hoffnung der Jugend, die nie enttäuscht werden sollte. Gleichzeitig verfolgt man einen spannenden Fall, in dem man schließlich erfährt, warum ein jüngerer Mann mit westlicher Kleidung sterben musste.

Eine Serie, deren Bücher immer wieder fesseln und die lehrreich sind, ohne zu belehren.