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Veröffentlicht am 25.11.2018

Der Untergang des Königshauses Bayern

Eben noch unter Kronleuchtern ...
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Nach Ende des Ersten Weltkriegs stand Deutschland vor einem völligen politischen Umsturz: der Kaiser musste Abdanken, Könige und Fürsten waren entmachtet und auch in Bayern wurde der König entthront. In ...

Nach Ende des Ersten Weltkriegs stand Deutschland vor einem völligen politischen Umsturz: der Kaiser musste Abdanken, Könige und Fürsten waren entmachtet und auch in Bayern wurde der König entthront. In einer Nacht und Nebel-Aktion musste die Familie fliehen – getrennt. Die Königin schwer krank, Ludwig III stolz und ungebrochen, die Kinder vor einer ungewissen Zukunft. Dazu war die Flucht beeinträchtigt von filmreifen Pannen und wilden Gerüchteküchen.

Im Geheimen Hausarchiv der Wittelsbacher lagern die Tagebücher, Briefe und Notizen, in denen die Ereignisse jener ungewissen Zeit von den Königstöchtern selbst und ihren Begleitern festgehalten sind. Christiane Böhm hat sie hier zu einem Kaleidoskop zusammengestellt, das dem Leser einen unglaublichen Einblick in die Zeit, aber auch die persönliche Tragödie der Königsfamilie gibt. Trockene politische Ereignisse bekommen ein Gesicht. Es war nicht nur die Zeit, in der ein völlig neues Land gegründet wurde, ein politisches Novum begann, sondern auch Tragödien innerhalb der so verhassten Herrscherfamilien geschahen. Das reiche Foto- und Kartenmaterial illustriert die Aufzeichnungen und so folgt man mit angehaltenem Atem der Familiengeschichte bis zur letzten Seite. Eine weitere historische Lücke schließt sich mit diesem Buch. Großartig!

Veröffentlicht am 25.11.2018

Eine ungewöhnliche Frau

Mit einem Mann möcht ich nicht tauschen
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Ende des 19./ Anfang des 20. Jahrhunderts gab es für Frauen ein nur eng begrenztes Lebensfeld. So träumte Marie Bode früh davon ein Mann zu sein. Später entdeckte sie dann, wie sie sich als Frau entfalten ...

Ende des 19./ Anfang des 20. Jahrhunderts gab es für Frauen ein nur eng begrenztes Lebensfeld. So träumte Marie Bode früh davon ein Mann zu sein. Später entdeckte sie dann, wie sie sich als Frau entfalten kann. Selbstbewusst und emanzipiert setzt sie ihre Träume von Kreativität und Selbständigkeit durch. Ihre Briefe und Tagebücher zeigen eine Welt, die heute kaum noch vorstellbar ist. Man begleitet Marie Bode durch das strenge ausgehende 19. Jahrhundert in die neuen Freiheiten der Weimarer Republik bis in den Rückschritt der dreißiger Jahre, die in eine harte Kriegs- und Nachkriegszeit führen. Es sind Blitzlichtaufnahmen untergangener Gesellschaften und großer Träume, dabei gleichzeitig ein Einblick in die Tagebuch- und Briefkultur der Vergangenheit, die mit der privaten und geschützten Sphäre der heutigen Zeit nicht mehr als das Medium gemein hat.

Mit diesem Buch macht Rainer Noltenius sehr viel mehr zugänglich als ein Stück seiner Familiengeschichte. Es ist ein Zeitzeugnis, das einen einzigartigen und exemplarischen Einblick in ein Leben gibt, das von mehreren, umfassenden gesellschaftlichen und politischen Umbrüchen gezeichnet ist. Das große Ganze in einem Einzelschicksal zu lesen ist äußerst spannend. Schwarzweißfotos, Postkarten und Farbtafeln illustrieren diese großartige Zusammenstellung. Die unkommentiert zusammengestellten Briefe und Tagebuchauszüge werden durch ein umfassendes Nachwort ergänzt, das über Einzelschicksale, Hintergründe und historische Besonderheiten informiert.

Fazit: Ein hochspannender Einblick in das Leben einer außergewöhnlichen Frau, der gleichzeitig Aspekte der Geschichte und Kulturgeschichte aufzeigt, die in allgemeinen Werken unterschlagen werden müssen. Persönliche Schicksale in den turbulenten 100 Jahren vom Kaiserreich bis in die 50er Jahre zeigen erst wie umwälzend sich die Ereignisse auf den einzelnen ausgewirkt haben.

Eine mitreißende Zusammenstellung, die sich nicht aus der Hand legen lässt!

Veröffentlicht am 14.11.2018

Das Geisterschiff

John Sinclair - Folge 2
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Ein verlockendes Angebot treibt eine Gruppe von Menschen, die nichts mehr zu verlieren haben, dem skrupellosen Millionär Proctor in die Arme. Als sie merken, wohin er sie verschleppt, ist es für eine Rückkehr ...

Ein verlockendes Angebot treibt eine Gruppe von Menschen, die nichts mehr zu verlieren haben, dem skrupellosen Millionär Proctor in die Arme. Als sie merken, wohin er sie verschleppt, ist es für eine Rückkehr zu spät. Doch John Sinclair ist den Machenschaften Proctors schon auf der Spur.

Spannend und mit dem Geisterschiff mal eine erfrischend andere John Sinclair-Geschichte. Mit 46 Minuten ist das Hörspiel kompakt und geradlinig, sodass sich nicht in seltsamen Nebenhandlungen oder abstrusen Szenen verloren wird. Es macht richtig Spaß der Geschichte zuzuhören. Die nervige Frauenfigur, die mich gleich zu Beginn abgeschreckt hat, tritt zum Glück schnell in den Hintergrund, sodass ich mich im Hörspiel verlieren konnte. Auf den übergeordneten roten Faden, der bereits Grundlage der ersten Folge war – die Ankunft eines mysteriösen Überdämons – wird hier lose angespielt, ohne ihn auszuspinnen, aber er wirkt auch nicht hineingezwängt. Es macht einfach nur neugierig auf weitere Folgen.

Fazit: Geniale Sprecher, ein großartiger Soundtrack, der ziemlich laut ist und eine runde Geschichte – so macht John Sinclair Spaß. Für 5 Sterne reicht es nicht, aber es bleibt witzige Gruselunterhaltung.

Veröffentlicht am 14.11.2018

Santa auf Mission

Zwei Hunde feiern Weihnachten
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"Suche Weihnachtsmann – biete Hund"

Nur damit ihre Schwester Ruhe gibt schaltet Julia eine Kontaktanzeige in der örtlichen Zeitung. Daniel tut seinem Freund Peter den Gefallen über eine Kontaktanzeige ...

"Suche Weihnachtsmann – biete Hund"

Nur damit ihre Schwester Ruhe gibt schaltet Julia eine Kontaktanzeige in der örtlichen Zeitung. Daniel tut seinem Freund Peter den Gefallen über eine Kontaktanzeige nach einer Frau zu suchen. Dafür legt er sich sogar einen Hund zu. Durch einen Stromausfall werden ihre Anzeigen vertauscht, sodass ihnen jeweils die Antwortbriefe des anderen zugeschickt werden. Aus den Treffen zum Tausch der Briefe entwickelt sich schnell mehr.

"Vier Pfoten unterm Weihnachtsbaum"

Der neunjährige Lukas hat dieses Jahr nur zwei Wünsche zu Weihnachten: einen Hund und einen Vater. Kein Problem denkt Santa und schickt seine erfahrenen Elfen aus. Doch Tessa, Lukas‘ Mutter, ist nicht begeistert als sie im neuen Fußballtrainer ihres Sohnes ihre Jugendliebe wiedererkennt. Dass er außerdem Lukas‘ Vater ist, ohne dass sie es ihm je gesagt hat, macht es nicht einfacher, die neu erwachten Gefühle zu unterdrücken.

Beide Weihnachtsromane sind wunderbar geschrieben und erzählen herzerwärmende Geschichten. Es fällt allerding auf, dass die ganze Geschichte um Santa und seine Elfen, die sich eigentlich immer wieder in die Liebesgeschichte einmischen, kaum in Erscheinung treten. Die Geschichten laufen fast selbständig ab und Santa taucht nur in amüsanten bis nichtssagenden Szenen zwischendurch auf. Die Hauptgeschichten würden auch ohne Santa funktionieren. Das ist schade, da in anderen Bänden der Santa-Reihe gerade die Verbindung des märchenhaften Elements mit der Liebes- und Hundegeschichte äußerst gelungen ist.
Trotzdem sind beide Geschichten bezaubernde Weihnachtsromane, die ich immer wieder gerne lese. Gerade „Vier Pfoten unterm Weihnachtsbaum“ hat mich begeistert! Eine klare Leseempfehlung nicht nur zur Weihnachtszeit!

Veröffentlicht am 09.10.2018

Großartig konstruierter Gänsehautkrimi

Und dann gab's keines mehr
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Eine mysteriöse Einladung lockt zehn einander völlig fremde Menschen auf eine einsame Insel. Der erste Abend im luxuriösen Herrenhaus stellt ihnen nicht wie erhofft den Gastgeber vor, sondern kündigt ihren ...

Eine mysteriöse Einladung lockt zehn einander völlig fremde Menschen auf eine einsame Insel. Der erste Abend im luxuriösen Herrenhaus stellt ihnen nicht wie erhofft den Gastgeber vor, sondern kündigt ihren baldigen Tod an: Jeder von ihnen sei ein Mörder und würde die Insel nicht wieder verlassen. Noch am selben Abend beginnt der grausige Countdown.

Mit diesem Krimi hat Agatha Christie ein geniales Schauerstück vorgelegt, das den Leser zum elften Gast der Insel macht. Man spürt beim Lesen förmlich wie sich die Schlinge zuzieht. Wenn man sich den Originaltitel „Zehn kleine Negerlein“ vor Augen führt, weiß man wie perfide der unbekannte Mörder hier herunterzählt. Bitterböse, undurchschaubar und gnadenlos ist der Leser den Ereignissen ausgeliefert. Auch wenn jeder der Protagonisten zum Mörder gestempelt wird, sind sie bei weitem nicht alle unsympathisch. Im Gegenteil. Von der schüchternen Sekretärin über den warmherzigen Arzt bis zum liebenswerten General wachsen einem die Charaktere ans Herz. Als Leser steht man den Morden genauso hilflos gegenüber wie die Figuren. Obwohl man immer wieder die Perspektive wechselt und so stets einen neuen Blickwinkel gewinnt, kommt man dem Mörder nicht auf die Spur.

So brillant die Geschichte auch ist, das Motiv war mir am Ende zu dürftig. Deswegen bleiben 4 ½ Sterne.