Der Anfang vom Ende
Die Mauer„Es ist kalt auf der Mauer.“ [9] Einfach grandios wie John Lanchester schreibt. Es liest sich so angenehm, so spannend, so aktuell. In seinem Roman geht Lanchester die Themen unserer Zeit an: Flüchtlinge, ...
„Es ist kalt auf der Mauer.“ [9] Einfach grandios wie John Lanchester schreibt. Es liest sich so angenehm, so spannend, so aktuell. In seinem Roman geht Lanchester die Themen unserer Zeit an: Flüchtlinge, Klimawandel, wachsende politische Differenzen, Brexit. Zu viele Themen für ein Buch? Nein, geschickt setzt der Autor diese Themen zu einer spannenden Geschichte zusammen, die einen durchgängig begeistert. Besonders das Ende hat es mir angetan.
"Man sucht nach Metaphern." [9] und man findet sie. Teils poetisch geschrieben, zeichnet Lanchester einen realen Schauplatz, wie er in der Zukunft zu finden sein könnte. England schottet sich ab. In diesem Fall mit einer Mauer. Und genau wie die Charaktere im Buch, welche eben diese Mauer gegen die ‚Anderen‘ verteidigen, ist man auf das Äußerste gespannt, denn die Feinde können jederzeit angreifen.
Der Leser begleitet den Protagonisten Joseph „Yeti“ Kavanagh – berichtet wird aus der Ich-Perspektive - beim Dienst auf der Mauer. Die Charaktere sind nicht wirklich tief ausgearbeitet, was diesem Werk aber auch nicht schadet. Natürlich könnte man sagen, dass die vorkommenden Personen vieles, um nicht zu sagen alles, einfach als gegeben hinnehmen, nichts hinterfragen und in diesem Roman als ziemlich einfach gestrickt dargestellt werden, aber gibt es nicht immer fragliche Loyalitäten?
„Die Diagnose ist nicht schwer – sie ist nicht einmal kontrovers. Sie lautet: Schuld. Die Schuld von Massen. Die Schuld von Generationen.“ [72]
Das Buch gliedert sich in 3 große Teile: Die Mauer, die Anderen, das Meer. Die einzige Charakterentwicklung findet bei Kavanagh statt, wobei sich auch der Erzählstil mit zunehmender Seitenzahl mehr Richtung Abenteuer entwickelt.
Die Geschichte kommt düster daher, ein Kampf ums Überleben. „Ein weiterer Kampf auf ‚Leben und Tod‘.“ [122]
Fazit:
Eine anspruchsvolle Dystopie und ein Lesehighlight in 2019.
Auch das Cover sticht aus der Masse hervor. Eigentlich minimalistisch gestaltet. Aber eben nur eigentlich. Man kann viel mehr sehen.