Meinung
Nach einer jeden Leseflaute ist mein Bedürfnis, unbedingt lesen zu wollen, noch höher als für gewöhnlich. Momentan sieht es allerdings leider so aus, dass es nur möglich ist, wenn ich auf den Reader zurückgreife. Einige neue ebooks haben so ihren Weg auf Severus (ja, ich habe meinem Kindle einen Namen gegeben) gefunden. Einer davon und auch der am höchsten priorisierte Roman war
Solo: Tunes of Passion da alles in mir zwischen all den "schweren" Romanen, die ich in letzter Zeit gelesen (aber nicht rezensiert habe) nahezu nach etwas leichtem schrie. Die erwartete seichte Romanze blieb jedoch überraschend aus und offenbarte einen gefühlvollen und dennoch realistischen Liebesroman.
Solo hebt sich nicht durch einen neuen Plot des Genres New Adult ab sondern, wie damit gearbeitet und was daraus gemacht wurde. Dies liegt vor allem an den authentischen Charakteren. Allen voran die beiden Protagonisten Judith aka Jude und Lee. Wie im klassischen Genreroman treffen auch hier zwei verschiedene Welten aufeinander. Die eine ist bestimmt von klassischer Musik, einem strengen und kultivierten Elternhaus und dem Mangel an den daraus resultierenden Freiheiten. Die andere spiegelt genau das Gegenteil mit einer Vergangenheit wieder, die einfach nicht hinter sich gebracht werden kann. Anders als in ähnlichen Romanen wurde diese Gegensätze jedoch nicht geschaffen, um überhaupt einen Aufhänger für das Kennenlernen und Zusammenkommen zu ermöglichen und ansonsten keinen Mehrwert zu bieten. Saint-Cruz hat dafür keinen klassischen Bad Boy aus Lee geformt, sondern eben jenen, den man sich ursprünglich unter dieser Bezeichnung vorgestellt hat. Ein schlechter Start ins Leben, gefolgt von vielen weiteren Misserfolgen bis zu einem alles zerstörenden Schicksalsschlag pflastern Lees Weg, ohne jedoch zu gewollt und für die Geschichte erzwungen zu wirken. Das was ihm passiert ist, hätte genau so im realen Leben geschehen können und besonders der Umgang der Autorin mit seiner Psyche ist dabei gekonnt in Szene gesetzt worden. Für mich ist dies mit der Hauptgrund, warum ich zu diesem Roman statt vielen anderen "Rockstar-Bad Boy-New Adult" Büchern raten würde.
"Aber du bist manchmal zu gutgläubig. Vielleicht willst du Lee gewissermaßen ... retten. Du glaubst er ändert sich für dich und wird ein Mann für eine Beziehung."
Jude kommt ebenso authentisch daher und zeigt dabei eine Palette an Gefühlen sowie einen Charakterwandel. Es ist nicht das klassische Ausbrechen aus dem goldenen Käfig, denn ihre Eltern sind nicht die stupiden Bösewichte, die das Leben des weiblichen Protagonisten beherrschen wollen. Getrieben von dem Bild, dass sie in ihrem kleinen Universum aufrecht erhalten wollen, möchten sie natürlich Jude in eine bereits vorgesehene Laufbahn schubsen, sie sind dennoch bereit sich Fehler einzugestehen und das macht sie fast schon auf ihre Art und Weise sympathisch. Ich war nicht immer mit allen Vorgehensweisen Judes einverstanden und manches Mal fand ich sie weitestgehend sogar recht unverschämt aber ich mag es, wenn Figuren unterschiedliche Gefühle in mir als Leser auslösen können. So habe ich mich mit ihr gefreut, mit ihr gestritten und auch mit ihr mitgefiebert. Sie ist auch eine Figur, die vielleicht erst von Zuhause weg musste um zu erkennen, wer sie eigentlich wirklich ist und so passt es auch wieder, dass sie urplötzlich selbstbewusster wirkt, als man es bei ihr hätte ahnen können. Auch wenn ich mich eher in Lee hineinversetzen konnte, so gab es doch auch bei Jude einiges, was ich auch an mir wieder erkannt habe.
"Nichts geht jemals gut aus. Alles endet irgendwann. Spätestens mit dem Tod. Du wirst eine Menge Gutes verpassen, wenn du verzichtest, um nicht verletzt zu werden."
Die weiteren Figuren rund um Jude und Lee haben sich ebenfalls still und heimlich in mein Herz gestohlen. Besonders die anderen Mitglieder der Rockgruppe Solo haben da mein Interesse geweckt. Würden weitere Bände erscheinen, die sich um diese Charaktere drehen, würde ich sie mit Sicherheit lesen, was ich ansonsten bei solchen Reihen normalerweise vermeide (Wiederholungsgefahr des Plots aus Band 1).
Saint-Cruz' Schreibstil empfand ich auch als recht außergewöhnlich, da er weder zu leicht, noch zu hoch angesetzt wirkte. Sie hat einen ganz besonderen eigenen Stil, den man ohne Frage nach der Lektüre einiger Romane recht schnell wieder erkennen kann. Es sind einige Bücher unter diesem Pseudonym, sowie unter ihrem echten Namen Juliane Käppler erschienen und ich werde mir diese bei Gelegenheit noch einmal genauer ansehen. Neben dem Schreiben muss Saint-Cruz/Käppler eine ebenso große Leidenschaft für Musik und das Erschaffen dieser besitzen. Anders kann ich mir nicht erklären, wie sie Jude sonst mit einer solchen Hingabe für ihr Instrument, der klassischen Musik und Vermischen von Stilrichtungen ausstatten konnte.
Fazit
Solo: Tunes of Passion ist nicht nur das Paradebeispiel eines guten New Adult Romans, sondern auch eine Liebeserklärung an die Musik. Und so lege ich ihn allen Musikfreunden und Fans von realistischen Liebesgeschichten an Herz.