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Veröffentlicht am 18.11.2018

Warten auf das Kriegsende

Unter der Drachenwand
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Veit Kolbe wurde kurz vor Weihnachten 1943 in Russland schwer verwundet und nun hält er sich am Mondsee unter der Drachenwand auf, um sich zu erholen. Er ist erschöpft und ausgelaugt und hofft, dass er ...

Veit Kolbe wurde kurz vor Weihnachten 1943 in Russland schwer verwundet und nun hält er sich am Mondsee unter der Drachenwand auf, um sich zu erholen. Er ist erschöpft und ausgelaugt und hofft, dass er nicht mehr zurück an die Front muss. In seinem Quartier ist auch die Darmstädterin Margot, die mit ihrem Kind hier gelandet ist. Mit der Kinderlandverschickung ist die Lehrerin Margarete und über dreißig Mädchen aus Wien in diesen Ort gekommen. Dann ist da auch noch der Gärtner, der davon träumt, nach Brasilien zurückzugehen. Veit wird ein Jahr hier verbringen und der Leser lernt diese Menschen kennen, die hoffnungslos sind und einfach nur überleben wollen. Aber da ist auch Trude Dohm, die Zimmerwirtin, die immer noch ihre Durchhalteparolen von sich gibt.
Die ganze Zeit spürt man die Hoffnung, die die Menschen haben auf eine bessere Zeit nach dem Kriegsende. Aber es ist auch eine unterschwellige Bedrohung spürbar. Es ist ein melancholisches Buch,
Veit hat so viel mitgemacht, auch wenn er nicht in der vordersten Linie dabei war, dass er nicht mehr an die Wehrmacht und nicht an den Sieg glaubt. Er will nicht mehr an die Front und versucht mit allen Mitteln, seine Erholungsphase zu verlängern. Dabei helfen im Margot und die „Panzerschokolade“. Doch für Veit ist der Krieg noch nicht zu Ende, denn es kommt ein neuer Einberufungsbefehl.
Arno Geiger bringt unter der Drachenwand die unterschiedlichsten Menschen zusammen und wir dürfen ihre Gedanken, ihre Sehnsüchte und Hoffnungen kennenlernen.
Es ist keine leichte Lektüre und mehr als einmal musste ich schlucken aufgrund des Pragmatismus, mit dem die Menschen versuchten, in diesen Ausnahmezeiten zu überleben.
Ein packender und sehr eindringlicher Roman, der noch lange nachhallt.

Veröffentlicht am 16.11.2018

Wolfskind

Das Mädchen mit dem Schmetterling
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Ich mag die emotionalen Romane von Kristin Hannah sehr. Dieses Buch ist bereits 2008 unter dem Titel „Wohin das Herz uns trägt“ erschienen.
Die Kinderpsychologin Julia Cates landete vor Gericht, da eine ...

Ich mag die emotionalen Romane von Kristin Hannah sehr. Dieses Buch ist bereits 2008 unter dem Titel „Wohin das Herz uns trägt“ erschienen.
Die Kinderpsychologin Julia Cates landete vor Gericht, da eine ihrer Patientinnen andere mit in den Tod genommen hat. Obwohl Julia freigesprochen wurde, haben Zweifel, ob sie alles richtig gemacht hat, und der Medienrummel tiefe Wunden bei Julia hinterlassen. Als in ihrem Heimatort Mystic Lake ein verwahrlostes Kind mit einem Wolfswelpen auftaucht, wird sie von ihrer Schwester, der Polizistin Ellie, gebeten sich um das Mädchen zu kümmern. Da man herausfinden ill, wer das Mädchen ist, werden die Medien eingeschaltet. Es fällt Julia schwer, sich wieder der Öffentlichkeit zu stellen, aber sie nimmt es in Kauf, weil sie helfen möchte. Der Arzt Max unterstützt sie, denn er glaubt an Julia.
Der einfühlsame Schreibstil der Autorin begeistert mich jedes Mal aufs Neue. Die Geschichte der Kleinen ging mir sehr nahe, denn ihre Gedanken zeigen eine schreckliche Geschichte und auch die Wunden legen davon Zeugnis ab.
Auch Julia trägt Verletzungen in sich, die bis in ihre Kindheit zurückreichen und die noch nicht überwunden sind. Doch je länger sie sich mit dem traumatisierten Mädchen, das sie Alice genannt hat, beschäftigt und dabei Fortschritte erzielt, umso mehr heilen auch ihre Wunden.
Julia versucht mehr über „Wolfskinder“ herauszufinden. Es gibt nur wenige bekannte Fälle und die sind alle irgendwann hinter Anstaltsmauern gelandet sobald der Forschergeist der behandelnden Ärzte befriedigt war. Das will Julia auf jeden Fall verhindern. Dabei helfen ihr die Menschen von Mystic Lake, die alle etwas verschroben sind, ganz besonders aber ihre Schwester und deren Kollegen, sowie Max, der sein Päckchen zu tragen hat.
Auch wenn sich da eine Liebesgeschichte entwickelt, steht eindeutig die psychologische Arbeit mit dem Mädchen im Vordergrund. Man fiebert die ganze Zeit mit und wartet mit Julia darauf, dass sich Erfolge zeigen. Doch zunächst muss eine Vertrauensbasis geschaffen werden. Aber nicht nur Julia stößt manchmal an ihre Grenzen, auch die Polizisten müssen mit hoffnungsvollen Eltern, die ihre Kinder vermissen, und mit merkwürdigen Menschen, die angeblich helfen wollen, fertig werden.
Eine sehr emotionale Geschichte, die mich wirklich berührt hat.

Veröffentlicht am 14.11.2018

Erschreckend

NSA - Nationales Sicherheits-Amt
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Ich habe in letzter Zeit einiges über die deutsche Geschichte angefangen in der Weimarer Republik bis zum Kriegsende gelesen. Es ist ein furchtbarer Teil der deutschen Geschichte. Aber als wäre das nicht ...

Ich habe in letzter Zeit einiges über die deutsche Geschichte angefangen in der Weimarer Republik bis zum Kriegsende gelesen. Es ist ein furchtbarer Teil der deutschen Geschichte. Aber als wäre das nicht schon schlimm genug, setzt der Autor Andreas Eschbach noch eins drauf. Er führt uns mit diesem Buch vor, wie es gewesen sein könnte, wenn das damalige Regime die technischen Möglichkeiten des Internets und Mobilfunks gehabt hätte. Konnte man damals vielleicht noch davonkommen, indem man sich abduckte, wäre mit diesen Techniken nicht mehr möglich gewesen.
Helene Bodenkamp ist Programmiererin beim Nationalen Sicherheits-Amt und schafft damit die Voraussetzungen, die eine flächendeckende Überwachung möglich macht. Es dauert lange, bis Helene merkt, was wirklich läuft. Erst als ihr Geliebter desertiert und sie ihn schützen will, gerät sie mit in die Machenschaften ihres Vorgesetzten Eugen Lettke, der das alles auch für persönliche Zwecke benutzt.
Der Schreibstil von Eschbach ist gut und flüssig zu lesen. Es gibt eine ganze Reihe von speziellen Ausdrücken, die an die Zeit angepasst wurden, aber eindeutig sind.
Es ist eine spannende, aber auch sehr erschreckende Geschichte, die uns Eschbach in diesem gewichtigen Werk von 800 Seiten erzählt. Die Charaktere sind alle gut gezeichnet. Helene Bodenkamp wirkt etwas verschüchtert, obwohl sie höchst intelligent ist. Lettke dagegen ist ein widerlicher und rücksichtsloser Psychopath.
Hat man sich beim Erscheinen von George Orwells Roman „1984“ noch über eine solche Überwachung Sorgen gemacht, so hat die Wirklichkeit dieses Szenario schon vor vielen Jahren überholt. Wir sind bereits gläsern, auch wenn es von vielen ignoriert wird, denn die Sammelwut unserer Daten durch die großen Firmen wie Facebook, Google usw. wächst und wächst. Man mag sich gar nicht vorstellen, was dieses Werkzeug in falschen Händen anrichten kann.
Es ist ein Buch, in dem vieles nur schwer zu ertragen ist. Aber gerade, weil es so erschreckend ist, macht es nachdenklich und hallt nach.

Veröffentlicht am 12.11.2018

Die Fotografin

Die Fotografin - Am Anfang des Weges
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Statt den Heiratsantrag des Vikars Heinrich Grohe anzunehmen, entschließt sich Minna Reventlow, genannt Mimi, als Wanderfotografin ihr Glück zu machen. Ihr Onkel Josef war ihr immer ein Vorbild und nun ...

Statt den Heiratsantrag des Vikars Heinrich Grohe anzunehmen, entschließt sich Minna Reventlow, genannt Mimi, als Wanderfotografin ihr Glück zu machen. Ihr Onkel Josef war ihr immer ein Vorbild und nun will sie den Menschen mit ihren Fotografien Schönheit schenken. Es ist nicht leicht für sie, sich in dieser männerdominierten Branche durchzusetzen, aber ihr eiserner Wille und ein Quäntchen Glück sorgen dafür, das ihr Name schnell bekannt ist. Doch dann erreicht sie ein Brief der Mutter, dass ihr geliebter Onkel ziemlich krank gewesen ist und Unterstützung braucht, bis er wieder auf den Beinen ist. Mimi macht sich auf den Weg nach Laichingen auf der schwäbischen Alb. In Ulm begegnet sie Hannes, der mächtig Eindruck auf sie macht. Aber sie muss weiter zu ihrem Onkel.
In Laichingen erkennt sie, dass es ihrem Onkel sehr viel schlechter geht als angenommen. Daher beschließt sie, sein Fotoatelier wieder zu öffnen und eine Weile zu bleiben, bis ihre Mutter die Zeit findet, sich um ihren Bruder zu kümmern.
Die Autorin Petra Durst-Benning hat einen sehr angenehm zu lesenden Schreibstil, mit dem sie die Bewohner und das Leben in Laichingen sehr lebendig werden lässt. In dem Ort leben alle von der Leinenweberei, die Männer in der Fabrik und die Frauen besticken die Wäscheteile zu Hause. Alle sind abhängig von Herrmann Gehringer, dem die Fabrik gehört. Traditionen gelten viel in Laichingen, wenn der Vater Weber bei Gehringer ist, wird es der Sohn auch. Trotzdem herrscht unter den Weberfamilien bittere Not, so bleibt keine Zeit für Freude und keine für Trauer und schon gar keine für Träume, außer man schließt diese Träume fest in sein Herz ein.
Es gibt einige Aufregung als Mimi im Ort auftaucht und sich so gar nicht duckmäuserisch verhält. Aber sie ist eine selbständige Frau, die schon sehr früh selbständig war, da ihre Mutter Amelie immer damit beschäftigt war, sich um Notleidende zu kümmern und kaum Zeit für ihre Tochter hatte. Mimi wusste schon immer, was sie wollte, und wurde von ihren Eltern dabei unterstützt. Als sie das Atelier ihres Onkels wieder öffnet, erzeugt sie unterschiedliche Reaktionen. Was dem einen zu fortschrittlich, sorgt bei anderen für ganz neue Ideen und Hoffnungen.
Mimi ist eine sehr sympathische und starke Frau. Sie setzt sich über Widerstände hinweg, aber sie ist auch mitfühlend und hat einen besonderen Blick für andere Menschen. Auch die anderen Personen sind interessant und vielschichtig. Es gibt einige, die man von Anfang an mag und andere, die man am liebsten auf den Mond schießen würde.
Das Ende ist offen und macht neugierig auf den nächsten Band dieser Reihe. Auf ihn bin ich jetzt schon sehr gespannt.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen und ich kann es nur empfehlen.

Veröffentlicht am 11.11.2018

Berlin nach dem Krieg

Die Schwestern vom Ku'damm: Jahre des Aufbaus
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Es liegen so wenige Jahre zwischen der Neueröffnung des aufwendig umgebauten Kaufhauses Thalheim & Weisgerber und dem Ende des Krieges, als eben dieses Kaufhaus nur noch eine Ruine ist. Der Krieg ist zu ...

Es liegen so wenige Jahre zwischen der Neueröffnung des aufwendig umgebauten Kaufhauses Thalheim & Weisgerber und dem Ende des Krieges, als eben dieses Kaufhaus nur noch eine Ruine ist. Der Krieg ist zu Ende, doch es fehlt an allem und die Menschen hungern. Aber da ist auch die Hoffnung auf bessere Zeiten und der Hunger das nachzuholen, was in den letzten Jahren nicht möglich war. Auch bei den Thalheims hat der krieg Spuren hinterlassen. Friedrich Thalheim und sein Sohn Oskar werden vermisst. Die Wertheims mussten schon früh Deutschland verlassen. Nun werden auch noch die restlichen Familienmitglieder von den Russen aus ihrer Villa vertrieben. Sie können nur wenig mitnehmen, aber zwei Nähmaschinen bilden die Grundlage für einen Neuanfang. Die älteste Tochter Rike will das Kaufhaus wiederaufbauen.
Mit diesem Buch startet die 50er-Jahre-Trilogie der Autorin Brigitte Riebe. Wieder einmal bin ich begeistert von dem fesselnden und authentisch Schreibstil der Autorin.
Auch die Personen sind sehr gut und lebendig beschrieben. Rieke setzt trotz der schweren Arbeit als Trümmerfrau alles daran, das Kaufhaus wiederaufzubauen. Unterstützt wird sie von ihrer Freundin Miriam. Aber ihre Schwestern Silvie und Florentine haben ihre eigenen Vorstellungen vom künftigen Leben. Dann kommt Friedrich zurück, der seine Tochter nicht ernst nimmt. Daher interessiert es ihn auch nicht, woher die Mittel für das Geschäft kommen
Es ist interessant und spannend in jene Zeit nach dem Krieg einzutauchen. Die Not ist immer noch groß, aber der Schwarzhandel blüht. Es ist aber auch eine Zeit, in der die Frauen anpacken mussten, da viele Männer im Krieg geblieben oder in Gefangenschaft waren. Es war nicht einfach für sie, bot ihnen aber auch die Möglichkeit, sich zu emanzipieren und ihren Weg zu gehen. Die Währungsreform kommt und Westberlin wird abgeschnitten von den westlichen Zonen Deutschlands. Es ist nur den Rosinenbombern zu verdanken, dass die Menschen überleben können.
Mir hat dieser historische Roman gut gefallen und ich bin schon gespannt auf die Folgebände.