Westernromanze im Schnee
Als Linda-Castillo-Fan der ersten Stunde habe ich mich riesig auf diesen Roman gefreut, der in den Staaten bereits 2002 vorliegt, doch erst jetzt übersetzt wurde.
Nicht ohne Grund, wie sich herausstellte: ...
Als Linda-Castillo-Fan der ersten Stunde habe ich mich riesig auf diesen Roman gefreut, der in den Staaten bereits 2002 vorliegt, doch erst jetzt übersetzt wurde.
Nicht ohne Grund, wie sich herausstellte: Von der Kate-Burkholder-Reihe bin ich daran gewöhnt, dass es nicht gerade zimperlich zur Sache geht, nein, in der Regel sind es recht brutale Morde, die die Ermittlerin aufzuklären hat und in der Regel haben sie mit den Amish zu tun, die in Burkholders Bezirk die Mehrheit der Einwohner stellen. Man erfährt also auch Interessantes aus deren Umfeld und es ist trotz aller Brutalität immer ein sehr atmosphärisches Setting.
Nicht so in diesem Frühwerk, das außerhalb der Reihe steht und in der Sheriff Jake Madigan die aus dem Gefängnis entflohene, wegen Mordes einsitzende Abigail Nichols stellen und zurückbringen muss. Dies alles geschieht in einer einzigen Nacht (und dem darauffolgenden Tag) in der winterlichen Bergwelt von Colorado und erinnert ganz klar an einen Western - wohlgemerkt an einen Film.
Die überschaubare Handlung beinhaltet eine gemeinsame Nacht, in der Abigail, aus ihrer Sicht unschuldig verurteilt, dem Sheriff ihre Geschichte erzählt: sie wurde - das beinhaltet bereits der Buchtitel - verraten, ihr Vertrauen mißbraucht und nun hat sie die Schuld eines anderen abzutragen.
Die gemeinsam verbrachte Zeit beinhaltet auch mehrere Fluchtversuche Abigails. Ich für meinen Teil konnte während der Lektüre nicht fassen, in welchen Situationen beide Protagonisten, vor allem jedoch Jake, von erotischen Gefühlen, ja von Wollust übermannt wurden. Hier geht es um Leben und Tod und dennoch steht ständig eine erotische Anspannung zwischen den beiden Protagonisten, die über weite Strecken auch die einzigen Akteure überhaupt sind, im Raum. Aus meiner Sicht nimmt dies viel zu viel Raum ein und raubt der Geschichte eine Menge ihrer Spannung. Der eigentlich spannungsreiche Stoff verkommt zu einem Lore-Roman. Das hat Linda Castillo definitiv nicht verdient und ich hoffe sehr, dass weitere Frühwerke in ähnlicher Qualität nicht übersetzt werden - falls dies nicht bereits geschehen ist. Diese zeigen die Autorin nämlich leider nicht von ihrer besten Seite und werfen ein schiefes Licht auf sie!