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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Gefühlvoller Roman über Trauer und Trauerarbeit

Lebensgeister
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Wie für Bücher aus dem Diogenes-Verlag typisch, befindet sich auch auf dem Cover des vorliegenden die Illustration eines bekannten Künstlers - hier des Japaners Mizutani, passend also zur Herkunft der ...

Wie für Bücher aus dem Diogenes-Verlag typisch, befindet sich auch auf dem Cover des vorliegenden die Illustration eines bekannten Künstlers - hier des Japaners Mizutani, passend also zur Herkunft der Autorin und zur grünen Tempelstadt Kyoto, in der ein wichtiger Teil der Geschichte angesiedelt ist. Die Geschichte selbst ist sehr gefühlvoll und handelt im Wesentlichen von der tiefen Trauer der Protagonistin und deren Verarbeitung nach dem Unfalltod ihres geliebten Freundes, bei dem sie selbst schwer verletzt wurde und eine Wesensveränderung erfahren hat. Ich persönlich habe es als etwas befremdlich empfunden, dass die Protagonistin plötzlich Geister von Verstorbenen sehen kann (ihres verstorbenen Großvaters, ihres toten Hundes, einer fremden Frau). Diese Übersinnlichkeit liegt mir nicht. Der Schreibstil stimmt ein wenig melancholisch. Wunderschön fand ich hingegen die Eindrücke, die von der Stadt Kyoto vermittelt werden.
Liebhaber japanischer bzw. asiatischer Literatur werden dieses Buch wohl eher mögen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Auf Umwegen zum Glück

Vor mir die Sterne
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Kurz vor ihrem 38. Geburtstag macht Ramie Philips eine persönliche Krise durch. Zwar hat sie Karriere gemacht, doch Partner und Kind fehlen ihr. Immer wieder sucht sie der Gedanke heim, dass vielleicht ...

Kurz vor ihrem 38. Geburtstag macht Ramie Philips eine persönliche Krise durch. Zwar hat sie Karriere gemacht, doch Partner und Kind fehlen ihr. Immer wieder sucht sie der Gedanke heim, dass vielleicht alles anders gekommen wäre, wenn sie sich im Teenie-Alter nicht von ihrem ersten Freund getrennt hätte. Und auch die Erinnerung an ihren vor Jahren plötzlich verstorbenen Vater lässt sie nicht los. Auf ihrer Party springt sie kopfüber von der Yacht ins Wasser, verletzt sich … und wacht in ihrem Jugendzimmer im Körper der 18jährigen Ramie auf. Mit ihrem gegenwärtigen Wissen kann sie wegweisende Entscheidungen neu treffen – und vielleicht glücklich werden?

Die Thematik der Zeitreise und zweiter Chancen im Leben wird in Romanen immer mal wieder verarbeitet. Von diesen Vorbildern hebt sich diese Geschichte nicht allzu sehr ab, als dass sie sich mir besonders einprägen würde. Es wird viel zu viel Text auf wiederkehrende Überlegungen der Protagonistin verwandt, wie und warum sie in ihrem Leben zeitlich zurückversetzt wurde. Am Ende wird dies schlüssig erklärt. Ebenso zu sehr in den Vordergrund gerückt werden die Beziehung Ramies zu ihrem Highschool-Freund, die typisch amerikanisch anmutet, sowie ausgiebige, zu ernsthaft klingende Gespräche mit ihrem Vater, der ihr viele Weisheiten auf den Weg gibt. Dadurch zieht sich der Mittelteil etwas. Obwohl der Roman doch eher für erwachsene Leserinnen gedacht sein dürfte, machen viele Passagen auf mich den Eindruck eines Jugendromans.

Ich empfehle das Buch allen, die, ohne allzu viel zu erwarten, Geschichten über „was wäre gewesen, wenn die Dinge anders gelaufen wären“ mögen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Momentaufnahmen aus dem Leben einer amerikanischen Familie

Die Sommer der Porters
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Die wohlhabende Familie Porter verbringt ihre Sommer und Feiertage in ihrem Sommerhaus auf Ashaunt, einer Halbinsel an der Küste von Massachusetts. Im Laufe der Jahre gibt es viele Einschnitte in ihrem ...

Die wohlhabende Familie Porter verbringt ihre Sommer und Feiertage in ihrem Sommerhaus auf Ashaunt, einer Halbinsel an der Küste von Massachusetts. Im Laufe der Jahre gibt es viele Einschnitte in ihrem Leben sowie Veränderungen auf dem von allen als Idyll angesehenen Land. Das Buch zeichnet eine Familienchronik in der Zeitspanne 1942 bis 1999.

Für mich hat die Familiengeschichte in ihrem ersten bis S. 156 gehenden Teil recht vielversprechend begonnen. Hier wird uns die Familie Porter aus der Sicht der aus Schottland stammenden Kinderfrau Bea vorgestellt. Sie spielt im Wesentlichen im Jahr 1942 mit gelegentlichen kurzen Ausblicken auf zukünftige Ereignisse (eine Technik, die ich mag); immer wieder wird auch Beas eigener Lebenslauf eingearbeitet. Das Ganze geschieht nicht strikt chronologisch und reizt so zum Weiterlesen. Allerdings habe ich detaillierte Beschreibungen des doch so in den Vordergrund gerückten Ashaunt und des Sommerhauses vermisst. Außerdem habe ich nach dem Klappentext ein gewichtiges Geheimnis bzgl. der jüngsten Tochter Jane erwartet. Tatsächlich berührt der Vorfall aus dem Jahr 1942 ihr Leben nicht. Enttäuschend empfand ich die folgenden beiden Teile („Pflanzen und ihre Kinder“ und „Unbefugtes Betreten“). Die zweite Episode springt in die Jahre 1947 bis 1961 und wird ausschließlich aus der Sicht der Porter-Tochter Helen in Form von Briefen und Tagebüchern geschildert. Erwartet hätte ich, dass ihre jünger Schwester Janie in den Mittelpunkt gerückt worden wäre, immerhin war sie Beas „Lieblingskind“ und hat mit dem oben erwähnten Vorfall doch mit zu Beas Entscheidung für einen Verbleib in der Familie und gegen eine Heirat mit einem Soldaten geführt. Stattdessen ist von ihr nur noch am Rande die Rede und steht Helens Wankelmut bzgl. ihrer Entscheidungen im Leben im Vordergrund. Der hier gewählte Erzählstil (Briefe, Tagebücher) ist natürlich gut geeignet, um zu zeigen, was Helen aus ihrem Leben machen will. Der dritte, längste Teil rückt Helens Sohn Charlie im Jahr 1970 in den Fokus, der an den hohen Erwartungen seiner Mutter scheitert und nach Drogenmissbrauch an psychischen Problemen leidet. Positiv zu vermerken ist hier seine Verbundenheit mit dem Land seiner Familie und sein Einsatz, dort Veränderungen zu verhindern. Versöhnlich zurückgelassen hat mich dann der letzte, wieder kürzere, im Jahr 1999 spielende Teil, wenngleich er sehr traurig ist, da hier viel Leid bei den Porters und Bea beschrieben wird.

Insgesamt dümpelt die Handlung ohne besondere Höhepunkte vor sich hin. Ich hätte mir gewünscht, die im ersten Leseabschnitt gewählte Erzählperspektive aus Beas Sicht wäre beibehalten worden und sie hätte die Familie weiterhin beobachtet. Die Zeitsprünge wären dann weniger auffällig gewesen. Verwirrend ist, dass immer wieder Namen von Personen auftauchen, die sich nicht einordnen lassen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Rückwärts erzählte Familiensaga

Die Sommer mit Lulu
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Die Engländerin Lulu leitet seit Jahrzehnten ein kleines Strandhotel im Osten Mallorcas. Inzwischen ist sie über 80 Jahre alt, aber wie seit jeher charmant, witzig und großzügig. Eines Tages trifft sie ...

Die Engländerin Lulu leitet seit Jahrzehnten ein kleines Strandhotel im Osten Mallorcas. Inzwischen ist sie über 80 Jahre alt, aber wie seit jeher charmant, witzig und großzügig. Eines Tages trifft sie zufällig auf Gerald, mit dem sie im Jahr 1948 für sehr kurze Zeit verheiratet war und dem sie seither aus dem Weg gegangen ist. Es kommt zum Streit, beide stürzen von den Klippen und ertrinken im Meer. Was ist im Jahr 1948 passiert?

Wir haben es mit drei Handlungssträngen zu tun – die beiden Liebesgeschichten zwischen Lulu und Gerald einerseits und ihrer Kinder aus zweiter Ehe Aegina und Luc andererseits, ferner Geralds Segeltouren, die denen von Homers Odyssee folgen. Die Besonderheit im Aufbau ist, dass rückwärts erzählt wird. Die Geschichte beginnt im Jahr 2005 mit dem Unglück und reicht zurück über die Jahre 1995 mit Lulus 70. Geburtstag, 1983, 1970, 1966, 1956 bis 1948, was zunächst nicht einfach zu lesen ist. Mit jedem Abschnitt erschließt sich mehr, wie Lulu und Gerald ihre Leben gelebt haben und welche Auswirkungen das Ereignis von 1948 auf die Leben ihrer Kinder und Freunde hatte. Die Handlung entwickelt sich nur langsam, so dass ich irgendwann an einen Punkt gelangt bin, an dem ich nur noch wissen wollte, was 1948 passiert ist. Zu meiner Enttäuschung entpuppte sich das Schlüsselereignis als banal und unglaubhaft. Eine Erklärung vermisse ich zu der Frage, ob Lulu ihren Ex-Mann an den Klippen aufgrund noch immer fortwirkenden Hasses beschimpft hat oder ob sie die Beleidigungen ungewollt geäußert hat, weil sich ihr Wesen nach einem Schlaganfall verändert hat. Obwohl die Geschichte auf Mallorca spielt und schöne Impressionen von der Insel vermittelt, ist sie nicht als Strandlektüre geeignet, weil es schon gewisser Konzentration beim Lesen bedarf. Insbesondere die Vielzahl der Romanfiguren lässt sich schwer auseinanderhalten. Sympathisch sind mir von den zumeist als Neureiche, Bohemiens und Lebenskünstler daherkommenden Personen nur die wenigsten.

Für mich ein sich nicht vom Durchschnitt der Bücher abhebender Roman.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Mischung aus Romanze und Thriller

Wenn du mich siehst
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Ein ganz untypischer Roman des Autors, vermischt er doch die Genres Liebesgeschichte und Thriller. Bereits im Prolog wird eine namenlose männliche Person eingeführt, die sich an der Protagonistin rächen ...

Ein ganz untypischer Roman des Autors, vermischt er doch die Genres Liebesgeschichte und Thriller. Bereits im Prolog wird eine namenlose männliche Person eingeführt, die sich an der Protagonistin rächen will. Sodann werden die beiden Hauptfiguren vorgestellt. Colin Hancock ist in der Vergangenheit wegen zahlloser Kneipenschlägereien mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Im Bemühen, sich zu ändern, konzentriert er sich ganz auf sein Ziel, Lehrer zu werden, und den Käfigkampf, um Aggressionen abzubauen. Eines Nachts trifft er auf die mit einer Reifenpanne liegen gebliebene Maria Sanchez, die Anwältin ist. Angesichts des Autors wenig überraschend, entwickelt sich zwischen beiden eine Liebesbeziehung, die durch einen Maria wegen eines ihrer früheren Fälle gnadenlos verfolgenden Stalker gestört wird. Colin setzt alles daran, den Stalker zu fassen …

Die Kapitel sind abwechselnd Colin und Maria gewidmet und werden erzählt von einem beobachtenden Erzähler. Es ist sehr viel Dialog enthalten. Das sprachliche Niveau ist eher einfach gehalten und erinnert mit vielen Aufzählungen der Handlungsabfolge („erst …“, „danach …“, „dann …“) an Grundschulaufsätze. Colin ist aufgrund seiner Vergangenheit nicht gerade ein Sympathieträger. Seine Standardantwort „okay“ auf alle möglichen Fragen, sein Hang zur absoluten Ehrlichkeit und der Umstand, den Stalker im Alleingang wie ein Detektiv zu erwischen, sind etwas befremdlich. An Maria stört mich, dass sie als erfolgreiche junge Rechtsanwältin eingeführt wird, sich dann aber als schwach und ängstlich entpuppt. Die Auflösung des Geschehens um den Stalker fesselt bis zum Schluss.

Alles in allem ein sich im durchschnittlichen Rahmen bewegender Roman.