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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.11.2018

Hier geht es um mehr als um den Käfer ...

Eine Familie in Deutschland
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Ich muss gestehen, dass ich großer Peter Prange Fan bin und mich auch dieses Buch aus seiner Feder wieder begeistern konnte. Immer wieder wählt er interessante geschichtliche Themen, zu diesem hier hat ...

Ich muss gestehen, dass ich großer Peter Prange Fan bin und mich auch dieses Buch aus seiner Feder wieder begeistern konnte. Immer wieder wählt er interessante geschichtliche Themen, zu diesem hier hat aber diesmal fast jeder einen Bezug, dessen Eltern oder Großeltern in Deutschland zu Zeiten der Machtergreifung der Nationalsozialisten lebten. Wie auch der Autor habe auch ich mich schon oft gefragt: „Wie hätte ich mich verhalten? Hätte ich den Mut zum Widerstand gehabt, oder wäre ich mit gelaufen?“ Stellvertretend für viele dient mir in diesem Roman Familie Ising als Beispiel. In dieser Familie finden wir neben wunderbaren Erfolgen eben auch Schicksalsschläge, wie eine geistige Behinderung oder Gewagtes wie gleichgeschlechtliche Liebe. Die Seiten flogen nur so dahin und haben mich regelrecht in den Bann gezogen. Nun bin ich natürlich fürchterlich gespannt auf den nächsten Teil. „Zucker schadet? Grundverkehrt! Zucker schmeckt, Zucker nährt!“ – wie wird es weitergehen mit dem Zuckerbaron und seiner Familie?

Veröffentlicht am 07.11.2018

Gibt es denn keine Liebe mehr unter den Menschen?

Grenzgänger
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Seit Jahren schon steht die wunderbare Autorin Mechthild Borrmann ganz weit oben auf der Liste meiner Lieblingsautorinnen. Auch diesmal hat sie mich mit ihrem neuen Buch „Grenzgänger“ mehr als überzeugt.

Die ...

Seit Jahren schon steht die wunderbare Autorin Mechthild Borrmann ganz weit oben auf der Liste meiner Lieblingsautorinnen. Auch diesmal hat sie mich mit ihrem neuen Buch „Grenzgänger“ mehr als überzeugt.

Die Story als solche spielt auf drei Zeitebenen, einmal in der Kindheit zur frühen und späten Nachkriegszeit sowie während zwei einschneidenden Ereignissen im Jahr 1970. Alle Schauplätze sind von einer Düster- und Traurigkeit überschattet, die einem zeitweise Tränen in die Augen treibt. Fast möchte man an ihrer Authentizität zweifeln, um sie besser verarbeiten zu können.

Sie haben es wirklich nicht leicht, die vier Schönings-Kinder. Während es vor dem Krieg noch so etwas wie eine halbwegs heile Welt für die Familie gibt, droht diese nach der Rückkehr des Vaters aus dem Krieg auseinander zu brechen. Der Tod der Mutter bedeutet für die Kinder schließlich auch den Anfang eines wenig lebenswerten Lebens. Aber die junge Henni, älteste unter den vier Geschwistern, will nicht aufgeben. Mit allen Mitteln kämpft sie darum, die Geschwister vereint zu halten. Doch was vielversprechend beginnt, endet schlussendlich in einer Katastrophe. Die verbleibenden Geschwister kommen ins Kinderheim und Henni selbst in eine sogenannte Besserungsanstalt. Die Zustände in beiden Einrichtungen haben mir fast die Luft zum Atmen genommen. Dass es dort streng zu ging, war für mich kein Geheimnis. Die Grausamkeiten, die dort jedoch unter anderem im Namen der Kirche stattfinden, spotten jeder Beschreibung. Den Kindern widerfährt eine körperliche und auch seelische Grausamkeit, an der sie zerbrechen, die einem von ihnen sogar das Leben kostet. Als sich schließlich für Fried und Henni die Sonne ein wenig am Horizont zeigt, droht die Vergangenheit sie wieder einzuholen. Wird hier je Gerechtigkeit gesprochen werden?

Atmosphärisch dicht und sehr eindringlich erzählt Frau Borrmann Hennis Geschichte, die ich wohl noch lange mit mir tragen werde. Wer keine Angst vor der Wahrheit hat, dem lege ich dieses Buch ans Herz. Von mir bekommt das Buch die Bestnote!

Veröffentlicht am 22.10.2018

Wünschen wir uns nicht alle ein wenig mehr Sirup im Leben? ...

Die Frauen vom Savignyplatz
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Auf den ersten Blick könnte man Mitleid mit Vicky bekommen. Erst lässt sie trotz aller Einwände und Klagen ihrer Eltern - schwanger von Willy - die gute Partie sausen, die diese für ihr Kind ausgesucht ...

Auf den ersten Blick könnte man Mitleid mit Vicky bekommen. Erst lässt sie trotz aller Einwände und Klagen ihrer Eltern - schwanger von Willy - die gute Partie sausen, die diese für ihr Kind ausgesucht hatten, nur um dann wenige Jahre später genau von diesem Vater ihrer inzwischen vier Kinder und einem im „Öfchen“ sitzen gelassen zu werden! Er liebt nun wohl eine Andere aber wird er es schaffen, sich von Vicky zu lösen? Wird Vicky es schaffen, sich zu behaupten und im Berlin der 20er Jahre ihren Mann zu stehen?
Mit viel Liebe, echter Berliner Schnauze und einem wachen Auge für all die kleinen Details, die dieses Jahrzehnt gerade in der Großstadt Berlin ausmachen, schickt die sympathische Autorin Joan Wenig ihre Leser und Leserinnen auf die Reise. Mit Vicky dürfen wir zwar den kleinen Zeh in die Welt der Stars und Sternchen eintauchen, vor allem aber stecken wir mit dem ganzen Fuß in die Welt des kleinen Mannes. Wir erleben den harten Alltag, die Wohnungsnot, die Arbeitslosigkeit, die sich abzeichnende Nazimentalität aber auch den Mut und den Erfindungsreichtum, deren sich „der kleine Mann“ und vor allem in diesem Fall „die kleine Frau“ bedient. Auch wenn sie manchmal von Selbstzweifeln gequält wird und leidet, wenn man die Lieben um sie in die Enge treibt, lässt sie sich nicht die Butter vom Brot nehmen. Sie ist eine Kämpfernatur mit viel Charm, dem zuletzt ein ganz bestimmter Mann so gar nicht widerstehen kann. Ob „Lotterflittchen“ oder „Zuckerkekschen“ … man muss sie einfach lieben!
Mit diesem ihrem vierten Buch hat Joan Weng mal wieder bewiesen, dass sie es kann! Sie kann einfach so schreiben, dass ihre Leser verzückt Seite um Seite verschlingen. Besonders, aber nicht nur, haben ihre beiden Liebesromane es in sich. Ich würde mich freuen, bald mehr von ihren Berliner Jungs und Mädels zu lesen. Eine Fortsetzung fände ich schlicht und ergreifend „bonfortionös“!

Veröffentlicht am 10.10.2018

In Amsterdam blühen ganz herrliche Blumen ... "auf königlichen Befehl" ...

Kind aller Länder
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Hach, ich bin ganz verliebt und verzaubert in die junge Kully, die durch die Stimme von Jodie Ahlborn verkörpert wird. Als „Kind aller Länder“ reist Kully mit ihren Eltern, später dann nur noch mit ihrem ...

Hach, ich bin ganz verliebt und verzaubert in die junge Kully, die durch die Stimme von Jodie Ahlborn verkörpert wird. Als „Kind aller Länder“ reist Kully mit ihren Eltern, später dann nur noch mit ihrem Vater, durch alle Herren Länder, freundet sich hier mit dem Portier an, plappert hier mit einem Verleger oder erträgt die Frau mit Vogelnest auf dem Kopf. Oft musste ich über ihren kindlichen Sinn für Humor, den sie fast schon auf erwachsene Weise rüberbringt, schmunzeln. Kully zuckelt mit ihrem von ständiger Geldnot aber dafür auch von hoher Vergnügungslust geplagten Vater Peter und ihrer oft kränkelnden Mutter Anni durch die Welt und lernt Sprachen sowie allerlei Tricks zum Überleben wie eine Große. Für sie ist es normal, keine Schule zu besuchen und keinen festen Wohnsitz zu haben, während ihre Mutter daran zu zerbrechen droht. Selbst die Oma, die zwischendurch mit rettender Hand einzugreifen versucht, kann hier nichts mehr ausrichten.
Während ich den Roman an sich schon einfach nur großartig finde, finde ich es umso bewundernswerter, dass sich die rebellische und sehr talentierte Autorin Irmgard Keun, deren Bücher 1933/34 vom Naziregime verboten wurden, 1938, als das Buch entstand, bereits selbst im Exil – erst in Osteende, Belgien und später in den Niederlanden - befand. Dieser Umstand verleiht dem Buch eine Authentizität, die man mit jeder Zeile spürt. Vielleicht fand Irmgard Keun sich in der jungen Kully selbst wieder, wäre sie zwanzig Jahre jünger gewesen. Sehr offensichtlich ist jedenfalls, dass sie Kullys Vater nach ihrem damaligen Liebhaber, dem Schriftsteller Joseph Roth, modelliert hat. Auch Roth, der für u. a. für seinen Roman „Radetzky Marsch“ und „Hotel Savoy“ bekannt ist, war frönte gerne und oft dem Alkohol und steckte in einer desaströsen finanziellen Situation, genau wie Kullys Vater Peter.
„Kind aller Länder“ ist mein zweiter Roman dieser begnadeten Autorin. „Das kunstseidene Mädchen“ hatte mich bereits beeindruckt aber dieses Buch setzt allem noch mal die Krone auf. Von mir eine absolute Hörempfehlung.

Veröffentlicht am 08.10.2018

Einem geliebten Menschen ein Edelweiß zu überreichen ist eine tiefempfundene Liebesoffenbarung ...

Das Mädchen mit dem Edelweiß
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Immer, wenn man denkt, man hat die Thematik um den Zweiten Weltkrieg nun wirklich aus jedem Blickwinkel beleuchtet, kommt wieder eine tolle Autorin daher und straft einen Lügen! Die mir bis dato unbekannte ...

Immer, wenn man denkt, man hat die Thematik um den Zweiten Weltkrieg nun wirklich aus jedem Blickwinkel beleuchtet, kommt wieder eine tolle Autorin daher und straft einen Lügen! Die mir bis dato unbekannte Jillian Cantor hat mich schwer beeindruckt mit ihren detaillierten und sehr gefühlvollen Beschreibungen über den jungen Lehrling Christoph, der – verliebt in Elena – zu einer Stärke heranwächst, die ihresgleichen sucht. Doch auch der Erzählstrang der Gegenwart im Jahr 1989 ist fesselnd und abwechslungsreich. 1989 ist das Jahr des Umbruchs für die Welt – insbesondere natürlich für Deutschland. Die Mauer fällt! Mit ihr wird die Grenze aufgehoben und Deutschland wird zusammenwachsen. Gleichzeitig geht es aber Kathies Vater mit seiner Alzheimer Krankheit immer schlechter. Obwohl körperlich noch fit, zieht er sich geistig immer mehr in seine eigene Welt zurück. Auf berührende Weise lässt uns die Autorin daran teilhaben. Dieses Buch vereint so viel Information in sich ohne auch nur einmal langweilig oder gar langatmig zu sein. Ich freue mich, dass ich hier dabei sein durfte.