Profilbild von Durga108

Durga108

Lesejury Star
offline

Durga108 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Durga108 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.12.2018

Die Nr. 1 der Paris-Städteführer

Paris MM-City Reiseführer Michael Müller Verlag
0

Man nimmt dem Autor ab, dass er die beschriebenen Touren abgelaufen ist. Die sind der große Mehrwert des Reiseführers: Es werden nicht nur die einzelnen Stadtviertel und Sehenswürdigkeiten aufgelistet, ...

Man nimmt dem Autor ab, dass er die beschriebenen Touren abgelaufen ist. Die sind der große Mehrwert des Reiseführers: Es werden nicht nur die einzelnen Stadtviertel und Sehenswürdigkeiten aufgelistet, sondern laden dazu ein, selbst zu flanieren. Neben der klassischen Sightseeing mit Eiffelturm, Louvre usw., die man aber trotz allem gesehen haben muss, erhält der Leser jede Menge Tipps zu anderen interessanten Ecken der französischen Metropole - insgesamt sind es 13 detaillierte Touren. Ausschnittskarten, auch ein Faltplan der Stadt, sogar eine App sowie Hotel- und Shoppingtipps und Restaurants bereichern den Städteführer. In einer so großen Stadt sind das zwar oft nur Momentaufnahmen, da sich Location schnell ändern können, dennoch gute Anhaltspunkte. Besonders gut haben mir die Tipps für den schmaleren Geldbeutel oder zum Reisen mit Kindern gefallen, die ich definitv bei der nächsten Reise selbst ausprobieren werde.

Obwohl ich die Stadt schon mehrfach bereist habe und sie schon etwas kenne, ist der Paris-Führer von Ralf Nestmeyer immer mit im Gepäck.

Veröffentlicht am 02.12.2018

Eine Kindheit im Exil

Kind aller Länder
0

Bin ich froh, dass es sich um eine ungekürzte Fassung handelt, denn das Hörbuch ist jede Minute ein Genuss, tief berührend und liebenswert.

Bevor ich mit der eigentlichen Rezension beginne, möchte ich ...

Bin ich froh, dass es sich um eine ungekürzte Fassung handelt, denn das Hörbuch ist jede Minute ein Genuss, tief berührend und liebenswert.

Bevor ich mit der eigentlichen Rezension beginne, möchte ich unbedingt den Hörern nahe legen, sich mit der recht unbekannten Autorin Irmgard Keun zu beschäftigen. Den Einstieg hierfür bietet ein Interview mit Volker Weidermann, am Ende des Hörbuchs. Was für eine Frau! 1933/34 wurden ihre Bücher verboten und sie selbst lebt von 1936-40 im Exil in Belgien und in den Niederlanden. Dort lernt sie Joseph Roth kennen, der Kullys Vater im Hörbuch darstellt. Nach dem Krieg lebt sie verarmt, alkoholkrank und völlig unbekannt in Köln. Erst kurz vor ihrem Tod sorgt ein Artikel im Stern für Keuns Wiederentdeckung.

Keun schreibt über ihre Erlebnisse und schlüpft in die Rolle der Protagonistin Kully, einem 10jährigen Mädchen und Erzählerin. Obwohl der Roman aus kindlicher Sicht geschrieben ist, ist er niemals naiv und schon gar nicht süß. Kully war u.a. schon in Wien, Warschau, Prag, Paris, Amsterdam und New York City. Obwohl Kully scheinbar alles ganz harmlos erzählt, erkennt der Hörer schnell die Tragik in der Geschichte. Die Eltern fliehen nämlich vor den Nazis und reisen nicht aus Spaß oder Fernweh. Der Vater ist Schriftsteller, versucht sowohl mit der Schriftstellerei, aber auch mit allerhand halbseidener Geschäfte an Geld zu kommen. Was ihm oft nicht gelingt, zumal er dem Alkohol und schönen Frauen sehr zugetan ist. Trotz des rastlosen Lebens und vielen ausweglosen Situation gelingt Keun ein tragikomischer Erzählstil, dadurch dass sie ein Mädchen erzählen lässt. Dennoch lenkt sie nicht vom Ernst der Lage ab. Kinder bekommen meist viel mehr mit, als Erwachsene denken und eine materielle Beständigkeit ist oft gar nicht so wichtig, so lange das familiäre Umfeld stabil ist.

Eine schöne Erzählung deutscher Geschichte einer bemerkenswerten Autorin.

Veröffentlicht am 02.12.2018

White Trash

Gun Love
0

"Seit ihrer Geburt lebt Pearl im Auto, sie vorne, ihre Aussteiger-Mutter auf der Rückbank. … Draußen vor der Windschutzscheibe ist die Welt den Waffen verfallen: Kinder wachsen mit Pistolen statt Haustieren ...

"Seit ihrer Geburt lebt Pearl im Auto, sie vorne, ihre Aussteiger-Mutter auf der Rückbank. … Draußen vor der Windschutzscheibe ist die Welt den Waffen verfallen: Kinder wachsen mit Pistolen statt Haustieren auf, Schießübungen immer und überall, mal Alligatoren, mal den Fluss, mal Polizisten im Visier, und sonntags sitzt man beim Gottesdienst mit der geschulterter Schrotflinte in der ersten Reihe. Doch im Ford Mercury wirken andere Kräfte, hier lernt Pearl das Träumen. Bis mit Eli ein Mann auftaucht, der das Herz der Mutter stiehlt …"

Im Trailer Park, vor dem Pearl mit ihrer Mutter lebt, sind bereits die Menschen am untersten Rand der amerikanischen Gesellschaft gestrandet - Kriegsinvaliden, psychisch Kranke und mexikanische Einwanderer. Obwohl Pearl in diesen ärmlichen Verhältnissen aufwächst, wird ihr die uneingeschränkte Liebe ihrer Mutter zuteil. Sie geht in die Schule und scheint nicht unglücklich zu sein. Ihre Mutter ist leider nicht für die Härte ihres Lebens gemacht. Ursprünglich aus sehr reichem Elternhaus, haut sie mit 17 mit der kleinen Pearl ab und und hat keine andere Bleibe als den Mercury. Einige Monate lang hat sie das Leben im Auto geplant, daraus wurden jedoch 14 Jahre. Pearls Mutter ist die Liebenswürdigkeit in Person, allerdings auch sehr naiv, extrem mitfühlend und sensibel und auf der Suche nach einer starken Schulter, an die sie sich endlich anlehnen kann. Leider kommt diese Schulter mit Eli, der die Mutter ganz in Beschlag nimmt. Pearl sieht das Drama kommen, ihre Mutter nicht. So ist sie leider eines Tages zur falschen Zeit, am falschen Ort und wird erschossen. Ab diesem Moment ist Pearl völlig auf sich alleine gestellt. Den Schluss möchte ich nicht verraten, es bleibt aber die Frage offen, ob Pearl es schafft, ein besseres Leben zu leben oder bestimmt ihre Herkunft auch ihre Zukunft?

Seit langem hat mich kein Hörbuch mehr so berührt und in seinen Bann gezogen. Beim Hören musste ich mir immer wieder bewusst machen, dass es sich um einen fiktiven Roman handelt. Jennifer Clement lässt mich in dem Glauben, dass es genauso abläuft bzw. ablaufen kann. Ich glaube, sie hat damit leider Recht.

Veröffentlicht am 21.11.2018

Durch London mit Ralf Nestmeyer

London MM-City Reiseführer Michael Müller Verlag
0

Das Titelbild hebt sich schon angenehm von den üblichen London-Stadtführenr ab; endlich mal kein Big Ben oder Buckingham Palast. Besonders an den Führern des Michael Müller Verlags ist, dass sie nicht ...

Das Titelbild hebt sich schon angenehm von den üblichen London-Stadtführenr ab; endlich mal kein Big Ben oder Buckingham Palast. Besonders an den Führern des Michael Müller Verlags ist, dass sie nicht einfach in die einzelnen Stadtviertel unterteilt sind, sondern in Touren, die man in der Stadt machen kann und diese auf diese Weise erkunden. Pro Tour beschreibt Nestmeyer alle Sehenswürdigkeiten, gibt praktische Tipps zu Shopping und Restaurants sowie die entsprechenden Kartenausschnitte. Alle weiteren Informationen entsprechen üblichen Reiseführern, sind jedoch durch kurze Anektoden und Hintergrundinformationen, sog. "London im Kasten", sehr unterhaltsam.

Ich ziehe die MM Stadtführern anderen vor, da sie durchdacht gegliedert und sehr ausführlich und trotzdem übersichtlich sind. Das nötige Kartenmaterial, sowohl als Ausschnitte zu den einzelnen Touren, als auch als separater Stadtplan sowie eine App runden das Gesamtpaket ab.

London von Ralf Nestmeyer ist für mich die Nr. 1 unter den London Reiseführern!

Veröffentlicht am 18.11.2018

Israelisch-palästinensiche Familenrezepte

Ofirs Küche
0

Ofir Raul Graizer, Regisseur und passionierter Koch ist ein ganz besonderes Kochbuch gelungen, erschienen im Insel Verlag. Für mich zurzeit die Nummer 1 auf meiner persönlichen Kochbücher Hitlist.

Der ...

Ofir Raul Graizer, Regisseur und passionierter Koch ist ein ganz besonderes Kochbuch gelungen, erschienen im Insel Verlag. Für mich zurzeit die Nummer 1 auf meiner persönlichen Kochbücher Hitlist.

Der Autor bringt es genau auf den Punkt, wenn er über seine Einstellung zum Kochen, zu Lebensmittel, zu bestimmten Zubereitungsarten, dem Miteinanderessen und der Weitergabe von traditionellen Rezepten schreibt. Es geht nämlich nicht darum, sich Gramm genau an ein Rezept zu halten, die Zutaten 1:1 zu übernehmen, sondern um Intuition, um den Inhalt des Kühlschranks und vor allem um den eigenen Geschmack.

Bei internationalen Kochbüchern finde ich besonders die Geschichten zwischen bzw. zu den Rezepten spannend und diese bringt Ofir Raul Graizer seinen Leser durch einen besonders persönlichen und authentischen Schreibstil nahe. An dieser Stelle möchte ich der Übersetzerin Klaudia Ruschkowski ein großes Lob aussprechen. 80 Rezepte, alle vegetarisch, laden zum Nachkochen ein. Ich werde diese Woche noch die Latkes ausprobieren, frittierte Kartoffelpuffer, die ich vermutlich nicht frittieren, sondern im Backofen zubereite. Genau diese Freiheit lässt mir der Autor. Bemerkenswert finde ich auch, dass Ofir immer wieder die Gemeinsamkeiten zwischen der arabischen und jüdischen Küche betont, die Grenzen überwinden kann. Zudem bereichern ausdrucksstarke Fotos das Kochbuch und verschaffen einen guten Eindruck über die Gerichte sowie über das Leben in Israel mit seinen bunten Märkten und reizvollen Landschaften.

Wer nach Rezepten einer ehrliche und bodenständigen Küche sucht, die man am eigenen Herd zubereiten kann, für den ist "Ofirs Küche" absolut empfehlenswert.