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Veröffentlicht am 03.12.2018

Kindeswohl

Kindeswohl
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Bei einer Seitenzahl von 224 denkt man sich, man wäre schnell durch die Geschichte, die uns Ian McEwan hier erzählt. Doch schon sein Roman "Abbitte" hat mich eines anderen belehrt und ist noch heute in ...

Bei einer Seitenzahl von 224 denkt man sich, man wäre schnell durch die Geschichte, die uns Ian McEwan hier erzählt. Doch schon sein Roman "Abbitte" hat mich eines anderen belehrt und ist noch heute in meinem Kopf allgegenwärtig.
Mit "Kindeswohl" hat mir der Autor wiederum ein sehr intensives Leseerlebnis hinterlassen.
Familienrecht ist das Spezialgebiet unserer Protagonistin Fiona Maye. Sie ist erfolgreich im Job und ist seit 30 Jahren glücklich verheiratet - denkt sie. Doch eines Tages erbittet ihr Mann Jack ihren Segen für eine außereheliche Affäre. Fiona fällt aus allen Wolken und denkt gar nicht daran den Wunsch ihres Mannes zu erfüllen. Kurz darauf bekommt sie es mit einem eher außergewöhnlichen Fall zu tun. Die Familie eines 17jährigen leukämiekranken Jungen verweigert aus religiösen Gründen die lebensrettende Bluttransfusion. Adam Henry, der Sterbenskranke selbst, lehnt diese, ebenso wie seine Eltern ab. Er kennt die Einstellung seiner Familie und Glaubensgemeinschaft seit seiner Kindheit und ist damit aufgewachsen. Fiona beschließt daraufhin den jungen Mann im Krankenhaus zu besuchen, um sich ein Bild von ihm zu machen. Sie weiß, dass sie im Sinne des Kindeswohl entscheiden muss, denn jeder Patient hat ein Selbstbestimmungsrecht. Adam ist jedoch noch minderjährig, steht aber kurz vor seinem 18. Geburtstag. Als sie ihn kennenlernt ist Fiona ist beeindruckt von diesem sensiblen Jungen, der berührende Gedichte schreibst, musiziert und doch so fest an seiner Meinung festhält. Sie findet eine besondere Verbindung zu Adam und er auch zu ihr. Und doch lädt Fiona eine schwere Schuld auf sich....

Ian McEwan zeigt in seinem Roman auf, wie schwer es für einen einzelnen Menschen ist, ein so weitreichendes Urteil zu fällen, welches über Leben und Tod entscheidet. Aber nicht nur darüber, sondern auch über Schuld, Moral oder Ethik. Fiona, die selbst in privaten Schwierigkeiten steckt, widmet sich diesen Fall sehr intensiv. Sie versucht ihre persönlichen Probleme damit zu kompensieren und handelt nicht mit der von ihr geforderten beruflichen Distanz, die sie sonst auszeichnet. McEwan stellt ihre Fähigkeiten in Form einiger Beispiele vor: Sei es die streng katholische Familie, deren Glaube es nicht zulässt Siamesische Zwillinge zu trennen oder der musllimische Vater, der sein Kind in sein Heimatland bringen möchte. Fiona entscheidet juristisch zu 99% richtig. Doch bei Adam steht die emotionale Betroffenheit im Vordergrund und die geforderte berufliche Distanz fällt.

Die justischen Feinheiten erklärt der Autor so, dass es auch ich verstanden habe ;) Er beleuchtet wirklich alle Seiten sachlich und begründet diese auch aus ethischer, religiöser und juristischer Sicht. Die inneren Kämpfe, die Fiona mit sich selbst ausmachen muss, werden sehr feinfühlig, realistisch und emotional dargestellt. Gleichzeitig regt der Roman zum Nachdenken an und wirft viele Fragen auf, die man sich beim lesen (und auch danach) selbst immer wieder stellt.

Die Problematik rund um die Ehe von Fiona und Jack war mir allerdings zu wenig tiefgehend und hätte auch weggelassen werden können.

Der Schreibstil ist eher anspruchsvoll, aber lässt sich flüssig lesen. Die Charaktere sind stimmig, wobei mir Jack etwas zu blass blieb.
Musik spielt ebenfalls eine große Rolle im Roman, genauso wie Schuld, Moral und Ethik


Fazit:
Ein Roman, der zum Nachdenken anregt und bei dem man sich selbst immer wieder fragt, wie man gehandelt hätte. Es geht um Schuld, Moral, Ethik, aber auch um Treue, Familie und die verlorene Liebe. Mein nächster Roman des Autors liegt schon bereit....

Veröffentlicht am 21.11.2018

Geheimnis um Thirstane Manor

Die Melodie der Schatten
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Maria W. Peter konnte mich bereits mit ihrem Roman "Die Festung am Rhein" begeistern, deswegen war ich schon sehr auf ihr neuerstes Werk gespannt.
"Die Melodie der Schatten" ist ein sehr düsteres Werk, ...

Maria W. Peter konnte mich bereits mit ihrem Roman "Die Festung am Rhein" begeistern, deswegen war ich schon sehr auf ihr neuerstes Werk gespannt.
"Die Melodie der Schatten" ist ein sehr düsteres Werk, das auf den ersten 200 Seiten ziemlich schaurig ist und perfekt zum nebeligen Spätherbst und Halloween passt. Der Roman orientiert sich an die in Großbritannien sogenannten "Gothic Novels".

Lady Fiona Hemington ist auf dem Weg in ihr neues Zuhause, als die Postkutsche, die sie mit ihrer Tante und einem Vertrauten der Familie teilt, überfallen wird. Nur sie überlebt den Hinterhalt und flüchtet sich in das nahegelegene Herrenhaus Thirstane Manor. Doch dort ist die junge Frau nicht wirklich willkommen. Fiona spürt negative Schwingungen und der finstere Laird Aidan erweckt nicht gerade ihr Vertrauen. Gerüchte aus dem Dorf, dass das Haus verflucht sei, erwecken Fionas Ängste. Längst quälen sie unheimliche Träume oder sieht sie dunkle Schatten. Auch Stimmen und Klänge lassen die junge Frau an ihrem Verstand zweifeln. Und warum verhält sich der Hausherr ihr gegenüber so abweisend?

Die wildromantischen schottischen Highlands, das düster nebelige Wetter und das gruselige Anwesen von Thirstane Manor vermitteln eine perfekte schaurige Atmosphäre. Ich muss zugeben, dass es eine Stelle im Roman gibt, an der ich mich wirklich gruselte und wo sich einige Thrillerautoren eine Scheibe abschneiden können.
Trotzdem fand ich anfangs schwer in die Geschichte. Die zu Beginn auf zwei bis drei Figuren reduzierte Handlung, einige Wiederholungen und die sehr dunkle Stimmung benötigte einige Zeit, um mich zu packen. Doch dann konnte ich gar nicht mehr aufhören zu lesen. Die Autorin überrascht dabei immer wieder mit neuen Wendungen. Das Geheimnis rund um Thirstane Manor und Laird Aidan lüftet sich langsam und erst zum Ende hin laufen alle Fäden zusammen.

Die Protagonisten werden von der Autorin sehr bildhaft und vielschichtig beschrieben. Man hat das Gefühl selbst mitten in der Geschichthe zu stecken und den Figuren über die Schulter zu blicken.
Fiona macht dabei eine interessante Charakterentwicklung durch. Von der schüchternen und verängstigten jungen Frau, die unter der Fallsucht leidet und die ihr Vater liebend gerne ins Irrenhaus steckt würde, entpuppt sie sich zu einer selbstbewussten und gegen ihre Krankheit ankämpfenden und willenstarken Frau. Dabei verliebt sie sich im Laufe der Zeit in die landschaftliche Schönheit der Highlands, erweckt Thirstane Manor zu neuem Leben und entdeckt auch die verletzte Seele hinter Aidans Maske.
Aidan hat eine dunkle Vergangenheit, der er sich stellen muss. Er ist ein finsterer Charakter, der seine Laune blitzschnell ändern kann. Fiona gelingt es nach einiger Zeit seinen Panzer zu durchdringen, doch der Laird hat finstere Pläne mit ihr. Dass sich die Beiden im Laufe der Geschichte trotzdem näher kommen, ist kein Geheimnis. Was sie verbindet allerdings schon.

Auch historische Begebenheiten, wie die Vertreibung der ehemaligen schottischen Siedler und die Willkür bei der Auslegung von Gesetzen, wurden von der Autorin wieder hervorragend recherchiert.

Maria W. Peter hat sich wirklich Gedanken gemacht, wie alle Fäden rund zusammenlaufen können. Einzig ein medizinisches "Wunder" konnte ich nicht so richtig nachvollziehen und an manchen Stellen wurde es auch ein bisschen kitschig. Das ist allerdings meckern auf hohem Niveau.

Schreibstil:
Der Schreibstil ist der damaligen Zeit angepasst, lässt sich aber sehr gut und flüssig lesen. Maria W. Peter hat ein unglaubliches Händchen ihre Figuren lebendig werden zu lassen. Auch die Landschaft wird sehr bildhaft dargestellt. Die dichte Handlung, sowie die atmosphärische und mystische Stimmung ist grandios eingefangen.

Am Beginn des Buches ist eine Karte von Schottland im Jahre 1837 abgebildet. Der Roman ist in Buch I und II und einem Epilog gegliedert. Diese widerum sind in die Tage, die Fiona auf Thirstane Manor verbringt aufgeteilt und in Kapitel unterteilt. Jedem Tag steht ein Zitat voran.
Am Ende gibt es ein Nachwort und ein Glossar, sowie eine Aufstellung der fiktiven und historischen Figuren.

Fazit:
Anfangs tat ich mir ein bisschen schwer in die Geschichte zu finden, aber schon bald kann man nicht mehr aufhören zu lesen und fiebert der Aufdeckung aller Geheimnisse entgegen. Trotzdem hat mir "Die Festung am Rhein" einen Ticken besser gefallen. Wer düstere und mystische Geschichten mit einem Hauch Kitsch mag, dem kann ich den Roman wirklich empfehlen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Geschichte
  • Stimmung
  • Spannung
Veröffentlicht am 09.10.2018

Die Mätresse des Herzogs und ihre Spionin

Die Meisterbanditin
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Der neue historische Roman von Silvia Stolzenburg ist der Beginn einer neuer Reihe, die im 18. Jahrundert spielt.

Marie und Bartholomäus sind ein Paar, doch beim Erntedankfest erklärt er ihr, dass er ...

Der neue historische Roman von Silvia Stolzenburg ist der Beginn einer neuer Reihe, die im 18. Jahrundert spielt.

Marie und Bartholomäus sind ein Paar, doch beim Erntedankfest erklärt er ihr, dass er die Tochter des reichen Pferdebauern heiraten wird. Marie ist entsetzt und unfassbar traurig. Ihr Schicksal ist somit beschlossen, denn ihr Ruf ist dahin und die Eltern wollen sie nicht mehr durchfüttern. Marie muss das Dorf verlassen und sich eine Anstellung suchen. Doch die Aussicht bei einem Schweinebauern als Magd zu arbeiten behagt ihr gar nicht. Da probiert sie es doch lieber auf Schloss Brenz, wo Gräfin Wilhelmine residiert. Sie hat einen eher zweifelhaften Ruf, denn sie ist die Mätresse des Herzogs von Würtemberg. Im Dorf wird sie als Hexe bezeichnet, weil ihr der Herzog hörig ist. Marie hat Glück, denn die Köchin benötigt tatsächlich eine Küchenmagd. Doch auch auf Schloss Brenz hält dieses nicht lange an, denn der Geliebte der Gräfin, Jägermeister Hubertus, stellt dem jungen Mädchen nach. Als sich Marie wehrt, bezichtigt er sie des Diebstahls. Sie wird eingekerkert. Sie kann der Bestrafung nur entgehen, wenn sie die Burg mit der Schaustellergruppe verlässt und als Spionin für die Mätresse des Herzogs arbeitet. La Bonelle, der Anführer der Gaukler und Wilhelmines Meisterspion, nimmt sie unter seine Fittiche und bildet sie als Schauspielerin und Diebin aus. Doch die Feinde von Wilhelmina sind zahlreich und geben nicht so schnell auf. Und auch Jäger Hubertus sinnt auf Rache....

Der neue historische Roman mit Krimielementen ist wieder wahnsinnig schnell gelesen, denn der flüssige und anschauliche Schreibstil der Autorin lässt einem sofort in die Geschichte eintauchen. Die Handlung ist kurzweilig und man liest sich sehr schnell durch die gerade mal 315 Seiten, was für einen historischen Roman nicht sehr viel ist.
Mit ihren beiden weiblichen Protaginistinnen, die trotz vieler Gefahren und Anfeindungen ihren eigenen Weg gehen, hat sie zwei starke Frauen geschaffen. Wilhelmina ist dabei keine fiktive Figur, sondern hat tatsächlich gelebt und war die Mätresse des Herzogs Eberhard Ludwig. Sein großes Vorbild war der Sonnenkönig, Ludwig der XVI..
Auch der Herzog hat sich sein eigens Schloss bauen lassen, Schloss Ludwigsburg, wo er fröhliche Feste feierte und Jagdgesellschaften gab. Der Politik konnte er nicht viel abgewinnen und so überließ er Wilhelmine die politischen Ränkespiele.

Marie ist ein fiktiver Charakter und steht für einige jungen Frauen dieser Zeit, die viel zu schnell durch ihre Unbedarftheit oder wegen wollüstiger Männer aus Adelskreisen ihren Ruf und ihre Unschuld verlieren. Marie ist noch nie aus ihrem Dorf hinausgekommen und muss sich, früher als ihr lieb ist, auf eigene Beine stellen, denn auch in der Gauklergruppe ist sie wieder einigen Anfeindungen ausgesetzt. Die junge, und anfangs eher naive Frau, lernt schnell und muss bald erkennen, dass sie niemand wirklich trauen darf. Auch Diebstahl und Spionage will gelernt sein und dauert seine Zeit...

Zum Ende hin steigt der Spannungsbogen nochmals an und lässt einige Fragen (Cliffhanger) offen. Deswegen ließ es mich ein bisschen unzufrieden zurück. Nun heißt es auf Band 2 warten....

Schreibstil:
Der Schreibstil von Silvia Stolzenburg liest sich sehr flüssig und temporeich. Die Figuren sind sehr bildhaft und lebendig beschrieben. Man fühlt sich mitten im Ränkespiel der adeligen Herrschaften oder in der Schaustellertruppe. Dieser historische Roman ist auch für Histo-Quereinsteiger geeignet, da er sich leicht und schnell lesen lässt.
Die Kapitel sind eher kurz gehalten. Im Nachwort gibt es noch Wissenwertes über Herzog Eberhard, seine Mätresse Wilhelmina und der Ludwigsburg, aber auch über die damaligen Gaukler.

Fazit:
Ein temporeicher historischer Roman, der sich leicht lesen lässt und ideal für Einsteiger in das historische Genre ist. Schnell hat man die 300 Seiten gelesen und ist erstaunt, dass am Ende doch einige Fragen offen bleiben und die Geschichte mit einem kleinen Cliffhanger endet. Somit heißt es geduldig auf Band 2 warten...

Veröffentlicht am 05.10.2018

Atmosphärische Wintergeschichte

Unter dem Abendstern
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Der vierte Band der Winter Reihe von Elisabeth Büchle entführt und diesmal nach Dänemark.
Katja ist Lehrerin und liebt ihren Beruf und ihre Schüler sehr. Ihre Eltern sehen ihr Potential allerdings als ...

Der vierte Band der Winter Reihe von Elisabeth Büchle entführt und diesmal nach Dänemark.
Katja ist Lehrerin und liebt ihren Beruf und ihre Schüler sehr. Ihre Eltern sehen ihr Potential allerdings als verschwendet an, denn in ihrer Familie wimmelt es nur von Ärzten und Juristen. Umso willkommener ist ihr die eher spontane Einladung einer ehemaligen Schulkollegin, die sie bei einer Hochzeit wiedertrifft. Diese wird mit einigen ihrer Bekannten Weihnachten in einem Ferienhaus in Dänemark verbringen. Weil das Verhältnis zwischen Katja und ihren Eltern angespannt ist und sie eigentlich nicht über die Weihnachtsfeiertage zu ihnen fahren möchte, sagt Katja zu. Als sie jedoch im Ferienhaus am Strand ankommen, ist unter den Miturlaubern ihre heimliche Jugendliebe Nick. Sie kennen sich bereits seit ihrer Schulzeit und laufen sich immer wieder über den Weg. Doch die Vergangenheit und einige unschöne "Altlasten" haben bei Beiden Narben hinterlassen und eine Annäherung nie zugelassen. Inzwischen ist Nick der Chef einer Firma und die meisten Feriengäste sind seine Angestellten. Während sie sich anfangs eher aus dem Weg gehen, nähern sie sich mit der Zeit doch noch an. Dabei spielt auch Jeffrey, Nicks Freund, eine große Rolle. Aber auch die gemeinsame Freude auf die Weihnachtstage und die besinnliche Stimmung tut ihr Übriges. Während die anderen Feriengäste das Weihnachtsfest nicht althergebracht feiern wollen, liebt Katja die Vorweihnachtszeit. Sie schmückt das Haus und bäckt leckeren Lebkuchen. Bei einem Spaziergang trift sie auf die schwangere Chiara, die im Ferienhaus nebenan wohnt....

Die Beschreibung der Natur und der Landschaft ist sehr bildhaft und hat Atmosphäre. Man spürt die Kälte des Winters, hört das Eis knacken und hört die Geräusche des Windes zwischen den Zeilen. Die winterliche Stimmung verzaubert beim Lesen. Aber auch die leckeren Gerichte und Getränke die Katja zubereitet, lassen einem das Wasser im Mund zusammenlaufen. Am liebsten wäre ich sofrt aufgesprungen und hätte mir auch eine heiße Schokolade mit Zimt gemacht. Die besinnliche Grundstimmung lässt schon Vorweihnachtsfreude aufkommen.

Die Charaktere sind wie immer sehr liebevoll gezeichnet. In allen Romanen der Reihe haben wir es mit mindestens einer Figur zu tun, die mit ihrer vergnagenheit zu kämpfen hat. So ist es auch hier.
Katja fühlt sich von ihren Eltern nicht verstanden Sie liebt ihren Job und hat keine hochfliegenden Karrierepläne. Sie fand sich nie gut genug.
Nick ist nach außen hin der toughte Chef. Sein Leben besteht aus Arbeit, Arbeit und noch mehr Arbeit. Dahinter versteckt er seine Selbstzweifel und Ängste. Und diese sind nicht klein...
Mein liebster Charakter war jedoch Jeffrey, Nicks Freund. Der Amerikaner hat viel Humor und macht sich einen Spaß daraus Katja jeden Tag mit einem anderen Vornamen anzusprechen. Er zeigt jedoch sehr viel Empathie und ist auch Nick ein treuer Freund.

Wer schon eines oder mehrere Bücher aus der Reihe gelesen hat, kann sich auf ein Wiedersehen mit Figuren aus den Vorgängerbänden freuen.

Dieser Band der Reihe war mir allerdings ein bisschen zu kitschig. Das ewige Hin und Her zwischen Katja und Nick hat an meinen Nerven gezerrt. Und auch die "schlimme Vergangenheit" war für mich keine große Tragödie. Trotzdem hat der Roman, wie alle Bücher der Autorin, eine absolute Wohlfühlatmosphäre. Man muss die Figuren einfach lieben!

Schreibstil:
Elisabeth Büchle schreibt sehr einfühlsam und bildhaft. Landschaften und Figuren sind einzigartig beschrieben und bringen eine wunderbare Atmosphäre in die Geschichte. Freundschaft und Empathie spielen auch diesmal wieder eine große Rolle. Witzige Dialoge lockern die manchmal feierliche oder berührende Stimmung auf.
Die Kapitel sind eher kurz gehalten.

Fazit:
Wieder ein perfekter Roman zum Abtauchen und Entspannen - passend für die Vorweihnachtszeit. Die besinnliche Stimmung und die Wohlfühlatmosphäre tun das Übrige. Mir war dieses vierte Buch der Winter-Reihe allerdings ein bisschen zu romantisch... Wer davon nicht genug bekommen kann, sollte allerdings zugreifen!

Veröffentlicht am 27.09.2018

Gelungene Familiensaga

Der Gutshof im Alten Land
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1919. Der Große Krieg ist zu Ende. Viele Familien beklagen mindestens einen Toten. Auch am Gutshof der Familie von Voss kehren beide Söhne nicht zurück. Gerrit, der Ältere, ist bereits vor dem Krieg nach ...

1919. Der Große Krieg ist zu Ende. Viele Familien beklagen mindestens einen Toten. Auch am Gutshof der Familie von Voss kehren beide Söhne nicht zurück. Gerrit, der Ältere, ist bereits vor dem Krieg nach einem Streit in die USA ausgewandert; Lennart, der Jüngere wird in Frankreich vermisst. Tochter Finja versucht so gut wie möglich das Gut zu leiten, denn Gutsherr, Edzard von Voss, liegt seit einem Schlaganfall im Sterben. Immer wieder fragt er nach seinem jüngsten Sohn Lennart. Sein skrupelloser und geldgieriger Neffe Roland, der Tochter Finja, heiraten soll, möchte am liebsten sofort die Domäne übernehmen. Als einziger männlicher Nachkomme der Familie ist er erbberechtigt. Da taucht plötzlich ein Fremder auf, der Lennart täuschend ähnlich sieht. Dieser junge Mann, Clemens Curtius, war ein Kriegskamerad des Gutsherrensohnes und bringt den Eltern seine Papiere. Gutsherrin Caroline nutzt jedoch die Gunst der Stunde und gibt ihn bei ihrem Mann als Lennart aus. Doch die Lüge verbreitet sich schneller als erwünscht und bald wird im ganzen Ort über die Rückkehr von Lennart gesprochen, der charakterlich so ganz anders erscheint, als vor Kriegsbeginn. Aber auch Finja hofft der Hochzeit mit Roland entgehen zu können. Doch wie lange wird Clemens Curtius diese Scharade mitspielen? Und wie wird seine Zukunft nach dem Tod des Gutsherren aussehen?

Nachdem ich jetzt den Klappentext gelesen habe, (ich vermeide es schon länger die Inhaltsangabe zu lesen, bevor ich das Buch aufschlage!) fällt mir gerade auf, dass dieser gar nicht zu 100% stimmt. Genau das ist einer der Gründe, warum ich nur mehr bei der Buchvorstellung die Kurzbeschreibung lese und danach nicht mehr.
Aber zurück zur Geschichte, die von der ersten Seite an fesseln kann. Micaela Jary bietet in ihrer Familiensaga "Der Gutshof im Alten Land" einiges an Liebe, Hoffnung und schlimmen Intrigen. Während Clemens im Zwiespalt steckt, wie er aus dieser Sache wieder herauskommt, sehnt er sich aber gleichzeitig nach Familienanschluss, nachdem er keine eigene mehr hat. Dieser Gefühlswirrwarr des jungen Mannes wird hervorragend wiedergegeben. Aber auch von anderer Seite droht ihm Gefahr. Dienstmädchen Käthe, die ein Auge auf Roland geworfen hat, vermutet ein Geheimnis und gibt Informationen über Clemens weiter. So weiß Roland bald, dass Lennert/Clemens wegen seiner Kriegsverletzung starke Schmerzen hat und sich aus Hamburg Opiate holt. Diese Nachricht weiß er zu seinen Gunsten zu nutzen...

Die Charaktere sind authentisch und facettenreich. Besonders die Darstellung der Arzttochter Christine fand ich äußerst gelungen. Christine ist eine junge Frau, die vor Lebendigkeit sprüht und nicht auf den Mund gefallen. Sie ist hilfsbereit und überfürsorglich. Dies bringt Clemens desöfteren in Bedrängnis, denn die junge Dame hat ein Auge auf ihn geworfen - fest in der Annahme Lennart vor sich zu haben. Aber auch Ariana, die Tochter eines Reeders und die ehemalige Verlobte von Gerrit, ist überrascht vom positiven Charakterwechsel ihres zukünftigen Ex-Schwagers. Sie verfällt ebenfalls seinem Charme. Finja ist eine starke Frau, die versucht den Hof vor Schaden zu bewahren, obwohl sie weiß, dass sie ihn nicht erben kann. Ihren Wunsch Tierärztin zu werden musste sie während des Krieges bereits ad acta legen.
Gefühle und Stimmungen sind wunderbar beschrieben und nehmen den Leser gefangen. Die starken Frauenfiguren, allen voran Finja und Christine, überzeugen auch in einer Zeit, in der Frauen erst vor kurzem das Wahlrecht erhalten haben. Man merkt den Umschwung in der Gesellschaft, auch wenn es langsam voran geht.

Einziger Störfaktor der Geschichte war für mich die Glaubwürdigkeit des Verwirrspieles rund um Clemens/Lennart. Dass Roland seinen Vetter Lennart früher nie zu Gesicht bekommen hat, fand ich nicht hundertprozentig glaubwürdig. Auch dass die Dienstboten das gebotene Schau- und Verwirrspiel nicht durchschauen, kam mir etwas blauäugig vor. Ansonsten eine gelungen Familiensaga, die einige Überraschungen bereit hält.

Zum Roman gibt es eine 100 Seiten lange Vorgeschichte, die man nur als eBook lesen kann.

Schreibstil:
Der angenehme und bildhafte Schreibstil lässt einem nur so durch die Seiten fliegen. Der Roman besteht aus zwei Teilen, wobei der zweite Teil au den letzten hundert Seiten des Romans bestehen. Micaela Jary erzählt abwechselnd aus verschiedenen Perspektiven, wobei Finja und Clemens den Hauptpart übernehmen.
Die Gegend rund um das Alte Land wurde sehr lebendig und mit viel Liebe zum Detail dargestellt. Hier spürt man auch die Verbundenheit der Autorin zur Gegend rund um Hamburg. Micaela Jary hat das Leben der Menschen zu dieser Zeit hervorragend recherchiert und dargestellt.
Plattdeutsche Sätze, die sie in die Geschichte eingestreut hat, vermitteln Lokalkolorit. Sie waren zu 90% auch für mich als Österreicherin verständlich ;)

Fazit:
Eine gelungene Familiensaga, die wunderbar unterhält. Die Atmosphäre und Stimmung der Zeit und der Gegend hat die Autorin hervorragend transportiert. Hier wäre ich einem weiteren Band nicht abgeneigt! Potenzial wäre auf jeden Fall da!