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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.11.2018

Eine besondere Party

Frau Duan feiert ein Fest
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soll gefeiert werden und zwar der 80ste Geburtstag der Mutter und Großmutter des Familienclans. Sie erwartet so einiges - können ihre drei Kinder ihr das bieten? Eigentlich hat Frau Duan, die gar nicht ...

soll gefeiert werden und zwar der 80ste Geburtstag der Mutter und Großmutter des Familienclans. Sie erwartet so einiges - können ihre drei Kinder ihr das bieten? Eigentlich hat Frau Duan, die gar nicht Duan, sondern Xue heißt (Duan: das war ihr verstorbener Gatte) ja eine festgefahrene Meinung zu jedem ihrer drei Kinder und auch ganz bestimmte Erwartung an jedes der drei - wird das Bestand haben?

Aus meiner Sicht rückt dieser runde Geburtstag, auf den ja eigentlich alles hinausläuft, nur gelegentlich in den Mittelpunkt des Geschehens. Eigentlich steht der jüngere Sohn, Shengjiang, Vater der Erzählerin (über die wir aber rein gar nichts erfahren) und sein wahrhaft liederliches Leben im Fokus. Es ist er, dessen Verhältnis zu allen anderen Akteuren von zentraler Bedeutung ist und der mit seinem leichtfertigen Lebenswandel nicht nur sich selbst Probleme bereitet.

Ein Buch, von dem ich mir viel, nicht zuletzt auch opulente kulinarische Szenarien versprach und das mich - trotz des durchaus fesselnden Stils - in weiten Teilen kalt ließ.

Frau Duan nimmt aus meiner Sicht - auch wenn sie durch ihre Ansichten einen gewissen Einfluss ausübt - eine viel zu geringe Rolle im Handlungsverlauf ein, als dass ihr Name - der noch nicht einmal ihr richtiger ist - Teil des Titels sein sollte. Ich fand einige Darstellungen ziemlich verwirrend, wobei das sicher auch an der Übersetzung liegen könnte - aber nicht muss. Ein Roman für China-Fans? Vielleicht, es lohnt sich, ihn zu testen!

Veröffentlicht am 22.11.2018

Aus der Zeit gefallen

Juli verteilt das Glück und findet die Liebe
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Das ist Juli Mahlo, sozusagen ein spätes Mädchen: sie hat wenig Erfahrung mit Männern und gar keine mit dem Internet und nach dem Tod von Mutter und Großmutter ist sie ganz auf sich gestellt. Und trägt ...

Das ist Juli Mahlo, sozusagen ein spätes Mädchen: sie hat wenig Erfahrung mit Männern und gar keine mit dem Internet und nach dem Tod von Mutter und Großmutter ist sie ganz auf sich gestellt. Und trägt eine Menge mit sich herum - von was, das weiß sie oft selbst nicht so genau.

Doch auf einmal, ihr ist selbst nicht ganz klar, wie das kommt, finden sich Freunde und zwar direkt im Haus: Marie und Max, das Paar, das den ehemaligen Blumenladen von Julis Mutter pachtet.

Und Juli trifft Menschen, die sie in Begegnungen mit ihrer Vergangenheit unterstützt, denen sie Kraft und Stärke gibt, denen sie Farbe, manchmal auch Liebe - also jetzt nicht ihre eigene - ins Leben bringt. Und dann trifft sie nach langen Jahren einen ganz besonderen Mann, nämlich Oskar. Aber seine und ihre Vergangenheit machen ihnen einen Strich durch die Rechnung - oder doch nicht?
Juli hilft Menschen aus der, aber auch in die Vergangenheit. Das Buch ist also definitiv etwas für Leser, die nicht nur, aber auch im Früher leben und die ein Gespür für Vergangenes haben: das eigene, aber auch das anderer Menschen.

Gute Ideen, aber zu sehr an Amélie angelehnt und sprachlich zu gewollt putzig. Wie schon der Titel, erscheint mir auch der Aufbau der Handlung ein wenig umständlich. Und die Sprache war stellenweise gar nichts für mich, das war so überzuckert, dass mir fast ein bisschen kodderig wurde beim Lesen. In der Danksagung wurde dann auch klar, warum: die Autorin Tanja Kokoska bedankt sich u.a. bei ihrer Kollegin Susann Rehlein fürs Durchsehen des Textes. Ihre Handschrift war es, die mir ein deja vu-Erlebnis der unangenehmeren Art bescherte, denn mit deren Texten tue ich mich ausgesprochen schwer. Ich hoffe sehr, dass sich Tanja Kokoska im nächsten Roman stilistisch wieder mehr an ihren Vorgängerroman "Almuth spielt auswärts" annähert, der mir richtig gut gefiel!

Veröffentlicht am 03.11.2018

Die Nacht, in der Einsamkeit besonders schmerzt

Die Nacht der Vergessenen
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Die junge Nici arbeitet in Zürich bei der Heilsarmee und hat sich - sehr zum Verdruss ihres Angetrauten - diesmal dafür entschieden, sich um die zu kümmern, die es besonders nötig haben. Gemeinsam mit ...

Die junge Nici arbeitet in Zürich bei der Heilsarmee und hat sich - sehr zum Verdruss ihres Angetrauten - diesmal dafür entschieden, sich um die zu kümmern, die es besonders nötig haben. Gemeinsam mit einer Kollegin geht sie auf die Rote Meile - dort gibt es Bordelle, einen Straßenstrich, aber auch Obdachlose - wie jeden Dienstag abend. Sie sind es gewohnt, abgewiesen zu werden, aber längst nicht von allen. Denn es gibt Menschen, die Woche für Woche auf sie warten, sich auf sie freuen. Natürlich besonders an Weihnachten.

Nici und ihre Kollegin bringen Geschenke und warme Worte und klopfen auch an Türen, an denen ihnen normalerweise kein Einlass gewährt wird. Dies ist vor allem ein Bordell, in dem sieben verlorene Seelen wohnen, nein; acht, wenn man die Haushälterin Mata hinzuzählt. Jede von ihnen hat ein Päckchen zu tragen. Werden sie heute Einlass erhalten?

Autorin Iris Muhl schreibt nicht nur aus der Perspektive von Nici, nein, sie gewährt auch eine Innensicht der Vergessenen, Verwirrten. Menschen wie Du und ich - wie konnte es dazu kommen, dass sie dort landeten, wo sie sind?

Dem Leser wird verdeutlicht, dass der Weg dorthin nicht allzu weit ist, dass ein jeder dort landen kann. Und dass niemand sich überlegen fühlen, sondern vielmehr sein Herz öffnen sollte. Wer es tut, wird reich beschenkt wie Nici.

Ein wichtiges Thema und eine faszinierende Idee, die Handlung in einer einzigen Nacht stattfinden zu lassen. Mir war allerdings die Handlung der ineinandergreifenden Passagen etwas zu sprunghaft, um daraus eine wirklich weitreichende und übergreifende Botschaft zu empfangen. Zudem wurden einige der Figuren nicht so dargestellt, dass ich mir ein klares Bild hätte machen können, dazu hätte es ein paar Worte mehr gebraucht. So empfand ich es streckenweise eher als verwirrend. Auch die Atmosphäre konnte ich nur teilweise nachempfinden. Ein Buch zu einem wichtigen Thema, das jedoch aus meiner Sicht nicht ins Schwarze, sondern eher ins Graue getroffen hat.

Veröffentlicht am 18.10.2018

Mit einem Edelweiß in die Vergangenheit

Das Mädchen mit dem Edelweiß
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Kalifornien 1989: Ein Edelweiß ist alles, was Katie hat - nein, stimmt nicht ganz: Es ist ein Mädchen mit einem Edelweiß. Auf einem Briefumschlag, denn es handelt sich um eine Briefmarke. Und zwar um ...

Kalifornien 1989: Ein Edelweiß ist alles, was Katie hat - nein, stimmt nicht ganz: Es ist ein Mädchen mit einem Edelweiß. Auf einem Briefumschlag, denn es handelt sich um eine Briefmarke. Und zwar um eine aus dem Besitz von Katies dementem Vater, der ein ebenso begeisterter wie eifriger Sammler war. Bis es nicht mehr ging. Jetzt lebt er in einem Heim und erkennt manchmal seine eigene Tochter nicht.

Katie zeigt die Sammlung dem Experten Benjamin, um sowohl materiellen als auch möglichen geistigen Wert schätzen zu lassen. Darunter auch diesen im Übrigen ungeöffneten Brief.

Es kommt heraus, das es sich um Post aus dem von den Nazis bereits eingegliederten Österreich handelt. Und wir treten ein in eine längst vergangene Welt: in eine österreichische Kleinstadt im Jahr 1938, als alles begann.

Jedenfalls alles, was für die Handlung dieses Romans von Belang ist. Ein Roman, der auf zwei Ebenen spielt, von denen die eine 1989, die andere 1938 ihren Anfang nimmt. In zwei verschiedenen Ländern, auf zwei unterschiedlichen Kontinenten. Und doch fließt alles zusammen.

Die amerikanische Autorin Jilian Cantor hat für dieses Roman ein spannendes Thema gewählt und die Stationen, die zur Auflösung des Plots beschritten werden, sind ebenso spannend. Manchmal jedoch etwas zu sehr ins Sensationslüsterne tendierend - wogegen andere wichtige Punkte gar nicht tangiert werden.

Daher aus meiner Sicht ein interessantes und wichtiges Buch, aber mit viel Luft nach oben!

Veröffentlicht am 04.10.2018

Viel zu spät

Deutsches Haus
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Keine Frage - dass die ersten Prozesse zu den Taten in den Konzentrationslagern des Nationalsozialismus, vor allem in Auschwitz in Bezug auf die Täter vor Ort - diejenigen, die vor Ort befahlen und ausführten ...

Keine Frage - dass die ersten Prozesse zu den Taten in den Konzentrationslagern des Nationalsozialismus, vor allem in Auschwitz in Bezug auf die Täter vor Ort - diejenigen, die vor Ort befahlen und ausführten - erst in den 1960er Jahren stattfanden, das war eine Verzögerung, die aus heutiger Sicht unentschuldbar ist

Zudem auch in diesen Prozessen Verurteilungen nur in recht geringem Umfang und oft mit niedrigem Strafmaß bzw. vorzeitiger Haftentlassung für nachweisliche Folterer, Mörder und Ausführer brutalster sogenannter medizinischer Experimente erfolgten - auch dies wieder aus der Sicht des heutigen politisch und sozial interessierten Menschen vollkommen unverständlich.

In ihrem Roman "Deutsches Haus" beschäftigt sich Annette Hess mit genau diesem Thema und zwar auf eine Art und Weise, die für die meisten Leser sehr gut nachvollziehbar sein dürfte: indem sie mit der jungen Eva Bruhns, die als Dolmetscherin für Polnisch in die Prozesse eingebunden wird, eine Protagonistin wählt, die sich genau wie der Leser in dieses Thema einfinden muss. Und es trifft sie wie ein Schlag - ebenso wie ich als Leserin ist sie vollkommen schockiert von all den Grausamkeiten, die den Lagerinsassen dort widerfahren sind, wobei ich ihr sogar einiges voraus habe: ich setze mich bereits seit vielen Jahren mit dem Thema auseinander, Eva hingegen wusste kaum etwas über die Grausamkeiten in den Lagern. Und sie ist überzeugt, dass das unbedingt geändert werden muss.

Warum aber ist Jürgen, ihr Zukünftiger, bald ihr Verlobter, so distanziert, wenn es um dieses Thema geht? Und warum will er nicht verstehen, dass sie als Ehefrau weiterarbeiten will? Hat das eine mit dem anderen zu tun?

Und auch Evas Eltern, die in Frankfurt eine sehr beliebte Gastwirtschaft betreiben, blocken ab, sobald es um dieses Thema geht.

Ein wichtiges und schmerzhaftes, aber auch spannendes Thema, mit dem man locker einen Roman füllen kann, zumal es immer noch jede Menge darüber herauszufinden, zu analysieren und zu berichten gibt.

Warum also die vielen Nebenschauplätze, denen sich der Leser stellen muss? Und die teilweise - bspw. wenn es um das Schicksal von Evas älterer Schwester Annegret geht - so gar nichts mit der maßgeblichen Thematik zu tun haben? Mich haben sie durchaus gestört, ich hätte mich sehr gefreut über ein tieferes Eintauchen in den Prozess an sich und das direkte Drumherum.

Und ich muss sagen, obwohl viele wichtige Informationen transportiert werden, die Recherche auf jeden Fall eine tiefgreifende ist, obwohl auch die Botschaft eine besonders dringliche ist, kommt sie für mich längst nicht stark genug hinüber, was sicher zum Teil daran liegt, dass es dem Roman an Sprachgewalt fehlt. Kein Satz, keine Szene, die mir in seiner bzw. ihrer Gesamtheit im Gedächtnis haften bleibt.

Ein vielversprechender Roman, der sich ein wenig selbst ausknockt Ich habe auch einigen logischen Zusammenhängen nicht so ganz folgen können. Trotzdem hat sich die Lektüre gelohnt, vor allem in informativer Hinsicht. Dennoch bleibt ein ungutes Gefühl bei mir zurück: definitiv wurde nicht das ganze Potential ausgeschöpft. Längst nicht. Ich finde das ein bisschen schade.