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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.11.2018

Die Geschichte eines Holocaust-Überlebenden

Überleben
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Der Roman „Überleben – Der Gürtel des Walter Fantl“ von Gerhard Zeillinger ist im Gedenkjahr 2018 im Verlag Kremayr & Scheriau erschienen.

Walter Fantl lebt mit seiner Familie in Niederösterreich und ...

Der Roman „Überleben – Der Gürtel des Walter Fantl“ von Gerhard Zeillinger ist im Gedenkjahr 2018 im Verlag Kremayr & Scheriau erschienen.

Walter Fantl lebt mit seiner Familie in Niederösterreich und ist vierzehn Jahre alt, als Hitler in Österreich einmarschiert. Vier Jahre später wird er nach Theresienstadt deportiert, bevor er mit seinem Vater nach Auschwitz kommt. Walter Fantl wird als Einziger seiner Familie den Holocaust überleben. Als er im Juli 1945 nach Wien zurückkommt, ist ihm nichts von seinem Leben geblieben als ein breiter Ledergürtel.

Gerhard Zeillinger hat in vielen Gesprächen und anhand zahlreicher Originaldokumente Walter Fantls Geschichte erzählt. Sein Schreibstil macht Walter Fantls berührende Geschichte achtzig Jahre später noch einmal lebendig. Die beschriebenen Misshandlungen und die Grausamkeiten der damaligen Zeit sind so bildhaft beschrieben, dass ich beim Lesen mehrmals eine Pause einlegen musste. Ich konnte, ja ich wollte das Gelesene gar nicht glauben. Zeitzeugenberichte wie dieser, in denen Krieg und Unmenschlichkeit ein Gesicht bekommen, sollten uns immer daran erinnern, dass wir die Vergangenheit, niemals vergessen dürfen, damit sich die Geschichte niemals wiederholt. Am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde ein Satz gesprochen, der immerwährend sein sollte: Nie wieder Krieg! „Überleben“ von Gerhard Zeillinger zeigt auf beeindruckende und intensive Weise auf, wie wichtig dieses Credo ist.

Veröffentlicht am 21.08.2018

Ein kleiner, literarischer Schatz

Königskinder
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Der Roman „Königskinder“ von Alex Capus ist im August 2018 im Carl Hanser Verlag erschienen.
Schon die ersten Sätze des Romans zeigen eine bildhafte Sprache, die sofort ein Kopfkino erzeugt. Alex Capus ...

Der Roman „Königskinder“ von Alex Capus ist im August 2018 im Carl Hanser Verlag erschienen.
Schon die ersten Sätze des Romans zeigen eine bildhafte Sprache, die sofort ein Kopfkino erzeugt. Alex Capus Schreibstil hat mich, vom ersten Satz an, gefangen genommen und ich habe mich auf der Rückbank im roten Toyota Corolla im nächtlichen Schneetreiben gesehen.
Max und Tina bleiben in diesem roten Toyota Corolla auf einem verschneiten Alpenpass stecken und müssen die Nacht im Auto verbringen. Um die Zeit zu vertreiben erzählt Max eine Geschichte, die in der Zeit der Französischen Revolution spielt. Der Hirte Jakob verliebt sich in die Tochter eines reichen Bauern namens Marie. Doch die beiden können nicht zusammen sein, doch beide bleiben sich, trotz aller Hindernisse, treu.
Zwischen der Erzählung kommen auch immer wider Max und Tina in Dialogform zur Wort und streiten dabei liebevoll um Kleinigkeiten. Alex Capus schafft es literarisch auch das Miteinander in einer langen Ehe darzustellen und ich hätte mir noch mehr von Max und Tina gewünscht. Die Idee, die Liebesgeschichte von Jakob und Marie als Geschichte in der Geschichte zu erzählen, fand ich gut gelungen und ich kann mir gut und gerne vorstellen, noch mehr Bücher des Autors, dessen Schreibstil wirklich lebendig ist, zu lesen. Alex Capus hat es geschafft eine Liebesgeschichte zu schreiben, die romantisch aber nicht kitschig ist.

Veröffentlicht am 24.07.2018

Satirisches Meisterwerk über Stalin und seine Genossen

Guten Morgen, Genosse Elefant
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Der Roman „Guten Morgen, Genosse Elefant“ von Christopher Wilson ist 2018 im Kiepenheuer & Witsch Verlag (KiWi) erschienen.
Hauptprotagonist der Geschichte ist der 12 ½ - jährige Juri, der zusammen mit ...

Der Roman „Guten Morgen, Genosse Elefant“ von Christopher Wilson ist 2018 im Kiepenheuer & Witsch Verlag (KiWi) erschienen.
Hauptprotagonist der Geschichte ist der 12 ½ - jährige Juri, der zusammen mit seinem Vater im Zoo, gleich neben dem Elefantengehege wohnt. Mit 6 ½ Jahren wurde Juri vom Milchwagen überfahren und wird seitdem von seinen Mitmenschen als Krüppel verspottet. Eines Tages wird der Vater abgeholt und nimmt Juri kurzerhand mit ins Zentrum der sozialistischen Macht. Bald schon findet sich Juri als Vorkoster von Stalin persönlich wieder.
Juris Schilderungen können als eine Stalin-Satire verstanden werden. Schnell wirkt der stählerne Genosse nicht mehr wie ein Mythos, sondern als hinterhältigen Charakter, der mit seinen Genossen widerwertige Orgien feiert. Christopher Wilson hat es in „Guten Morgen, Genosse Elefant“ geschafft, Juri nicht urteilen zu lassen. Auf trockene Art und Weise schildert er „nur“, was er sieht und erlebt. Herausgekommen ist ein satirisches Meisterwerk voller Zynismus.

Veröffentlicht am 24.07.2018

Laura Kern ermittelt wieder

Der Flüstermann: Thriller
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Der Thriller „Der Flüstermann“ von Catherine Shepherd ist im Kafel Verlag erschienen.

Ein grauenvolles Video taucht im Internet auf. Eine junge Frau wird vor den Augen aller Welt ermordet. Bald wird auch ...

Der Thriller „Der Flüstermann“ von Catherine Shepherd ist im Kafel Verlag erschienen.

Ein grauenvolles Video taucht im Internet auf. Eine junge Frau wird vor den Augen aller Welt ermordet. Bald wird auch ein zweites Mordvideo online gestellt und schnell wird der Ermittlerin Laura Kern und ihrem Team klar, dass es sich um einen Serientäter handeln muss. Der Mörder scheint seine Opfer wahllos von der Straße zu holen. Bevor er tötet, testet er sie. Ob Laura den Täter stoppen kann, bevor auch das nächste Opfer zu Schaden kommt? Immer wieder werden im Buch auch Rückblenden auf eine Reise von Studenten nach Tunesien erwähnt. Was hat die Tunesienreise von damals mit den Morden von heute zu tun?

„Der Flüstermann“ ist bereits der dritte Fall rund um Ermittlerin Laura Kern. Schon auf den ersten Seiten des Buches ist man, wie immer bei Büchern von Catherine Shepherd, mitten im Geschehen. Catherine Shepherd hat es wieder einmal geschafft, mich beim Lesen völlig in den Bann des Buches zu ziehen. „Der Flüstermann“ ist ein spannender Thriller, den ich so uneingeschränkt weiterempfehlen kann.

Veröffentlicht am 17.07.2018

Schwedens Arbeiterschaft

Der Sprengmeister
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Henning Mankells Roman „Der Sprengmeister“ ist 2018 im Zsolnay Verlag erschienen. Der mittlerweile verstorbene Autor hat den Roman aber bereits 1973 geschrieben.
Henning Mankell beschreibt in seinem ersten ...

Henning Mankells Roman „Der Sprengmeister“ ist 2018 im Zsolnay Verlag erschienen. Der mittlerweile verstorbene Autor hat den Roman aber bereits 1973 geschrieben.
Henning Mankell beschreibt in seinem ersten Roman das einfache Arbeiterleben in Schweden und hat so, ohne es zu wissen, eine Hommage an die Working Class geschrieben.
Der junge Sprengmeister Oskar Johansson wird bei einer fehlgeleiteten Zündung schwer verletzt. Nachdem ihn seine Freundin hintergeht, heiratet er ihre Schwester. Zusammen mit Elvira führt er ein bescheidenes Leben. Die beiden gründen eine Familie mit drei Kindern. Trotz seiner Verwundungen kehrt Oskar zurück in seinen Beruf. Er wird politisch aktiv und glaubt an eine Revolution.
Der junge Mankell zeigt, dass der Autor viel mehr schreiben konnte, als lesenswerte Krimis. „Der Sprengmeister“ ist ein Spiegelbild der politischen und gesellschaftlichen Lage der Arbeiterschaft in Schweden.